Individuelle Lebenszeit am Beispiel der Today-Serie von On Kawara


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

48 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Begründung des gewählten Themas/Werkbeispiels; Fragestellung
1.2 Aufbau der Hausarbeit

2. On Kawara
2.1 Biogra fie

3. Subjektive Werkanalyse der Today-Serie
3.1 Motiv und bilderische Mittel im Zusammenhang mit der künstlerischen Intention
3.2 Technik
3.3 Motiv
3.4 Größe
3.5 Farbe

4. Fachwissenschaftliche Werkanalyse der Today-Serie
4.1 Entstehung der Date Paintings (Datumsbilder)
4.2 Malprozess
4.3 Material/Motiv/Größe
4.4 Typografie
4.5 Deutung der Farben/bildnerische Mittel
4.6 Kartonschachtel
4.7 Zeitdimension
4.8 Untertitel
4.9 Journale

5. Prozessanalyse
5.1 Werkregeln/Spielregeln
5.2 Prozessmerkmale
5.3 Künstlerische Intention

6. Didaktische Analyse
6.1 Zugänglichkeit und Lernchancen
6.2 Eigener analoger künstlerischer Versuch
6.3 Gesamtreflexion des eigenen analogen künstlerischen Versuches
6.4 Altersgemäße und künstlerisch schlüssige Version des Prozesses

7. Methodische Analyse
7.1 Methodische Ideen und Möglichkeiten zum Aufbau von Interesse und Problembewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern
7.2 Methodische Ideen und Möglichkeiten zur Ausführungsphase/Arbeitsphase
7.3 Methodische Ideen und Möglichkeiten zur Verbindung künstlerischer Praxis und Werkrezeption

8. Zusammenfassung/persönlicher Rückblick/Ausblick

9. Literaturverzeichnis

10. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
10.1 Abbildungsverzeichnis
10.2 Tabellenverzeichnis

11. Anhang
11.1 A1: Eigener analoger künstlerischer Versuch

1. Einleitung

1.1 Begründung des gewählten Themas/Werkbeispiels; Fragestellung

Im Wintersemester 2009/2010 besuchte ich bei Frau Dieck das Seminar „Das Gleiche immer anders. Prinzip Serie.“ In dieser Hausarbeit setzte ich mich, ausgehend von dem Werkbeispiel „Today-Serie“ von On Kawara, mit dem Prinzip Serie auseinander.

On Kawara begegnete mir zum ersten Mal in dem Buch „Monets Vermächtnis. Serie - Ordnung und Obsession.“ Ich schaute mir die dort abgedruckten Datumsbilder an, welche die Zeitspanne vom 23. Januar 1989 bis 27. Januar 1989 abbildeten. Unter einem Datumsbild war eine Kartonschachtel abgebildet, auf deren Boden sich ein Zeitungsartikel befand. Die Zahlen und Buchstaben des Datums sahen alle akkurat gleich aus.

Während der Betrachtung fragte ich mich „wie schafft es ein Künstler, jeden Tag ein Da- tum zu malen? Warum macht er das? Welche Intention verfolgt der Künstler damit?“ Ich stellte es mir unheimlich monoton vor, jeden Tag ein Datumsbild zu malen. Auf der anderen Seite fand ich es aber spannend, hinter die abgedruckten Bilder zu schau- en. Mich auf die Suche zu begeben was hinter den Bildern steckt, um Antworten auf meine Fragen zu finden.

Zudem fand ich die Today-Serie reizvoll für die Umsetzung in der Schule. Hinter einem Datum steht ein Tag, den jeder Mensch individuell erlebt. Der Tag vergeht und kehrt nie wieder in der gleichen Form zurück, aber das Datum auf dem Datumsbild bleibt erhalten. Durch dessen Betrachtung können Erinnerungen und Erlebnisse wieder ins Gedächtnis gerufen werden.

Aufgrund der dargestellten Überlegungen geht die vorliegende Arbeit der zentralen Fragestellung nach:

„ Stellt die Today-Serie von On Kawara ein geeignetes Werkbeispiel dar, um Schülerinnen und Schülern das Prinzip Serie zugänglich zu machen? “

1.2 Aufbau der Hausarbeit

Zu Beginn der Arbeit wird die Biografie des Künstlers On Kawara näher beleuchtet. Sein bisheriges Leben wird dargestellt, warum er Japan verlassen hat und welche Merkmale ihn als Künstler ausmachen.

Im Anschluss folgt eine subjektive Analyse der Today-Serie. Hier setze ich mich intensiv mit dem Hauptwerk von On Kawara auseinander. Es werden Assoziationen und Vermutungen zu den verschiedenen Teilaspekten, welche die Today-Serie ausmachen, aufgezeigt. Dieser subjektiven Analyse folgt eine fachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Today-Serie. Die Entstehung der Date Paintings (Datumsbilder) wird untersucht, der Malprozess genau dargestellt und eine Analyse von Material, Größe und Motiv vorgenommen. Des Weiteren stelle ich u.a. dar, was es mit der Typografie auf sich hat, nehme eine Deutung der Farben vor und gehe näher auf die Kartonschachtel ein.

