Das ARCS-Modell - Theorie und Empirie


Seminararbeit, 2012

28 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitende Bemerkungen

2. Theoretischer Hintergrund

3. Komponenten des Modells
3.1. A – Attention – Aufmerksamkeit
3.2. R – Relevance– Relevanz
3.3. C – Confidence - Erfolgszuversicht
3.4. S – Satisfaction – Zufriedenheit, Befriedigung
3.5. Die Komponenten des ARCS–Modells im Überblick

4. Empirischer Erkenntnisstand
4.1. Zusammenfassung der Forschungslage
4.2. Vorstellung einer zentralen Untersuchung

5. Evaluation einer Lehr-Lernsituation mit dem ARCS-Modell
5.1. Attention
5.2. Relevance
5.3. Confidence
5.4. Satisfaction

6. Schlussbetrachtungen

7. Quellen

Anhang: Unterrichtsstunde

1. Einleitende Bemerkungen

Motivation ist „die momentane Bereitschaft eines Individuums, seine sensorischen, kognitiven und motorischen Funktionen auf die Erreichung eines künftigen Zielzustandes zu richten und zu koordinieren.“ (Heckhausen 1974, S. 194)

Diese Definition Heckhausens verdeutlicht, warum Unterricht unabdingbar mit der Motivation der Unterrichteten verbunden ist. Wodurch die erzeugte Motivation bei den Schülern entsteht ist mit Sicherheit alles andere als nebensächlich, ist jedoch für die Tatsache zunächst einmal uninteressant, dass Motivation in jedem Fall vorhanden sein muss, um irgendeine Lernhandlung der Schüler zu erreichen. Jede effektive Lernhandlung von Schülern ist demnach durch Motivation motiviert und daher ist dieser Aspekt der Psychologie auch derartig zentral, wenn es um die Untersuchung von Lehr-Lern-Situationen geht. Wie erwähnt, kann Motivation im Allgemeinen auf sehr unterschiedliche Art und Weisen entstehen; begonnen durch die Aussicht auf die Erlangung erwünschter Güter, über das Lehrerverhalten, bis hin zur Bereitstellung einer motivierenden Lernumgebung mit all ihren diversen Facetten. Da die Motivation durch Güter, wie evident ist, nicht nachhaltig im Stande ist, Motivation aufrecht zu erhalten, konzentriert sich die Forschung auf zwei Richtungen, wie die Förderung von Motivation zu erreichen ist.

Während die direkte Motivationsförderung auf die Veränderung der individuellen motivationalen Personenmerkmale abzielt, geht es bei den indirekten Motivationsförderungsmaßnahmen um die Modifizierung der Lernumgebung; und das auf solch eine Weise, dass der Lerner, simpel gesagt, zu möglichst vielen Zeitpunkten des Lernprozesses das Gefühl hat, über die Geschwindigkeit, die Richtung und die Schwierigkeiten eben dessen Kontrolle zu besitzen. Der Fokus liegt demnach auf der Gestaltung möglichst motivational günstiger Lernbedingungen- und Materialien, die genau dieses Empfinden beim Lerner hervorrufen. Selbstverständlich sind die diversesten Lernsituationen durch die unglaubliche Komplexität aller in sie einfließender Faktoren nie vollständig miteinander gleichsetzbar, jedoch entwickelten Keller und Kopp ein Modell, dass zumindest einen sehr guten Ansatz bietet, die Bedingungen von Lehr- und Lernsituationen in dieser Hinsicht möglichst motivational förderlich zu gestalten. Es handelt sich hierbei um das ARCS-Modell, welches durch seine vier Grundprinzipien Attention, Relevance, Confidence und Satisfaction, sowie deren jeweilige Unterkategorien, implizite Handlungsanweisungen liefert, wie ein Lehrprozess prinzipiell aufzubauen ist, um dem Lernenden das oben beschriebene Gefühl völliger Kontrolle und Erfolgszuversicht zu liefern. Die Bedeutung, sich mit indirekter Motivationsförderung zu beschäftigen ist keineswegs zu unterschätzen, denn diese Art von Motivationssteigerung ist keine punktuelle Anwendung, um Schüler nur bei einer gewissen Unterrichtsphase für den Unterrichtsgegenstand zu begeistern, sondern vielmehr ein allgemeines Prinzip, dessen Anspruch der Unterricht eines Lehrers prinzipiell gerecht werden sollte. Es geht dabei also auch implizit um das allgemeine Verständnis einer Lehrperson von seinem Lehrprozess, nämlich um ein solches, in denen Schülern eine gewisse Kompetenz zugesprochen wird, Unterricht für sich selbst bezüglich seines Anspruchsniveaus, seiner Geschwindigkeit und seiner Richtung zu kontrollieren bzw. zu differenzieren. Die Prinzipien der indirekten Motivationsförderung sind demnach ständige Kriterien für die Planung und Evaluation des eigenen Unterrichtes, denen dieser möglichst oft Genüge tun sollte. Im Folgenden werde ich zur näheren Erläuterung dieses Konzepts zunächst auf die vier Faktoren des ARCS-Modells und deren Bedingungen bzw. Einschränkungen eingehen, um im weiteren Verlauf eine evaluierende Studie zu selbigem Modell vorzustellen, die dieses in einem für uns eher ungewohnten Lehrkontext anwendet. Das Ende der Arbeit bildet die Auswertung einer typischen Unterrichtsstunde eines Studenten eines frühen Semesters, der selbstredend zu diesem Zeitpunkt noch nicht über Kenntnisse zur indirekten Motivationsförderung durch die Anwendung des ARCS-Modells verfügte. Daran wird man erkennen, welche typischen Gefahren sich in den Zwängen und Gewohnheiten des Schulalltags verbergen, also auf welche Aspekte der Fokus neu gelegt werden sollte.

