Nach dem Zweiten Weltkrieg wird von Wissenschaftlern gefordert, die Musikpädagogik als Disziplin zu begreifen, deren Stellung innerhalb des Bildungskanons wissenschaftlich gefestigt werden muss. Bis heute gelingt es allerdings nicht ihrer Position als Wissenschaft Anerkennung zu verleihen. Diese Arbeit will belegen, dass die Ursache hierfür im historischen Rückblick zu finden ist. Sie wird aufzeigen, dass einer der Gründe für ein mangelndes Verständnis von Musikpädagogik als Wissenschaft in der bewußten oder unbewußten Adaption antiker Modelle sowohl der Musik als auch darüber hinaus der Musikpädagogik und des Wissenschaftsmodelles liegt.
Musikpädagogik besitzt seit der Antike innerhalb des Bildungskanons eine exponierte Stellung sowohl hinsichtlich ihrer Legitimation als auch hinsichtlich ihres Aufgabenbereiches. Keine andere Lehrdisziplin ist in ihrer Notwendigkeit und Zielsetzung derart hinterfragt worden, was insofern problematisch ist, als die Inhalte der Musikpädagogik sich durch die Zielsetzung der Lehre definieren:
Dies erklärt Intensität und Ausmaß des praxisbezogenen Ansatzes musikpädagogischer Ziel-Auseinandersetzungen. Denn die Ziele, zu denen musikalisches Lernen führen soll, bestimmen in der praktischen Musikpädagogik die Planung des Unterrichts, sind Maßstab aller Handlungen im Unterricht und entscheiden über Material, Arbeitsformen und Methoden.
Inhaltsverzeichnis
I. EINLEITUNG
II. BEGRIFFSBESTIMMUNG
II.1. ,Musik’
II.2. ,Pädagogik’
II.3. ,Musikpädagogik’
II.4. Zusammenfassung
III. MUSIKPÄDAGOGIK IN DER KLASSISCHEN ANTIKE
III.1. Platon
III.1.1. Platons Verständnis von Musik
III.1.2. Platons Ethoslehre
III.2. Das aristotelische Modell der Musikpädagogik
III.2.1. Allgemeines
III.2.2. Aristoteles' Modell der Musikpädagogik
III.2.3. Erziehung als Staatssache
III.2.4. Legitimation einer musikalischen Ausbildung
III.2.5. Die Inhalte der aristotelischen Musikerziehung
III.3. Zusammenfassung
III.4. Musikpädagogik im Wissenschaftsmodell
III.4.1. Das Platonische Wissenschaftsmodell
III.4.2. Die Einzelwissenschaften des Aristoteles
III.4.3. Theorie und Praxis der Musik in der Antike
IV. REZEPTIONSMODELLE
IV.1. Rezeption im 19. Jahrhundert
IV.1.1. Musikpädagogik im musikwissenschaftlichen System Guido Adlers
IV.1.2. Rezeptionsgedanken
IV.2. Rezeption im 20. Jahrhundert: Selbständigkeit der Musikpädagogik
IV 2.1. Das Theorie-Praxis-Problem
IV.2.3. Die Position der Musikpädagogik in der Wissenschaftsstruktur
IV. 2.3. Das Problem der Legitimation
IV. 3. Zusammenfassung
V. MUSIKPÄDAGOGIK ALS EINZELWISSENSCHAFT
V.1. Musikpädagogik und Musikwissenschaft
V.2. Problem der Legitimation von Musikpädagogik
V.3. Musikpädagogik im Wissenschaftssystem
V.3.1. Der wissenschaftliche Gegenstandsbereich der Musikpädagogik
V.3.2. Musikpädagogik und Musikpsychologie
V.3.3. Die Rezeption des Theorie-Praxis-Problems
VI. ZUSAMMENFASSUNG
VII. LITERATUR
VII.1. Quellen aus der klassischen Antike
VII.2. Quellen ab dem 19. Jahrhundert
VII.3. Sekundärliteratur
I. Einleitung
Nach dem Zweiten Weltkrieg wird von Wissenschaftlern gefordert, die Musikpädagogik als Disziplin zu begreifen, deren Stellung innerhalb des Bildungskanons wissenschaftlich gefestigt werden muss. Bis heute gelingt es allerdings nicht ihrer Position als Wissenschaft Anerkennung zu verleihen. Diese Arbeit will belegen, dass die Ursache hierfür im historischen Rückblick zu finden ist. Sie wird aufzeigen, dass einer der Gründe für ein mangelndes Verständnis von Musikpädagogik als Wissenschaft in der bewußten oder unbewußten Adaption antiker Modelle sowohl der Musik als auch darüber hinaus der Musikpädagogik und des Wissenschaftsmodelles liegt.
Musikpädagogik besitzt seit der Antike innerhalb des Bildungskanons eine exponierte Stellung sowohl hinsichtlich ihrer Legitimation als auch hinsichtlich ihres Aufgabenbereiches. Keine andere Lehrdisziplin ist in ihrer Notwendigkeit und Zielsetzung derart hinterfragt worden, was insofern problematisch ist, als die Inhalte der Musikpädagogik sich durch die Zielsetzung der Lehre definieren:
Dies erklärt Intensität und Ausmaß des praxisbezogenen Ansatzes musikpädagogischer ZielAuseinandersetzungen. Denn die Ziele, zu denen musikalisches Lernen fühlen soll, bestimmen in der praktischen Musikpädagogik die Planung des Unterrichts, sind Maßstab aller Handlungen im Unterricht und entscheiden über Material, Arbeitsformen und Methoden.1
Zielsetzungen musikpädagogischen Unterrichts haben sich immer wieder als „Adaption erzieherischer Theoreme“2 erwiesen, welche wiederum auf politischen oder ideologischen Strömungen basieren. Es gibt bis heute kaum ein „Verfahren, welches in der Lage ist, Ziele umfassend oder auch nur zureichend auf wissenschaftliche Weise zu bestimmen oder logisch zu deduzieren.“3 Dies schlägt sich auf das Selbstverständnis der Musikpädagogik nieder, in ihr sieht man heute noch weniger als im Sport- oder Kunstunterricht eine apriorische Notwendigkeit der Aufnahme in die Bildungsdisziplinen. Die musikalische Ausbildung jenseits beruflicher Ausübung als Zielsetzung ist einer kleinen Oberschicht vorbehalten gewesen, so z.B. in der Antike dem freien Menschen oder im 19. Jahrhundert den Töchtern reicher Elternhäuser. Dabei steht häufig weniger die Musik im Vordergrund, als der Versuch, die Persönlichkeit des Kindes durch Musik zu prägen und es zu einem anerkannten Mitglied der jeweiligen Gesellschaft zu formen. ‘Unterrichtung im Sinne einer Allgemeinbildung’ wird dies häufig genannt; erst eine kritische Befragung nach dem Sinn einer solchen Bildung bringt das Ziel der gesellschaftlichen Reputation hervor. Selbst der allgemeine schulmusikalische Unterricht enthält häufig religiöse oder politische Elemente, die durch das Singen von Liedern den Kindern vermittelt werden sollen.
Parallel hierzu existiert immer wieder der Versuch, Musikpädagogik wissenschaftlich zu fundieren um ihre Notwendigkeit zu erklären. Häufig sind diese Untersuchungen lediglich ein Versuch, die bereits vorhandene Vorstellung oder Ideologie wissenschaftlich zu festigen. Daher besteht bis zum 20. Jahrhundert die Ansicht, Musikpädagogik könne keine eigenständige Disziplin sein. Erst nach den Erfahrungen des II. Weltkrieges ist bewusst geworden, wie manipulativ Musikpädagogik in der Geschichte des Unterrichts eingesetzt wird. Dementsprechend werden Stimmen laut, die eine eigenständigen wissenschaftliche Musikpädagogik einfordern, um Instrumentalisierung und willkürlichen Unterricht zu vermeiden und dem Musiklehrer ein Wissensfundament zur Verfügung zu stellen, welches ihm einen effektiveren Unterricht im Sinne einer musikalischen Ausbildung hin zur Musik ermöglicht. Jedoch treten mit dieser Forderung neue Probleme zu Tage, die ihren Ursprung weniger in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Situation als in der Geschichte der Musik und ihrer Anwendung haben. Die Annahme einer Legitimation von Musikunterricht durch musikpädagogische Forschung schlägt fehl; auch gegenwärtig entfällt Musikunterricht im Rahmen der allgemeinen Kürzung von Bildungsmitteln und wird wieder mehr und mehr Element der privaten Ausbildung unter entsprechendem finanziellen Aufwand.
