Zwischen den Fronten: Die Rolle Estlands zwischen dem Hitler-Stalin-Pakt und dem Ende des Zweiten Weltkriegs im internationalen Kontext


Magisterarbeit, 2011

128 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Vorgeschichte
2.1. Die Geschichte Estlands bis zur staatlichen Selbständigkeit
2.2. Die Innenpolitik Estlands in der Zwischenkriegszeit
2.3. Die Außenpolitik Estlands in der Zwischenkriegszeit
2.3.1. Der Völkerbund
2.3.2. Der estnisch-lettische Beistandspakt
2.3.3. Die Baltische Entente
2.3.4. Der Ostpakt
2.3.5. Die Beziehungen zu den Nachbarstaaten Lettland, Finnland und Litauen
2.3.6. Das Verhältnis zu den Westmächten England und Frankreich
2.3.7. Estland zwischen der Sowjetunion und Deutschland
2.3.8. Neutralitätspolitik als estnische Strategie zur Bewahrung der Unabhängigkeit

3. Der Hitler-Stalin-Pakt und das geheime Zusatzprotokoll
3.1. Der Abschluss des Paktes sowie des Grenz- und Freundschaftsvertrags
3.2. Estnische Reaktionen und unmittelbare Folgen

4. Die Stützpunktperiode
4.1. Verhandlungen und Abschluss des sowjetisch-estnischen Beistandspakts
4.2. Verhandlungen bezüglich der militärischen Stützpunkte
4.3. Einmarsch der Roten Armee im Oktober 1939 und Probleme in Zusammenhang mit den Stützpunkten
4.4. Estlands außenpolitische Situation im finnisch-sowjetischen Winterkrieg
4.5. Die Außenpolitik Estlands während der Stützpunktperiode

5. Die Eingliederung Estlands in das Sowjetsystem
5.1. Das sowjetische Ultimatum
5.2. Die Bildung der estnischen Volksregierung
5.3. Die Juliwahlen und die formelle Besiegelung des Anschlusses
5.4. Die Sowjetherrschaft bis zum Einmarsch der deutschen Truppen

6. Estland unter nationalsozialistischer Herrschaft
6.1. Deutsche Truppen in Estland
6.2. Der „Generalbezirk Estland“ – Die Verwaltung Estlands durch die Deutschen
6.3. Kollaboration deutscher und estnischer Einheiten und deren Verbrechen
6.4. Die Entwicklung des Verhältnisses der Bevölkerung gegenüber den Besatzern

7. Der Zweite Weltkrieg erneut auf estnischem Boden
7.1. Die Bedeutung Estlands für Hitler und Stalin
7.2. Der Rückzug der Heeresgruppe Nord auf die Panther-Stellung (14. Januar bis 1. März 1944)
7.3. Die Mobilmachung estnischer Männer zur Verteidigung der Grenze
7.4. Kampfhandlungen um die Grenzstadt Narva
7.5. Die Blauberge
7.6. Die Regierung Tief und Uluots zwischen deutschem Rückzug und sowjetischem Einmarsch

8. Abschlussbetrachtung

9. Literaturverzeichnis

10. Anmerkungen zum Anhang

11. Anhang

1. Einleitung

„Unsere Verbindungen mit Europa [sind] der einzige Weg, der auch unsere kleine Kultur schützen und vermehren kann, […] so dass wir unseren Kindern sagen können: diese Ängste, mit denen wir in Berührung kamen, werden sich nicht mehr wiederholen. Estland ist unvergänglich.“[1]

Diese Worte des ersten Präsidenten der freien Republik Estland, Lennart Meri, vom Mai 1994 lassen an jene Zeit erinnern, in welcher es der Staat nicht schaffte, das kleine baltische Land zu schützen und sich an Europa zu binden. Die Unvergänglichkeit des Staates, der erst 1920 offiziell anerkannt wurde, wurde damals auf eine harte Probe gestellt.

Das Ende des Ersten Weltkriegs stellt für die Geschichte Estlands einen besonderen Wendepunkt dar: Nach der Februarrevolution hatte sich in Estland ein Nationalrat gegründet, welcher den Staat am 24. Februar 1918[2] erstmals als unabhängig proklamierte. Nach erfolgreichen Kämpfen gegen die einen Tag später eingefallene deutsche Landwehr erkannte die Sowjetunion im Frieden von Tartu am 2. Februar 1920 die estnische Unabhängigkeit auf alle Zeiten an. Für den jungen Kleinstaat galt es nun, sich in der Folgezeit innenpolitisch zu festigen, sich international zu etablieren und die staatliche Unabhängigkeit abzusichern. Die eigene Rolle auf der internationalen Bühne musste gefunden werden. Die Bedingungen, unter welchen dieser Prozess erfolgen sollte, waren jedoch äußerst kritisch. Europa bestand zu jenem Zeitpunkt aus zwei unterschiedlichen Lagern – zum einen aus totalitären und zum anderen aus demokratischen Staaten, deren Gegensätze im Laufe der 20 kommenden kriegsfreien Jahre immer stärker wurden. Das Schicksal des Landes würde sowohl vom geschickten Handeln der eigenen Führung als auch von den äußeren Umständen abhängen.

Bereits vor Wiedererlangung der Unabhängigkeit sind insbesondere in Westeuropa verschiedene Abhandlungen über diese Zeit erschienen, die sich in zwei grundlegende Richtungen teilen. Die meisten stellen Estland bzw. das Baltikum als Objekt dar, das auf Grund seiner geopolitischen Lage zum Spielball der Mächte wurde. Die eigenen Fehler der estnischen Führung werden hier häufig außer Acht gelassen. Doch war Estland wirklich nur ein handlungsunfähiges Objekt? Einige Historiker, hier sei allen voran der Finne Seppo Myllyniemi genannt, geben der politischen Führung eine Mitverantwortung am Verlust der Unabhängigkeit. Diese Forschungsrichtung sieht Estland nicht als Objekt, sondern als handelndes Subjekt, welches selbst Fehlentscheidungen traf, die zum Verlust des internationalen Interesses an Estland und damit zum Unabhängigkeitsverlust geführt haben.

Die estnische Literatur der Sowjetzeit vertritt häufig die offizielle Meinung der sowjetischen Propaganda und sieht meist nicht den Hitler-Stalin-Pakt, sondern das britisch-deutsche Flottenabkommen als Ursache für den Ausbruch des Weltkriegs. Kritische Meinungen bezüglich des Handelns des Sowjetsystems waren verpönt und wurden von den Besatzern als falsch deklariert. Bei Heino Arumäe ist beispielsweise eine solche Beobachtung zu machen. In seiner Darstellung „At the crossroads. The Foreign Policy of the Republic of Estonia” aus dem Jahr 1983 lässt er sowohl den Hitler-Stalin-Pakt als auch den sowjetisch-estnischen Beistandspakt von 1940 völlig unerwähnt.

Bereits sehr kurz nach dem Krieg wurden zahlreiche Memoiren von sich im Exil befindlichen Esten veröffentlicht. Vor allem die von Richard Maasing herausgegebenen Bände „Eesti riik ja rahvas teises maailmasõjas“ (Der estnische Staat und das Volk im zweiten Weltkrieg) enthalten einige Memoiren der an den Geschehnissen beteiligten Politiker und Gesandten. Hierbei muss darauf hingewiesen werden, dass die Erinnerungen natürlich erst nach dem Krieg aufgeschrieben wurden. Nicht selten sind hier Aussagen zu finden, die bei einem anderem Ausgang der Geschichte ganz anders bewertet worden wären. So schreibt in den Memoiren kaum jemand, dass man sehr große Hoffnung in eine Rettung durch Hitler gesetzt hatte. Doch ist es eine Tatsache, dass Deutschland in der Zwischenkriegszeit und zu Beginn des Krieges in Estland als Retter und nicht als Aggressor angesehen wurde. Auch ist bei den Memoiren zu beachten, dass diese im Ausland häufig die Aufgabe hatten, auf das Schicksal des Landes aufmerksam zu machen. Daher ist es zudem möglich, dass das Regime der Zwischenkriegszeit hier weitaus positiver dargestellt wird als es in Wirklichkeit war.

