Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Soziale Einzelfallhilfe
1.1 Historische Aspekte
1.2 Grundsätze der sozialen Einzelfallhilfe
1.3 Phasen der sozialen Einzelfallhilfe
2. Case Management
2.1 Historische Aspekte
2.2 Grundsätze des Case-Management
2.3 Phasen des Case-Management
3. Was ist neu am Case Management im Vergleich zur sozialen Einzelhilfe?
Literatur
Einleitung
Jeden Tag brauchen millionen Menschen unterschiedlicher Altersgruppen die Hilfe und Unterstützung in den verschiedenen Bereichen ihres Lebens. Zum einen Teil sind das die Bereiche, für welche die Soziale Arbeit zuständig ist. In meiner Arbeit möchte ich zwei Methoden der Sozialen Arbeit vorstellen, die jeweils auf ihrer Art und Weise Hilfe den Menschen geleistet haben. Die Betrachtung von beiden Methoden kann natürlich nicht abgetrennt von der dynamischen und vielfältigen Geschichte des 20. Jahrhunderts betrachtet werden, die die Anforderungen der Gesellschaft beeinflusste.
In diesem Kontext, möchte ich zuerst die wohl verbreiteteste klassische Methode der traditionellen Einzelfallhilfe (Social Case Work) vorstellen. Ich möchte die Entstehung und die Entwicklung dieser Methode folgen und die wichtigsten Phasen beschreiben. Die Entstehung, bzw. die historischen Aspekten, finde ich in dem Fall von großer Bedeutung, da die als Basis für die folgende Entwicklung des Case Management dienten. Also, entwickelte sich das Case Management als eine Methode der Sozialen Arbeit unter folgenden Bedingungen: die Probleme der Menschen im Laufe der Zeit sind komplexer geworden und es ist besonders wichtig geworden, sich in derzeitiger Situation den riesen Auswahl von Sozial- und Gesundheitswesen Angeboten, auskennen zu können, weil die modernen Sozialleistungssystem, Hilfsorganisationen, Dienste und Einrichtungen wegen ihrer Komplexität von vielen Menschen als ein „Dschungel“ wahrgenommen werden (vgl. Wendt 1991, S. 11).
Das Ziel meiner Hausarbeit ist eine Vorstellung zu ermitteln, was für Methoden der Sozialen Arbeit Einzelfallhilfe und Case Management sind und inwiefern sie sich voneinander unterscheiden. Dafür möchte ich erst einmal jede Methode einzeln beschreiben um solche wichtige Aspekte wie Geschichte, Grundsätze und Phasen deutlich zu strukturieren. Allerdings ist die wichtigste Frage, die ich im dritten Kapitel meiner Hausarbeit beantworten möchte, was am Case Management im Vergleich zur sozialen Einzelhilfe neu ist? Dafür werde ich die Methoden sich gegenüber stellen, um die Unterschiede und Neulichkeiten herauszufinden.
1. Soziale Einzelfallhilfe
1.1 Historische Aspekte
Die Soziale Einzelhilfe nimmt ihren Anfang aus den USA. Seit dem das Buch „Social Diagnosis“ von Mary Richmond im Jahr 1917 veröffentlich wurde, wird „Einzelfallhilfe“ wissenschaftlich berücksichtigt. Im Mittelpunkt dieses Buchs steht die Ermittlung von tatsächlichen Informationen zur Persönlichkeit und zur Situation eines Hilfebedürftigen. Mit diesem Buch wurde zum ersten Mal eine systematische Arbeitsmethode dargestellt, die die Vorgehensweise der ehrenamtlich Tätigen in den USA vorstellte. Richmond sammelte Fälle aus der Praxis der FürsorgerInnen, danach systematisierte und analysierte sie diese im Bezug auf Vorgehensweise und erfolgreiche Handlungsschritte. So versuchte sie in ihrem Werk „Social Diagnosis“ „das methodische Handeln von FürsorgerInnen empirisch fundiert lehr- und lernbar zu machen“ (Galuske 2003, S.74), außerdem sah sie die SozialarbeiterIn als „soziale Ärztin“, die mit nacheinander folgender und professioneller Anwendung von Anamnese, Diagnose und Therapie „soziale Erkrankungen“ von Individuen „heilen“ kann (vgl. Meinhold 2007, S. 361; Galuske 2003, S.73 f.).