2. Theoretischer Hintergrund

Anders als zahlreiche psychologische Motivationsstudien, von denen eine Vielzahl grundlegende Erkenntnisse für das ARCS-Modell lieferte, konzentriert sich eben dieses Konstrukt auf die Integration diverser Studien zur motivationalen Förderung. Beispielsweise integriert dieses Modell zahlreiche Erkenntnisse, so auch diese Heckhausens, dessen Definition von Leistungsmotivation die eigene Bestimmungvon Maßstäben voraussetzt (Vgl. Heckhausen 1965, S. 604). Dass diese Selbstbestimmung in einigen Aspekten wiederzufinden ist, wird besonders bei der Komponente Confidence deutlich werden.Wie der Name bereits verrät, basiert dieses Modell auf vier Elementen, von denen wiederrum jedes für sich aus zahlreichen Teilerkenntnissen und daraus resultierenden Handlungsanweisungen besteht. Reigeluth hebt besonders die Multiperspektivität im Ansatz Kellers hervor; „revolutionary“ (Reigeluth 1987, S. 290) ist das Wort, welches dieser für das ARCS-Modell findet. Keller und Kopp hingegen halten die darin ebenfalls enthaltenen Handlungsanweisungen für die wohl größte Abgrenzung zu anderen motivations-psychologischen Arbeiten. Durch die nicht bloße Fokussierung auf die Gewinnung empirischer Erkenntnisse aus der Forschung, gelingt es diesem Modell, sich mit den daraus ableitenden Strategien und Schlussfolgerungen zu beschäftigen, um dieses bisher nur implizite Wissen in explizites zu transferieren. Wie erwähnt, basiert dieses Modell von Keller/Kopp auf den Erkenntnissen anderer Experten. Sowohl Collins` „useofinquiry“ (ebd. 1987, S. 290), als auch Gagne-Briggs` Erkenntnisse der Aufmerksamkeitsgewinnung und Zielpräsentation- bzw. Transparenz bilden beispielsweise gedankliche Grundlagen. Anders als mit diesen einzelnen, grundlegenden Konstrukten, ist es durch dieses Modell möglich, den Analysefokus auf die verschiedensten Aspekte von Unterricht zu legen. Die Anwendung dieses Modells ist jedoch nicht lediglich in dieser Hinsicht flexibel. Das Anlegen dieser „Schablone“ dieses Modells verschafft dem Lehrenden zudem die Möglichkeit, seinen eigenen Unterricht nicht nur motivationsförderlich zu planen, sondern auch immer wieder zu reflektieren. Besonders günstig ist dieses Modell, da mit den vier Oberkategorien, den Namensgebern des Modells, treffende Buzz-Words gewählt wurden, um die damit implizit geforderten Ansprüche an Unterricht adäquat und simpel zu assoziieren. Der Ansatz dieses Modells ist es, die verschiedensten Erkenntnisse der Motivationsforschung in ein Konstrukt zu integrieren und dabei vielfältig anwendbare motivations-förderliche Maßnahmen für Unterricht in anlegbare Kriterien zu transferieren. In welcher Weise dies möglich ist, wird deutlich, wenn man sich einmal ausführlicher mit den vier Komponenten des ARCS-Modells auseinandersetzt.

