Raimundus Lullus, oder auch Ramon Llull, wie sein katalanischer Name lautet, wurde
wahrscheinlich 1232 in Palma de Mallorca, welches damals Diutat de Mallorques hieß,
auf Mallorca geboren. Schon früh wird er an den Hof König Jaimes I. gerufen und
übernimmt dort die Erziehung der Prinzen. Später wird er sogar zum Obersten Beamten,
dem so genannten Seneschall, am Hofe Mallorcas ernannt. Im Jahr 1257 heiratet Ramon
Llull Blanca Picany, mit der er zwei Kinder haben wird. Außerhalb seines Dienstes am
Hofe schrieb er Trobador – Gedichte, die er den dortigen Damen widmete. Im Alter von
30 Jahren wurde er bekehrt, ihm erschien er gekreuzigte Jesus Christus, während er an
einem Gedicht schrieb. In den darauf folgenden Nächten erschien er ihm noch öfter und
Ramon Llull erhielt eine göttliche Botschaft, welche von nun an sein ganzes Leben
bestimmen sollte. Inhalt dieser Botschaft war, dass ein Gläubiger Christus keinen
besseren Dienst erweisen könne, als wenn er ihm sein Leben und seine Seele hingäbe.
Desweiteren solle Llull ein Buch verfassen, welches gegen die Irrtümer der
„Ungläubigen“ vorgehen müsse. Er müsse zum Papst und den christlichen Königen und
Fürsten gehen, um ihnen Einhalt zu gebieten. Außerdem solle er Klöster gründen, in
denen die Sprachen der „Sarazenen“ und anderer „Ungläubiger“ gelehrt würden. Ziel
des Ganzen solle die „Realisierung des universalen Heilswillens Gottes mit Federkiel
und Tinte sein“. Nach dieser Erleuchtung verließ er seine Familie und zog sich für
Studien zurück. Doch davor trat er noch eine Pilgerreise an, die ihn von Rocamadour in
Südfrankreich nach Santiago de Compostella führte. In der Zeit seines Rückzugs, von
1265 bis 1274, hielt er sich auf dem Tafelberg Randa im Zentrum Mallorcas auf. Im
Selbststudium erlernte er arabisch und widmete sich der Philosophie. 1316 stirbt
Ramon Llull im Alter von 84 Jahren. [...]
Ramon Llulls Werk „Das Buch vom Heiden und den drei Weisen“ als Beispiel für einen Religionsdialog, der auf Vernunft und freier Entscheidung beruht.
Raimundus Lullus, oder auch Ramon Llull, wie sein katalanischer Name lautet, wurde wahrscheinlich 1232 in Palma de Mallorca, welches damals Diutat de Mallorques hieß, auf Mallorca geboren. Schon früh wird er an den Hof König Jaimes I. gerufen und übernimmt dort die Erziehung der Prinzen. Später wird er sogar zum Obersten Beamten, dem so genannten Seneschall, am Hofe Mallorcas ernannt. Im Jahr 1257 heiratet Ramon Llull Blanca Picany, mit der er zwei Kinder haben wird. [1] Außerhalb seines Dienstes am Hofe schrieb er Trobador - Gedichte, die er den dortigen Damen widmete. Im Alter von 30 Jahren wurde er bekehrt, ihm erschien er gekreuzigte Jesus Christus, während er an einem Gedicht schrieb. In den darauf folgenden Nächten erschien er ihm noch öfter und Ramon Llull erhielt eine göttliche Botschaft, welche von nun an sein ganzes Leben bestimmen sollte. Inhalt dieser Botschaft war, dass ein Gläubiger Christus keinen besseren Dienst erweisen könne, als wenn er ihm sein Leben und seine Seele hingäbe. Desweiteren solle Llull ein Buch verfassen, welches gegen die Irrtümer der „Ungläubigen“ vorgehen müsse. Er müsse zum Papst und den christlichen Königen und Fürsten gehen, um ihnen Einhalt zu gebieten. Außerdem solle er Klöster gründen, in denen die Sprachen der „Sarazenen“ und anderer „Ungläubiger“ gelehrt würden.