Ertragssteuerliche Probleme des e-commerce


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2002

21 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Glossar

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitender Teil

B. Einkünftequalifizierung bei der beschränkten Steuerpflicht
I. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
1. Nationales Recht
a. Erfordernis einer Betriebsstätte
b. Erfordernis eines ständigen Vertreters
2. Ergänzungen durch das Abkommensrecht
II. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung/sonstige Einkünfte
1. Nationales Recht
2. Abkommensrechtliche Behandlung

C. Reaktionsmöglichkeiten der Gesetzgebung
I. Übernahme des Verwertungs- und Ausübungstatbestandes
II. Einführung neuer Anknüpfungspunkte einer inländischen Besteuerung

Literaturverzeichnis

Glossar

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitender Teil

Die voranschreitende Globalisierung der Märkte wird in besonderem Maße durch den E-Commerce angetrieben. Eine Übersetzung mit „elektronischer Handel“ erscheint simpel, umso vielfältiger ist das, was unter dem Begriff verstanden wird. E-Commerce i.e.S. beschreibt die Bestellung einer „digitalen Ware“ via elektronischem Medium, dessen Lieferung ebenfalls auf diesem Wege erfolgt,1 also z.B. der „Download“ von Software.2 Vollzieht sich die Lieferung einer Ware auf traditionellem Weg und wurde nur die Bestellung elektronisch aufgegeben, so bezeichnet diese Konstellation die etwas weiter gefasste Betrachtungsweise des E-Commerce.

Steuerrechtlich kommt es durch die weltweite Verbindung von Computern über das Internet zu erheblichen Problemen. Für diese Kommunikationsform ist es bedeutungslos, ob der betroffene Rechner physisch am anderen Ende der Welt oder nebenan steht. Bei den betrachteten Transaktionen des E-Commerce kommt es dementsprechend zu einer vollständigen Trennung von räumlichen Anknüpfungspunkten. Gerade dieser Aspekt bildet einen starken Gegensatz zum Steuerrecht, das üblicherweise an die Grenzen eines Staates anknüpft. Dieser territoriale Anknüpfungspunkt bildet die Grundlage der Besteuerung ausländischer Unternehmen sowohl nach nationalem deutschen Steuerrecht, als auch nach den meisten durch Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).3 Im Kern wird dieser territoriale Anknüpfungspunkt durch das Vorhandensein einer Betriebsstätte oder eines ständigen Vertreters manifestiert. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Frage, ob ein Internet-Server eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter begründen kann, und ob daraus eine beschränkte inländische Steuerpflicht resultiert. Einerseits wird die Qualifizierung der Einkünfte nach nationalem Steuerrecht geprüft, andererseits anhand des OECD-Musterabkommens (OECD-MA), das hier als Prüfungsmaßstab für die Vielzahl unterschiedlicher DBA dient.4

Die Analyse ertragsteuerlicher Probleme des E-Commerce macht die Darstellung verschiedener Lösungsansätze seitens der Gesetzgebung notwendig. Die vorliegenden Ausführungen schließen mit einer kurzen Illustration dieser Möglichkeiten ab.

B. Einkünftequalifizierung bei der beschränkten Steuerpflicht

Das deutsche Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht differenziert grundsätzlich zwei Arten der materiellen Steuerpflicht: Die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) bzw. § 1 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und die beschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG bzw. § 2 KStG.5 Der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen natürliche Personen, die ihren Wohnsitz i.S.d. § 8 Abgabenordnung (AO) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 9 AO im Inland haben, ebenso wie juristische Personen, die ihre Geschäftsleitung bzw. ihren Sitz im Inland i.S.d. §§ 10 und 11 AO haben. Sie sind prinzipiell mit ihrem gesamten weltweit erzielten Einkommen in Deutschland steuerpflichtig (Welteinkommensprinzip).6

Die Möglichkeit der beschränkten Steuerpflicht ergibt sich bei Personen oder Gesellschaften, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Ausland haben, aber Einkünfte gemäß § 1 Abs. 4 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 EStG oder § 2 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 EStG in der Bundesrepublik Deutschland erzielen. Hierdurch soll eine Besteuerung am Ort des Aufkommens, eine sog. Quellenbesteuerung, sichergestellt werden.7

Um eine doppelte Besteuerung durch den Sitzstaat und den Quellenstaat zu vermeiden, müssen bei grenzüberschreitenden Transaktionen gemäß § 2 AO bestehende Abkommen zwischen den beteiligten Staaten beachtet werden.8 Diese individuell ausgehandelten DBA folgen aus deutscher Sicht überwiegend dem OECD-MA,9 das deshalb ausschließlich die Grundlage dieser Ausführungen bildet.

Ausschlaggebend für die Bestimmung der Steuerpflicht ist die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Einkunftsart. Generell sind für den E-Commerce alle sieben Einkunftsarten i.S.d. § 49 Abs. 1 EStG möglich10, allerdings konzentriert sich diese Arbeit auf die folglich genannten drei Einkunftsarten des EStG, da die Qualifizierung dieser im Bereich des E-Commerce einige Fragen aufwirft:

- Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG
- Sonstige Einkünfte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG

Um der unterschiedlichen Qualifizierung der Einkünfte nach nationalem Recht und OECD-MA Rechnung zu tragen, werde ich diese nachstehend einzeln diskutieren.