In dieser Arbeit sollen Stationen der Entwicklung einer Musikpädagogik als Wissenschaft dargelegt werden. Zu diesem Zweck erfolgt eine Darstellung der wichtigsten Positionen aus der klassischen Antike, aus dem Fin de Siècle im 19. Jahrhundert Österreichs, aus der Nachkriegszeit des 20Jahrhunderts und schließlich aktuelle Positionen aus dem gegenwärtigen 21. Jahrhundert. Dabei in der Antike zu beginnen, mag sehr weit zurückgegriffen erscheinen, aber in der Darstellung der Rezeption zeigt sich die Notwendigkeit eines solchen Rekurses. Nicht ohne Sinn sucht Heinz Antholz die Frage nach der Legitimation von Musikpädagogik an der Quelle ihrer Entstehung - bei Aristoteles -zu klären. Es zeigt sich, dass in der analytischen Zusammenfassung der Platonischen und Aristotelischen Idee von Musik und ihrer Vermittlung Gültigkeit auch für gegenwärtige Theorien zu finden ist. Einige Ansätze, zum Beispiel das Fundamentieren von musikpädagogischen Theorien durch die Psychologie, welche der „Arbeitskreis für musikerzieherische Forschung“ unter der Leitung von Michael Alt in einer seiner ersten Tagungen fordert, finden sich in der Staatstheorie Aristoteles’ wieder. Die Darstellungen der musikpädagogischen Untersuchungen Platons und vor allem Aristoteles’, sowie deren Integration in ein Wissenschaftsmodell stehen daher am Anfang der Untersuchung, der eine Begriffsbestimmung vorausgeht. Diese bestimmt weniger die terminologische Verwendung des Begriffes ,Musikpädagogik’, als dass sie auf die unterschiedlichsten Verständnisformen verweist und gleichzeitig durch Analyse der Teilwörter ,Musik’ und Pädagogik’ bereits darin enthaltene Probleme aufzeigt.
Die folgenden zwei Kapitel befassen sich mit der Frage nach der Aktualität der antike musikpädagogischen Konzepte. Danach soll gezeigt werden, wie sich die Musikpädagogik zunächst in das musikwissenschaftliche System zu integrieren hat, wie es bereits in der klassischen Antike vorgegeben und schließlich von Guido Adler übernommen wird. Es erscheint deshalb besonders sinnvoll, Guido Adler als Vertreter des 19. Jahrhunderts auszuwählen, weil sein System der Trennung zwischen einer Historischen und Systematischen Musikwissenschaft maßgeblich für das heutige Verständnis der Musikwissenschaft ist, er sich aber in seiner Konzeption an Aristides Quintilianus orientiert, der wiederum sämtliche in der Antike bestehenden Theorien und Untersuchungen über Musik in seinem Kompendium zusammenfaßt und vor allem einiges von Aristoxenos, einem Schüler und Mitglied der aristotelischen Akademie, übernimmt. Guido Adler beschäftigt sich neben der Musikwissenschaft ebenfalls mit musikpädagogischen Themen und gilt vor allem aufgrund der Strukturierung des musikwissenschaftlichen Bereiches als einer der wichtigsten Vertreter dieses Faches.
Mit Michael Alt und der Gründung des „Arbeitskreises für musikpädagogische Forschung“ (AMPF) beginnt die Entwicklung einer eigenständigen Musikpädagogik. Michael Alt stellt mit seine Position als Musikpädagoge einen Gegenpol zu Adler dar. Seine Untersuchung „Brennpunkte musikpädagogischer Forschung“ beschäftigt sich erstmals bewusst mit den Problemen, welche die wissenschaftstheoretischen Untersuchungen der darauffolgenden Jahre bestimmt und richtungsweisend für die Struktur des dritten Teils dieser Arbeit sein sollen.
Der Geschichte einer Musikpädagogik und ihrer Rezeption folgt schließlich die Darstellung der Aktualität bestimmter bereits in den vorangegangenen Kapiteln behandelten Fragen und Probleme. Es wird hierbei eine Autorenauswahl getroffen, die keinesfalls dem Anspruch der Vollständigkeit gerecht werden kann. Kriterium der Selektion stellt in erster Linie die Popularität der Autoren als potentielle Meinungsbildner dar. Außerdem zeichnet sich die Auswahl, (welche von Musikpädagogen wie Sigrid Abel-Struth und Hans Günther Bastian über Musikpsychologen wie Helga de la Motte-Haber und Heiner Gembris bis hin zu Musikwissenschaftlern wie Carl Dahlhaus oder Albert Wellek reicht) dadurch aus, dass der Versuch unternommen wurde, verschiedenste Positionen zu berücksichtigen, um ein möglichst umfassendes Bild zu zeichnen, wenn es auch aufgrund der großen Dichte an verwendeten literarischen Vorlagen etwas oberflächlich erscheinen mag. Fragmentarisch werden Ansichten und Aussagen zusammengefügt, um darzustellen, dass sich Ideen aus 2000 Jahre Kulturgeschichte in den vermeintlich neuen Aussagen und fortschrittlichen Theorien wiederfinden lassen, die scheinbar nicht umgangen und daher möglicherweise integriert oder zumindest berücksichtigt werden sollten. So wird deutlich, dass vor allem die drei Problemkomplexe Legitimation einer Musikpädagogik’, ,Interdisziplinarität und Gegenstandsbereich’ sowie ,Theorie und Praxis in der Musikpädagogik’ bisher nicht gelöst werden, weil ein Loslösen vom Wissenschaftsmodell noch nicht erreicht werden kann und gleichzeitig eine Trennung der Musik von anderen Kulturbereichen erfolgt, die einige Probleme mit sich brachte und durchaus in Frage gestellt werden kann. Dies soll nicht heißen, dass es sich nicht lohnt, über Musik zu reflektieren; im Gegenteil muss Helga de la Motte-Haber Recht gegeben werden, wenn sie meint:
„Musik, als Ausdruck des Innersten vor den anderen Künsten ausgezeichnet, aber auch weit mehr als diese zur emotionalen Stimulierung geeignet, stellt in ihrer Beziehung zum Hörer ein so eigentümliches schwieriges Phänomen dar, dass es den forschenden Verstand herausfordert.“4
So zeigt sich in den drei Problemkomplexen ihre Ursprünglichkeit in der bildungstheoretischen Diskussion der klassischen Antike. Oder wie Alfred North Whitehead es formuliert: „Die sicherste allgemeine Charakterisierung der philosophischen Tradition Europas lautet, dass sie aus einer Reihe von Fußnoten zu Platon besteht.“5
Es sei darauf hingewiesen, dass das Ziel dieser wissenschaftstheoretischen Arbeit die Betrachtung von Situation und Struktur des Forschungsdiskurses ist. Dies impliziert nicht die Untersuchung der Realisierbarkeit hier aufgeführter Konzepte.6 Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf dem Verlauf des Diskurses, so dass am Ende vielleicht Ansatzpunkte für mögliche Lösungsvorschläge sichtbar werden.
II. Begriffsbestimmung
Der Begriff Musikpädagogik’ impliziert durch seine Zusammensetzung aus ,Musik’ und ,Pädagogik’ verschiedene Fragen: Wie sieht das Verhältnis zwischen diesen Wortkomponenten aus? Worin liegt die Verbindung? Was beinhaltet diese Kombination?
Abel-Struth stellt bereits 1970 fest, dass zwar „Musikpädagogik, Musikerziehung und Musikunterricht im fachsprachlichen Gebrauch eine lange Tradition“7 haben, sich diese Begriffe aber rasch als „mehrdeutig und ungesichert erweisen“8, vor allem bei genauerer Reflexion hinsichtlich ihrer inhaltlichen und formalen Unterscheidung. Daher soll nun zunächst jeder Terminus für sich und schließlich deren Zusammensetzung in der jeweiligen Problematik untersucht werden.