[2] Ziel des Ganzen solle die „Realisierung des universalen Heilswillens Gottes mit Federkiel und Tinte sein“[3]. Nach dieser Erleuchtung verließ er seine Familie und zog sich für Studien zurück.[4] Doch davor trat er noch eine Pilgerreise an, die ihn von Rocamadour in Südfrankreich nach Santiago de Compostella führte.[5] In der Zeit seines Rückzugs, von 1265 bis 1274, hielt er sich auf dem Tafelberg Randa im Zentrum Mallorcas auf.[6] Im Selbststudium erlernte er arabisch und widmete sich der Philosophie.[7] 1316 stirbt Ramon Llull im Alter von 84 Jahren.[8]
Während seines wissenschaftlichen und literarischen Schaffens hat er viele philosophische und theologische Schriften verfasst und auch in den Bereichen Pädagogik, Medizin, Recht und in den Naturwissenschaften einige Werke verfasst. Von ihm sind über 250 Schriften bekannt, die er in katalanisch, arabisch und lateinisch geschrieben hat.[9]
Mallorca, Llulls Heimatinsel, war zu seinen Lebzeiten ein Begegnungsort zwischen dem Judentum, dem Christentum und dem Islam.[10] Den Dialog der Religionen wollte Ramon Llull fördern und in die richtigen Bahnen lenken. Für ihn war klar, dass das Heilsangebot Gottes durch alle Menschen galt, egal welche Sprache sie sprachen, welcher Kultur oder Religion sie angehörten und in welcher Zeit sie lebten.[11] Llull vertrat die neoplatonische Gottesvorstellung, dass Gott die Welt erschaffen hatte in Einklang mit seiner „Güte, Größe, Ewigkeit, Macht, Weisheit, Wille, Tugend, Wahrheit und Herrlichkeit“[12]. Diese Vorstellung gehört zu dem mittelalterlichen Denken, das Juden, Christen und Muslime, trotz aller Unterschiede, miteinander verbindet.[13]
Als Form des Dialogs schlug Ramon Llull vor, dass die Vernunft sich am Anfang eines Gespräches nicht auf die eine oder andere Seite schlagen dürfe, sondern vielmehr alle Positionen für möglich halten müsse.[14] Zur leichteren Handhabung des vernünftigen Religionsgespräches entwickelte er „[...] ein System einleuchtender oberster Prinzipien und Denkregeln [...], das die leichte Erlernbarkeit aller Wissenschaften ermögliche und ein schlagfertiges Beweisverfahren zur Verteidigung des christlichen Glaubens an die Hand gebe [...]“[15].
Er entwickelte den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.
Von 1274 bis 1276 verfasste er „Das Buch vom Heiden und den drei Weisen“[16], welches als Lehrbuch für seine Studenten gedacht war.[17] Es ist eines der bedeutendsten Bücher, den Religionsdialog betreffend, im Mittelalter und wurde als zukunftsweisend betrachtet.[18]
Protagonist des Buches ist ein Heide, der bei dem Gedanken an den Tod in eine tiefe Existenzkrise verfällt, welche sich dadurch verstärkt, dass er weder an Gottes Existenz noch an die Auferstehung glaubt.[19] Auf seiner Suche nach einer Antwort auf seine Fragen wandert er sehr weit und trifft schließlich entkräftet auf drei Weisen, die ihm bei seiner Gottsuche helfen wollen.[20] Sie beginnen von ihren Anschauungen zu erzählen und der Jude beginnt, gefolgt vom Christen und dem Muslim.[21] Am Ende ihrer Ausführungen wollen die Weisen nicht erfahren für welche Religion sich der Heide entschieden hat. Bevor sie sich voneinander trennen beschließen sie das Religionsgespräch fortzusetzen[22] „[...] bis wir alle drei uns zu einem einzigen Glauben und einer einzigen Religion bekennen und bis wir einen Weg finden, wie wir einander am besten ehren und dienen können, so dass wir zur Eintracht gelangen.