Nach der Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit war es den westlichen Historikern erstmals möglich, das Archivmaterial in Estland zu sichten. Estnische Historiker konnten umgekehrt auch die westlichen Archive nutzen. Inzwischen gibt es zahlreiche Darstellungen aus den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren, welche sich auf die gesamte Geschichte Estlands, häufig in Form von Abhandlungen über das gesamte Baltikum, beziehen. Allen voran seien hier Brüggemann, Tuchtenhagen und Garleff zu nennen. Das Werk des Esten Magnus Ilmjärv „Hääletu alistumine“ (Stille Kapitulation) beschreibt die politischen Abläufe der Zwischenkriegszeit bis zu den Juliwahlen 1940 sehr präzise. Ilmjärv nimmt einen objektiven Standpunkt ein und kritisiert an vielen Stellen auch das Handeln des Regimes der Zwischenkriegszeit.

Doch gerade die Zeit nach der Annektion durch die Sowjetunion ist im Moment noch lückenhaft untersucht. Zahlreiche Werke widmen der Zeit der Sowjetherrschaft und der Zeit der deutschen Besatzung nur wenig bis gar keine Aufmerksamkeit. Alvin Isbergs Darstellung zur estnischen Kollaboration und der Situation unter den deutschen Besatzern aus dem Jahre 1992 ist eine der wenigen Veröffentlichungen zu diesem Thema. Karl-Heinz Gräfes Werk aus dem Jahre 2010 befasst sich ebenfalls mit der Thematik und ist ein erstes vergleichendes Werk des deutschen Okkupationsregimes und der Kollaboration im gesamten baltischen Raum. Die 2006 erschienene Darstellung von Bettina Ruth Birn ist die erste gründliche Auseinandersetzung mit der Arbeit der Sicherheitspolizei in Estland überhaupt. Die Aktenbestände der deutschen Botschaften der estnischen Nachbarstaaten, welche auch stets über das Politische Verhältnis zu Estland Bericht erstatteten, liegen im Auswärtigen Amt in Berlin vor. Sie geben Aufschluss über die Einschätzung der Situation aus Sicht der deutschen Diplomaten, sind jedoch bis heute noch nicht ausgewertet. Wenig Aufschluss gibt es auch über die Zahl der Opfer des Sowjetsystems, der deutschen Besatzungsmacht und des Krieges auf estnischem Territorium. Häufig trifft man hier in den verschiedenen Darstellungen auf unterschiedliche Angaben.[3]

Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, die Rolle Estlands im internationalen Kontext zu untersuchen. Inwieweit war Estland im internationalen System anerkannt und integriert? Auch die verschiedenen Versuche der Führung des Landes, die Unabhängigkeit abzusichern, zu bewahren und sie nach ihrem Verlust 1940 wieder-zuerlangen, sollen thematisiert werden. Dabei sollen die falschen Einschätzungen, welche das Land in die Situation von 1940 brachten, untersucht werden. Um ein Fazit ziehen zu können, müssen die historischen Abläufe und die verschiedenen Etappen der estnischen Geschichte zwischen dem Hitler-Stalin-Pakt und dem Ende des Zweiten Weltkriegs dargestellt werden. Dies wird zur verständlichen Abfolge der Geschehnisse chronologisch erfolgen.

Dem Zeitraum zwischen dem Hitler-Stalin-Pakt und Kriegsende wird ein Kapitel zur Vorgeschichte vorgeschoben, das die Ausgangssituation sowohl innen- als auch außen-politisch beleuchtet. Dies ist für das Verständnis der gesamten Arbeit und der Situation, in der sich das Land im August 1939 befand, von hohem Interesse. Auf den Hitler-Stalin-Pakt, die Entstehung des Paktes und die unmittelbaren Reaktionen im Land sowie auf die Folgen für das Land wird in den darauffolgenden Kapiteln eingegangen.

Im Hitler-Stalin-Pakt teilten sich Deutschland und die Sowjetunion die Staaten zwischen ihren Territorien auf. So geriet Estland in die Interessensphäre der Sowjetunion. Anders als in Polen hatte es Stalin im Baltikum nicht eilig, versuchte die Staaten nach außen hin legal und ohne viel internationales Aufsehen in das Sowjetsystem einzugliedern und verlangte später die internationale Anerkennung seines Vorgehens. Wie es Stalin gelang, seine Truppen in jeden einzelnen der drei baltischen Staaten ohne Widerstand einmarschieren zu lassen und welche Folgen das für Estland hatte, soll im 4. Abschnitt der Arbeit geklärt werden. Die vergebliche Hoffnung der estnischen Führung, die Sowjetunion durch geschickte Vertragsklauseln dazu zu verpflichten, die Unabhängigkeit nicht anzutasten, wird ebenfalls besprochen. Hier und in anderen Teilen der Arbeit wird die sowjetische Vorgehensweise bei Verhandlungen ersichtlich werden.

Dem folgt die Eingliederung Estlands in das Sowjetsystem und die daraus resultierende Veränderung des Landes unter sowjetischer Herrschaft: Estland verlor durch Zwangsdeportationen fast seine ganze politische Führung und einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung. Daran schließt sich die Darstellung einer weiteren völligen Veränderung der Lage im Sommer 1941 an. Die Verwaltung des Landes durch das revisionistische Deutschland soll betrachtet werden. Ein besonderer Schwerpunkt ist hier die Veränderung des Verhältnisses der Bevölkerung zur Besatzungsmacht sowie eine Betrachtung der Kollaboration und der Verbrechen im Land. In den abschließenden Kapiteln sollen dann die Rückzugskämpfe der deutschen Wehrmacht auf estnischem Territorium, der erneute sowjetische Einmarsch sowie die letzten Versuche der Esten, eine erneute Unabhängigkeit zu erringen, thematisiert werden.

Die Arbeit soll einen Überblick über die politischen Begebenheiten und die Situation in den Jahren vor und vor allem während des Krieges in Estland geben. Auf einige Einzelheiten kann auf Grund des begrenzten Rahmens der Arbeit nur punktuell und teilweise sehr allgemein eingegangen werden. So böten sich beispielsweise das Schicksal und Handeln der Baltendeutschen, das Interesse einzelner deutscher Unternehmen an der baltischen Industrie oder das Schicksal der Kriegsgefangenen, KZ-Häftlinge und Soldaten aus und in Estland für eine tiefergreifende Untersuchung an. Auf diese wird hier jedoch verzichtet.

In formaler und sprachlicher Hinsicht wird sich in der Arbeit an folgende Regeln gehalten:

- Bei Ortsnamen wird die heutige estnische Bezeichnung verwendet, außer wenn es sich um Eigennamen in Form von Dienststellenbezeichnungen o.ä. der damaligen Zeit handelt. Im Anhang werden ein deutsch-estnisches Ortsverzeichnis der wichtigsten Orte sowie eine Karte Estlands angefügt.
- Russische Namen werden transliteriert.
- Bei Eigennamen wird stets bei der ersten Erwähnung die deutsche und estnische Bezeichnung angegeben. Wenn es im Kontext sinnvoll und für das Verständnis erleichternd erscheint, wird die estnische Bezeichnung im weiteren Verlauf des Textes verwendet.
- Estnische Zitate werden in den meisten Fällen von der Autorin ins Deutsche übersetzt und im Fließtext in deutscher Sprache eingebaut; es sei denn, es liegen bereits übersetzte Quellen von sprachkundigen Fachpersonen vor. Auf das Originalzitat in der Fußnote wird verzichtet.
- Auf eine Übersetzung der estnischen Aufsätze und Darstellungen in den Fußnoten wird verzichtet.
- Englische, französische und lateinische Zitate und Begriffe werden wörtlich übernommen und in den Fließtext ohne Übersetzung eingebaut.
- Ein Abkürzungsverzeichnis wird ebenfalls dem Anhang beigefügt.
- Auf den Vermerk ebd. (ebenda) wird in den Fußnoten verzichtet. Stattdessen werden Kurztitel verwendet, die bei der ersten Nennung des Titels festgelegt werden.
- Bei der Angabe von Seitenzahlen wird auf f bzw. ff (folgend/e) verzichtet und stattdessen immer die genauen Seiten angegeben, auf die sich die Stelle bzw. das Zitat bezieht.