3. Komponenten des Modells

3.1. A – Attention – Aufmerksamkeit:

Beim Versuch, Aufmerksamkeit bei den Lernenden zu erlangen, kann die Lehrperson auf die ganz unterschiedliche Ausgangssituationen bei den Schülern treffen. Aus diesem Grund differenziert Keller allein diesen Bereich in drei verschiedene Aspekte, die zu beachten sind: Nicht nur das vorhandene Vorwissen kann stark differieren, sondern auch die Interessenlagen und Perspektiven auf einen Problembereich. Was zunächst simpel erscheint, ist in der Realität eine Aufgabe, die höchstes Fingerspitzengefühl erfordert, denn bereits Interessierte dürfen nicht gelangweilt, weniger gut Informierte nicht verprellt und Desinteressierte müssen möglichst effektiv für den zu erarbeitenden Themenkomplex motiviert werden. Genau diese Stelle des Unterrichtsprozesses erkennt auch Reigeluth aufgrund der stets natürlich vorhandenen Unsicherheit über die Zuhörerschaft als besonders schwer zu meistern. Die diversen Versuche, Aufmerksamkeit zu erzeugen, werden sich immer mit der Gefahr konfrontiert sehen müssen, gegenläufige Effekte erzielen zu können (Vgl. ebd., S. 295f.). Bei all diesen höchst voraussetzungsreichen Unterrichtsprozessen ist es folglich also fast unnötig zu erwähnen, dass es höchst unwahrscheinlich ist, stets die Aufmerksamkeit der gesamten Lerngruppe zu gewinnen. Um jedoch eine möglichst große Zahl für den Unterrichtsgegenstand zu gewinnen, sieht Keller das Muster der Irritation als am förderlichsten für Motivation an; er nennt dies an dieser Stelle „Orientierungsverhalten provozieren (perceptualarousal)“ (Niegemann 2001, S. 37). Der vorgeschlagene Weg, um dieses zu provozieren, sei „das Verwenden neuer, überraschender, widersprüchlicher oder ungewisser Ereignisse“ (ebd., S. 37). Im Folgenden werden durch Keller auch konkretere Handlungsvorschläge für Unterricht bereitgestellt, unter denen unter anderem die Verwendung audiovisueller Effekte und das in den Raum Stellen provozierender oder widersprüchlicher Aussagen zu finden sind. Im selben Atemzug reflektiert dieser sich jedoch selbst dahingehend, dass beides in Maßen verwendet werden sollte: Sowohl bei der Dosierung der aufgestellten Provokationen, als auch beim Medieneinsatz sei eine Übertreibung nicht förderlich, da so der Fokus auf den zu vermittelnden Unterrichtsgegenstand verloren werden könnte (Vgl. ebd., S. 37f.).

Adäquat angewendet sei es demnach Ziel, Verhalten zu stimulieren, dass aus eigenem Interesse heraus auf die Suche nach Informationen ausgerichtet ist. Eine innere Fragestellung soll demnach in jedem Schüler akquiriert werden, die folglich ein für ihn bedeutsam zu lösendes Problem darstellt. Im Idealfall wird diese Fragestellung sogar von den Lernenden selbst in den Raum gestellt (Vgl. ebd., S 38). Das hier abzuleitende Ziel für den Lehrer ist es daher, besonders in der Einstiegsphase, aber natürlich auch ganz generell, einen passenden Stimulus zu finden, der die Schüler ganz automatisch auf einen für sie wichtig zu lösenden Widerspruch oder ein Problem hinführt. Um es ein wenig überspitzt zu formulieren: Die Schüler realisieren idealerweise keineswegs, dass die Hinführung zur Fragestellung durch den Lehrer erfolgte, sondern sehen diese als ganz individuellen Zwischenstand der Lerngruppe. Elementarer Bestandteil dieses Ziels von Unterricht ist, dass die Schüler an verschiedenen Punkten des Erarbeitungsprozesses einer Fragestellung immer wieder möglichst auf vielfältige Weise mit einbezogen werden. Um eine solche Handlungsanweisung auch für die verschiedenen Schulfächer anwendbar zu machen, ist es durchaus sinnvoll, es nicht auf das Wort „Problem“ zu reduzieren, sondern auch, wenn man das Beispiel Mathematik betrachtet, schülernahe Aufgabenstellungen entwickeln zu lassen. Aspekt drei der Attention reduziert sich im Grundtenor eher auf multimediale Unterrichtskomponenten, sollte aber auch ganz allgemein als die Anweisung zur Prägnanz und Abwechslungsreichtum gedeutet werden.

