In der Familiensoziologie ist seit einiger Zeit ein deutlicher Trend weg von makrotheoretischen
hin zu mikrotheoretischen Betrachtungen erkennbar, was zu einer zunehmenden
Zahl von Arbeiten zu einzelnen familialen Prozessen, wie Ehescheidung, Entscheidung
zur Elternschaft, Partnerwahl, etc, führte. Besonders durch den in den letzten
Jahrzehnten entstandenen Bedeutungs- und Funktionsverlust oder zumindest die deutlichen
Veränderungen der Familie, hat man sich stärker mit der Entstehung und Funktionsweise
dieser Prozesse beschäftigt. Ein theoretisches Modell zur Erklärung dieser
Prozesse soll in dieser Arbeit ausführlicher vorgestellt werden: die Austauschtheorie.
Es stellt sich die Frage, ob eine solche Theorie auf die Erklärung von Handlungen
innerhalb von Familien angewendet werden kann, welche Probleme dabei entstehen,
welche Vor- oder Nachteile die Theorie hat und ob die Familiensoziologie ihrer Aufgabe
der Erklärung typischer familialer Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse mit
dieser Theorie gerecht wird.
Die Austauschtheorie leitet sich zu großen Teilen aus dem Rational-Choice-Ansatz
ab, weshalb dieser zu Beginn der Arbeit kurz erläutert wird. Im weiteren Verlauf werden
die Grundbegriffe, Grundannahmen und Handlungserklärungen der Theorie erläutert.
Anschließend wird die Anwendung der Austauschtheorie in der Familiensoziologie
am Beispiel der Ehescheidung verdeutlicht und abschließend folgt eine kritische Analyse.
Der Abschnitt über die Bedeutung der Emotionalität wurde mit einbezogen, um zu
zeigen, dass gerade in der Familiensoziologie Handlungen nicht nur durch eine Kosten-
Nutzen-Bewertung erklärt werden können, sondern dass auch Emotionen wichtige Einflussfaktoren
sind. Dieser Aspekt wird in der Austauschtheorie leider vernachlässigt.
Zunächst sollen noch die drei grundlegenden Begriffe Handeln, Interaktion und
Gruppe definiert werden. Handeln ist definiert als „intentionales, zielgerichtetes und
sinnhaftes Verhalten von Menschen“ (Wiswede, G., 1998, S. 44). Interaktion ist definiert
als „Wechselbeziehung zwischen Handlungen, die sich aus einem bestimmten
Verhältnis von Handelnden ergibt“ (a.a.O., S. 44). Eine Gruppe ist eine „überschaubare
Personenmehrheit, die häufig miteinander interagiert“ (a.a.O., S. 46). Die weiteren relevanten
Begriffe werden im Laufe der Arbeit erklärt.
Nenneswerte Vertreter der Austauschtheorie sind zum Beispiel Homans (1972), Nye
(1981), Thibaut und Kelley (1959), Blau (1964).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Rational-Choice-Ansatz
- 3. Austauschtheorie
- 3.1 Grundbegriffe
- 3.2 Erweiterte Grundannahmen
- 3.2.1 Rationalität
- 3.2.2 Nutzenmaximierung in der Austauschtheorie
- 3.2.3 Allgemeine Ressourcen
- 3.3 Erklärung von Handlungen mit der Austauschtheorie
- 3.3.1 Fünf Annahmen Homans zum Tausch
- 3.3.2 Comparison Level und Comparison Level for Alternatives
- 3.3.3 Austausch und Gerechtigkeit
- 4. Anwendung
- 5. Kritische Analyse
- 5.1 Emotionen in engen Beziehungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit widmet sich der Erläuterung der Austauschtheorie im Kontext der Familiensoziologie. Das Ziel ist es, die Anwendbarkeit dieser Theorie auf typische familiäre Prozesse zu untersuchen und ihre Vor- und Nachteile aufzuzeigen.
- Die Verbindung der Austauschtheorie zum Rational-Choice-Ansatz
- Die Grundbegriffe, Grundannahmen und Handlungserklärungen der Austauschtheorie
- Die Anwendung der Theorie auf familiäre Prozesse wie Ehescheidung
- Eine kritische Analyse der Austauschtheorie, insbesondere hinsichtlich des Einflusses von Emotionen auf familiäre Entscheidungen
- Die Bedeutung der Emotionalität im Kontext der Familiensoziologie
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung präsentiert den Kontext der Arbeit, indem sie den Wandel von makrotheoretischen zu mikrotheoretischen Betrachtungen in der Familiensoziologie beleuchtet. Sie stellt die Relevanz der Austauschtheorie als Modell zur Erklärung familiärer Prozesse heraus und formuliert die zentralen Fragestellungen der Arbeit.
- Kapitel 2: Rational-Choice-Ansatz: Dieses Kapitel erklärt die grundlegenden Annahmen des Rational-Choice-Ansatzes, der als Grundlage für die Austauschtheorie dient. Es werden die zentralen Konzepte von subjektiv rationalem Handeln, Nutzenmaximierung und dem RREEMM-Modell erläutert.
- Kapitel 3: Austauschtheorie: Dieses Kapitel behandelt die Kernpunkte der Austauschtheorie. Es definiert wichtige Begriffe und Grundannahmen, erläutert die Erklärung von Handlungen durch Tauschprozesse und beleuchtet die Konzepte des Comparison Level und des Comparison Level for Alternatives.
- Kapitel 4: Anwendung: Dieses Kapitel zeigt anhand des Beispiels der Ehescheidung die praktische Anwendung der Austauschtheorie in der Familiensoziologie auf.
- Kapitel 5: Kritische Analyse: Dieses Kapitel analysiert die Austauschtheorie kritisch und beleuchtet die Bedeutung von Emotionen in engen Beziehungen, die in der Theorie vernachlässigt werden. Es stellt die Frage, ob Handlungen in der Familiensoziologie allein durch eine Kosten-Nutzen-Bewertung erklärt werden können.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Austauschtheorie, einem zentralen Konzept der Familiensoziologie. Sie behandelt wichtige Themen wie rationales Handeln, Nutzenmaximierung, Tauschprozesse, Vergleichsniveaus, Ehescheidung und die Bedeutung von Emotionen in engen Beziehungen.
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- Janine Wittfeld (Autor), 2003, Die Austauschtheorie im Rahmen der Familiensoziologie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19566