2. Die Vorgeschichte

Bevor die Rolle Estlands in der Zeit zwischen Hitler-Stalin-Pakt und dem Ende des Zweiten Weltkriegs ausführlich behandelt wird, soll nun in drei Etappen auf die Geschichte des kleinen Landes im Baltikum eingegangen werden. Im ersten Teil 2.1. wird ein kurzer Abriss der Geschichte Estlands bis zur staatlichen Selbstständigkeit 1920 erfolgen. In 2.2. wird dann ein Blick auf die Innenpolitik des Landes in der Zwischenkriegszeit geworfen. Ausführlicher soll in den restlichen Kapiteln 2.3.1. bis 2.3.8. die Außenpolitik des Staates dargestellt werden, um die Situation, in welcher sich Estland beim Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes befand, vor Augen zu haben.

2.1. Die Geschichte Estlands bis zur staatlichen Selbständigkeit 1920

Die Esten gelten als sehr sesshaft und stellen eines der Völker dar, welches am längsten auf eigenem Boden lebt. Bereits um das Jahr 4000 vor Christus besiedelten sie den baltischen Raum.

Sprachlich unterscheiden sich die Esten stark von ihren baltischen Nachbarn. Während Lettisch und Litauisch zur indogermanischen Sprachfamilie gehören, handelt es sich beim Estnischen um eine finno-ugrische Sprache, welche dem Finnischen sehr ähnlich ist. Häufig definieren sich die Esten daher eher als nordeuropäisches denn als baltisches Volk.

In seiner Geschichte hatte das Land bereits seit dem Mittelalter unter ständigen Okku-pationen zu leiden. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wurde das heutige Estland von den deutschen Kreuzfahrern erobert und die Bevölkerung missioniert. Kurz darauf besetzten die Dänen den Norden des Landes, welches im Jahre 1346 an den Deutschen Orden verkauft wurde. Auf der Fläche des heutigen Estland und des nördlichen Lettland entstand der Ordensstaat Livland.[4]

Die livländischen Städte, allen voran die Hauptstadt Tallinn (damals Reval), wurden im Mittelalter stark durch ihre Zugehörigkeit zur Hanse geprägt und das Land erfuhr durch sie großen Reichtum. Die wichtigsten Handelsbeziehungen hatte Livland nach Novgorod und Pskov.[5]

Der livländische Ordensstaat ging im Jahre 1561 unter und es folgten bis ins 18. Jahrhundert hinein fast ununterbrochen blutige Kriege zwischen Polen-Litauen, Schweden und Russland. Durch den Besitz Livlands erhofften sich diese Staaten die Vorherrschaft an der Ostsee und ungehinderten Handel. 1561 unterwarf sich das heutige Gebiet Estlands der schwedischen Krone.[6] Der schwedische König sorgte für verbesserte Bildungsmöglichkeiten für die Bevölkerung und schränkte die Oberherrschaft der deutschen Adeligen über die Bauern ein. Daher wird die schwedische Besetzung bis heute positiv gesehen.[7]

Im Großen Nordischen Krieg (1700-1721) beendeten Russland, Dänemark, Polen-Litauen und Sachsen, welche sich gegen Schweden zusammengeschlossen hatten, dessen Vorherrschaft in Estland. 1721 fiel Estland im “Frieden von Nystad“ an Russland.[8]

Erst nach der Februarrevolution 1917 in Russland bildete sich ein estnischer Nationalrat, der am 23. Februar in Pärnu das erste Mal öffentlich das estnische Unabhängigkeitsmanifest verlaß und am 24. Februar 1918, einen Tag vor dem Einmarsch des deutschen Kaiserreiches, in Tallinn die Estnische Republik ausrief. In den Jahren 1918 bis 1920 kämpften die Esten im Freiheitskrieg (Vabadussõda) gegen Sowjetrussland und die Baltische Landwehr, welche unter deutschem Befehl stand, um ihre Unabhängigkeit. Am 2. Februar 1920 erkannte die Sowjetunion schließlich im Frieden von Tartu die Unabhängigkeit Estlands „auf alle Zeiten“ an.[9]

2.2. Die Innenpolitik Estlands in der Zwischenkriegszeit

Estland erlangte 1918 erstmals seine staatliche Unabhängigkeit. Im Folgenden soll die Innenpolitik beleuchtet werden, mit welcher das Land versuchte, diese Unabhängigkeit zu bewahren.

Bereits vor der Unabhängigkeitserklärung von 1918 entstand in Estland eine Mehr-parteienlandschaft. 1917 war es bereits zur Gründung eines Landtages (Maapäev) gekommen. Nach der endgültigen Befreiung des Landes von feindlichen Truppen fanden im April 1919 die ersten allgemeinen Wahlen zur konstituierenden Versammlung Estlands statt. Am 4. Juni wurde dann eine provisorische Regierungsordnung erlassen, welche zugleich eine Vorverfassung darstellte. Die erste definitive Verfassung trat dann am 21. Dezember 1920 in Kraft.[10]

Das Parlament (Riigikogu) bildete nach der Verfassung von 1920 die legislative Gewalt im Staat. Die Stellung des Parlaments war dabei überbetont stark. Es wurde für 3 Jahre gewählt und hatte ständige Kontrolle über die Regierung. Eine Auflösung konnte nur durch eine Volksabstimmung erfolgen. Das Staatsoberhaupt war der Staatsälteste (Riigivanem). Er und die Regierung bildeten die Exekutive des Staates. Der Staatsälteste hatte 1920 keine außerordentlichen Vollmachten inne. Sowohl er als auch die Regierung verfügten über kein Vetorecht gegen Parlamentsbeschlüsse.[11] Die einzigen Aufgaben des Staatsoberhauptes waren die „Leitung und Vereinheitlichung der Regierungsgeschäfte und [die] Repräsentierung des Landes nach aussen.“[12] Die Judikative hatte in Estland eine völlig unabhängige und selbstständige Stellung.

Die wahrscheinlich wichtigste innenpolitische Maßnahme der Zwischenkriegszeit war die Agrarreform, welche bereits am 10. Oktober 1919 in Kraft trat. Der gesamte Groß-grundbesitz wurde enteignet und das Land neu verteilt. Der „Landhunger der Bevölkerung, der für viele eine Motivation zur Teilnahme am Freiheitskrieg gewesen war, [wurde damit gestillt].“[13] Negativ von dieser Maßnahme betroffen waren vor allem die Baltendeutschen, in deren Hand ein Großteil des Landes bis zur Agrarreform war. Die Agrarreform schwächte zwar die Stellung der Baltendeutschen, welche bis dahin die politische Führungsschicht dargestellt hatte.[14] Dennoch ist die Tatsache, dass ihre Durchführung zur Befriedung der eigenen Bevölkerung geführt hat, als immens wichtig für die junge Republik anzusehen. Die Reform immunisierte gewissermaßen die Bevölkerung gegen kommunistische Propaganda.[15]

Der kommunistische Einfluss war dennoch gerade zu Beginn der Unabhängigkeit auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit, des Preisanstiegs und der allgemeinen sozialen Unsicherheit stark. Am 1. Dezember 1924 kam es in Tallinn zu einem kommunistischen Putschversuch, welcher binnen weniger Stunden niedergeschlagen werden konnte, ein Ereignis, welches dennoch die junge Republik stark erschütterte und die offiziellen Beziehungen zur Sowjetunion verschlechterte.[16] In Folge des Putsches wurden die estnischen Kommunisten verboten, eine Allparteienregierung gebildet und ein die Armee verstärkender „Schutzbund“ (Kaitseliit) gegründet.