Denn Krieg, Wirrsal, Missgunst, Unrecht und Schande hindern die Menschen daran, sich auf einen Glauben zu einigen [...]“[23].
Schließlich werden Zeit und Ort für eine neue Zusammenkunft festgelegt und jeder entschuldigte sich bei den anderen für eventuell gefallene verletzende Aussagen.[24] „Das Buch vom Heiden und den drei Weisen“ beginnt mit der Geschichte des Heiden (Buch I), darauf folgen die Ausführungen der drei Weisen, dem Juden (Buch II), dem Christen (Buch Ш) und dem „Sarazenen“ (Buch IV). Die Darlegungen sind stets gleich aufgebaut, als erstes werden die Artikel des jeweiligen Glaubens aufgezählt und darauf dem Heiden näher erläutert. Einige dieser Artikel lauten von Glauben zu Glauben gleich oder ähnlich, wie die Artikel 1 bei allen drei Religionen, sie lauten „an einen Gott allein glauben“[25], „ein Gott“[26] und „an einen Gott glauben“[27]. Jeder Artikel wird mit vernünftigen Argumenten und mit Hilfe des Baumes der Erkenntnis dem Heiden erklärt. Da einige Artikel ähnlich lauten sind die Erklärungen in manchen Fällen auch ähnlich oder sogar gleich, allerdings werden auch Ergänzungen angeführt. Nachdem die Glaubensartikel aufgezählt wurden, erklären die drei Weisen den ersten Artikel ihrer Religionen.
Der Jude erläutert, dass der Mensch auf ein bestimmtes Ziel hin gerichtet ist, so wie alles, was in der Natur geschieht auf ein Ziel gerichtet ist. Dies ist laut dem Juden der Beweis dafür, dass es nur einen Gott geben kann. Gäbe es viele Götter, hätten sie alle unterschiedliche Ziele, die die Natur und auch die Menschen durcheinander bringen würden. Verfolgen alle Götter andere Ziele kommt es am Ende zu unterschiedlichen Ergebnissen, oder schlimmer, zu keinem Ergebnis, dies kann kein Gott wollen.[28] „Gottes Güte, Größe, Ewigkeit, Macht, Weisheit und sein Wille sind vollkommen“[29] und unendlich. Gäbe es andere Götter unter ihm könnte er nicht unendlich sein, denn er wäre durch sie begrenzt und somit endlich.[30] Je unendlicher Gott ist, desto größer ist die Liebe der Menschen zu ihm und ihr Vertrauen in ihn.[31]
Der Christ erklärt dem Heiden, dass die Würde Gottes durch die Dreifaltigkeit und die Fleischwerdung Jesus Christus größer ist.[32]
Dagegen hält der „Sarazene“ und erwidert, dass Gott weder eine Dreiheit, noch eine Vielheit wäre. Ansonsten wäre er nicht vollkommen und dies stünde im Gegensatz zu seiner Güte, Größe, Ewigkeit, Macht, Weisheit und Liebe.[33] Der Heide lässt sich davon überzeugen, dass es nur einen Gott gibt und lauscht den weiteren Ausführungen der drei Weisen.