Nach dieser detaillierten fachwissenschaftlichen Analyse folgt die Prozessanalyse der To- day-Serie. Den zentralen Bestandteil von Kapitel 5 stellen die von On Kawara festgelegten Spielregeln dar. Zudem wird auf die Intention, welche der Künstler mit seiner Arbeit ver- folgt, eingegangen.

Im didaktischen Teil der Arbeit untersuche ich die Lernchancen und die Zugänglichkeit dieses künstlerischen Prozesses für die Schüler. Dabei habe ich den künstlerischen Prozess von On Kawara dargestellt, welche Lernchancen und Zugänglichkeiten dieser ermöglicht und welche Abänderungen für die Schülerinnen und Schüler vorgenommen werden kön- nen.

Der eigene analoge Versuch verdeutlicht, welche Schwierigkeiten und Herausforderungen durch das Malen eines Datumsbildes entstehen können.

Punkt 6.4 stellt aufgrund der fachwissenschaftlichen Analyse und des eigenen künstlerischen Versuches eine altersgemäße, schlüssige Version des künstlerischen Prozesses dar. Es wird u.a. ein mögliches Thema für die Schülerinnen und Schüler, sowie anwendbare Spielregeln dargestellt.

Am Ende der Arbeit stelle ich Überlegungen an, welche methodischen Ideen und Möglich- keiten es gibt, das Interesse und Problembewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern zu wecken sowie zur Verbindung künstlerischer Praxis und Werkrezeption. Die vorliegende Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung, einem persönlichen Rück- und Ausblick ab.

2. On Kawara

2.1 Biografie

On Kawara wurde 1933 in Kariya/Aichi-ken in Japan geboren (vgl. Munzinger-Archiv GmbH 2003, S.1). Als 1945 die Bomben über Hiroshima und Nagasaki gezündet wurden, war On Kawara 13 Jahr alt (vgl. Mu- seum für Moderne Kunst 1994, S.9). Seine Kindheit und Jugend wurde von diesen schrecklichen Erfahrun- gen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren nachhaltig geprägt.

Zwischen 1952 und 1956 artikulierte Kawara als junger Mann diese schrecklichen Erfahrungen künstlerisch. Seine Frühwerke zeichnen sich durch eine gegenständliche Darstellungsweise und die Betonung des Figürlichen aus (vgl. Hennig 1997, S.3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.1: On Kawara

Quelle: Hennig 1997, S.2

Nach diesem fünfjährigen bildnerischen Entäußerungsakt kehrte On Kawara 1958 Japan den Rücken und begab sich auf eine achtjährige Weltreise (vgl. Museum für Moderne Kunst 1994, S.7f.).

Entnationalisierung

Kawaras achtjährige Weltreise beginnt in Mexiko. Er wurde von seinem Vater, Direktor eines japanischen Maschinenbauunternehmens, eingeladen. Ursprünglich wollte er 4 Monate in Mexiko bleiben, daraus wurden aber 4 Jahre.

On Kawara lernte Spanisch, beobachtete den Alltag und genoss die Differenz zwischen diesem Land und Tokyo. Schnell entwickelte er ein Verständnis von Zeit, das einen extremen Gegensatz zu dem ihm bekannten und erlebten Zeitverständnis darstellte.

Beispielsweise wurden in Japan die Fahrpläne bis auf 30 Sekunden genau eingehalten. In der mexikanischen Landschaft erlebte Kawara mit großer Überraschung, dass die eintreffende S-Bahn manchmal einen Tag zu spät kam.

Diese Relativität der Zeit, die Idee, dass auch die Wahrnehmung der Zeit kulturell determiniert sein könnte, hinterließ einen tiefen Eindruck bei Kawara.

Er machte viele Reisen innerhalb des Landes und reist seitdem ununterbrochen in der gan- zen Welt. Die Tatsache, dass On Kawara „wie ein Tourist“ geworden ist, hat wichtige Im- plikationen für seine spätere Arbeiten, insbesondere die Telegramme, Postkarten und Date Paintings.

Ende des Jahres 1962 verließ On Kawara Mexiko und reiste für einen 14tägigen Aufenthalt nach Paris.

Anschließend hielt er sich acht Monate in New York auf. Dort traf er seine zukünftige Frau Hiroko Hiraoka (vgl. Watkins 2002, S.52f.).

Die Zäsur, die die lange Reise für On Kawara bedeutete, steht auch für seinen inneren Ab- schluss mit einer künstlerischen Ausdrucksform, die ausnahmslos das Frühwerk des Künst- lers umfasst. Fortan sollte seine Identität und seine Arbeit als Künstler nicht mehr mit ir- gendeiner Nation verknüpft sein. Sie sollte universalen Anspruch haben. Seit 1965 lebt der Künstler mit festem Wohnsitz in New York, von hier aus bereist er die Welt (vgl. Hennig 1997, S.6).

