Das Europäische Parlament ist das bisher einzige transnationale Parlament mit legislativen Befugnissen und realer politischer Macht. Es besitzt viele Grundzüge nationaler Parlamente. Und doch ist es ebenso einzigartig wie das politischen Systems der Europäischen Union selbst und daher nicht ohne Weiteres mit den Parlamenten der Mitgliedsstaaten vergleichbar.
Zu den spezifischen Besonderheiten des Europäischen Parlaments zählen seine transnationalen Fraktionen. Von Anfang an haben sich die Abgeordneten zu politischen Fraktionen zusammengeschlossen, denen Mitglieder aus mehreren Mitgliedsstaaten angehören. Sowohl Kooperation und Koalitionsbildung zwischen diesen Fraktionen, als auch Willensbildung und Zusammenhalt innerhalb der Fraktionen werden wesentlich von den spezifischen institutionellen Bedingungen des Europäischen Parlaments und des politischen Entscheidungsprozesses innerhalb der Europäischen Union geprägt.
Das Fehlen des Dualismus von Regierung und Opposition ermöglicht einerseits wechselnde Koalitionen und verringert den Druck auf Fraktionen und Abgeordnete. Andererseits hängt die Durchsetzungskraft des Europäischen Parlaments gegenüber Rat und Kommission entscheidend von der Herstellung breiter parlamentarischer Mehrheiten ab. Wollen die Abgeordneten die Befugnisse ihrer Institution in politische Wirklichkeit umsetzen und den Einfluß des Parlaments im politischen Gefüge der Europäischen Union maximal zur Geltung bringen, sind sie zu verstärkter Kooperation und breitem Konsens gezwungen.
Welche Koalitionen bilden sich unter diesen besonderen Bedingungen? Welche Faktoren bestimmen die Koalitionsbildung und welche Rolle spielt die traditionelle Rechts-Links-Spaltung? Wie hoch ist der Zusammenhalt innerhalb der Fraktionen und wovon hängt der Grad der Fraktionskohäsion ab?
Zur Beantwortung dieser Fragen wird insbesondere auf eine Reihe von empirischen Studien zum Abstimmungsverhalten im Europäischen Parlament zurückgegriffen, die überwiegend für die zweite und dritte Legislaturperiode Abstimmungen nach auftretenden Mustern und nach Fraktionsdisziplin analysiert haben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Fraktionen - Zentrale Akteure im Europäischen Parlament
- Die politische Zusammensetzung des Europäischen Parlaments
- Das Europäische Parlament 1989-1994
- Das Europäische Parlament 1994-1999
- Das Europäische Parlament seit 1999
- Koalitionen im Europäischen Parlament - Zwischen Konsens und Dissens
- Die Rechts-Links-Spaltung
- Die „Große Koalition“
- Der breite Konsens
- Transnationale Fraktionen - Zwischen Einheit und Vielfalt
- ,,Fraktionen in der Fraktion“
- Geschlossenheit trotz Heterogenität
- Unter Druck von außen
- Resümee
- Abkürzungen
- Quellen und Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit den politischen Fraktionen im Europäischen Parlament und analysiert die Prozesse der Willensbildung in diesem transnationalen Gremium. Ziel ist es, die Herausforderungen und Besonderheiten der Koalitionsbildung im EP zu beleuchten und die politische Geschlossenheit der transnationalen Fraktionen als Akteure im Parlament zu untersuchen.
- Die Rolle der Fraktionen bei der Willensbildung im Europäischen Parlament
- Die Herausforderungen der Koalitionsbildung in einem transnationalen Kontext
- Die politische Geschlossenheit und Heterogenität transnationaler Fraktionen
- Die Bedeutung von Mehrheiten im Europäischen Parlament
- Der Einfluss des EP auf die Gemeinschaftspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Rolle des Europäischen Parlaments im institutionellen Dreieck der Europäischen Union dar und beschreibt die Bedeutung der Fraktionen bei der Willensbildung. Das Kapitel „Die Fraktionen - Zentrale Akteure im Europäischen Parlament“ analysiert die politische Zusammensetzung des EP und die Entwicklung seiner Fraktionslandschaft. In „Koalitionen im Europäischen Parlament - Zwischen Konsens und Dissens“ werden verschiedene Koalitionsformen im EP untersucht, darunter die Rechts-Links-Spaltung, die „Große Koalition“ und der breite Konsens. Das Kapitel „Transnationale Fraktionen - Zwischen Einheit und Vielfalt“ beleuchtet die Herausforderungen der Geschlossenheit transnationaler Fraktionen angesichts von Heterogenität und externem Druck.
Schlüsselwörter
Europäisches Parlament, transnationale Fraktionen, Koalitionsbildung, Willensbildung, Mehrheiten, politische Geschlossenheit, Heterogenität, institutioneller Status quo, Gemeinschaftspolitik, legislativer und politischer Einfluss, institutionelle Besonderheiten.
- Arbeit zitieren
- Victoria Krummel (Autor:in), 2000, Transnationale politische Fraktionen. Willensbildung im Europäischen Parlament, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19538