[...] Dieser Zustand unterliegt indes gegenwärtig einem
bemerkenswerten Wandel. So erfährt der Verbreitungsgrad von finanzpolitischem
Fachvokabular, ob Staatsdefizit oder Nachtragshaushalt, seit Herbst 2002 seine Ausdehnung bis
in die Berichterstattung der Boulevardpresse. Die Finanzpolitik selbst geriert unvermittelt zum
Nachrichtenfaktor. Dabei scheint sowohl der wirtschaftliche Zustand der Bundesrepublik
(„Schuldenstaat“), wie der vermittelte Zusammenhänge („Misswirtschaft“), in Rückführung auf
Darstellungsweise und fortwährenden Präsenz eindeutig. Ebenso die offenkundige
Unentschlossenheit der Regierung hierzu problembezogene Lösungsansätze zu entwickeln.
Doch woher rührt dieses Aufkommen an öffentlichem Interesse in das vormals kaum
wahrgenommene Feld? Die Antwort liegt weniger in einer unvermittelt eingetretenen oder
dramatisch veränderten Höhe der Staatsschuld begründet. Vielmehr ist sie dem internationalen
Fokus zuzuordnen, der sich auf das Finanzgeschehen in der deutschen Volkswirtschaft richtet.
Hervorgerufen und großflächig medial problematisiert im Wege des Verfahrens um die
Stabilitätskriterien der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion2, welche die finanziellen
Dispositionen der öffentlichen Hand mittels neuer, verbindlicher Kriterien reglementieren.
So befasst sich die vorliegende Arbeit in Kapitel 2 zunächst mit den gesetzlichen Grundlagen von
Staatsfinanzierung und -verschuldung, um nachfolgend die Beweggründe für öffentliche
Verschuldung aufzugreifen (Kapitel 3). Der vierte Abschnitt rekonstruiert die Entwicklung der
Staatsschuld in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Welche ökonomischen,
politischen Erwägungen haben zum gegenwärtig vorzufindenden Stand der Volkswirtschaft
beigetragen, der unser gesellschaftliches Leben so nachhaltig bestimmt? Hieraus erwächst nun
die Frage nach den Folgen der gegenwärtigen Staatsverschuldung. Kapitel 5 versucht daher das
Zusammenwirken von nationalstaatlicher Verschuldung und den Vorgaben des Stabilitätspaktes
darzustellen. Gegenstand des sechsten Kapitels ist die Frage, warum die angewandte
antizyklische Steuerungspolitik final nicht die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte, bevor Kapitel 7 Lösungsansätze zu Auswegen aus der „Schuldenfalle“ zu beschreiben sucht. Eine
kritische Würdigung der vorgetragenen Positionen beschließt diese Arbeit.
2 nachfolgend: EWWU.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Finanzpolitik und hoheitliches Handeln
- 2.1 Finanzierung staatlicher Leistungen
- 2.2 Schulden der öffentlichen Hand
- 2.3 Rechtliche Legitimation
- 2.4 Verfassungsrechtliche Grenzen der Kreditaufnahme
- 2.4.1 Art. 115 Abs. 1 GG
- 2.4.2 Art. 109 GG
- 2.5 Ausnahmen von der Kreditbegrenzung
- 3. Begründung für öffentliche Verschuldungspolitik
- 3.1 Überbrückung
- 3.2 Nachfragestabilisierung
- 3.3 Lastverschiebung
- 4. Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland
- 4.1 Wiederaufbau und Wirtschaftswunder 1949 - 1966
- 4.2 Aktiver Staat und Stabilitätspolitik 1967 – 1989
- 4.3 Wiedervereinigung und Stabilitätspakt 1990 - 2000
- 4.4 Der finanzpolitische Zustand im Jahr 2003
- 5. Staatsverschuldung und Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages
- 5.1 Maastrichter Vertrag und Konvergenz
- 5.2 Stabilitätskriterien
- 5.3 Das Defizitverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland
- 5.4 Kritische Würdigung des Verfahrens
- 6. Gefahren antizyklischer Steuerungspolitik
- 6.1 Dialektik des Deficit Spending
- 6.2 Faktoren und Folgen kreditfinanzierter Stabilisierungspolitik
- 6.2.1 Langfristigkeit
- 6.2.2 Faktor Rational Choice
- 6.2.3 Dynamik von Verschuldungsprozessen
- 6.3 Umverteilung
- 6.4 Frage nach dem Staatsbankrott
- 7. Lösungsstrategien
- 7.1 Konsolidierung der Staatsfinanz
- 7.2 Verfassungsreform des Art. 115 GG
- 7.3 Reform des öffentlichen Sektors
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Staatsverschuldung in Deutschland und ihren Auswirkungen auf die Stabilitätskriterien der Europäischen Währungsunion. Sie untersucht die Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland, analysiert die ökonomischen und politischen Faktoren, die zu der heutigen Situation geführt haben, und diskutiert die Folgen der Staatsverschuldung für die deutsche Volkswirtschaft. Die Arbeit stellt die Beziehung zwischen der Staatsverschuldung und den Vorgaben des Stabilitätspaktes dar und beleuchtet kritisch die angewandte antizyklische Steuerungspolitik.
- Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland
- Beziehungen zwischen der Staatsverschuldung und den Vorgaben des Stabilitätspaktes
- Auswirkungen der Staatsverschuldung auf die Stabilitätskriterien der Europäischen Währungsunion
- Kritische Analyse der antizyklischen Steuerungspolitik
- Lösungsstrategien zur Behebung der Staatsverschuldung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Die Einleitung stellt die Relevanz der Staatsverschuldung für die deutsche Volkswirtschaft dar und beleuchtet den wachsenden öffentlichen Diskurs um das Thema.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel behandelt die rechtlichen Grundlagen der Staatsfinanzierung und -verschuldung in Deutschland, insbesondere die verfassungsrechtlichen Grenzen der Kreditaufnahme.
- Kapitel 3: Hier werden die Beweggründe für öffentliche Verschuldungspolitik beleuchtet, wie z.B. die Überbrückung von konjunkturellen Schwächephasen oder die Nachfragestabilisierung.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung der Staatsverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, von der Zeit des Wiederaufbaus bis zum Jahr 2003.
- Kapitel 5: Das Zusammenspiel zwischen nationalstaatlicher Verschuldung und den Vorgaben des Stabilitätspaktes wird in diesem Kapitel analysiert.
- Kapitel 6: In diesem Kapitel wird die Frage aufgeworfen, warum die angewandte antizyklische Steuerungspolitik nicht die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte.
- Kapitel 7: Kapitel 7 präsentiert Lösungsansätze zur Behebung der Staatsverschuldung, z.B. die Konsolidierung der Staatsfinanz oder die Verfassungsreform des Art. 115 GG.
Schlüsselwörter
Staatsverschuldung, Finanzpolitik, Stabilitätskriterien, Europäische Währungsunion, Maastrichter Vertrag, Stabilitätspakt, antizyklische Steuerungspolitik, Deficit Spending, Rational Choice, Staatsbankrott, Lösungsstrategien, Konsolidierung, Verfassungsreform, öffentlicher Sektor.
- Quote paper
- Kim Emanuel Schwitzer (Author), 2003, Staatsverschuldung und ihre Auswirkungen auf die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19700