Wesen des Künstlers

On Kawara legt großen Wert auf die Anonymisierung seiner eigenen Person. Er gibt keine Interviews zu seinen künstlerischen Arbeiten, er lässt sich nicht fotografieren oder filmen und erscheint nie auf den Vernissagen seiner Ausstellungen (vgl. Hennig 1997, S.3). On Kawara signiert seine Werke nie (vgl. Watkins 2002, S.30). Selbst bei seiner Biografie gibt der japanische Künstler lediglich die Zahl der Tage an, die er bislang gelebt hat. Er selbst gibt weder Auskunft über seine genaue Herkunft und Familie, noch über seine Kunst (vgl. Munzinger-Archiv GmbH 2003).

Demzufolge entzieht sich der Künstler nicht nur völlig den Verpflichtungen des kommerziellen Kunstbetriebs, er scheint auch fast nicht zu existieren (vgl. Mayr 2007).

3. Subjektive Werkanalyse der Today-Serie

Konzeptkunst

Der aus Japan stammende amerikanische Künstler On Kawara gehört inzwischen zu den Klassikern der Konzeptkunst.

Er macht die Zeit, jenes zumeist verdeckte Strukturprinzip konzeptioneller Kunst, ganz offensichtlich, ausschließlich und äußerst vielschichtig zum Thema seiner Arbeiten. Die eigene Lebenszeit macht den Inhalt der Kunst von On Kawara aus.

Scheinbar objektiv dokumentiert er bestimmte existentielle Aktivitäten seines Daseins in wenigen exakten Angaben. Aus der sehr strengen, in sich logischen und konsequenten Anwendung der vorab als Konzept feststehenden Dokumentationsmethoden, entstehen und bestehen seine Arbeiten (vgl. Lingner 2004).

3. Subjektive Werkanalyse der Today-Serie

3.1 Motiv und bilderische Mittel im Zusammenhang mit der künstlerischen Intention

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3.1: Date Paintings

Quelle: Museum für moderne Kunst, Frankfurt am Main

Die Date Paintings wirken auf mich wie kleine Kästchen, in denen die Zeit eingeschlossen und so für immer konserviert wurde. Sie stellen für mich die Vergänglichkeit der Zeit dar, ein Tag vergeht und kommt nie wieder zurück.

Um die Vergänglichkeit der Tage am besten zu verdeutlichen, hat On Kawara das Motiv „Datum“ gewählt und an (fast) jedem Tag ein Datumsbild hergestellt. Dadurch ist die Today-Serie entstanden. Erst durch die Betrachtung der Today-Serie1 wird dem Betrachter die Vergänglichkeit der Tage, Monate und Jahre bewusst. Ein einzelnes Date Painting würde nicht diesen Gedankenprozess anregen wie die ganze Serie beziehungsweise ein Ausschnitt davon.

Das Datum wurde von On Kawara so dargestellt, dass er den Monat abkürzt und das Jahr ausschreibt. Die Kürzung des Monats hat er vermutlich aus Platzgründen vorgenommen.

3.2 Technik

Ich gehe davon aus, dass die Date Paintings durch die Technik des Drucks entstanden sind beziehungsweise entstehen. Auf dem Hintergrund, wie auch auf dem Datum sind keine Pinselspuren zu erkennen. Der Hintergrund sieht immer wie eine glatte Ebene ohne irgendeine Abweichung aus.

Das Datum ist stets akkurat „abgedruckt“. Die Anfangs- und Endpunkte der Zahlen und Buchstaben wirken auf mich wie abgeschnitten.

Vielleicht hat der Künstler bei der Erstellung der Date Paintings auch Schablonen verwendet. Dies würde den Malprozess vereinfachen und beschleunigen.

Ich kann bei meiner Analyse keine Anhaltspunkte finde, die darauf schließen lassen, dass die Datumsbilder gemalt wurden.

[...]


1 Die Aussage bezieht sich nicht auf die komplette Today-Serie, diese wäre zu umfassend. Hier sind mehrere Datumsbilder gemeint, nicht nur ein Werk.

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Individuelle Lebenszeit am Beispiel der Today-Serie von On Kawara
Hochschule
Hochschule Ravensburg-Weingarten
Veranstaltung
Das Gleiche immer anders. Prinzip Serie
Autor
Jahr
2010
Seiten
48
Katalognummer
V194897
ISBN (eBook)
9783656204800
ISBN (Buch)
9783656208969
Dateigröße
943 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
prinzip, serie, auseinandersetzung, lebenszeit, beispiel, today-serie, kawara
Arbeit zitieren
Katrin Fabritius (Autor:in), 2010, Individuelle Lebenszeit am Beispiel der Today-Serie von On Kawara, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194897

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