„Kinder sind die schutzlosesten Angehörigen.“ (Beeck 2010, S. 9)
Die psychische Erkrankung eines Elternteils stellt für Kinder ein kritisches Lebensereignis dar. Empfindliche Änderungen und Neuerungen im Familienalltag gehen in der Regel mit erheblichen Belastungen einher. Kinder psychisch kranker Eltern werden häufig als ‚vergessene‘ Angehörige bezeichnet, da sie kaum die Möglichkeit besitzen, ihre Bedürfnisse und Probleme zu äußern. Dies kann auch auf das durch die Eltern verhängte Kommunikationsverbot zurückzuführen sein. Die Kinder haben das Gefühl mit niemanden über ihre belastende Situation sprechen zu dürfen oder aber die dadurch Eltern zu verraten. (vgl. Pretis/Dimova 2010, S. 21f.). Wesentlicher Belastungsfaktor ist die häufige Übernahme der Erwachsenenrolle und die damit einhergehende Verantwortung für Geschwister und den kranken Elternteil. Aber auch Schuldgefühle des Kindes auf Grund fehlender Kenntnisse über die elterliche Erkrankung und die Isolierung vom sozialen Umfeld wirken sich negativ auf die Entwicklung des Kindes aus.
Kinder psychisch kranker Eltern haben etwa ein 2- bis 10-fach (je nach Krankheit) erhöhtes Risiko, selbst eine psychische Störung zu entwickeln, da sie häufig besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Psychische Störungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen. Remschmidt/Mattejat (1994, S. 5) schätzen die Anzahl minderjähriger Kinder psychisch kranker Eltern auf ca. 200.000 bis 500.000. Es ist erstaunlich, dass das Thema in der deutschsprachigen Fachöffentlichkeit lange Zeit kaum Beachtung fand war. Problematisch ist, dass der Fokus der Erwachsenenpsychiatrie immer noch auf den Patienten liegt und die Angehörigenarbeit in der Psychiatrie gewöhnlich die Arbeit mit erwachsenen Angehörigen betrifft (vgl. Schone/Wagenblass 2006, S. 9).
Die vorliegende Diplomarbeit widmet sich den schwierigen Lebenssituationen und Auswirkungen auf Kinder psychisch kranker Eltern anhand von bisherigen Studien. Der Schwerpunkt liegt zum einen auf den Risikofaktoren, die sich auf kindliche Entwicklung gefährdend auswirken können. Zum anderen ist der Aspekt, was Kinder psychisch kranker Eltern stärkt, von besonderem Interesse.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Zum Stand der Forschung
- 2.1 High-Risk-Forschung
- 2.2 Resilienzforschung
- 2.3 Vulnerabilitätsforschung
- 2.4 Genetische Studien
- 3. Psychische Störungsbilder
- 3.1 Schizophrene Störungen
- 3.1.1 Hauptformen der Schizophrenie
- 3.2 Affektive Störungen
- 3.2.1 Depression
- 3.2.2 Manie
- 3.2.3 Bipolare affektive Störung
- 3.3 Persönlichkeitsstörungen
- 3.3.1 Borderline-Störung
- 3.1 Schizophrene Störungen
- 4. Zur Lebenssituation Kinder psychisch kranker Eltern
- 4.1 Typische Auffälligkeiten und Verhaltensweisen
- 4.2 Kinder als Angehörige psychisch kranker Eltern
- 4.2.1 Gefühle und Gedanken der Kinder
- 4.2.2 Gestaltung des Familienlebens für die Kinder
- 4.3 Die unterschiedlichen Rollen von Kindern psychisch kranker Eltern
- 5. Risiko- und Belastungsfaktoren betroffener Kinder
- 5.1 Objektiver Zugang zu den Belastungen der Kinder
- 5.1.2 Elterliche Erkrankung als Risikofaktor
- 5.1.3 Entwicklungsverlauf und psychische Störungen bei Kindern
- 5.2 Subjektiver Zugang zu den Belastungen der Kinder
- 5.2.1 Typische Probleme betroffener Kinder
- 5.2.2 Häufige Probleme betroffener Kinder in der Schule
- 5.2.3 Typische Belastungen erwachsener Kinder
- 5.3 Auswirkungen der Erkrankung auf die frühe Eltern-Kind-Beziehung
- 5.3.1 Wirkung mütterlicher Depression
- 5.3.2 Wirkung mütterlicher schizophrener Psychosen
- 5.3.3 Erziehungsfähigkeit und Elternfunktion
- 5.3.4 EXKURS: Bindungstheorie
- 5.4 Zusammenfassung
- 5.1 Objektiver Zugang zu den Belastungen der Kinder
- 6. Was Kinder psychisch kranker Eltern stärkt
- 6.1 Ressourcen als Schutzfaktoren
- 6.1.1 Kindbezogene Faktoren
- 6.1.2 Resilienz und Resilienzfaktoren
- 6.1.3 Soziale Ressourcen
- 6.1.4 Spezielle Schutzfaktoren für Kinder psychisch kranker Eltern
- 6.2 Von Schutzfaktoren zu Bewältigungsprozessen
- 6.2.1 Copingstrategien der Kinder
- 6.1 Ressourcen als Schutzfaktoren
- 7. Hilfen für die Kinder psychisch kranker Eltern
- 7.1 Jugendhilfe
- 7.2 Präventionsprojekt KIPKEL
- 7.3 Hindernisse in der Unterstützung und Verbesserungsvorschläge
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Auswirkungen psychischer Erkrankungen von Eltern auf ihre Kinder. Ziel ist es, Risiko- und Schutzfaktoren zu identifizieren und die Lebenssituation betroffener Kinder zu beleuchten. Die Arbeit analysiert die Herausforderungen, denen diese Kinder gegenüberstehen, und zeigt mögliche Hilfestellungen auf.
- Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf Kinder
- Identifizierung von Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung
- Analyse von Schutzfaktoren und Ressourcen
- Beschreibung der Lebenssituation betroffener Kinder
- Möglichkeiten der Unterstützung und Hilfe
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der psychischen Erkrankung eines Elternteils und deren Auswirkungen auf Kinder dar. Sie betont die häufig vergessene Rolle der Kinder als Angehörige und hebt die Bedeutung des Themas hervor, untermauert durch ein Gedicht eines betroffenen Kindes, welches die emotionalen und sozialen Herausforderungen verdeutlicht. Die Einleitung führt in die Thematik ein und begründet die Relevanz der Arbeit.
2. Zum Stand der Forschung: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu den Themen High-Risk-Forschung, Resilienzforschung, Vulnerabilitätsforschung und genetische Studien im Kontext von psychisch kranken Eltern und ihren Kindern. Es werden verschiedene Forschungsansätze und deren Ergebnisse kritisch bewertet und in Beziehung zueinander gesetzt, um ein umfassendes Verständnis der bisherigen Forschung zu liefern.
3. Psychische Störungsbilder: Der Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung relevanter psychischer Störungen bei Eltern, die die Kinder besonders stark beeinflussen. Es werden Schizophrene Störungen, Affektive Störungen (Depression, Manie, bipolare Störung) und Persönlichkeitsstörungen (insbesondere die Borderline-Störung) detailliert beschrieben, inklusive ihrer Symptome und Auswirkungen auf das familiäre Umfeld. Die Beschreibung der Störungsbilder dient als Grundlage für das Verständnis der elterlichen Verhaltensweisen und ihrer Konsequenzen für die Kinder.
4. Zur Lebenssituation Kinder psychisch kranker Eltern: Dieses Kapitel befasst sich mit den typischen Auffälligkeiten und Verhaltensweisen von Kindern psychisch kranker Eltern. Es beleuchtet die Rolle der Kinder als Angehörige, ihre Gefühle und Gedanken sowie die Gestaltung ihres Familienlebens. Die Analyse der unterschiedlichen Rollen, die Kinder in solchen Familien einnehmen, wird detailliert dargestellt. Es wird die besondere Belastungssituation der Kinder herausgestellt.
5. Risiko- und Belastungsfaktoren betroffener Kinder: Dieses Kapitel analysiert objektive und subjektive Belastungen von Kindern psychisch kranker Eltern. Es untersucht die elterliche Erkrankung als Risikofaktor, den Einfluss auf die kindliche Entwicklung und die typischen Probleme in verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Schule, späteres Erwachsenenleben). Die Auswirkungen auf die frühe Eltern-Kind-Beziehung werden detailliert betrachtet, differenziert nach der Art der elterlichen Erkrankung (Depression, Schizophrenie) und unter Einbezug der Bindungstheorie. Es gibt eine zusammenfassende Betrachtung der beschriebenen Faktoren.