Die Verfassung von 1920 wies einige Schwächen auf. Zum einen wurde die Koalitionsbildung durch die Vielzahl von Parteien im Parlament erschwert,[17] sodass ein estnisches Kabinett zwischen 1919 und 1933 durchschnittlich nur 8 Monate und 20 Tage Bestand hatte.[18] Von 1919 bis 1938 gab es insgesamt 22 Regierungen, in welchen sich ständig die gleichen Politiker, Konstantin Päts, Jaan Tõnisson und Jaan Teemant, als Regierungschefs abwechselten.[19]

Verschiedene Vorschläge zu einer Verfassungsreform wurden in Volksabstimmungen abgelehnt. Erst als der seit 1929 immer populärer gewordene Verband der Freiheitskämpfer (VABS: Vabadussõjalaste Liit) 1933 einen neuen Entwurf vorlegte, wurde dieser sowohl vom Parlament als auch vom Volk angenommen. Nach der Verfassungsreform sollte der Staatspräsident direkt vom Volk gewählt werden und die Staatsgewalt sich in dessen Händen konzentrieren. Der Präsident verfügte nun über das Recht, das Parlament zu entlassen, die Regierung ein- oder abzusetzen, den Ausnahmezustand zu erklären und Dekrete mit Gesetzeskraft zu erlassen. Die Verfassung von 1920 wurde somit in ihr Gegenteil verwandelt. Anstelle des extremen Parlamentarismus war eine fast absolute Präsidialdemokratie entstanden.[20]

Am 21. Oktober 1933 trat die Regierung Tõnissons zurück. Im Auftrag, das Land zur neuen Staatsform zu leiten, bildete Konstantin Päts ein neues Kabinett. Die Verfassungsänderung, welche am 24. Januar 1933 in Kraft getreten war, sah eine Neuwahl des Staatspräsidenten und des Parlaments innerhalb von 100 Tagen vor. Der Wahlkampf verlief für den VABS außerordentlich gut. Dennoch drohte der Freiheitskämpferbund, welcher auf Grund seines paramilitärischen Auftretens und seiner straff zentralisierten Organisation häufig in den Kontext des europäischen Faschismus der Zwischenkriegszeit gestellt wird[21], im Zuge des Wahlkampfes die Macht auch mit Gewalt an sich zu reißen, wenn der legale Weg nicht zum Erfolg führe.[22] Um einer Machtergreifung des rechtsradikalen VABS zuvorzukommen und wohl auch aus Angst vor einer legalen Niederlage, erklärte Konstantin Päts am 12. März 1934 den Ausnahmezustand, verbot den VABS und erklärte General Laidoner zum Oberbefehlshaber. Die Verfassungsänderung gab ihm die Legitimation für sein Handeln. Die Staatsversammlung billigte sein Vorgehen nachträglich. Das Ende der estnischen Demokratie war damit erreicht. Im Herbst des Jahres löste Päts das Parlament auf, ließ die Parteien verbieten und gründete 1935 die Vaterländische Union (Isamaaliit) als politische Einheitsorganisation.[23]

Das Regime Päts regierte das Land in den Folgejahren durch Dekrete. Dennoch gestaltete sich die staatsrechtliche Situation des Landes kompliziert. Päts erkannte diese Situation und erklärte bereits im Januar 1935, dass die Verfassung von 1933 nicht durchführbar sei. Er schlug eine weitere umfassende Verfassungsänderung vor. Das Machtverhältnis der Legislative und Exekutive sollten ausgeglichener werden.[24]

Im Juli 1937 ratifizierte eine, zu diesem Zweck gewählte Nationalversammlung eine neue Verfassung, welche am 1. Januar 1938 in Kraft trat. Bei der Wahl der Nationalversammlung waren ebenso wie bei der Wahl zum neuen Zwei-Kammer-Parlament Parteien verboten. Die Oppositionspolitiker konnten sich somit nur als Individuen bewerben. An einer Wiederwahl des Präsidenten Päts‘ kam keinerlei Zweifel auf, da das Oberhaus des Parlaments sowohl von Päts selbst als auch von der Armee und den berufsständischen Organen berufen wurde. Er gewann die Wiederwahl mit über 60%. Eine Wahl durch das Volk, wie sie bei einem knapperen Wahlausgang vorgesehen war, war somit gar nicht mehr nötig.[25]

Die Verfassung von 1938 enthielt im Vergleich zu der aus dem Jahre 1920 folgende Änderungen: Der Staatspräsident war ermächtigt, die Regierung einzusetzen und zu entlassen. Seine Entschlüsse bedurften nun aber einer Gegenzeichnung. Das Dekretrecht wurde eingeschränkt. Es konnte nur noch zwischen den Tagungen der Staatsversammlung angewandt werden. Wichtige Gesetze durften auf diesem Weg gar nicht erlassen werden. Bei Überschreitung der Machtbefugnis konnte der Präsident wegen Vergehen gegen die Staatsgewalt angeklagt werden. In der Verfassung war zudem ein Zweikammersystem verankert, nach dem das Parlament nun aus dem Staatsrat (Riiginõukogu) und der Versammlung der Abgeordneten (Riigivolikogu) bestand.[26]

Wie von Päts gefordert, war damit die Macht gleichmäßiger auf das Parlament und den Präsidenten verteilt. Mit der Verfassung von 1938 schaffte Estland als einziger Staat, der in der Zwischenkriegszeit zu einem autoritären Staat geworden war, den Schritt zurück in Richtung Demokratie. Das Parteienverbot und die Einschränkung der Versammlungs- und Pressefreiheit wurden allerdings bis zur Annektion 1940 nicht mehr aufgehoben. Dennoch beruhigte sich die zuvor sehr zugespitzte innenpolitische Lage im Jahr 1938, so dass Präsident Päts für eine Vielzahl politischer Gefangener Amnestie erließ.[27]

In der Zwischenkriegszeit war die innenpolitische Situation der neu gegründeten Republik zeitweise sehr angespannt. Der kommunistische Putschversuch von 1924 hätte leicht zum Verlust der Unabhängigkeit führen können. Auch das Erstarken des VABS brachte die innenpolitische Situation Anfang der 30er Jahre wiederum ins Wanken. Positiv bleibt dennoch festzuhalten, dass das Regime Päts mit der Verfassung von 1938 versuchte, das eigene staatsrechtlich kritisch zu betrachtende Vorgehen von 1934 zu revidieren. In Teilen ist ihm das gelungen. „Dass dieser beschrittene Weg“, so Henn-Jüri Uibopuu, „nicht zu Ende gegangen werden konnte, lag mehr an den außenpolitischen Verhältnissen als am fehlenden guten Willen der Staatsmänner.“[28]

2.3. Die Außenpolitik Estlands in der Zwischenkriegszeit

Der Friedensvertrag vom 2. Februar 1920 definierte die rechtliche Grundlage für Estlands Unabhängigkeit. Durch zahlreiche bilaterale Verträge in den Folgejahren sollte die internationale Anerkennung erfolgen.[29] Im Folgenden wird die Außenpolitik Estlands anhand verschiedener Verträge und Abkommen der Zwischenkriegszeit, sowie deren Entstehungsumstände und Problematiken in Bezug auf Estland und die anderen baltischen Staaten chronologisch dargestellt. Zusätzlich sollen die Beziehungen und Verhältnisse sowohl zu den Nachbarstaaten als auch zu den europäischen Großmächten besprochen werden. Dabei soll untersucht werden, inwieweit Estland vor dem Hitler-Stalin-Pakt in das internationale System integriert war.

Aufgrund der regionalen Verbundenheit sowie der Tatsache, dass Lettland und Litauen auch erst im Zuge des 1. Weltkrieges ihre Unabhängigkeit erreichten und sich somit ihre Politik auf Estland mit auswirkte, wird im Folgenden oft von den baltischen Staaten die Rede sein.

