Es ist Frühling in Syrien.
Doch nicht nur die Natur und das Leben auf den Straßen erblüht, auch die Protestbewegung im Land erwacht zu neuem Leben.
Seit März diesen Jahres begeben sich tausende Menschen aus mannigfaltigen Gründen auf die Straßen Damaskus, Homs oder Daraas. So protestieren sie gegen die Einparteienherrschaft der Baath-Partei, den Präsidenten und seine Regierung oder die Diskriminierung von Minderheiten.
Das Regime Syriens, geführt von Baschar al-Assad, geht mit Panzern und Scharfschützen gegen die Oppositionellen vor. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind seit Beginn der Proteste mindestens 762 Zivilisten und 126 Sicherheitskräfte getötet worden.1
Warum greift niemand in Syrien ein?
Es ist Frühling in Syrien.
Doch nicht nur die Natur und das Leben auf den Straßen erblüht, auch die Protestbewegung im Land erwacht zu neuem Leben.
Seit März diesen Jahres begeben sich tausende Menschen aus mannigfaltigen Gründen auf die Straßen Damaskus, Homs oder Daraas. So protestieren sie gegen die Einparteienherrschaft der Baath-Partei, den Präsidenten und seine Regierung oder die Diskriminierung von Minderheiten.
Das Regime Syriens, geführt von Baschar al-Assad, geht mit Panzern und Scharfschützen gegen die Oppositionellen vor. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind seit Beginn der Proteste mindestens 762 Zivilisten und 126 Sicherheitskräfte getötet worden. [1]
Doch warum zögert die Internationale Gemeinschaft, die blutigen Protestniederschlagungen und Menschenrechtsverletzungen in Syrien zu stoppen und die Zivilbevölkerung vor dem Despoten Assad zu schützen? Was unterscheidet Syrien von Libyen, bei dem man wegen des Blutvergießens noch zu schnellem und kompromisslosem Handeln im Sinne einer „Responsibility to Protect“ aufgerufen hatte?
Die internationale Gemeinschaft fürchtet die Konsequenzen.
Man hat Angst vor dem Wespennest Damaskus, denn wer in dieses Nest hineinsticht, muss mit schmerzhaften Konsequenzen rechnen.
Entscheidend hierfür ist die bedeutende geopolitische Position Syriens. Ein Machtwechsel in Damaskus würde den gesamten Nahen und Mittleren Osten grundlegend verändern.
Deswegen gibt es viele Argumente, die gegen eine momentane Intervention im Land sprechen.
Ein formeller aber entscheidender Aspekt ist, dass die Arabische Liga bisher keine Intervention in Syrien verlangt. So fürchten sich viele Autokraten der Mitgliedsstaaten vor den Konsequenzen des Einsatzes, sowohl für die Region, vor allem jedoch für ihren eigenen Machtanspruch in den Staaten. Sollte die damaszenische Regierung gestürzt werden, würde der „Arabische Frühling" unwiderruflich auf der gesamten Arabischen Halbinsel aufblühen.
Des Weiteren ist Syrien einer der wichtigsten Alliierten des Iran. Die Staaten verbindet nicht nur das gemeinsame Feindbild Israels, sondern Syrien bildet auch eine wichtige strategische Brücke an das Mittelmeer, über das der Iran die Hisbollah und die Hamas, aber auch sich selbst mit Waffen versorgt.
Zwar ist es vor Allem im Interesse der Vereinigten Staaten, dass die Achse Teheran - Damaskus verbricht, eine Intervention könnte jedoch kriegerische Reaktionen Irans hervorrufen oder auch die Gespräche über das iranische Atomprogramm zum Scheitern bringen. Im iranischen Einflussgebiet, das vom Gazastreifen über den Libanon bis in den Irak hineinreicht, könnten gezielt Unruhe und Chaos gestiftet werden. Dies würde zu einer weiteren Destabilisierung der gesamten Region führen. Im besten Falle könnte die Protestbewegung Syriens auch die „grüne Bewegung" im Iran wieder erstärken. Dies ist jedoch ein weiterer Grund für den Iran, seinem Verbündeten im Kampf gegen Oppositionelle oder mögliche alliierte Streitkräfte im Land beizustehen.