6. Was Kinder psychisch kranker Eltern stärkt: Dieses Kapitel widmet sich den Schutzfaktoren und Ressourcen, die Kindern in belastenden Familiensituationen helfen können. Es werden kindbezogene Faktoren, Resilienz, soziale Ressourcen und spezielle Schutzfaktoren für Kinder psychisch kranker Eltern beleuchtet. Es wird der Zusammenhang zwischen Schutzfaktoren und Bewältigungsstrategien (Coping) der Kinder hergestellt. Der Fokus liegt auf den positiven Aspekten und der Stärkung der Kinder.
7. Hilfen für die Kinder psychisch kranker Eltern: Das Kapitel beschreibt verschiedene Hilfsmöglichkeiten für Kinder psychisch kranker Eltern. Es werden institutionelle Hilfen wie die Jugendhilfe und präventive Projekte (z.B. KIPKEL) vorgestellt. Zusätzlich werden Hindernisse in der Unterstützung und Verbesserungsvorschläge diskutiert. Es werden konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Unterstützungssituation aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Psychische Erkrankung der Eltern, Kinder psychisch kranker Eltern, Risiko- und Schutzfaktoren, Resilienz, Vulnerabilität, Belastungsfaktoren, Copingstrategien, Hilfsangebote, Jugendhilfe, Prävention, Familienleben, Entwicklungsverlauf, Bindungstheorie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Diplomarbeit: Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf ihre Kinder
Was ist der Inhalt dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht die Auswirkungen psychischer Erkrankungen von Eltern auf ihre Kinder. Sie beleuchtet die Lebenssituation betroffener Kinder, identifiziert Risiko- und Schutzfaktoren und zeigt mögliche Hilfestellungen auf. Der Inhalt umfasst einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand, die Beschreibung relevanter psychischer Störungsbilder bei Eltern, die Analyse von Belastungsfaktoren und Ressourcen für die Kinder sowie die Vorstellung von Hilfsangeboten.
Welche psychischen Störungsbilder werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Schizophrene Störungen (inkl. Hauptformen), Affektive Störungen (Depression, Manie, bipolare affektive Störung) und Persönlichkeitsstörungen (insbesondere die Borderline-Störung). Die Beschreibung dieser Störungsbilder dient dem Verständnis der elterlichen Verhaltensweisen und deren Konsequenzen für die Kinder.
Welche Risiko- und Belastungsfaktoren werden für die Kinder beschrieben?
Die Arbeit unterscheidet zwischen objektiven und subjektiven Belastungen. Objektive Faktoren beinhalten die elterliche Erkrankung selbst, deren Einfluss auf die kindliche Entwicklung und die daraus resultierenden Probleme in Familie und Schule. Subjektive Belastungen umfassen die typischen Probleme betroffener Kinder in verschiedenen Lebensphasen. Die Auswirkungen auf die frühe Eltern-Kind-Beziehung werden detailliert betrachtet, differenziert nach Art der elterlichen Erkrankung (Depression, Schizophrenie) und unter Einbezug der Bindungstheorie.
Welche Schutzfaktoren und Ressourcen werden genannt?
Die Arbeit identifiziert kindbezogene Faktoren, Resilienz, soziale Ressourcen und spezielle Schutzfaktoren für Kinder psychisch kranker Eltern. Der Zusammenhang zwischen Schutzfaktoren und Bewältigungsstrategien (Coping) der Kinder wird hergestellt. Der Fokus liegt auf den positiven Aspekten und der Stärkung der Kinder.
Welche Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern werden vorgestellt?
Die Arbeit beschreibt institutionelle Hilfen wie die Jugendhilfe und präventive Projekte (z.B. KIPKEL). Zusätzlich werden Hindernisse in der Unterstützung und Verbesserungsvorschläge diskutiert. Konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Unterstützungssituation werden aufgezeigt.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, Stand der Forschung, Psychische Störungsbilder, Lebenssituation betroffener Kinder, Risiko- und Belastungsfaktoren, Stärken der Kinder und Hilfen für betroffene Kinder. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Psychische Erkrankung der Eltern, Kinder psychisch kranker Eltern, Risiko- und Schutzfaktoren, Resilienz, Vulnerabilität, Belastungsfaktoren, Copingstrategien, Hilfsangebote, Jugendhilfe, Prävention, Familienleben, Entwicklungsverlauf, Bindungstheorie.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe, Psychologen, Pädagogen, Familientherapeuten und alle, die sich mit den Auswirkungen psychischer Erkrankungen auf Familien und Kinder auseinandersetzen. Sie dient als Informationsquelle und bietet einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und die verfügbaren Hilfsangebote.
- Quote paper
- Jasmin Jasz (Author), 2012, Dein anderes Ich. Kinder psychisch kranker Eltern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194551