Meine Generation erfährt die Realität des Zweiten Weltkrieges oft zunächst aus Berichten der Eltern, meist aber aus denen der Groß- und Urgroßeltern. So wurde auch mir schon von früher Kindheit an berichtet, wie in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges im Haus meiner Urgroßeltern Else und Karl Rollbach ein gewisser Oberst Strandes von der Deutschen Wehrmacht einquartiert wurde. Daraufhin gab es in der Besatzungszeit in eben diesem Haus Plünderungen von großem Ausmaß, da es fortan als „Kommandantenhaus“ gewertet wurde.
In der vorliegenden Arbeit soll auf eben diese Jahre eingegangen werden, auf die Chronik des Anwesens Rollbach in der Stadt Sulzbach-Rosenberg nahe Amberg zwischen 1943 und den ersten
Nachkriegswochen 1945. Hierfür soll zunächst auf die Nutzung des Hauses vor 1943 eingegangen werden. Anschließend werden rechtliche Aspekte in Betracht gezogen und analysiert, um zu einem möglichst umfangreichen und fundierten Ergebnis zu kommen. Zusätzlich zu dieser eher sachlichen Aufarbeitung soll aber auch das private Schicksal der Betroffenen nicht außer Acht gelassen werden. Daher wird im Darauffolgenden der Vorgang der Beschlagnahmung dargestellt, ebenso die Plünderungen nach dem Kriegsende.
Als Hauptquelle werden Aussagen von vier Zeitzeugen in Form von Interviews und weiteren mündlichen Auskünften an mich dienen, die direkt oder auch indirekt mit den Geschehnissen im Anwesen Karl Rollbach in Verbindung stehen. Als Zeitzeugen standen mir die Töchter von Else und Karl Rollbach – meine Großmutter Hannelore Herkert und deren Schwester Ingeborg Scharrer – sowie Frau Scharrers Ehemann Gerhard und ein Freund der Familie, Folker Adrion zur Verfügung. Diese konnten mir nicht nur über das Kriegsende in Sulzbach-Rosenberg allgemein einige wesentliche Fakten aufzeigen, sondern – vor allem Frau Scharrer und Frau Herkert – lieferten detaillierte Auskünfte über den Hergang der Beschlagnahmung zwischen 1943 und 1945 sowie über die anschließenden Plünderungen in ihrem Elternhaus.
Allerdings – und darauf möchte ich hinweisen – haben die hier verwendeten Berichte einen subjektiven Charakter und können daher keineswegs verallgemeinert und auf ähnliche Situationen übertragen werden.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- A) Einleitung und Bearbeitungsweise der Arbeit
- I) Ursprung der Idee dieser Arbeit
- II) Verwendete Materialien
- B) Chronik einer Hausbesetzung mit anschließenden Plünderungen am Beispiel Krottenseeweg 706 in Sulzbach-Rosenberg
- I) Nutzung des Hauses vor und in dem Zweiten Weltkrieg
- II) Bedingungen, die an einen Kommandantensitz gestellt wurden
- III) Juristische Hintergründe und Grundlagen der Enteignung
- 1) Die Weimarer Verfassung im Dritten Reich
- 2) Unterscheidung „Enteignung“ und „Eigentumsbeschränkung“
- 3) Das Schutzbereichgesetz vom 24. Januar 1935
- 4) Die rechtliche Lage im Fall des Anwesens Rollbach
- IV) Grund für den Aufenthalt des Oberst in Sulzbach-Rosenberg
- V) Deutsche Beschlagnahmung durch Oberst Strandes
- 1) Die Wohnung im Hause Rollbach
- 2) Chronik der Beschlagnahmung
- 3) Die Flucht des Oberst Strandes
- VI) Plünderung durch amerikanische Truppen, polnische Gefangene und deutsche Zivilisten
- 1) Einnahme Sulzbach-Rosenbergs durch amerikanische Infanterie
- 2) Hintergründe der Plünderungen
- 3) Flucht in das Haus von Johann Fleck in Sulzbach-Rosenberg
- 4) Das Plünderungsrecht für ehemalige Kriegsgefangene
- 5) Plünderungen durch zivile, vorwiegend deutsche Personen und amerikanische Truppen
- 6) Rückgabe des Hauses an Familie Rollbach
- VII) Die Zeit nach Rückerhalt des Gebäudes
- 1) Schäden
- 2) Eventuelle Wiedergutmachungen, Reparationen, Zahlungen; Restaurationen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Geschichte einer Hausbeschlagnahmung durch die Deutsche Wehrmacht und die Alliierten während des Zweiten Weltkriegs. Sie zeichnet am Beispiel des Anwesens Krottenseeweg 706 in Sulzbach-Rosenberg die Chronik der Beschlagnahmung und die darauf folgenden Plünderungen nach. Dabei werden nicht nur die rechtlichen Hintergründe der Enteignung im Dritten Reich beleuchtet, sondern auch das private Schicksal der betroffenen Familie Rollbach in den Vordergrund gestellt.
- Juristische Grundlagen der Enteignung im Dritten Reich
- Die Rolle der Weimarer Verfassung im Nationalsozialismus
- Besonderheiten der Enteignung und Eigentumsbeschränkung im Schutzbereichgesetz
- Die Geschichte der Beschlagnahmung und Plünderung des Anwesens Rollbach
- Die Auswirkungen des Krieges auf das Leben der Familie Rollbach
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- A) Einleitung und Bearbeitungsweise der Arbeit: Die Arbeit entstand aus persönlichen Erzählungen der Großeltern des Autors und fokussiert sich auf die Beschlagnahmung und Plünderung des Anwesens Rollbach. Die verwendeten Materialien umfassen vor allem Interviews mit Zeitzeugen.
- B) Chronik einer Hausbesetzung: Das Kapitel beschreibt die Nutzung des Hauses Rollbach vor und während des Zweiten Weltkriegs und geht auf die Gründe für die Beschlagnahmung durch Oberst Strandes ein. Es beleuchtet die rechtlichen Grundlagen der Enteignung im Dritten Reich und zeigt die Besonderheiten im Fall Rollbach auf.
- C) Schluss: Der Schluss zieht die zentralen Ergebnisse der Arbeit zusammen und unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Erfahrungsberichte für die Geschichtsforschung.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Facharbeit beschäftigt sich mit dem Themenfeld des Zweiten Weltkriegs in Sulzbach-Rosenberg, insbesondere mit der Hausbeschlagnahmung und den anschließenden Plünderungen. Schlüsselbegriffe sind Enteignung, Eigentumsbeschränkung, Weimarer Verfassung, Schutzbereichgesetz, Kriegsgefangenenstammlager, Stalag XIII A, Oberst Strandes, Familie Rollbach, Plünderungen und Zeitzeugenberichte.
- Quote paper
- B.Sc. Fabian Queck (Author), 2012, Chronik einer Hausbeschlagnahmung durch Deutsche Wehrmacht und Alliierte im Zweiten Weltkrieg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195901