2.3.1. Der Völkerbund

Der erste Schritt in das internationale System war die Aufnahme in den Völkerbund am 22. September 1921. Diese Mitgliedschaft war für Estland aus verschiedenen Gründen sehr attraktiv. Der wichtigste Aspekt war aber die Sicherung des eigenen Territoriums, die durch Artikel 10[30] garantiert wurde.[31]

In den folgenden Jahren legten sowohl Estland als auch die beiden anderen baltischen Staaten ihre Hoffnung in die Ratifizierung des Genfer Protokolls, ein Friedenskonzept, welches im Rahmen des Völkerbundes entstanden war. Es sollte allen Mitgliedsstaaten volle Sicherheit gegen einen ungerechtfertigten kriegerischen Angriff garantieren und wäre gerade den neu entstandenen Kleinstaaten zugute gekommen. Das konservative britische Kabinett Baldwin, welches im Oktober 1924 wieder zur Macht gelangt war, unterzeichnete das Protokoll jedoch nicht, da sowohl Großbritannien als auch andere Großmächte wenig Motivation verspürten, eine kollektive Sicherheitsgarantie an Staaten zu vergeben, die nicht in ihrer Interessensphäre lagen. Der erfolgreiche Abschluss des Genfer Protokolls war somit gescheitert.[32]

Die internationale Situation zu Beginn der 30er Jahre verstärkte in Estland zudem die Zweifel an der eigenen Sicherheit im Völkerbund. Während der Bund in den 20er Jahren einige Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedsstaaten schlichten konnte,[33] griff er 1931 beim japanischen Überfall auf China nicht ein. Drei Jahre später verhängte er nach dem Angriff Italiens auf Äthiopien gegen den Aggressor die in Artikel 16[34] geforderten Sanktionen. Da die Großmächte Deutschland und die USA dem Völkerbund zu dem Zeitpunkt nicht angehörten, waren sie auch nicht verpflichtet, sich an die Sanktionen zu halten und belieferten Italien weiter mit Öl und Kohle. Aus diesem Grund blieb der Erfolg des Völkerbundes in diesem Fall aus und das überfallene Äthiopien war seinem Schicksal überlassen. Da die USA zu keinem Zeitpunkt dem Völkerbund angehörten, war der Druck der Sanktionen von Anfang an verringert und der Völkerbund blieb, wie im vorangegangenen Beispiel gezeigt, gegenüber Großmächten häufig erfolglos.[35] Für die Existenz eines Kleinstaates wie Estland, der auf die Absicherung durch den Völkerbund angewiesen war, waren dieser Umstand und die Erfahrungen in China und Äthiopien sehr bedrohlich.

Als dann auch die Genfer Abrüstungskonferenz 1933-34 gescheitert war und sowohl Deutschland als auch Japan aus dem Völkerbund ausgetreten waren, wurde man sich in Estland immer klarer darüber, dass man sich im Falle eines feindlichen Übergriffs nicht auf den Völkerbund als Garant für die eigene Sicherheit verlassen könne.[36]

Insbesondere nach Eintritt der Sowjetunion in den Völkerbund im Jahre 1934 wurde der Artikel 16 des Völkerbundes für Estland zusätzlich zum Problem und war sehr umstritten. Im letzten Abschnitt fordert der Artikel nämlich als Sanktion gegen einen angreifenden Staat von den Mitgliedern, dass diese alles Erforderliche veranlassen, „um den Streitkräften eines jeden Bundesmitglieds, das an einem gemeinsamen Vorgehen zur Wahrung der Bundesverpflichtungen teilnimmt, den Durchzug durch das eigene Gebiet zu ermöglichen.“[37] Man befürchtete in Estland, die Sowjetunion könne, falls Deutschland zum Aggressor würde, estnische Häfen, Flugplätze oder das im Artikel vereinbarte Durchzugsrecht durch Estland nutzen. Nach einem Sieg gegen den „Aggressor“ Deutschland befürchtete man jedoch, dass die sowjetischen Streitkräfte das Land dann nicht mehr verlassen würden.[38] An eine kriegerische Operation von britischer oder französischer Seite in der Ostsee glaubte man nicht.[39] Die Vorfälle in China und Äthiopien 1931 und 1934 sowie das Scheitern des Genfer Protokolls stützten diese Ansicht.

Nicht nur in Estland sorgte der Artikel 16 für Unbehagen. Bereits 1920 hatten Schweden, Dänemark und Norwegen eine Beschränkung für jenen Artikel vorgeschlagen. Man verlangte vom Völkerbund, dass einem Land, welches mit einem Aggressor wirtschaftliche Beziehungen pflegt, erlaubt wird, diese beibehalten zu dürfen. Begründet war diese Forderung mit der Angst vor möglichen Folgen für das jeweilige Land. Man befürchtete, die Einhaltung der vom Völkerbund vorgeschriebenen Sanktionen - zu welchen auch der Abbruch sämtlicher wirtschaftlicher Kontakte gehörte - könne von einem Aggressor als Provokation gedeutet werden. Ein Angriff gegen das eigene Land könnte dann eine der Folgen sein.[40] Auch für Estland, dessen wichtigster Handelspartner ab 1937 Deutschland war[41], wäre ein vom Völkerbund vorgeschriebener Abbruch aller Beziehungen zu Deutschland fatal gewesen.

Als dann die Sanktionen des Völkerbundes im italienisch-äthiopischen Krieg völlig versagten,[42] deklarierten die skandinavischen Länder sowie die Niederlande, die Schweiz und Spanien im Juli 1936, dass sie sich Handlungsfreiräume in der Verwendung des Artikel 16 vorbehalten würden.

Da Deutschland bereits den Krieg gegen die Westmächte sowie die Sowjetunion plante, war es besonders am Zerfall bzw. einer weiteren Schwächung des Völkerbundes interessiert.[43] Diese würde in dem Fall erfolgen, wenn sich weitere Länder entweder dem Vorbild der skandinavischen Länder anschlössen, aus dem Bund ganz austräten oder ihre Neutralität deklarierten. Am 6. Juli 1938 erging somit ein Rundbrief des Auswärtigen Amtes mit folgender Nachricht an die diplomatischen Vertreter in Europa:

“If opportunity arises, please point out discreetly to the Government there that in our opinion the only chance for the smaller countries to keep out of future conflicts is by returning to the comprehensive concept of prewar neutrality and following it faithfully. In the last analysis this requires an unequivocal repudiation— not merely a relaxation—of the obligations under article 16 of the League of Nations Covenant, since even its merely formal continuation might enable the interested powers to apply inadmissible diplomatic pressure if they deemed it necessary.”[44]

Einige skandinavische Staaten hatten bereits am 27. Mai 1938 in Kopenhagen eine Deklaration über ihre Neutralität bezüglich des Artikels 16 unterschrieben. Estland und Lettland gaben bei der Konferenz des Völkerbundes am 19. September 1938 bekannt, dass sich die Regierungen vorbehielten, in jeden Einzelfall selbst zu entscheiden, wie und ob sie den 16. Artikel einsetzen. Litauen, Polen und Rumänien machten drei Tage später eine entsprechende Erklärung und erfüllten somit die deutschen Pläne. Denn diese Bekanntgaben entmachteten den Völkerbund nun endgültig.[45]

Im Oktober 1938 erarbeiteten die drei baltischen Staaten nach skandinavischem Vorbild ein „Neutralitätsgesetz“, welches am 3. November vom estnischen Parlament angenommen wurde. Die estnische Strategie zur Bewahrung der eigenen Unabhängigkeit war ab dem Zeitpunkt die Neutralität. Die Vor- und Nachteile dieses Schrittes werden in Kapitel 2.3.8. genauer dargestellt.

2.3.2. Der estnisch-lettische Beistandspakt

Eine weitere außenpolitische Absicherung zur Bewahrung der eigenen Unabhängigkeit sollte der 1923 geschlossene estnisch-lettische Beistandspakt darstellen. Zwar hatte man in den ersten Jahren der Unabhängigkeit auf ein größeres Paktsystem hingearbeitet, doch blieb die estnisch-lettische Allianz in den 20er Jahren das einzige regional zustande gekommene Bündnis. Die Entstehungsproblematik größerer Zusammen-schlüsse soll im folgenden Kapitel 2.3.3. geklärt und dargestellt werden. Hier soll nun die Bedeutung des estnisch-lettischen Beistandspaktes aufgezeigt werden.