II.1. ,Musik’
Die Definition des Begriffes ,Musik’ erweist sich für die Musikwissenschaft, welche das Phänomen ,Musik’ in all ihren Bedingungen und Erscheinungen als ihren Gegenstandsbereich beansprucht, als problematisch und bisher ungelöst. Akzeptiert ist gegenwärtig lediglich, dass es die Musik nicht gibt. Sie ist ein kulturelles Phänomen, welches historischen, soziologischen, wirtschaftlichen, ideologischen, ästhetischen Bedingungen unterliegt. Durch ständige Einflüsse unterliegt sie kontinuierlichen Veränderungen und kann daher nicht als konstitutive Größe verstanden werden, sondern stellt für die Musikwissenschaft und somit ebenfalls für die Musikpädagogik einen unbestimmten und unsicheren Faktor dar, zu dessen Relation beständig neu Stellung bezogen werden muss. Da die Musikwissenschaft jede Form von Reflexion über Musik zu ihrer Aufgabe erklärt hat, steht die Musikpädagogik zu ihr in sehr enger Verbindung dahingehend, dass die Vermittlung von Erkenntnissen über Musik durch die Musikwissenschaft für die Musikpädagogik erfolgen soll.9
Nach dieser Darstellung der “Begriffsproblematik“ soll dieser im folgenden unter historischen Aspekten betrachtet werden. Der Begriff der Musik geht zurück auf den Terminus ,mousiké'. Dieser besitzt in der Antike verschiedene Bedeutungen:
1‘Musik‘ hat dreifache Bedeutung und meint einmal die Wissenschaft von den Melodien, von den Tönen, der Rhythmisierung etc. In diesem Sinne sagen wir, dass Aristoxenos, Sohn des Spintharos, Musiker10 ist. Dann bedeutet sie Instrumentalkunst, denn wir nennen die Flöten- und Harfenspieler bzw. -spielerinnen Musiker11. Das ist die vorwiegende Bedeutung, welche die meisten mit dem Ausdruck Musik verbinden. 2 Eher uneigentlich gebrauchen wir denselben Namen manchmal auch für die Schönheit einer gelungenen Sache. So nennen wir etwas musisch auch, wenn' s zur Malerei gehört, der den Maler von der Muse geküsst, wenn ihm Vollendetes gelang.12
Diese Definition zeigt deutlich die Vielfältigkeit des antiken Musikverständnisses. Musik im Sinne der musischen Künste beinhaltet sowohl Sprache, Vers, Musik und Tanz. Sie stellt in der klassischen Antike einen Oberbegriff dar, der die einzelnen Künste zu einer Einheit verbindet.13 Diese Einheit ist für Platon ein Beispiel wahren Wissens.14
Musik im engeren Verständnis der Antike ist Musik im gegenwärtigen Sinn und gilt als eine Kategorie der Musen. Sie beinhaltete das Wort (logos), die Melodie (melos) und die Rhythmik (rhythmos), wobei letztere dem logos untergeordnet wird. Platon ordnet die unterschiedlichen Formen der musiké der Philosophie, Wissenschaft oder Kunst zu. Er legte damit das Fundament für die heutige Entwicklung der musikalischen Wissenschaften. Deshalb erscheint es folgerichtig, die ersten theoretischen Untersuchungen über musikpädagogische Bestimmungen in dieser Zeit anzunehmen.15
Wie wenig Musik definiert werden kann, zeigt sich in den diversen Fachlexika. So wird z.B. im Musiklexikon „Musik in Geschichte und Gegenwart“ eine universale Begriffsbestimmung vermieden und statt dessen eine terminologische Untersuchung unter historischen Gesichtspunkten angeführt. Hierbei werden die verschiedenen epochal bedingten Definitionen gegenübergestellt, um festzustellen, dass das Fehlen jedoch noch auf etwas Weiteres hinzudeuten scheint, „nämlich auf eine Scheu Musik überhaupt noch in wenigen Worten genauer bestimmen zu wollen.“16 Dies liegt daran, dass eine Bestimmung immer eine Ausgrenzung bestimmter Faktoren impliziert und keine allgemein anerkannte Definition darüber existiert, was als Musik verstanden werden kann und unter welchen Kriterien man das Phänomen Musik von den als „Geräusch“ bezeichneten akustischen Phänomenen trennen kann.„Jeder Versuch der Bestimmung von Musik stößt dabei sogleich auf das Problem der Abgrenzung des
Gegenstandsbereiches, der Kriterien und der Opposition von Potentialität und Aktualität des Klingens.“17
Albrecht Riethmüller stellt fest, dass es einige Bestimmungsfelder gibt, die sich bei aller historischen Bedingtheit des Phänomens Musik überzeitlich deutlicher abzeichnen.18 Sie treten zwar nicht alle innerhalb der verschiedenen epochalen Verständnisse von Musik auf, haben aber unser heutiges alltagspsychologisches Musikverständnis gleichermaßen beeinflusst.
1. die Bestimmung von Musik als Kunst, Wissenschaft oder Bildungsdisziplin,
2. die „Rückbindung“ der Musik an einen arithmetischen bzw. mathematischen Bestimmungsgrund,
3. die psychologische bzw. emotionale Konnotation in der Musikrezeption,
4. die Auffassung von Musik als einem ästhetischen Phänomen,
5. Musik als Betätigungsobjekt (besonders im Sinne eines “Spiels“),
6. Musik als Analogie zur Sprache.
Diese verschiedenen Faktoren bestehen heutzutage gleichermaßen nebeneinander und treten durch das Einnehmen verschiedener Perspektiven wieder hervor. Entscheidend ist aber, dass sich alle Faktoren in ihren Ursprüngen oder Entstehungsmomenten bis zur Antike zurückverfolgen lassen.
In dieser Darstellung zeigt sich das weite Betätigungsfeld der Musikpädagogik. In der Vielfältigkeit des Phänomens ,Musik' als Inhalt der Musikpädagogik liegt unter anderem die Begründung für die Notwendigkeit einer gesonderten Betrachtung musikalischer Vermittlung dahingehend, dass diese Vielfältigkeit auch immer Unkontrollierbarkeit in der Intentionalität einer Anwendung vermittelt.
II.2. ,Pädagogik’
Steht der Begriff „Musik“ vor allem für die inhaltliche Seite der Musikpädagogik, so verweist der Wortstamm Pädagogik auf das methodische Vorgehen dieser Disziplin. Indem sie als eine Fachrichtung der allgemeinen Pädagogik angesehen wird19, übernimmt sie - ähnlich wie bei der Musikwissenschaft - auch deren Bedeutung und Probleme. Sie stützt sich hinsichtlich ihrer Methodik und ihres Gegenstandsbereiches auf diese Grunddisziplin, der sie aufgrund gewisser Gemeinsamkeiten zugeordnet wurde. Daher soll die Definition der Disziplin „Pädagogik“ an dieser Stelle genauer betrachtet und eine begriffliche Abgrenzung zu dem später entstehenden
Terminus „Erziehungswissenschaft“, welcher heute für die Bezeichnung der Studiengänge üblich ist, unternommen werden.
Der Begriff „Pädagogik“ entwickelt sich aus dem griechischen Grundbegriff „paideiď, der seit dem 5. Jh. v. Chr. für Erziehung oder Leitung eines Kindes (direkte Übersetzung: «Ich erziehe ein Kind.») verwendet worden ist. Es kann sich hierbei auch um eine Zusammensetzung der Begriffe „pais“ (Knabe) und „agein“ (führen) handeln. Sicher ist jedoch, das mit „paidagogós“ der Sklave bezeichnet wird, der die Söhne des Herren während der Ausbildung zu beaufsichtigen hat. Hierbei steht diesem allerdings keine Wertung zu, da dem Sklaven meist keine Ausbildung zuteil wird. Unter „paideiď wird sowohl der Vorgang der Kindeserziehung als auch das Ergebnis dieses Erziehungsprozesses und die Bildung verstanden.20 Überträgt man nun dieses Verständnis auf den Begriff Pädagogik, so ergeben sich hieraus zwei Konsequenzen: Aufgabe der Pädagogik wäre in direkter Analogie zur Bedeutung des Ursprungsbegriffs zum einen die Erziehung und Bildung des Kindes als praktische Ausübung und zum anderen seine wertfreie, objektive Beobachtung und die Hinführung zur Erziehung als eine distanzierte und daher theoretische Ausübung.