In Deutschland wurde, aus den USA stammende Methode der Sozialen Einzellfallhilfe bzw. Case Work, in 20er Jahren bekannt gemacht und weiterentwickelt. Dies geschah durch Alice Salomon, die im Jahr 1926 ihr Konzept „Soziale Diagnose“ veröffentlich hatte. Sie hat diese Methode auf deutsche Verhältnisse angepasst und erste wissenschaftliche Begründungen für diese erarbeitet (vgl. Neuffer 2002, S. 39). „Soziale Diagnose“ war der Anhaltspunkt der Hilfeleistung. Zuerst wurden die Bezugsrahmen der sozialen Diagnose von dem medizinischen Denkmodell beeinflusst. Dabei wurde Massenarmut als „Krankheit“ und der Sozialarbeiter als „Sozialarzt“ verstanden. Danach nahm die Psychoanalyse immer mehr Einfluss auf die Einzelfallhilfe. Als Folge deren war die zunehmende aktive Rolle der KlientInnen und Definierung der Einzelfallarbeit nicht mehr durch „Dienst am Kranken“, sondern durch „Hilfe zur Selbsthilfe“ (vgl. Meinhold/Guski 1984, zit. in Meinhold 2007, S. 361). Nach Salomon sei das Ziel der Einzelfallhilfe die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit der KlientInnen und deren Befähigung zur verantwortlichen Lebensführung. Dies sollte aber nicht durch passive Anpassung der KlientInnen an ihre Umwelt geschehen, es musste die Veränderungsbereitschaft im Umfeld der KlientInnen gefördert werden (vgl. Salomon 1926, zit. in Meinhold 2007, S. 361). Die Weiterentwicklung der Methode in Deutschland brach mit der NS-Zeit ab (vgl. Neuffer 2002, S. 39; Galuske 2003, S.74 f.).
Nach dem 2. Weltkrieg fand ein Methodentransfer aus den USA statt, der als Basis der neuen Rezeptionswelle diente. In dieser Zeit wurden in der Bundesrepublik Deutschland, die in den USA entwickelten klassischen Methoden/Arbeitsformen der Sozialarbeit, neben der Sozialen Einzelnhilfe, die Soziale Gruppenarbeit und die Soziale Gemeinwesenarbeit, in die Praxis und Lehre eingeführt (vgl. Neuffer 2002, S. 39; Kleve 2006, S. 22). In dieser Periode stand Ich-Psychologie im Mittelpunkt der sozialen Einzelhilfe (vgl. Neuffer 2002, S. 39). Gerade das, sowohl auch der Optimismus der 50er Jahre bei der Übernahme der Methoden aus den USA, riefen Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre eine Kritik hervor (vgl. Neuffer 2002, S. 39; Kleve 2006, S. 23).
Weiterhin, bzw. in der 80er-90er Jahre, verbreiteten sich für das methodische Handeln in der Sozialen Arbeit zunehmend moderne, psychotherapeutische Methoden, wie Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie und Familientherapie. Angesichts der professionellen Einführung Sozialer Arbeit prägen sich vielfältige Methoden aus, die vor allem die methodischen Diskurse der heutigen Sozialarbeit beeinflussen: z.B. Lebensweltorientierte Sozialarbeit, systemische Beratung, Meditation, Sozialmanagement, Supervision und Case Management (vgl. Kleve 2006, S. 24) um die ich in meiner Arbeit weiterberichten werde.
1.2 Grundsätze der Sozialen Einzelhilfe
Oben betrachtete geschichtliche Aspekte helfen uns nur ein wenig zu verstehen, was Soziale Einzelhilfe eigentlich ist. In der Fachliteratur verschiedener Zeiten ist eine Mehrzahl von Definitionen gegeben. Die Betrachtung einiger davon lässt uns bestimmte Gemeinsamkeiten herausstellen, die Methode der Sozialen Einzelhilfe besser charakterisieren können:
1. Soziale Einzelhilfe orientiert sich immer an einzelnem Individuum und seiner Probleme. Die Umweltfaktoren werden nur dann als Problemursachen betrachtet, nur wenn sie für das Behandlungsprozess eine Rolle spielen. Es geht meistens um die Umwelteinflüsse, von denen sich der Klient bedrängt fühlt und nicht um die, die massiv und materiell sein Leben beeinflussen. Nach Hage sind die sozialen Probleme psychische Probleme (vgl. Hege 1981, zit. in Galuske 2003, S.78).
2. Unter Berücksichtigung, dass im Betracht erst die individuellen
Probleme des Individuums stehen, werden alle Veränderungen auf seine Kompetenzen, Qualifikationen, Ansichten und Verhaltensweisen eingerichtet. Nach Salomon ist die Aufgabe des Fürsorgers den Einfluss auf Einstellungen des Klienten zu nehmen (vgl. Salomon 1926, zit. in Galuske 2003, S.78). Also, dient soziale Einzelnhilfe als therapeutische Intervention, die anhand Verhaltens- und Einstellungsänderung der problematischen Lebenslage der Klienten verbessert. Soziale Einzelnhilfe fördert die Persönlichkeitsentwicklung der Klienten und hilft ihnen seine individuellen Kräfte mit sozialer Umgebung in einen ausgewogenen Zustand zu bringen (vgl. Sachße 1993, zit. in Galuske 2003, S.78).
3. Ein bedeutsames Mittel des Hilfeprozesses ist die „helfende Beziehung“ zwischen dem Klienten und dem Sozialarbeiter. Der Klient soll den Sozialarbeiter als vertrauensvollen Gesprächspartner wahrnehmen und seine Hilfe akzeptieren, damit die Beziehung einen helfenden Charakter annimmt (vgl. Bang 1997, zit. in Galuske 2003, S.79).