Schon während der Unabhängigkeitskriege zwischen 1918 und 1920 traf sich die politische und militärische Führung der baltischen Staaten, um die gegenseitige Unterstützung im Kampf um die Unabhängigkeit zu besprechen.[46] Eine sporadische, kriegerische Zusammenarbeit der Staaten fand bereits während des Krieges statt.[47] Nach dem Erreichen der Unabhängigkeit gründeten Estland und Lettland 1921 eine provisorische Militärallianz, die am 1. November 1923 zu einem estnisch-lettischen Beistandspakt ausgeweitet wurde. Aufgrund der außenpolitischen Konflikte mit Polen und Deutschland, aus welchen sich Estland und Lettland heraushalten wollten, wurde Litauen in diesem Bündnis nicht berücksichtigt.[48]

Der vorerst auf 10 Jahre abgeschlossene Beistandspakt bestand aus insgesamt sechs einzelnen Verträgen. Der wichtigste dieser Verträge war ein Verteidigungsbündnis, welches eine gemeinsame Verteidigung gegen alle Angreifer vorsah. Des Weiteren enthielt das Bündnis einen Vertrag über die Beilegung der Grenzstreitigkeiten, eine Regelung der finanziellen Verpflichtungen der Kriegszeit, einen provisorischen Handelsvertrag mit einer Zollunion, eine Konvention über die Hafensteuer und ein Abkommen über die Vereinheitlichung des Rechtswesens.[49] Ein Abkommen über eine gemeinsame Außenpolitik der beiden Staaten gab es im Pakt von 1923 noch nicht. Uneinigkeit über die politische Einstellung zu den Nachbarn könnte der Grund dafür gewesen sein. In den Augen Lettlands war Estland zu pro-polnisch eingestellt. Die Esten hingegen kritisierten die anti-polnische und pro-deutsche bzw. pro-sowjetische Einstellung der Letten.[50]

Das Bündnis sollte als Grundlage für eine spätere regionale Erweiterung dienen. Doch dieses Vorhaben scheiterte nicht zuletzt „an dezenten sowjetischen Hinweisen, dass Moskau jede militärische Einigung mit Polen als feindlichen Akt ansehen werde.“[51] Estland und Lettland blieben somit die einzigen Mitglieder der Allianz.

Trotz zeitweiliger Meinungsverschiedenheiten erwies sich diese Zweierallianz als stabil und wurde am 17. Februar 1934 auf weitere 10 Jahre verlängert. In diesem erneuten Abkommen war nun auch eine engere außenpolitische Kooperation vorgesehen.[52]

Die bereits 1920 von der baltischen Militärführung als extrem wichtig empfundene militärische Zusammenarbeit wurde von der politischen Führung allerdings außer Acht gelassen. Erst 1930 gab es erneute Überlegungen über eine verstärkte Militär-kooperation. 1931 fand das einzige gemeinsame Manöver der estnischen und lettischen Flotten und Armeen in der Zwischenkriegszeit statt.[53] Trotz der Annahmen, dass die baltischen Staaten die Möglichkeiten gehabt hätten, eine beträchtliche baltische Armee aufzubauen,[54] gab es diesbezüglich keinerlei weitere Bestrebungen der beiden Staaten.

Beim estnisch-lettischen Beistandspakt handelte es sich somit zwar um einen Vertrag, der formell beiden Partnern Sicherheit und Rückhalt garantierte und einen engeren Kontakt der Staaten festlegte, doch war er zu schwach und die Zusammenarbeit der Staaten zu gering, um die Territorien nachhaltig vor den Angriffen der benachbarten Großmächte zu schützen. Die Drohungen der Sowjetunion verhinderten zusätzlich die angestrebte Erweiterung des Bündnisses. Erst durch den rasanten weltpolitischen Wandel Anfang der 30er Jahre wird ein bereits nach dem ersten Weltkrieg angestrebtes größeres Bündnis möglich.

2.3.3. Die Baltische Entente

Es sind sowohl geographische, als auch historische Aspekte, welche eine enge Zusammenarbeit Estlands, Lettlands und Litauens erwarten lassen. Bereits in Kapitel 2.3.2. wurde darauf hingewiesen, dass schon in den ersten Jahren der Unabhängigkeit auf ein großes Paktsystem des Baltikums mit seinen Nachbarn hingearbeitet wurde. Die Entstehungsproblematik größerer Zusammenschlüsse sowie die Schwierigkeiten einer estnischen und lettischen Zusammenarbeit mit Litauen in der Zwischenkriegszeit sollen nun hier ausführlich geklärt und dargestellt werden.

Die Idee, ein gemeinsames Bündnis einzugehen, entstand bereits im Zuge der Erlangung der Unabhängigkeit. Auch von einem baltisch–skandinavischen Bündnis war bereits 1917 in Tallinn die Rede. Man wusste, dass die Großmächte unterschiedliche Interessen in den Ostseegebieten hatten und wollte, dass sich die Länder Estland, Lettland, Litauen, Finnland und Skandinavien verbünden, um so gemeinsam auf der Friedenskonferenz nach dem Krieg mitzuentscheiden. Ein solches Bündnis erschien aber irreal. Realer schien dagegen eine Verständigung zwischen Finnland, Polen und den baltischen Staaten. Grund für die Annäherung der Staaten war die Angst vor der benachbarten Sowjetunion. In den Jahren 1920 – 1925 fanden zahlreiche Konferenzen dieser Länder zur Gründung eines großen baltischen Bundes statt. Am 17. März 1922 unterschrieben dann die Außenminister Estlands, Lettlands, Finnlands und Polens in Warschau einen Vertrag. Die Beteiligten verpflichteten sich darin nicht, wie etwa von Polen erhofft, zur militärischen, sondern nur zur politischen Zusammenarbeit. Den geschlossenen Vertrag sahen die Sozialdemokratische und die Schwedische Volkspartei Finnlands nicht nur als gegen die Sowjetunion, sondern auch gegen das seit jeher befreundete Deutschland gerichtet. Eine Tatsache, die man in Finnland nicht guthieß. Zusätzlich hätte ein solches Bündnis die Finnen verpflichtet, Polen bei einem deutschen oder litauischen Angriff zu unterstützen. Aus diesem Grund wurde der Vertrag von Finnland nicht ratifiziert und der finnische Außenminister entlassen.[55]

Diese Pläne eines großen baltischen Bündnisses scheiterten somit zum einen am Fortbleiben der Finnen und zum anderen am seit Oktober 1920 bestehenden polnisch-litauischen Konflikt bezüglich Vilnius.[56] Zusätzliche Manipulationen von deutscher, sowjetischer und auch polnischer Seite trieben außerdem einen Keil zwischen die drei baltischen Staaten,[57] sodass der in Kapitel 2.3.2. bereits behandelte estnisch–lettische Beistandspakt von 1923 den einzigen zustande gekommenen Vertrag der 20er Jahre darstellt.

Im Gegensatz zur Sowjetunion und Deutschland war Frankreich seit 1920 sehr interessiert an einem starken baltischen Bündnis. Ein „ cordon sanitaire “ gegen den Bolschewismus sollte erschaffen und ein Zusammenstoß zwischen Deutschland und der Sowjetunion verhindert werden.[58] Frankreich sah den nördlichen Nachbarn der baltischen Staaten, Finnland, als pro-deutsch an und verstärkte deshalb seine Zusammenarbeit mit dem südlichen Nachbarn Polen, indem es 1921 mit ihm eine Allianz schloss. Hauptinteresse Frankreichs war es in den 20er Jahren, die baltischen Staaten zu vereinigen und sie in Richtung Polen zu lenken.[59] Polen sollte, nach französischer Vorstellung, als Gegengewicht zu Deutschland agieren und die Politik des baltischen Blocks lenken. Warum Frankreich Polen diese Führungsrolle bei der Bildung eines anti-bolschewistischen Blocks zusprach, selbst aber zu keinem Bündnis mit den Staaten bereit war, ist dabei unklar.[60] Doch auch diese Bestrebungen Frankreichs blieben auf Grund der bereits erwähnten Vilnius – Problematik vorerst erfolglos.[61]