Für Sokrates gilt die Aufgabe der Erziehung noch als göttliche Berufung. Im 4. Jh. wird der Erziehungsgedanke jedoch durch den Verfall der polis weiterentwickelt. So findet sich in den Arbeiten Platons ein erstes systematisch konstruiertes Bildungsprogramm in Form eines Stufenmodells: Die Ausbildung des Kindes beginnt mit dem gymnastisch-musischen Unterricht21, dem später als allgemeinbildender Unterricht die Vorbereitung für die Dialektik folgt. Dieses Stufenmodell setzte eine Verstaatlichung der Erziehung voraus, um sie allen gleichermaßen zukommen zu lassen. Zudem wird sie in Philosophie und Wissenschaft fundiert, da die Wissenschaft und mit ihr die Philosophie als höchste aller Wissenschaften nach Platon über der Kontrollfunktion des Staates steht. Mit diesem philosophisch-wissenschaftlichen Bildungsbegriff, dessen Ziel die Vermittlung von festen Normen des sittlichen Handelns ist, initiiert Platon ein Bildungssystem, welches das staatliche Leben neu begründen soll: Platon versteht das gesamte Leben als einen umfassenden Erziehungsprozess, der zur Formung des Menschen im Hinblick auf das von ihm formulierte ideale Wesensbild dient. Der Begriff erfährt bei Platon somit eine Bedeutungserweiterung: paideia wird zum einen ein Synonym für Zivilisation und Kultur, und gilt gleichzeitig als Auszeichnung des zivilisierten Menschen, durch sie unterscheidet er sich von den unfreien Sklaven.
Aristoteles stellt schließlich als Leitmotiv seiner Philosophie einen Zusammenhang zwischen Politik undpaideia her und konzipiert das Bildungsmodell nach praktischen Erfordernissen. Der Auszeichnung als „Gebildeter“ impliziert eine fachübergreifende, prinzipielle Urteilsfähigkeit. Schon in der klassischen Antike zeigt sich somit eine Spaltung des paideia-Verständnisses: er impliziert sowohl die Erziehung als auch die Bildung des Menschen in unterschiedlichster Gewichtung.
Im 18. Jahrhundert entwickelt man unter Rekurs auf die klassische Antike eine wissenschaftliche Pädagogik.
Sie umfasst, nach dem bis heute üblichen Sprachgebrauch, die Erziehungskunst, „Die praktische Fertigkeit, nach bestimmten Regeln oder einer pädagogischen Methode zu eiziehen“, die „Eiziehungskunde“, „das historische oder empirische Wissen von der Erziehung“, und die „Erziehungswissenschaft“, d.h. die „Zurückführung der Erziehung auf höchste Grundbegriffe und Grundsätze“ und die Darstellung ihrer „Lehren in einem streng geordneten organischen Zusammenhänge (einem Systeme)“.22
Seit dieser Epoche existiert somit eine praktische und eine theoretische Pädagogik,23 die sich als Wissenschaft in drei Hauptströmungen einteilen läßt: in die philosophisch geisteswissenschaftliche Pädagogik, in die hermeneutische und in die empirische Pädagogik. Die Einteilung orientiert sich dabei an den unterschiedlich angewandten Methoden. Neben der Bezeichnung „Pädagogik“ wird vor allem für die Studiengänge an Universitäten gern der Terminus „Erziehungswissenschaft“ verwendet. Der Bedeutungsunterschied zwischen diesen beiden Termini lässt sich nur schwer definieren, meist werden beide Begriffe willkürlich und unreflektiert eingesetzt. Von Cube24 unterscheidet Erziehungswissenschaft von der Pädagogik folgendermaßen:
Die Erziehungswissenschaft steuert den Lernenden unter ständiger Korrektur zu einem gegebenen Zielverhalten. Erziehung wird somit als Regelungsvorgang unter Einfluss von „Störgrößen“ verstanden. In der Pädagogik wird die Erziehungswirklichkeit unter dem Aspekt eines „objektiven Geistes“ hermeneutisch interpretiert; es handelt sich also hierbei um ein geisteswissenschaftliches Verständnis von Pädagogik. Orientiert sich also die Erziehungswissenschaft am zu erziehenden Subjekt, konzentriert sich die Pädagogik vor allem auf Umfeld und Einflüsse, sowie auf das Erziehungsobjekt. In diesem Sinn erscheint es verständlich, dass die Fachrichtungen nicht der Erziehungswissenschaft, sondern der Pädagogik zugeordnet werden. Sie haben innerhalb einer anthropologischen Disziplin weniger den Menschen als das zu vermittelnde Objekt zum Forschungsgegenstand und werden auch über dieses Objekt definiert, im Falle der Musikpädagogik also über die Musik.
Eine differenzierte Definition hierzu vertritt Peter Becker25, wenn er versucht, die Formen der unterschiedlichen Anwendungen dieser Begriffe zu kategorisieren. Er spricht hierbei von einem „synonymen“ und einem „heteronymen“ Gebrauch: Bei ersterem sind Erziehungswissenschaft und Pädagogik gleichgestellt als Wissenschaften der Erziehung und Bildung des Menschen. Erziehungswissenschaft wird dabei aus Bereichspädagogiken zusammengefasst. Die Pädagogik dient häufig als Attribut für fachfremde Gebiete, beispielsweise „pädagogische Musik“, „pädagogische Psychologie“ usw.
Im heteronymen Verständnis umfasst Pädagogik alle Wissensformen der Erziehungslehre, während Erziehungswissenschaft als empirische Sozialwissenschaft wissenschaftliche Aussagen über Erziehungsprozesse macht.
Eine einheitliche Anwendung ist hiermit jedoch ebenso wenig definiert wie eine Aussage darüber getroffen ist, welche dieser beiden Anwendungen die häufigere wäre. Doch aus der Tatsache, dass sich der Terminus „Musikpädagogik“ und nicht “Musikerziehungswissenschaft“ durchgesetzt hat, lässt sich schließen, dass die heteronyme Anwendung dieser beiden Begriffe dominiert. Da Musikpädagogik lange Zeit als Anwendungsdisziplin und nicht als wissenschaftliches Forschungsgebiet angesehen wird, sollte man vermuten, dass „Pädagogik“ für eine eher praxisorientierte Disziplin steht. Dies wird durch die Tatsache bestätigt, dass dem Artikel „Erziehungswissenschaft“ von Cube ein Abschnitt über die Perspektiven der Forschung zuteil wird, der sich in vier Forderungen gliedert26:
1. Erziehungswissenschaft muss sich als Vermittlungswissenschaft von Erziehung und Bildung verstehen.
2. Dementsprechend sollte sie für die Anwendung von wissenschaftlichem Wissen ein entsprechendes Konzept bereitstellen.
3. Das darin schon angedeutete Theorie-Praxis-Problem als Frage der Praxisrelevanz erziehungswissenschaftlichen Wissens stellt sich allerdings als ein Problem des Zusammenhangs zwischen Wissenschaft und Staat bzw. Politik dar, wie er bereits bei Aristoteles zu finden ist.
4. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen muss daher Erziehungswissenschaft zum einen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wiedergewinnen, zum anderen mit Nachbardisziplinen intensiver kooperieren.27
Diese Forderungen verweisen deutlich auf die Zukunftsorientierung der Erziehungswissenschaft.28 Im Gegensatz dazu erscheint das Begriffsverständnis für „Pädagogik“ historisch begründet zu sein. Eine genauere Beschreibung dieser Disziplin erfolgt hinsichtlich ihres Ist-Zustandes aufbauend auf ihrer Entstehung, weniger im Hinblick auf ihre zukünftigen Aufgaben. Dies liegt sicherlich an ihrer deutlich längeren Tradition, wobei auch die Probleme und Fragestellungen ihre Tradition beibehalten haben und Fragen nach Inhalten, Grenzen und Zielen der Allgemeinen Pädagogik gegenwärtig noch nicht hinreichend geklärt sind. Dies bringt jedoch Zweifel hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit und ihrer Rolle innerhalb der Gesellschaft mit sich. Auch innerhalb der Wissenschaftsstrukturen hat die Pädagogik weder ihren Platz gefunden, noch eine Innere Systematik aufgebaut. Als besonders problematisch erweist sich das Theorie-Praxis-Problem: Gerade aufgrund ihrer engen Anbindung zur pädagogischen Praxis sollte die Frage, inwiefern wissenschaftliche Pädagogik für die praktische Erziehung von Nutzen sein kann, dringend geklärt werden.
Wenn die Allgemeine Pädagogik als Stamm- oder Grundwissenschaft der Musikpädagogik aufgefasst wird, dann muss dabei beachtet werden, dass in der Teildisziplin die Probleme und Fragen der Hauptdisziplin impliziert sind. Da sowohl in der Fachrichtung „Musik“ als auch in der Hauptdisziplin „Allgemeine Pädagogik“ die Probleme bezüglich ihrer Wissenschaftlichkeit ungeklärt sind, trägt Musikpädagogik die Doppelbelastung beider Bereiche.
II.3. ,Musikpädagogik’
Im Rahmen der Musikvermittlung ist gegenwärtig zwischen Musikerziehung, Musikdidaktik, Musikbildung, Musikunterricht und Musikpädagogik zu unterschieden. Dabei stellt Musikerziehung die bekannteste Bezeichnung dar. Demgegenüber erscheint der Begriff Musikpädagogik in den Lexika bis 1945 kaum oder als „Pädagogik der Musik“.29 Laut AbelStruth wird daher bis 1945 unter dem Begriff „Musikerziehung“ sowohl der praktische Raum, also die Kunst, Musik zu lehren, bzw. der Musikunterricht selbst, als auch der wissenschaftliche Bereich im Rahmen einer Forschung der Musikerziehung verstanden.30 Gelegentlich bezeichnet man die Lehre, wie musikalisch zu erziehen sei, also die heutige Musikdidaktik, als Musikpädagogik im Sinne einer theoretischen Disziplin. Noch 1955 beschreibt Moser Musikerziehung als „der Tonkunst zugewandte Teil der Allgemeinen Pädagogik“.31 Ihr Ziel sei es, durch Spiel und Genuss den Schüler zu kunsthaftem Können zu erziehen. Musikerziehung wird somit praktische und theoretische Teildisziplin in einem. Abel-Struth gelangt zusammenfassend zu der Ansicht, dass Musikerziehung, die im 19. Jahrhundert noch an den Bereich gebunden ist, in dem Verbindung von Musik und Erziehung angenommen wird, im 20.
Jahrhundert im Rahmen der Reformpädagogik Träger einer Idee menschlicher Erneuerung innerhalb einer musischen Erziehung (ähnlich dem Vorbild der Antike) wird und sich somit stärker von Musikunterricht und Musikpädagogik abgrenzt. Durch häufigen Gebrauch dieser Terminologie erfolgt bald ein Übergreifen auf die Bereiche Musikunterricht und Musikpädagogik, sicherlich einer der Gründe, weshalb eine Begriffsverwirrung auch heute noch in der Literatur zu finden ist.
Im Jahr 1962 findet sich lediglich die Artikelbezeichnung „Pädagogik der Musik“ im Lexikon der „Musik in Geschichte und Gegenwart“ aufgeführt.31 32 Neben der Begriffsgeschichte werden Inhalte der Musikpädagogik und ihr Verhältnis zur Musik, sowie Struktur oder Systematik des Faches und seine Beziehungen zu anderen Disziplinen dargelegt. Der mögliche Forschungsbereich, welcher eine Wissenschaft als solche bestimmt, wird nicht abgegrenzt. Trotzdem geht man von einer Doppeldeutigkeit des Begriffs aus, unter dem neben der unmittelbaren praktischen Tätigkeit des Pädagogen auch die Wissenschaft von der Erziehung verstanden wird. Diese Wissenschaft stellt sich als „Theorie der Erziehungskunst und Unterrichtslehre“ dar. Die Musikerziehung wiederum ist die musikalische Lehrtätigkeit, die anhand der musikalischen Mittel das Erwecken gestalterischer Kräfte und den Aufbau einer Allgemeinbildung fördern soll. Der Autor orientiert sich bei seiner Definition stark an dem Vorbild der klassischen Antike. Dies wird besonders deutlich, wenn er den virtuosen Künstler in seiner Lehrtätigkeit als Musikpädagogen bezeichnet, der erst durch Einbezug ethischer Momente und anderer über das Fach hinausgehenden Erziehungsziele zum Erzieher, zum Musikerzieher, wird. Wie unsicher diese Definition ist, zeigt sich an folgender Aussage:
Erst wenn er [der musikalische Ausbilder] mehr leistet als dieses Beibringen, ist er Pädagoge, weil er dann zugleich Eizieher ist. (...) Man wird den virtuosen Künstler als Lehrer allerdings nicht Musikerzieher nennen; er ist als Künstler Musikpädagoge. Man kann ihn jedoch in einem weiteren Sinn oft wiederum einen Erzieher nennen, weil es ihm gelingt, ethische Kräfte (...) zu entwickeln (...).33
Die Bedeutungsübertragung aus der Allgemeinen Pädagogik wirft einige Schwierigkeiten auf, die zu einer unklaren terminologischen Anwendung bis in die Gegenwart führen. Deutlich wird hier jedoch, dass Musikpädagogik als fachlich spezialisierte Tätigkeit mit dem ideellen Gehalt der Musikerziehung verstanden wird. Die Praxisorientierung des Artikels zeigt sich in der Zieldefinition für Musikpädagogik: Erstes und oberstes Ziel ist demnach die Vermittlung zwischen Objekt und Subjekt. Dabei wird der Sachgehalt der Lehre als Tradition verstanden, die der Musikpädagoge durch seine vermittelnde Tätigkeit zu erhalten hat (im Sinne einer Sicherung dieses traditionellen Bestands mit sämtlichen methodischen und ideologischen Konsequenzen).
Weiterhin ist es dessen Aufgabe, die „verborgene pädagogische Wirkung von Musik“34 zu klären. Die Musikpädagogik steht in diesem Sinn daher „vermittelt und vermittelnd zwischen Wissenschaft und Kunst“ und ist „unabtrennbar von Musikwissenschaft, Soziologie, Allgemeiner Pädagogik, Akustik und Psychologie“.35
Es ergibt sich jedoch auch hier ein Widerspruch, wenn der Autor im Aufbau seiner Systematik der Musikpädagogik die Grundfragen des Lehrens und Lernens als Aufgabe der Musikerziehung bezeichnet, der Musikpädagogik hingegen die Auswahl des Unterrichtsstoffes zuspricht. Grundsätzlich lässt sich jedoch auch hier die Objektbezogenheit in der Musikpädagogik der Subjektorientierung in der Musikerziehung gegenüber stellen. Die wissenschaftstheoretische Problematik der Musikpädagogik zeigt sich jedoch deutlich in der Unterschiedlichkeit zwischen Anspruch und Aufgabengebiet, wodurch die Zielsetzung nicht erreicht werden kann.
Peter Becker kritisiert ebenfalls die „terminologische Schlamperei“ in der undifferenzierten Anwendung von Musikerziehung oder Musikpädagogik. In dem Versuch, die beiden Bereiche von einander abzugrenzen, gelangt er zu der Unterscheidung von wissenschaftlicher Musikpädagogik und der „Gesamtheit aller musikkulturellen Erfahrungs- und Prägungsprozesse“36 als Musikerziehung. Der in seiner Abgrenzung umstrittene Gegenstandsbereich umfasse die „Gesamtheit intentionaler Prozesse und funktionaler Einflüsse [...] samt ihren Voraussetzungen und Wirkungen“37. Dies bedeute, dass der Bezug zwischen Mensch und Musik erkannt, geordnet, transzendiert und systematisiert werden muss. Dabei dienen musikerzieherische Theorie und Praxis der Musikpädagogik zum Erkenntnisgewinn im „weiten Feld pädagogischen Umgangs mit Musik“38.