Ein weiterer Glaubensartikel, der den drei Religionen gleich oder ähnlich ist, sind die Artikel „die Auferstehung“[34], „Auferstanden“[35], womit Jesus Christus gemeint ist und „Auferstehung“[36]. Noch immer beginnt der Jude mit seinen Darlegungen und erklärt dem Heiden, dass die Juden in Hinblick auf diesen Artikel in drei Lager geteilt sind. Einige Juden glauben nicht an die Auferstehung des Menschen, da der menschliche „Körper [...] von Natur aus vergänglich“[37] ist. Die zweite Gruppe glaubt, dass am Ende der Welt alle Menschen auferstehen und danach Frieden auf der Welt herrscht. Nach dieser einen Auferstehung gibt es keine erneute Auferstehung, alle werden sterben.[38] Die dritte Ansicht ist, dass am Ende der Welt alle Menschen erweckt werden und durch das göttliche Gericht in das Paradies kommen oder in die Hölle geschickt werden. Dieser Meinung ist auch der Jude in Llulls Buch. Die Juden sind nicht einer Meinung, weil sie so sehr damit beschäftigt sind ihre Freiheit wiederzugewinnen und den Messias zu ersehnen, dass sie nicht an das Ende der Welt denken und somit auch keine klare und einstimmige Vorstellung davon haben.[39] Sie studieren ihr Leben lang den Talmud und sind aufgrund seines Umfangs und seiner Tiefgründigkeit nicht in der Lage ihre Gedanken auf das Weltenende zu konzentrieren.[40]
[...]
[1] Pindl, Theodor: Ramon Lull, Protagonist des interkulturellen Dialogs. In: Lull, Ramon: Das Buch vom Heiden und den drei Weisen. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 1998, S. 263.
[2] Fidora, Alexander: Ramon Llull - Universaler Heilswille und universale Vernunft. In: Lutz - Bachmann, Matthias/Fidora, Alexander (Hrsg.): Juden, Christen und Muslime. Religionsdialoge im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2004, S. 120.
[3] Zitiert nach: Ebd., S. 120.
[4] Ebd., S. 121.
[5] Pindl, Theodor: Ramon Lull, Protagonist des interkulturellen Dialogs, S. 264.
[6] Fidora, Alexander: Ramon Llull - Universaler Heilswille und universale Vernunft, S. 123.
[7] Ebd., S. 124.
[8] Ebd., S. 133.
[9] Ebd., S. 119.
[10] Pindl, Theodor: Ramon Lull, Protagonist des interkulturellen Dialogs, S. 262.
[11] Fidora, Alexander: Ramon Llull - Universaler Heilswille und universale Vernunft, S. 126.
[12] Zitiert nach: Ebd., S. 125.
[13] Ebd., S. 126.
[14] Fidora, Alexander: Ramon Llull - Universaler Heilswille und universale Vernunft, S. 122.
[15] Zitiert nach: von Kues, Nikolaus: Vom Frieden zwischen den Religionen. Insel Verlag: Frankfurt/Main u. Leipzig 2002, S. 16.
[16] Pindl, Theodor: Ramon Lull, Protagonist des interkulturellen Dialogs, S. 260.
[17] Ebd., S. 268.
[18] Ebd., S. 260.
[19] Ebd., S. 285.
[20] Ebd., S. 287.
[21] Ebd., S. 290.
[22] Ebd., S. 260.
[23] Lull, Ramon: Das Buch vom Heiden und den drei Weisen. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 1998, S. 249.
[24] Pindl, Theodor: Ramon Lull, Protagonist des interkulturellen Dialogs, S. 291.
[25] Lull, Ramon: Das Buch vom Heiden und den drei Weisen, S. 59.
[26] Ebd., S. 111.
[27] Ebd., S. 195.
[28] Lull, Ramon: Das Buch vom Heiden und den drei Weisen, S. 60.
[29] Zitiert nach: Ebd., S. 60.
[30] Ebd., S. 62.
[31] Ebd., S. 63.
[32] Ebd., S. 112/113.
[33] Ebd., S. 196.
[34] Ebd., S. 59.
[35] Ebd., S. 112.
[36] Ebd., S. 195.
[37] Zitiert nach: Ebd., S. 90.
[38] Ebd., S. 90/91.
[39] Ebd., S. 91.
[40] Ebd., S. 92.
- Citation du texte
- Stefanie Wieczorek (Auteur), 2011, Ramon Lulls Werk "Das Buch vom Heiden und den drei Weisen" als Beispiel für einen Religionsdialog, der auf Vernunft und freier Entscheidung beruht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195071