Ein weiterer Grund für die lange Zeit ergebnisloser Verhandlungen waren die unterschiedlichen Freund- und Feindbilder der drei Staaten. So pflegte Estland besonders gute Kontakte zu Polen[62] und Deutschland und sah in der Sowjetunion den größten Feind. Litauen hingegen näherte sich immer wieder der Sowjetunion an und fühlte sich dagegen von Deutschland bedroht. Das litauisch–polnische Verhältnis war zusätzlich verhärtet. Für Lettland ging von beiden Großmächten die gleiche Gefahr aus.[63]

Im Jahre 1934 änderte sich die internationale Situation auf Grund der Machtergreifung Hitlers im Vorjahr, des polnisch-deutschen Beistandspaktes und dem Ende der Rapollo-Politik zwischen Deutschland und der Sowjetunion sehr rasant. Sowohl Deutschland als auch die Sowjetunion veränderten ihre Einstellung zu einem baltischen Bündnis. Nach jahrelangen, erfolgreichen Versuchen, einer baltischen Einigung entgegenzuwirken, versuchten nun beide die jeweiligen Sympathien der einzelnen baltischen Länder zu ihrem Zweck auszunutzen. In Berlin hoffte man, eine weitere außenpolitische Orientierung Estlands in Richtung Deutschland zu nutzen, um auch die lettische und litauische Außenpolitik zu kontrollieren und zu beeinflussen.[64] Maxim Litvinov, Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten äußerte ebenfalls die Überlegung, durch eine enge Zusammenarbeit und Unterstützung Litauens auf die Nachbarstaaten Estland und Lettland einzuwirken.[65]

Am 25. April 1934 übergab der litauische Außenminister den estnischen und lettischen Gesandten ein Memorandum, das eine baltische Annäherung beabsichtigte. Erstmals unternahm somit Litauen einen Schritt in Richtung baltisches Bündnis. Litauen sah sich im Zuge der Veränderungen im polnisch-deutschen und deutsch-sowjetischen Verhältnis isoliert. Im Memorandum erklärte Litauen ebenfalls, dass Litauen von Estland und Lettland im Falle einer polnisch-litauischen oder deutsch-litauischen Auseinandersetzung bezüglich des Vilnius- und Klaipeda-Konflikts[66] keine Unter-stützung erwarte.[67]

Vom 7.-9. Juli 1934 fand nach verschiedenen Vorbesprechungen in Kaunas die erste litauisch-lettisch-estnische Konferenz statt. Litauen strebte nach einem Kooperations-vertrag auf Basis des zuvor übergebenen Memorandums.[68] Die schwierigste Frage betraf die „besonderen Probleme“, d.h. die Vilnius- und Klaipeda-Problematik. Der litauische Außenminister Lozoraitis forderte von Estland und Lettland zwar keine Unterstützung, jedoch deren Solidarität in diesen Fragen. Ein Anspruch, der sich schlecht auf das außenpolitisch gute Verhältnis der Länder zu Polen und Deutschland ausgewirkt hätte und somit nicht gebilligt werden konnte. Erst knapp zwei Monate später, am 29. August, wurde zwischen den drei Staaten in Riga ein Freundschafts- und Kooperationsvertrag paraphiert, welcher am 12. September 1934 in Genf unterzeichnet wurde.[69]

In Artikel 1 wurde beschlossen, sich bezüglich außenpolitischer Fragen zu verständigen, sowie sich gegenseitig in der internationalen Politik und Diplomatie zu unterstützen. Magnus Ilmjärv bewertet den Vertrag ungeachtet dessen als „totgeborenes Kind“,[70] denn in Artikel 3 wurde bezüglich der Vilnius- und Klaipeda-Problematik eine Ausnahmeregelung getroffen. Estland und Lettland versicherten ihre Neutralität und es wurde beschlossen, dass in der Vilnius-Problematik keine Verständigung verpflichtend ist. Artikel 7 schrieb fest, dass es sich um ein für andere Staaten offenes Bündnis handelt, der Beitritt weiterer Staaten allerdings nur bei Zustimmung aller drei Vertragsparteien stattfinden kann.[71] Eine Erweiterung des Bundes durch Polen, Deutschland oder Finnland, wie es im estnischen und auch lettischen Interesse gewesen wäre, war somit praktisch ausgeschlossen.[72] Litauen nämlich war wegen seiner Konflikte gegen die Aufnahme Polens oder Deutschlands als zusätzliche Bündnispartner. Finnland distanzierte sich auf Grund seiner engen Bindung zu Deutschland von einem eventuellen Beitritt in die Entente. Man befürchtete, eine Teilnahme in einem Bündnis mit Litauen könnte zu einer Verschlechterung des deutsch-finnischen Verhältnisses führen. Somit fand auch bei diesem Bündnis keine Erweiterung durch andere Staaten statt.

Die elf Außenministerkonferenzen, welche in den Jahren 1934-39 stattfanden, erzielten ebenfalls nur wenig konkrete Ziele. Auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit der drei Staaten misslang. Auf Grund der ähnlichen Wirtschaftsstruktur kam es zur Konkurrenz der Staaten auf dem internationalen Markt.[73] Der Handel untereinander nahm sogar ab.[74]

Eero Medijainen wertet die entstandene Baltische Entente als Reaktion auf die Krise und die veränderte internationale Situation.[75] Estland selbst war schließlich erst zu einem Bündnis mit Litauen bereit, als die internationalen politischen Veränderungen Litauen soweit isoliert hatten, dass die Gefahr einer litauisch- sowjetischen Allianz und somit die Isolation Estlands und Lettlands bestand.[76] Der Pakt gab zudem keinem der Staaten die Sicherheit, die sie sich erhofft hatten. Im Gegenteil, der Pakt wirkte sich sogar negativ auf das Verhältnis zu anderen Staaten aus. Finnland nutzte die Existenz der Baltischen Entente als Vorwand, sich vom Baltikum in Richtung Schweden zu orientieren. Auch in den Staaten selbst – vor allem in Politiker- und Militärkreisen Estlands – wurde der Vertrag stark kritisiert.[77] Der 1934 gegründeten Entente war es im übrigen bis zum Hitler-Stalin-Pakt 1939 nicht möglich, sich über die Frage einig zu werden, welches Land der größte Feind sei, was einer gemeinsamen und klaren außenpolitischen Linie entgegenstand.[78]

Der Freundschafts- und Kooperationsvertrag der drei Staaten war zudem ein rein diplomatischer und politischer Vertrag. Militärische Zusammenarbeit wurde darin nicht vereinbart. Selbst im Falle eines feindlichen Angriffes war im Vertrag nur eine politische und diplomatische Zusammenarbeit vorgesehen. „They had never made an agreement about unified command, unified weapons systems, common armaments industry, or even common command language“[79] Die Waffen und Munition der einzelnen Staaten waren zusätzlich aus unterschiedlichen Ländern. Lettland besaß englische Waffen und Munition, Estland sowjetische und deutsche, Litauen hingegen deutsche und französische. Gegenseitige Versorgung mit Munition und Ersatzteilen wäre nicht möglich gewesen.[80] Dennoch schlug Litauen in den Jahren 1934, 1936 und 1939 ein Militärbündnis mit seinen Nachbarstaaten vor, welches aber von Estland abgelehnt wurde, solange die Vilnius- und Klaipeda-Problematik nicht geklärt sei. Wiederum stand hier die Angst vor der Verwicklung in eine kriegerische Auseinandersetzung mit Deutschland und Polen im Vordergrund.[81] Eine Aufnahme Litauens in den estnisch-lettischen Beistandspakt fand auch nicht statt.[82]

Die baltischen Staaten bildeten 1934 auf den ersten Blick ein gemeinsames Gefüge. Bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass dieser Zusammenschluss nur unter Druck der internationalen außenpolitischen Veränderungen zustande kam. Das Bündnis gab den Staaten weder zusätzliche Absicherung gegen feindliche Angriffe noch andere mögliche Vorzüge. Sowohl Deutschland als auch die Sowjetunion maßen dem Bündnis keinerlei Bedeutung bei. Die Tatsache, dass keiner der baltischen Präsidenten zwischen 1934 und 1940 einem der Bündnispartner einen Besuch abstattete, zeigt zusätzlich, wie wenig den baltischen Staaten selbst die Zusammenarbeit bedeutete.[83]

Dabei hätten gerade die Worte Sallusts “Concordia res parvae, discordia magnae concidunt“, welche bereits vor dem Zweiten Weltkrieg an der Fassade des Außenministeriums in Riga zu lesen waren und in ganz besonderem Maße auf die baltischen Staaten zutrafen, in der politisch schweren Zwischenkriegszeit eine Warnung sein können.[84]

2.3.4. Der Ostpakt

In den Völkerbund fand Estland nach eigener Initiative Aufnahme. Bei den beiden anderen besprochenen Verträgen war Estland bei der Entstehung aktiv beteiligt. Im Folgenden soll der von der Sowjetunion und Frankreich initiierte Plan eines Ostpakts besprochen und seine Problematik in Bezug auf die estnische Außenpolitik aufgezeigt werden.