Auch Ulrich Mahlert versucht durch eine Abgrenzung der Musikpädagogik von Musikerziehung ein differenzierteres Bild der Musikpädagogik zu schaffen.39 So bezeichnet er Musikerziehung als den heute eher umgangssprachlich angewandten Terminus mit unterschiedlichen Bedeutungen. Der Musikpädagogik spricht er sowohl eine Handlungsebene als auch eine die Handlung(sebene) bestimmende Ebene zu, grenzt allerdings hiervon die Musikdidaktik als Theorie über die Möglichkeiten der Lehre deutlich ab. Das ambivalente Bild von Musikpädagogik, welches er zeichnet, entspricht sicherlich der heutigen Unsicherheit im terminologischen Gebrauch. So versteht er einerseits Musikpädagogik als Vermittlung von Musik, andererseits als „dienende Wissenschaft“, die alle auf Anwendung zielenden Bemühungen der Vermittlung und die wissenschaftliche Reflexion und Theoriebildung aller
Bereich als Grundlage für musikpädagogische Handlungen impliziert. Somit erhält Musikpädagogik zwei Aktionsebenen: die bereits genannte handlungsbestimmende Ebene und eine die Handlungsbestimmungen reflektierende Ebene.
Mahlert erreicht hierdurch die Möglichkeit, eine deutlich stärkere Differenzierung bezüglich des musikpädagogischen Gegenstandsbereiches vorzunehmen. Dabei versteht er die Integration der einzelnen Teilgebiete (Musikerziehung, Musikdidaktik, Musikunterricht) als Musikpädagogik im „weiteren Sinn“; die wissenschaftliche Reflexion hingegen ist Musikpädagogik im „engeren Sinn“ und dient der pädagogischen Praxis. Die einzelnen Teilgebiete einer Musikpädagogik im weiteren Sinn bestimmen sich durch ihren Handlungsbereich und ihre Intentionalität hinsichtlich der außerschulischen Bereiche. So wird Musikpädagogik nicht mehr ausschließlich der Kinder- und Jugenderziehung bzw. -ausbildung zugeordnet, sondern erstreckt sich auf alle Lebensbereiche, in denen Musik zum Einsatz kommt.
Mahlerts Verständnis von Musikpädagogik im engeren also wissenschaftlichen Sinn zeigt, dass gerade hier der Begriff der Erziehung nicht umgangssprachlich sondern als Integrationsproblem aufgefasst werden muss:
Im engeren Sinne meint Musikpädagogik die Wissenschaft, d.h. das Nachdenken und Forschen im Bereich der Vermittlung von Umgangsweisen mit Musik und der zielgerichteten sowie geplanten Unterweisung in diese Umgangsweisen, verstanden in jenem Sinne, in welchem die allgemeine Pädagogik als Wissenschaft von der Erziehung bezeichnet wird.40
Auch diesen Bereich der wissenschaftlichen Musikpädagogik unterteilt Mahlert wieder in Kategorien engeren und weiteren Sinns ein. So beschäftigt sich Musikpädagogik als „Wissenschaft von der Musikerziehung“ im weiteren Sinn mit dem Verhältnis von Menschen und Musiken, im engeren Sinn mit der erziehungswissenschaftlich begründeten Theorie des Faches Musik, d.h. mit Musikerziehung und Musikunterricht. Diese Systematik erscheint zunächst sinnvoll, wirft weitergehend aber Fragen auf, die bisher nicht geklärt werden konnten, durch Mahlerts Kategorien jedoch deutlich hervor treten: z.B. die Frage nach dem Unterschied zwischen Musikdidaktik und Musikpädagogik im engeren Sinn. Sind diese dargestellten Gegenstandsbereiche wirklich so abgrenzbar, wie es hier den Anschein hat? Kann man überhaupt von eigenständigen Teildisziplinen einer Musikpädagogik sprechen, wenn die Position der Musikpädagogik nicht einmal geklärt ist?41
Schließlich erörtert Mahlert die Forschungsbereiche der Musikpädagogik. Diese Darstellung kann tatsächlich als Systematik der musikpädagogische Forschung verstanden werden. Die Gebiete sind:
1. Forschungsmethoden
2. Musikpsychologie
3. Unterrichtsforschung
4. Historische Musikpädagogik
5. Vergleichende Musikpädagogik
6. Musiktheorie/ Musikpraxis
7. anthropologische Musikpädagogik
Auch hier erfolgt jedoch keine allgemein anerkannte Definition der Forschungsbereiche.42 Es ist allerdings festzuhalten, dass eine solch umfassende Beschreibung dieser Disziplin lediglich im MGG zu finden ist. Selbst musikpädagogische Lexika beschäftigen sich weit weniger umfassend und systematisch mit diesen Fragestellungen.43
Seit dem Beginn der Entwicklung einer wissenschaftliche Musikpädagogik nach dem II. Weltkrieg bestehen unverändert Problemen für dieses Fach als Wissenschaftsdisziplin. So verweist Becker44 auf vier Problemkomplexe, die weitgehend Inhalte dieser Arbeit sein sollen:
1. Der Gegenstandsbereich ist, wie bereits erwähnt, schwer bestimmbar. Dies liegt nicht nur an der engen Eingrenzung und der gleichzeitigen Permeabilität künstlich gesetzter Grenzlinien, sondern auch an der Unüberschaubarkeit aller möglichen Umwelteinflüsse und Lebensphänomene, die durch ihre Einwirkung auf das lernende Subjekt pädagogisch relevant sein könnten.
2. Der Wissenschaftsbegriff der Musikpädagogik ist schwerlich einer Kategorie zuzuordnen. Dies liegt sicherlich nicht zuletzt an der Tatsache, dass die Forschungsmethodik der Musikpädagogik lange Zeit auf induktiv-empirische Verfahren beschränkt wurde, die der musikpädagogischen Realität durch Abstraktion und Reduktion der subjektiven Erfahrungsinhalte nicht gerecht wurden.45
3. Die Frage nach der Struktur der Wissenschaftsdisziplin Musikpädagogik stellt ein eigenes Problem dar, da sie auch die Frage enthält, ob Teilwissenschaften wie z.B. die pädagogische Musikpsychologie der Musikpädagogik zuzuordnen sei (die ist die Position Michael Alts) oder ob sie trotz ihrer Tendenz zur Pädagogik in die Musikpsychologie integriert werden46 muss.
4. Schließlich gilt es, das Verhältnis zu anderen Wissenschaften, die nicht der Musikpädagogik zugeordnet werden können, genauer zu betrachten, unabhängig davon, ob sie nun als Nachbar-, Hilfs- oder Grundwissenschaften bezeichnet werden. Insbesondere ihr Verhältnis zur Musikpsychologie, Musiksoziologie sowie der Musikwissenschaft und der Allgemeinen Pädagogik, deren Vermittlung zwischen Sach- und Fachgebiet sie auch nach Ansicht der Musikpädagogen übernehmen soll, ist hierbei zu berücksichtigen.47
II.4. Zusammenfassung
Die Dichte dieser Darstellung terminologischer Definitionen kann nicht zu einem Konsens im Sinne der Vereinigung aller Übereinstimmungen führen. Sie zeigt aber, dass ein Überblick über die Problemkomplexe nur schwer zu formulieren ist. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Problemkomplexe in vereinzelter Form bereits vor der Entstehung einer wissenschaftlichen Musikpädagogik existierten und durch einen dualen Begriff in Zusammenhang gebracht werden. Soll musikpädagogisches Handeln wissenschaftlich fundiert werden, müssen diese Fragen geklärt werden. Dies wiederum scheint nicht ausschließlich in den Händen der Musikpädagogen zu liegen, sondern muss in Rekurs auf die Historizität der Probleme in den einzelnen Grundwissenschaften erfolgen. Musikpädagogik kann Teillösungen bereit stellen, deren Plausibilität aber nur für ihren eigenen Gegenstandsbereich proklamieren.
