1. Einleitung
„Es gibt eine Art, das gewöhnlichste Leben wie ein Märchen anzusehen, eben so kann man sich mit dem Wundervollsten, als wäre es das Alltäglichste, vertraut machen“ (Quelle: Tieck 1985, S.113).
Mit dem Märchenhaften assoziierten die Romantiker vergangene Zeiten, fern ab von der von ihnen kritisierten empirisch und rational ausgerichteten Welt(vgl. Burdorf / Fasbender / Moennighoff 2007, S.414). Deshalb griffen die Schriftsteller der Romantik auf altes Volksgut, insbesondere das der Märchen, zurück und kreierten mit Hilfe der märchenhaften Elemente neue eigene Märchen, sogenannte Kunstmärchen. Diese waren häufig „Medium narrativer Gesellschaftskritik und eines aufklärungskritischen poetologischen Diskurses“ (Quelle: ebd. S.414). Dabei war das „Ziel der romantischen Poesie […] die Aufhebung der Trennung zwischen Kunst und Leben, zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, zwischen Gegenwart und Vergangenheit, kurz die Poetisierung des Lebens anstelle seiner Politisierung“ (Quelle: Beutin u.a.1992, S.158). An dieser Stelle ist auch von einer Wiederverzauberung der Welt durch die romantische Poesie die Rede (vgl. Pikulik 2000, S.211ff).
Einer der tatkräftigsten Schriftsteller der Romantik war Ludwig Tieck, ein Autor, der bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts seine Schriften veröffentlichte und somit von der Frühromantik bis zur Spätromantik andere Autoren dieser Epoche maßgeblich beeinflusste. Unter anderem verfasste er, unter Rückgriff auf die Erzählungen der Volksmärchen, Kunstmärchen. Als eines der ersten Kunstmärchen gilt „Der blonde Eckbert“ (vgl. Beutin u.a. 1992. S.178).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Kunstmärchen
- Charakteristika des Kunstmärchens
- Das Märchenhafte als Wiederverzauberung der Welt
- Der Begriff des Wunderbaren
- "Der blonde Eckbert" - Wiederverzauberung oder Grauen?
- Wunderbare Elemente
- „Tränen eines heimlichen Grauens…“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Ludwig Tiecks Kunstmärchen „Der blonde Eckbert“ im Kontext der Romantik. Sie beleuchtet die Behandlung des Wunderbaren in der Erzählung und fragt nach Tiecks Intention. Dabei werden die Charakteristika des Kunstmärchens im Allgemeinen und der Begriff des Wunderbaren im Speziellen analysiert.
- Charakterisierung des Kunstmärchens als literarische Gattung
- Analyse des Begriffs „Wunderbar“ in romantischen Kunstmärchen
- Untersuchung der Wiederverzauberung der Welt als Thema
- Interpretation der Rolle des Wunderbaren in „Der blonde Eckbert“
- Erörterung der möglichen Intentionen Tiecks
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der romantischen Kunstmärchen ein und benennt die zentrale Forschungsfrage: Inwiefern behandelt Tieck in seinem Kunstmärchen "Der blonde Eckbert" das Wunderbare und welche Intention verfolgt er damit? Sie verortet Tiecks Werk im Kontext der romantischen Literatur und ihrer Kritik an der rationalistisch geprägten Aufklärungswelt, welche die Romantiker als "entzaubert" wahrnahmen. Die Einleitung skizziert den weiteren Aufbau der Arbeit, der sich mit den Charakteristika des Kunstmärchens, dem Begriff des Wunderbaren und schließlich mit einer Analyse von "Der blonde Eckbert" beschäftigt.
Das Kunstmärchen: Dieses Kapitel beleuchtet die Charakteristika des Kunstmärchens als literarische Gattung. Es differenziert zwischen Volksmärchen und Kunstmärchen, wobei letztere als individuelle Erfindungen mit einem unverkennbaren Kunstcharakter beschrieben werden. Es wird betont, dass es keine einheitliche Definition des Kunstmärchens gibt, jedoch bestimmte Merkmale wie die Weiterentwicklung der Volksmärchen, eine kritische Weltsicht, die Vermischung von Gattungen und die narrative Behandlung des Wunderbaren zu beobachten sind. Die naive Moral des Volksmärchens wird durch eine oft verrätselte Botschaft in den Kunstmärchen ersetzt, welche eine höhere Anforderung an den Leser stellt.
Das Märchenhafte als Wiederverzauberung der Welt: Dieses Kapitel untersucht das Märchenhafte als zentralen Aspekt der romantischen Kunstmärchen. Es wird der Versuch unternommen, die romantische Auffassung des Märchens als Ausdruck ihrer Poesie zu erklären, die gesellschaftliche Missstände aufzeigen soll. Die Romantiker sahen die Welt aufgrund der Reformation und Aufklärung als entzaubert an, und die Kunst sollte dem entgegenwirken, indem sie den Menschen die moralische Freiheit zurückgibt und eine Wiederverzauberung der Welt herbeiführt. Das Volksmärchen wird als Ausdruck ursprünglicher Poesie gesehen, das einen ursprünglichen, unverdorbenen Naturzustand der Menschheit vermittelt.