I. Einkünfte aus Gewerbebetrieb

1. Nationales Recht

In § 49 Abs.1 Nr. 2 EStG ist die territoriale Anknüpfung der gewerblichen Einkünfte festgelegt.11 Demnach liegen inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, wenn das ausländische Unternehmen gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG im Inland eine Betriebsstätte unterhält oder einen ständigen Vertreter bestellt hat.12 Alle Anknüpfungstatbestände haben gemeinsam, dass sie zunächst die Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit gem. § 15 Abs. 2 EStG erfüllen müssen. Folglich muss die Tätigkeit des Unternehmens selbständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr betrieben werden. Es darf sich hierbei jedoch nicht um Land- und Forstwirtschaft, selbständige Arbeit oder Vermögensverwaltung handeln.13

a. Erfordernis einer Betriebsstätte

Sind die Einkünfte einer Unternehmung als gewerblich qualifiziert, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale einer Betriebsstätte gem. § 12 AO erfüllt sind. Die folgend genannten Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, um den Anknüpfungspunkten des deutschen Fiskus gerecht zu werden. Eine Betriebsstätte ist definiert als räumlich feste und zeitlich dauerhafte Geschäftseinrichtung, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient, wobei der Unternehmer die Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung hat.14 Eine Geschäftseinrichtung kann jeder körperliche Gegenstand oder jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände sein.15 Die Geschäftseinrichtung ist als fest zu bezeichnen, wenn sie eine feste Beziehung zur Erdoberfläche hat, wobei die feste Beziehung keine mechanische Verbindung erfordert.16 Das Tatbestandsmerkmal fest verlangt weiterhin eine gewisse Dauerhaftigkeit, die durch den Bundesfinanzhof (BFH) mit einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten beschrieben wird.17 Eine Einrichtung dient dem Unternehmen, wenn sie den Zweck der Unternehmung unmittelbar fördert und das Unternehmen längerfristig die Verf ügungsmacht über diese hat.18 Verfügungsmacht setzt kein Eigentum voraus, so dass diese auch durch Miete oder Pacht erlangt werden kann.19 Ein Personaleinsatz ist für die Begründung einer Betriebsstätte nicht zwingend, so dass bereits eine vollautomatisch arbeitende Anlage die erforderlichen Merkmale erfüllen kann.20

Obwohl der o.g. Merkmalskatalog durch die deutsche Rechtsprechung exakt definiert ist, ist die Begründung einer Betriebsstätte für geschäftliche Transaktionen im E-Commerce schwierig und nicht immer eindeutig. Die Erklärung hierfür liegt in der Vielfältigkeit möglicher Anknüpfungspunkte für eine Betriebsstätte. Aufgrund dessen wird im Folgenden zwischen der Homepage eines Inhaltsanbieters, dem Computer eines deutschen Kunden und dem Internet-Server differenziert.

Die Homepage eines Inhaltsanbieters kann man als eine Art Ladenlokal bezeichnen.21 Hier werden Waren angeboten und verkauft. Sie stellt aber weder einen körperlichen Gegenstand dar, noch verfügt sie über die obligatorische Dauerhaftigkeit, da sie beliebig veränderbar ist.22 Somit erfüllt sie nicht die Kriterien einer Betriebsstätte. Ebenso wenig stellt der Computer eines deutschen Kunden eine Betriebsstätte des anbietenden Unternehmens dar. Zwar kann man von einer festen Einrichtung und einer gewissen Dauerhaftigkeit ausgehen, hingegen fehlt es an der Verfügungsmacht, da das Unternehmen nicht auf den Computer des Kunden zugreifen kann.23

Ausgesprochen schwierig und in der Literatur umstritten ist die Frage, ob die Installation eines Internet-Servers eine Betriebsstätte begründen kann. Da dieses Problem einen Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt, werden nachstehend alle bereits erwähnten Kriterien explizit auf diese Fragestellung hin geprüft.

Zunächst muss ein Internet-Server gem. § 12 AO eine feste Geschäftseinrichtung darstellen, also einen körperlichen Gegenstand, der dazu geeignet ist, die Unternehmenstätigkeit grundlegend zu fördern.24 Der Server muss dem Unternehmen sowohl räumlich als auch zeitlich dauerhaft dienen. Auch wenn es technisch möglich ist, den Standort eines Servers kurzfristig zu verlagern, stellt dies nicht die Regel dar,25 da Internet-Server üblicherweise in klimatisierten Räumen fest verankert sind. Demzufolge sind die Kriterien einer festen Geschäftseinrichtung durch einen Internet-Server erfüllt.