Dagegen würde der Iran bei einem möglichen Sturz der Assad-Regierung nicht nur seinen wichtigsten Bündnispartner verlieren, die westlich-orientierte Regierung Saudi Arabiens könnte auch den Wettlauf um die Vorherrschaft auf der Arabischen Halbinsel gewinnen. Ein Aspekt, den sich vor allem die westlichen Staaten, allen voran die Vereinigten Staaten, wünschen.
Außerdem würde eine weitere Destabilisierung der Region die Lage im Nachbarland Libanon verschärfen. Beide Staaten sind eng miteinander verbunden: bis 2005 stand der Libanon unter der Besatzung syrischer Soldaten und noch heute ist der Einfluss auf das Land immens. So ist Syrien maßgeblich an der Unterdrückung der prowestlichen Bewegung im Land beteiligt, auch wird die damaszenische Regierung mit dem Tod des libanesischen pro-westlich orientierten Ministerpräsidenten Rafiq al- Hariri in Verbindung gebracht. Zwei mögliche Szenarien ergeben sich für den Libanon, falls die Regierung Assads fällt. Entweder führt es zu einer Erstarkung der Demokratiebewegung und das Land wird mit Neuwahlen zu einem demokratischen- unabhängigen Staat oder die Unruhen Syriens greifen auf den Nachbarstaat über und verschärfen die innenpolitisch instabile Lage. Sicher ist, dass bei einem Machtwechsel in Damaskus die Grenzen zum Libanon geschlossen werden. Somit wären der libanesischen Hisbollah ihre Waffenlieferungswege versperrt: „Wird diese Lebensader zerschnitten, würde Hisbollah ersticken."[2]
Auch Israel schaut besorgt zu seinem Nachbarstaat Syrien. Zwar wünscht sich auf die Regierung Netanyahus eine weniger aggressive und womöglich wohlgesinntere Regierung in Damaskus. Doch könnten mögliche Neuwahlen auch zu einer Herrschaft der Muslimbruderschaft führen. Sie sind die bestorganisierte politische Kraft im Land und führend in der Koordinierung der Protestbewegung.
Sollten die Proteste in Syrien weiter gehen, könnte Präsident Assad zudem eine Verschärfung der Konfliktsituation mit Israel provozieren, um durch das gemeinsame Feindbild einen inneren Zusammenhalt in seinem Land zu erzeugen. Unterstützen könnten ihn hierbei die Hamas sowie die Hisbollah.
Auch unter diesem Aspekt gibt es wieder verschiedene Szenarien, deren Eintreten sich schwer voraussagen lassen.
Der Unruhen in Syrien sind also eine diplomatische Gleichung mit vielen Unbekannten, welche die internationale Gemeinschaft zum jetzigen Zeitpunkt nur mit diplomatischen Bemühungen und Sanktionen zu lösen vermag. Die gezielten Sanktionen sind nicht mehr als eine Geste der Empörung, dennoch sind sie das einzige Mittel der Wahl.
Ein Regierungswechsel in Damaskus wird den Nahen und Mittleren Osten grundlegend verändern: es käme zu einer Verschiebung des Machtverhältnisses von schwer einschätzbarem Ausmaß.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
[1] Die Süddeutsche Zeitung: „Syrien verurteilt US-Sanktionen gegen Assad": http://www.sueddeutsche.de/politik/regime-stemmt-sich-gegen-reformen-syrien-verurteilt-us-sanktionen- gegen-assad-1.1099618, (20.05.2011, 09:25 Uhr).
[2] Die Tagesschau:<http://www.tagesschau.de/ausland/libanonsyrien102.html>, (20.05.2011, 11:11 Uhr).
- Citar trabajo
- Anonym (Autor), 2011, Warum greift niemand in Syrien ein?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194855