Der Begriff des Wunderbaren: Das Kapitel konzentriert sich auf die Analyse des Wunderbaren als zentrales Element der Kunstmärchen. Es beschreibt das Wunderbare als einen Aspekt, der die Kohärenz von Raum und Zeit verändert, die Schwerkraft und Kausalität aufhebt und das Unbelebte belebt. Es verweist auf einen ursprünglichen Naturzustand der Menschheit, in dem Zufälle und Unmögliches schicksalsgleich hingenommen werden. Der Unterschied zwischen Märchenhaftem und Phantastischem wird herausgestellt. Die große Bandbreite an Ausgestaltungsmöglichkeiten und die damit verbundene Freiheit der dichterischen Einbildungskraft werden betont. Es werden auch Erzählprinzipien skizziert, wie die Unzufriedenheit des Helden und die dadurch hervorgerufenen Kräfte, die das Wunderbare erschaffen.
Schlüsselwörter
Kunstmärchen, Romantik, Ludwig Tieck, Der blonde Eckbert, Wunderbares, Märchenhaftes, Wiederverzauberung der Welt, Gesellschaftkritik, Aufklärungskritik, Volksmärchen.
Häufig gestellte Fragen zu Ludwig Tiecks "Der blonde Eckbert"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Ludwig Tiecks Kunstmärchen "Der blonde Eckbert" im Kontext der Romantik. Der Fokus liegt auf der Behandlung des Wunderbaren in der Erzählung und der Untersuchung von Tiecks Intentionen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Charakteristika des Kunstmärchens im Allgemeinen, den Begriff des Wunderbaren im Speziellen, die Wiederverzauberung der Welt als Thema und die Interpretation der Rolle des Wunderbaren in "Der blonde Eckbert". Sie erörtert auch die möglichen Intentionen Tiecks und verortet sein Werk im Kontext der romantischen Literatur und ihrer Kritik an der Aufklärung.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Thematik einführt und die Forschungsfrage formuliert. Es folgen Kapitel zu den Charakteristika des Kunstmärchens, dem Märchenhaften als Wiederverzauberung der Welt, dem Begriff des Wunderbaren und schließlich eine Analyse von "Der blonde Eckbert". Die Arbeit schließt mit einem Fazit.
Was sind die Charakteristika des Kunstmärchens laut dieser Arbeit?
Das Kunstmärchen wird als individuelle Erfindung mit unverkennbarem Kunstcharakter beschrieben, im Unterschied zum Volksmärchen. Es zeichnet sich durch eine Weiterentwicklung von Volksmärchen, eine kritische Weltsicht, die Vermischung von Gattungen und die narrative Behandlung des Wunderbaren aus. Die naive Moral des Volksmärchens wird durch eine oft verrätselte Botschaft ersetzt.
Wie wird das "Wunderbare" in der Arbeit definiert?
Das Wunderbare wird als ein Element beschrieben, das die Kohärenz von Raum und Zeit verändert, die Schwerkraft und Kausalität aufhebt und das Unbelebte belebt. Es verweist auf einen ursprünglichen Naturzustand der Menschheit, in dem Zufälle und Unmögliches schicksalsgleich hingenommen werden. Der Unterschied zum Phantastischen wird hervorgehoben.
Welche Rolle spielt die "Wiederverzauberung der Welt"?
Die "Wiederverzauberung der Welt" wird als zentrales Thema der romantischen Kunstmärchen gesehen. Die Romantiker sahen die Welt nach Aufklärung und Reformation als "entzaubert" an und suchten durch Kunst, insbesondere das Märchen, eine Gegenbewegung, die moralische Freiheit wiederherstellt und die Welt neu verzaubert.
Welche Bedeutung hat "Der blonde Eckbert" im Kontext der Arbeit?
"Der blonde Eckbert" dient als Fallstudie, um die theoretischen Überlegungen zu Kunstmärchen, dem Wunderbaren und der Wiederverzauberung der Welt zu illustrieren und zu überprüfen. Die Arbeit analysiert die konkreten Elemente des Wunderbaren in der Erzählung und versucht, Tiecks Intentionen zu verstehen.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Die relevanten Schlüsselwörter sind: Kunstmärchen, Romantik, Ludwig Tieck, Der blonde Eckbert, Wunderbares, Märchenhaftes, Wiederverzauberung der Welt, Gesellschaftkritik, Aufklärungskritik, Volksmärchen.
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- Jasmin Ludolf (Autor), 2010, "Der blonde Eckbert": Die Wiederverzauberung der Welt in der Literatur der Romantik, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197838