4. In allen Fällen ist das Ziel des Hilfeprozesses eine Steigerung des Wohlbefindens des Klienten. Dies geschieht dadurch, dass die Balance zwischen Individuum und seiner Umwelt erreicht wird, bzw. geht es darum, dass das Individuum seine Verhaltensweisen und sein Wahrnehmungs- und Interpretationsmuster zur Umwelt anpassen können muss (vgl. Galuske 2003, S.79).
1.3 Phasen der sozialen Einzelfallhilfe
Der Hilfeprozess bei der Einzelhilfe wird methodisch in drei Schritten bzw. in drei Phasen eingeteilt. Diese Phasen sind für den Sozialarbeiter eine „Wegbeschreibung (…) in welcher Abfolge ein Hilfeprozess zu erfolgen ist. (Galuske 2003, S.83) Im Laufe der ersten Phase, der Fallstudie/Anamnese, werden die relevanten Daten, Fakten und Hintergründe gesammelt, die für eine objektive Einschätzung der Situation erforderlich sind. Die wichtigen Informationen an dieser Phase bekommt man durch wesentliche Informationsquellen wie z.B. der Klient selbst, Angehörige, Ärzte, Lehrer, Arbeitgeber, Nachbarn usw. Die technischen Hilfestellungen dabei sind Fragebögen oder Diskussion (vgl. Galuske 2003, S.83 f.).
Die zweite Phase, die Soziale Diagnose, beinhaltet die Zusammenfassung und Deutung gesamter Informationen, um „die veränderungsbedürftigen Fakten mehr oder weniger ausführlich [zu] erkundigen“ (Meinhold 2007, S. 361) und die
Gesamtbeurteilung des Falles zu erstellen. Für Salomon aber war die Gesamtbeurteilung nicht nur die Summe von ermittelten Informationen, sondern sie war der Meinung, dass der Sozialarbeiter „[…] die Beobachtungen über Tatsachen und Symptome und die erhaltenen Aussagen prüfen und vergleichen, bewerten und Schlüsse daraus ziehen [muss]. Erst dadurch kann er ein möglichst genaues, zutreffendes Gesamtbild der Sozialenschwierigkeiten eines Menschen und seiner Familie herstellen, das ihm ermöglicht, ein Plan für die Abhilfe zu fassen. Das ist Soziale Diagnose.“ ( Salomon 1928, zit. in Galuske 2003, S.84) In der dritten Behandlungsphase, die im Vergleich zu den ersten zwei Phasen als ziemlich technikarme bezeichnet werden kann, sind die folgenden Instrumenten von Bedeutung: die helfende Beziehung und das Gespräch. Die helfende Beziehung zwischen Sozialarbeiter und Klient bildet die „tragende Säule“ (Neuffer 2002, S. 39) und ist ein der wichtigsten Mittel zur Veränderung der Situation. „Durch Unterstützung und Anregung von problemlösenden Schritten könne sie Ich-Funktionen (Perlman 1969) des Klienten gestärkt und erweitert, Selbstkritik eingeleitet (Bang 1968) und neue Einsichten gewonnen werden.“ (Meinhold 2007, S. 361 f.) Die helfende Beziehung kann nur dann aufgebaut werden, wenn der Sozialarbeiter den Klienten als ein einzigartiges Individuum akzeptiert und nicht nur als „Fall“ betrachtet. In dieser Phase unterscheidet man auch direkte und indirekte Behandlung. Direkte Behandlung umfasst die Gespräche und Entwicklungen der Klienten, indirekte meint wiederum Gespräche und Entwicklungen auf andere Personen (Familienmitglieder, Arbeitgeber, Lehrer usw.) Die Auswahl von Hilfsmitteln hängt von dem Wissen und methodischem Können des Sozialarbeiters ab (vgl. Galuske 2003, S.84).
Diese drei Phasen des Hilfeprozesses können als ein „Wegweiser“ für die praktizierenden Sozialarbeiter betrachtet werden, „der sie im Dschungel des Hilfealltags anleiten sollte“ (Galuske 2003, S.84). Allerdings, gibt uns das Phasenmodel keiner schematischen und standardisierten Anweisung, wie man interventiv handeln soll. Kamphuis betont, „dass das Social Casework nicht ein Weg ist, der für jeden gleich ist. Das Fesselnde dieser Methode ist […], dass es wohl eine Anzahl gemeinsamer Ausgangspunkte gibt, dass aber, sowohl durch die Struktur der Arbeit als auch durch das spezielle Problem, vor das der Sozialarbeiter gestellt wird, die in Wirklichkeit anzuwendende Methode jedes Mal hierauf abzustimmen ist.“ (Kamphuis 1971, zit. in Galuske 2003, S.84)
[...]
- Arbeit zitieren
- Roman R. (Autor:in), 2010, Case Management in der sozialen Altenhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195787
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