Außerdem zeigt sich durch historische Definitionsversuche, dass die hier dargestellten Definitions- und Abgrenzungsprobleme häufig ihren Ursprung in der Antike finden. Um dies näher zu untersuchen und die hier postulierte These zu belegen, sollen zunächst die musikpädagogischen Modelle der Philosophen Platon und Aristoteles aus der klassischen Antike untersucht werden. Ein Grund in der Auswahl dieser beiden Philosophen liegt darin, dass in der Antike „der wurzelhafte Zusammenhang aller modernen europäischen Kulturen sichtbar“48 wird. Aber gerade in dieser Zeit erfährt die Wissenschaft auch die Erhebung zur Führerin des Staatslebens und höchsten Bildungsmacht. Nicht zuletzt sind gerade die Werke Platons Zeichen allgemeiner Einstellungen zur Bildung und Musik in der klassischen Antike, wie im folgenden zu sehen sein wird.
III. Musikpädagogik in der klassischen Antike
Die Epoche der klassischen Antike stellt den Höhepunkt der geistigen und kulturellen Entwicklung in Athen dar. Dies wird vor allem durch die Akademien von Sokrates, seinem Schüler Platon und schließlich Aristoteles deutlich. Das Volk trug aktiv zum Aufschwung des kulturellen Lebens bei. Die polis wurde durch amtliche Tätigkeiten getragen, rund ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung hatte daher ein zusätzliches öffentliches Amt neben der alltäglichen beruflichen Tätigkeit inne. Die Verteilung der Ämter erfolgte durch Losverfahren, was wiederum eine umfassende und gleiche Bildung aller freien Bürger in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen voraussetzte. Der Mensch wurde als Stütze des Staates gesehen, in dem das Individuum weit weniger zählte als die Gesellschaft.
Die Pädagogik bekommt innerhalb der Gesellschaft eine besondere Rolle zugewiesen, denn die Durchdringung von Geist und politischem Leben kann nur durch ein hochentwickeltes Erziehungssystem erfolgen. Daher wird ein Gesetz erlassen, das die gymnastische (körperliche) und musische (geistige) Erziehung für Kinder ab dem siebten Lebensjahr festlegt. Da nun diese Erziehung für alle gleichermaßen erfolgen muss, entsteht die Idee einer einheitlichen Erziehung durch einen staatlich festgelegten Bildungskanon, dessen Fächer hinsichtlich ihrer Nützlichkeit für die Erziehung des freien Menschen stets wissenschaftlich überprüft werden müssen.
Die hohe intellektuelle Lebendigkeit fördert auch die Entwicklung und Verfeinerung der Künste. Literatur uns Musik erhielten einen wichtigen Stellenwert, weil sie als Vermittler religiöser Gedanken dienen; ein beiderseits nützliches Verhältnis, das auch Jahrhunderte später nicht an Effizienz und Aktualität einbüßen sollte.49
Im folgenden werden nun die Positionen Platons und Aristoteles’ bezüglich einer musikpädagogischen Ausbildung dargestellt. Es soll hierbei die Diskrepanz von der dialektischen zur empirischen Herangehensweise deutlich werden, welche sich in der Reflexion der beiden Autoren dem Leser eröffnet sowie die Vorstufe einer wissenschaftlichen Musikpädagogik dargelegt werden, die als Vorbild für spätere wissenschaftstheoretische Reflexionen diente.
III.1. Platon
III.1.1. Platons Verständnis von Musik
Platon versteht grundsätzlich die Musik nicht als natürlich Kunst, sondern als Produkt des Überflusses und steht ihr daher größtenteils negativ gegenüber.50
Deutlich wird Platons bereits in der Begriffsbestimmung beschriebene doppelte Verständnis von Musik hauptsächlich im zweiten Buch der „Politik“, wo er die Berufe der Musikausübung nennt, unter anderem dienen die Dichtung, Schauspiel, Tanz, Theater und Rhapsodie als Hilfsdisziplinen der musischen Ausübung.51
Musik im neuzeitlichen Verständnis52 als besitzt keinen eigenen Gegenstandsbereich, sondern ist Teil derpaideia, einer Form des erzieherischen Strebens.53 Dementsprechend wird sie bei Platon in erster Linie im Zusammenhang mit Erziehungsprogrammen erwähnt. Ein besseres Verständnis dafür zu erlangen, was Platon unter Musik versteht und welchen Stellenwert sie einnimmt, ist daher um so schwieriger. Er befasst sich nicht in konzentrierter Form mit ihr, sein Verständnis für ihren Stellenwert ergibt sich in erster Linie aus der Entwicklung politischer Theorien. Er zeigt an ihr kein Interesse als Künstler, sondern als Philosoph, Politiker und Erzieher.
Zwar versteht er die musiké sowohl als techné (Kenntnis über die praktische Ausübung von Musik) sowie als psychagogia (das musikalische Phänomen der psychologische Wirkung), es kommt ihm allerdings weniger auf die handwerkliche Technik als auf ihre Wirkung an. Im folgenden sollen nun weniger die einzelnen Elemente der damaligen Musik im engeren Sinn dargelegt als ihr Stellenwert innerhalb der platonischen Philosophie aufgezeichnet werden.54 In seinen einzelnen Werken setzt er sich mit den pythagoreischen, sophistischen und atomistischen Vorstellungen von Musik auseinander. Daher finden sich in seinen frühen Schriften teilweise verwirrend andere Aussagen als späteren Werken, was auf den zu seiner Zeit stattfindenden Paradigmenwechsel zurück zu führen ist. Es soll aber ein klares Bild seiner Philosophie formuliert werden, welches von seinen Nachfolgern, hier vor allem Aristoteles, rezipiert wurde.
Hauptwerk seiner musikalischen Abhandlungen ist „Politik“: Während er im dritten Buch zunächst seine Ethoslehre referiert, bezieht er im siebten Buch Stellung zu den Wissenschaften der Pythagoreer und lehnt die empirische Vorgehensweise der Harmoniker als „kindlich“ ab. Sowohl im zehnten Buch als auch im „Phaidros“ zeichnet er ein überraschend negatives Bild von Musik, welches in gewissem Widerspruch zu seiner Ethoslehre steht. Im zweiten Buch der „Nomoi“ schließlich differenziert er seine Position, indem er lediglich die zeitgenössische Musikpraxis angreift.
Im „Ion“ findet sich das früheste Dokument für die Auseinandersetzung zwischen psychagogia und Pathoslehre. Er definiert hier die Einheit von Wort und Ton: Der Dichter (und nicht der Musiker) bezeichnet das Verwirklichen des Wort-Ton-Kunstwerkes.55 Dementsprechend erscheint es nicht weiter verwunderlich, dass Platon sich in seiner Kunstkritik im „Phaidros“ in erster Linie auf die Dichter und Rhetoriker bezieht, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass er das reine Instrumentalspiel als unverständlich ablehnt und dem Gesang aufgrund der Führung des Wortes deutlichen Vorzug gibt.56
Platons Kunstkritik beruht auf seiner Philosophie der Wahrnehmung und einer vermutlich von „Gorgias“ übernommenen Theorie der „Seelenlenkung“: Der Sprecher (rhetor) überträgt durch seine Worte, seinen Rhythmus und seine Sprachmelodik Affekte auf den Hörer. Durch Illusion und Suggestion soll der Hörer die fremden Affekte miterleben und somit in die Einfluss-Sphähre des Vortragenden gelangen.57 Um dem Hörer zu gefallen, wird nun der Vortragende das Gefühl des Vergnügens in ihm erzeugen wollen. Nach Platons Wahrnehmungstheorie aber wird der Mensch dem ähnlich, woran er Freude habe:58 „Oder hast du nicht bemerkt, dass die Nachahmungen, wenn man es von Jugend an stark damit treibt, in Gewöhnung und in Natur übergehen, es betreffe nun den Leib oder die Töne oder das Gemüt?“59 Da nach Platons Ansicht vor allem die Musik in der Lage sei, (unkontrolliert) in das Innerste der Seele einzudringen, verlangt er in den frühen Dialogen das Wissen um die Musik als Wissen um ihre ethische Wirkung zu verstehen. Die techné des ausübenden Musikers erfährt erst beim Abzielen auf das rechte ethos ihren Sinn; erst darin lässt sich die Kunst des wahren Musikers finden. Dies ist Ziel Platons in seinen Abhandlungen über die Musik: die Abgrenzung einer wahren techné von der Banausie der zeitgenössischen Musikpraxis.