3.2. R – Relevance – Relevanz:

Wenn Keller von einer Bedeutsamkeit des Lehrstoffs spricht, meint er damit zwei Perspektiven auf eben diesen: zum einen die Verwendbarkeit des Stoffs an sich für darauf aufbauende Aufgaben oder Leistungsüberprüfungen, zum anderen für den Lehr-Lern-Prozess (Vgl. ebd., S. 39).Wie bei jeder der Komponenten des ARCS-Modells, ist auch in diesem Fall eine Differenzierung in drei kleinere Aspekte vorgenommen worden. Die Lebenswelt der Lernenden sei hierbei ein zentraler Gesichtspunkt, denn Relevanz werde auch dadurch erzeugt, dass die Schüler sich auch in den Details des Erarbeitungsprozesses wiederfinden. Die für Motivation außerordentliche Förderlichkeit der Verwendung kohortentypischer Erfahrungen oder Werte ist mit Sicherheit für die meisten evident. Die Verwendung eines typischen Sprachstils oder das Einfügen sympathischer Figuren, die eine Art persönlichen Tutor im Rahmen eines eigentlich sehr theoretischen Lehrtextes darstellen können, ist hingegen sicherlich etwas, das sich nicht im Fokus vieler Lehrpersonen befindet (Vgl. ebd., S. 39). Punkt zwei, die Lernzielorientierung, lässt sich ziemlich prägnant in der Form zusammenfassen, dass die Differenzierungsmöglichkeiten der Lernziele in all ihren Facetten und Bedeutungen deutlich gemacht werden sollten. Der dritte Aspekt korreliert selbstverständlich damit, wenn dieser von der „Anpassung von Motivationsprofilen“ (ebd., S. 40) spricht. Auch hier taucht implizit wieder der in der Motivationspsychologie so universell bedeutsame Begriff der Differenzierung auf. Wie zu vermuten war, ist die Anwendung dieses Unterrichtsprinzips nicht lediglich für Interessen bedeutsam, sondern auch besonders in der Zieldefinition von Unterricht. Für den Lehrer bedeutet dies, seinen Unterricht immer auf die Bereitstellung verschiedener Möglichkeiten für sowohl leistungsstarke, als auch Schüler mit geringen Vorkenntnissen zu überprüfen. Relevanz würde zudem auch durch die Differenzierung der Lernstrategien erreicht, um den angesprochenen relevanten Lernprozess für jeden Schüler bedeutsam und motivierend zu gestalten (Vgl. ebd., S. 40). Gerade beim Stichwort Differenzierung ist zu betonen, dass die Beachtung all dieser Mikroaspekte bei stets unterschiedlichen Schülern höchst voraussetzungsreich ist und nie ein Patentrezept bilden kann, da nie eine Konfrontation mit einer sehr geringen Anzahl von Lern-Typen vorzufinden ist, sondern jeder Lerner über ganz eigene Interessen, Vorkenntnisse und Strategien verfügt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Das ARCS-Modell - Theorie und Empirie
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Psychologie)
Veranstaltung
Seminar: Motivationsförderung in Lehr-Lernsituationen
Note
2,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
28
Katalognummer
V197305
ISBN (eBook)
9783656243250
ISBN (Buch)
9783656245377
Dateigröße
987 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ARCS, Keller, Kopp, Modell, Lehr- und Lernsituationen, Psychologie des Lehren und Lernens, TU Dresden
Arbeit zitieren
Sebastian Ketting (Autor:in), 2012, Das ARCS-Modell - Theorie und Empirie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197305

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