Weiterhin ist zu prüfen, ob der Server in der Verfügungsmacht des Inhaltsanbieters steht. Dies ist zu bejahen, falls der Inhaltsanbieter einen eigenen Server unterhält oder Speicherplatz gemietet bzw. gepachtet hat, der vor dem Einwirken Dritter geschützt ist.26 Komplizierter ist die Situation beim Web-Hosting. In diesem häufig auftretenden Fall nimmt ein Unternehmen die Dienste eines fremden kommerziellen Anbieters in Anspruch, indem es eine bestimmte Menge an Speicherkapazität mietet. Somit steht der Internet-Server unter der Kontrolle des Web-Hosters, da dieser entscheidet, welche Daten auf welchem Server gespeichert werden.27 Demzufolge kann man im Fall des Web-Hosting nicht mehr von einer Verfügungsmacht des Inhaltsanbieters ausgehen, da dieser bisweilen nicht einmal den Standort des Servers kennt. Aufgrund dessen ist nach h.M. keine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO gegeben. Die Situation des Web-Hosting ist mit dem sog. „Satelliten-Urteil“ des BFH vergleichbar,28 wonach der Inhaltsanbieter keine Betriebsstätte begründet, sondern lediglich der Web-Hoster.29

Für die Annahme einer Betriebsstätte ist als letztes erforderlich, dass der Server der Tätigkeit des Unternehmens dient. In diesem Zusammenhang wird vielfach das sog. „Pipeline-Urteil“ des BFH zitiert. Der BFH hat entschieden, dass eine vom Ausland gesteuerte Pipeline, die vollautomatisch ohne den Einsatz von Personal betrieben wird, eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO begründet. Die Übertragung dieser Annahme auf E-Commerce-Transaktionen ist m.E. zulässig und sinnvoll, da der Transport von Daten über einen Server dem Transport von Öl durch eine Pipeline gleichkommt.

[...]


1 Vgl. Schwager, S., E-Commerce, 2001, S. 478

2 Vgl. Endriss, A./Käbisch, V./Labermeier, A., Problemfelder, 1999, S. 2276

3 Vgl. Bernütz, S., Ertragsbesteuerung, 1997, S. 353

4 Vgl. Holler, G./Heerspink, F., Betriebstättenbegründung, 1998, S. 772

5 Vgl. Köhler, M./Arndt, H.-W., Internet, 2000, S. 60

6 Vgl. Kellermann, D., Internetrecht, 2000, S. 492

7 Vgl. Strunk, G./Zöllkau, Y./Kaminski, B., Electronic Commerce, 2000, S. 45-47

8 Vgl. Utescher, T., Internet, 1999, S. 70

9 Vgl. Breithecker, V., Musterabkommen, 1999, S. 90

10 Vgl. Köhler, M./Arndt, H.-W., Internet, 2000, S. 60-61

11 Vgl. Kellermann, D., Internetrecht, 2000, S. 496

12 Vgl. Köhler, M./Arndt, H.-W., Internet, 2000, S. 61

13 Vgl. Kellermann, D., Internetrecht, 2000, S. 496

14 Vgl. Strunk, G./Zöllkau, Y./Kaminski, B., Electronic Commerce, 2000, S. 49

15 Vgl. Spatscheck, R. Steuern, 2000, S. 21

16 Vgl. Utescher, T., Internet, 1999, S. 94

17 Vgl. BFH-Urteil vom 19.05.1993, Aktenzeichen: I R 80/92, BStBl. 1993 II, S. 655

18 Vgl. Spatscheck, R. Steuern, 2000, S. 21

19 Vgl. Portner, R., Quellenstaat, 1999, S. 642

20 Vgl. BFH-Urteil vom 30.10.1996, Aktenzeichen: II R 12/92, BStBl. 1997 II, S. 12

21 Vgl. Köhler, M./Arndt, H.-W., Internet, 2000, S. 65

22 Vgl. Spatscheck, R. Steuern, 2000, S. 21

23 Vgl. Spatscheck, R. Steuern, 2000, S. 21

24 Vgl. BFH-Urteil vom 03.02.1993, Aktenzeichen I R 80-81/91, BStBl. 1993 II, S. 462

25 Vgl. Köhler, M./Arndt, H.-W., Internet, 2000, S. 66

26 Vgl. Pinkernell, R., Softwarevertrieb, 1999, S. 283

27 Vgl. Spatscheck, R. Steuern, 2000, S. 22

28 Vgl. BFH-Urteil vom 17.02.2000, Aktenzeichen: I R 130/97, IStR 14/2000, S. 438

29 Vgl. Kessler, W./Maywald, A./Peter, M., Auswirkungen, 2000, S. 431-432

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Ertragssteuerliche Probleme des e-commerce
Université
University of Duisburg-Essen  (Lehrstuhl für Betreibswirtschaftliche Steuerlehre)
Cours
Seminar zur Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
Note
1,7
Auteur
Année
2002
Pages
21
N° de catalogue
V19790
ISBN (ebook)
9783638238342
Taille d'un fichier
413 KB
Langue
allemand
Mots clés
Ertragssteuerliche, Probleme, Seminar, Betriebswirtschaftlichen, Steuerlehre
Citation du texte
Mark Lönnies (Auteur), 2002, Ertragssteuerliche Probleme des e-commerce, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19790

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