[...]
1 Sigrid Abel-Struth: Grundriß der Musikpädagogik, Mainz 1985, S. 349.
2 Ebd.
3 Ebd., S. 350.
4 Helga de la Motte-Haber: Umfang, Methode und Ziel der Systematischen Musikwissenschaften, Laaber 1982, S. 14.
5 Alfred North Whitehead: Prozess und Realität, Frankfurt 1995, S. 91.
6 Außerdem soll die Frage nach Musikpädagogik im wissenschaftlichen System in erster Linie aus Sicht des Musikwissenschaftlers diskutiert werden, eine Analyse des Verhältnisses zwischen Allgemeiner Pädagogik wäre zwar unbedingt notwendig, würde jedoch des Raum dieser Arbeit sprengen und muss daher als gesonderter Themenkomplex aufgefaßt werden.
7 Sigrid Abel-Struth: Materialien zur Entwicklung der Musikpädagogik als Wissenschaft, Mainz 1970, S.11.
8 Ebd.
9 Dieses Verhältnis soll später noch genauer betrachtet werden.
10 Klammersetzung als Verweis auf die folgende Aussage, dass der Begriff ,Musiker' im heutigen Sinne gar nicht existierte. Somit ist diese Übersetzung etwas irreführend. Die Bezeichnung ,Theoretiker' oder ,Harmoniker' würde eher treffen.
11 Eigentlich wurden diese ,Aulet' oder ,Khitarist' genannt.
12 Sextus Empiricus (2001): Gegen die Wissenschaftler, übers. v. Fritz Jürß, Berlin, S. 149.
13 Vgl. Thrasybulos Georgiades (1968): Musik und Rhythmus bei den Griechen, Hamburg, S. 8.
14 Vgl. Lukas Richter (1961): Zur Wissenschaftslehre von der Musik bei Platon und Aristoteles, Berlin, S. 27.
15 Vgl. Platon: Politeia. In: Ders.: Sämtliche Werke, Band 2, übers. v. Friedrich Schleiermacher, Hamburg 2002, B. III 398d.
16 Ulrich Mahlert (1997): Musikpädagogik. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Musik in Geschichte und Gegenwart, Kassel, Abs. 1204.
17 Ebd., Absatz 1205.
18 Vgl. Albrecht Riethmüller (1962): Musik. In Friedrich Blume (Hrsg.): Musik in Geschichte und Gegenwart, Kassel, Abs. 1206
19 Vgl. Kapitel III. und IV.2.
20 Vgl. D. Bremer: Paideia. In: J. Ritter & K. Gründer (Hrsg.): Historisches Wörterbuch, Bd. 7, Basel 1989, Abs. 35-39.
21 Wobei hier eine deutliche Unterscheidung zwischen diesen beiden Formen der paideia gemacht wird.
22 A.Hügeli (1989): Pädaogik. In J. Ritter & K. Gründer (Hrsg.): Historisches Wörterbuch, Bd. 7, Basel, Abs. 3.
23 Bezeichnend hierfür ist auch die Bezeichnung der Lehrer als Pädagogen.
24 Friedrich von Cube (1978): „Erziehungswissenschaft“, H. Radermacher & E. Braun (Hrsg.): Wissenschafts-theoretisches Lexikon, Graz, S. 172-173.
5 Peter Becker (1984): Musikerziehung/ Musikpädagogik/ Musikdidaktik. In: Hopf, Heise, Helms(Hrsg.): Lexikon der Musikpädagogik, Kassel, Seite 178ff.
26 von Cube (Anm. 24) S. 173.
27 Ebd.
28 Zum Theorie-Praxis-Problem siehe auch Kapitel V.3.3.
29 So zum Beispiel Erich Doflein (1997): Pädagogik der Musik. In Ludwig Finscher (Hrsg.): Musik in Geschichte und Gegenwart, Kassel, Abschnitt 1195.
30 Abel-Struth: Materialien (Anm. 7), S. 11ff.
31 Dr. Hans Joachim Moser (1923): Musikerziehung. In: Ders.: Musikalisches Wörterbuch, Berlin, S. 83.
32 Vgl. Doflein (Anm. 29).
33 Ebd., Abs. 574.
34 Ebd., Abs. 576
35 Ebd.
36 Becker (Anm. 25), S. 179.
37 Ebd.
38 Ebd.
39 Ulrich Mahlert (Anm. 16).
40 Mahlert (Anm. 16), Abs. 1451.
41 Die Einordnung der Musikpädagogik in das Fach Musikwissenschaft soll in Kapitel V.3. erörtert werden.
42 Der AMPF würde ihn wahrscheinlich erweitern um die Bereiche „Bildungstheorie“, „Soziologie“, „Heilpädagogik“, „Programmiertes Lernen“ und „Musikwissenschaft - Musikerziehung“. Musikwissenschaftler bzw. Musikpsychologen hätten vermutlich grundsätzliche Vorbehalte gegen diese Einteilung. Allerdings muss angenommen werden, dass aus wissenschaftstheoretischer Sicht die oben benannten Bereiche außerordentlich problematisch erscheinen, was die weitere Arbeit noch zeigen wird.
43 Wissenschaftstheoretische Untersuchungen haben in der Musikpädagogik kaum noch Anklang gefunden, Veröffentlichungen in diesem Bereich sind seit den 70er Jahren deutlich weniger geworden.
44 Becker (Anm. 25)
45 „Musikpädagogik, die weder dem Bereich der Geisteswissenschaften noch dem der Sozialwissenschaften oder dem der Handlungswissenschaften eindeutig zuzuordnen ist“. Ebd., S. 179.
46 „(3) die Aufgliederung der Musikpädagogik als Wissenschaft (hier kulminieren die Probleme jener zugleich aspekthaften und hybriden Fragestellungen von Teilwissenschaften)“, ebd.
47 Ebd.
48 Albert Reble (1999): Geschichte der Pädagogik, Stuttgart, S. 19.
49 Vgl. Reble (Anm. 48), Kapitel I.2., S. 32-38.
50 Platon: Politeia (Anm. 15), II 373 ff.
51 Ebd.
52 Eine Definition dieses Begriffes von „Musik“ im modernen Verständnis ist wie in Kapitel II.1. dargelegt außerordentlich problematisch, allerdings kategorisiert sie sich heute unter anderem durch die auch bei Platon schon festgelegten Phänomene Rhythmik, Harmonik und Melodik.
53 Werner Jaeger (1959): Paideia, Berlin, Bd. 2, S. 5.
54 Es wird dabei getreu dem Verfasser keine klare Trennung zwischen dem weiteren und dem engeren Begriff von musiké vorgenommen, dieses würde nicht dem Zeitgeist entsprechen. So kann es bei zitierten Stellen durchaus vorkommen, dass Platon sich zwar auf die Dichtung als Teil des weiteren Begriffs von musiké bezieht, die Aussagen aber auch durchaus einen Schluss auf die Musik im engeren Sinn zulassen.
55 Platon: Ion. In: Ders.: Sämtliche Werke, Bd. 1, Übers. v. Friedrich Schleiermacher, 29. Aufl., Hamburg 2002, Abs. 533 b,c und 534 a. Zur genaueren Erklärung dieses Verhältnisses siehe Richter (Anm. 14), S. 31 sowie Julius Stenzel: Platon, der Erzieher, Leipzig 1928, S. 126 f. und Georgiades (Anm. 13), S. 134.
56 Vgl. Platon: Gesetze, Übers. v. Dr. Otto Apelt, Leipzig ???, Bd. 1, II 669d ff.
57 Vgl. Platon: Phaidros, Übers. Eugen Rolfes, Hamburg 1985, 260d ff.
58 Vgl. Platon: Gesetze II 655c,d und 656c.
59 Platon: Politeia (Anm. 50), III 395d.
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