Der im Jahre 1925 von den Westmächten ratifizierte Vertrag von Locarno hinterließ in Bezug auf die osteuropäischen Staaten eine Lücke. In der Folgezeit bemühten sich daher sowohl Frankreich als auch die Sowjetunion immer wieder, diese zu schließen. Ein erster Schritt war hierbei das sogenannte „Litvinov-Protokoll“ vom 9. Februar 1929, in dem sich sowohl die Sowjetunion als auch Polen und die baltischen Staaten dem Briand-Kellog-Pakt anschlossen. Im Frühjahr 1932 schloss die Sowjetunion zusätzlich Nichtangriffspakte mit Estland und Lettland[85] und verbündete sich im gleichen Jahr mit dem, einige Jahre zuvor noch stark anti-sowjetisch eingestellten Frankreich.[86]

Besonders intensiv wurden die Bestrebungen nach einem stabilen Paktsystem in Osteuropa nach dem Abschluss des deutsch-polnischen Nichtangriffspakts am 26. Januar 1934. Ende Juni 1934 einigten sich die Außenminister Frankreichs und der Sowjetunion, Barthou und Litvinov, auf einen Vertragsentwurf. Als Paktteilnehmer sah man Polen, die Tschechoslowakei, Deutschland, die baltischen Staaten, Finnland und die Sowjetunion vor. Die Staaten sollten die Unverletzlichkeit der Grenzen garantieren und sich verpflichten, im Falle eines Angriffs einem anderen Unterzeichnerstaat Beistand zu gewähren. Der zuvor erwähnte sowjetisch-französische Nichtangriffspakt sollte das Verbindungsstück zwischen dem Ostpakt und dem Vertrag von Locarno darstellen.[87]

Aus verschiedenen Gründen wurde dieses Vertragssystem von einigen Staaten kritisiert und abgelehnt. Finnland erklärte sofort, an einer Teilnahme im Pakt nur dann interessiert zu sein, wenn Frankreich den Pakt selbst auch unterschreibe.[88] Estland und Lettland waren von Beginn an skeptisch. Sie erklärten zwar ihr grundsätzliches Einverständnis für einen solchen Vertrag, verlangten aber, Polen und Deutschland im Vertrag ebenfalls aufzunehmen.[89] Litauen dagegen war als einziger baltischer Staat dem Pakt gegenüber positiv eingestellt.[90]

Deutschland war zu dem Zeitpunkt nicht an einem kollektiven Sicherheitssystem in Europa interessiert. In der offiziellen Erklärung vom 8. September 1934 erklärte es, dass es nicht bereit sei, einem internationalen Sicherheitssystem beizutreten, solange es nicht das Recht habe, wieder aufzurüsten. Desweiteren war man mit einer Stationierung fremder Truppen zur Abwehr gegen Aggressoren auf dem eigenen Territorium nicht einverstanden. Außerdem sei man mit der derzeitigen Situation in Osteuropa zufrieden.[91] Auch Polen äußerte seine Ablehnung gegenüber dem Pakt. Ein Durchmarschrecht im Falle eines Angriffs wollte man den sowjetischen Truppen auf keinen Fall geben.

England billigte am 13. Juli 1934 die Pläne für einen Ostpakt und entschied sich somit für das geringere Übel. Man war nicht begeistert, die Sowjetunion in einem Bündnis zu sehen, welches ihre Sicherheit und das internationale Ansehen steigerte. Dazu kam, dass man sich über die Festigung des französischen Verhältnisses im Osten Europas bewusst war und diese Tatsache als traditioneller Rivale Frankreichs nur sehr ungern billigte. Doch ahnte man in England, dass ein Scheitern der Pläne zu einem französisch-sowjetischen Militärbündnis geführt hätte. Dieses galt es auf jeden Fall zu verhindern. Desweiteren war es auf Grund der internationalen Ereignisse nicht möglich, sich öffentlich gegen die friedliche Idee eines Ostpakts zu äußern.[92]

England setzte bei seiner Einwilligung, den Ostpakt zu unterstützen, jedoch voraus, dass Deutschland zu den gleichen Bedingungen wie Frankreich und die Sowjetunion in den Pakt aufgenommen und somit ein dritter Vertragspartner wird. Diese Forderung sollte die Entstehung eines Blockes gegen einen einzigen Staat vermeiden.[93] Des Weiteren forderte England von Frankreich, Deutschlands Remilitarisierung zuzustimmen. Ein Zugeständnis, mit welchem Frankreich auf keinen Fall einverstanden war.[94] England erklärte sich im Gegenzug dazu bereit, Deutschland, Polen und Italien den Beitritt in den Pakt nahezulegen.[95]

Diese Einstellung Englands hatte auch Auswirkungen auf Estlands und Lettlands außenpolitische Richtung. Vom 24. bis 27. Juli besuchte der polnische Oberst Beck Tallinn und Riga. Nach seiner Rückkehr bemerkte er, dass „the whole Riga and Tallinn shared the Polish view. [And] they were particulary afraid of putting themselves under Russia´s protection.”[96] Dennoch unterschrieben die Außenminister beider Staaten kurz darauf in Moskau eine Erklärung, in welcher sie ihr Einverständnis zum Beitritt in den Ostpakt erklärten.[97] Dieser Widerspruch ist nur zu verstehen, wenn man das Einverständnis als aus der Not heraus erzwungen betrachtet. Denn zum einen war es für beide Staaten auf Grund der internationalen politischen Lage ungünstig, sich öffentlich gegen ein derartiges Sicherheitssystem auszusprechen. Zum anderen verfolgte gerade Estland zu dieser Zeit noch eine sehr anglophile Politik und hoffte auf eine engere estnisch-britische Kooperation. Durch das Einverständnis in Moskau schloss man sich der vorausgegangenen englischen Außenpolitik an.[98] Nur unter diesen Gesichtspunkten kann das widersprüchliche Verhalten in Estland erklärt werden.

Trotz der formellen Zusagen der drei baltischen Staaten[99] wurde das Zustandekommen des Ostpaktes durch die deutsche und polnische Haltung immer unwahrscheinlicher. Am 6. April 1935 fragte die Sowjetregierung offiziell bei den baltischen Staaten an, ob diese dem Ostpakt auch ohne deutsche und polnische Beteiligung beitreten würden. Für die Staaten ergaben sich nun zwei Alternativen: sich entweder der deutsch-polnischen oder der sowjetisch-französischen Richtung anzuschließen. Die baltische Außenpolitik steckte somit wieder in der Zwickmühle. Gerade in Tallinn wollte man sich nicht klar gegen Deutschland stellen und die damit verbundene sowjetische Vorherrschaft akzeptieren. Im Rahmen der baltischen Außenministerkonferenz am 6. Mai 1935 kam man deshalb zu dem Entschluss, nur den Maßnahmen zuzusagen, die der Sicherheit in Europa dienten. Für die Staaten bedeutete das weder den Anschluss an die eine noch an die andere Seite.[100]

Im Mai 1935 schlossen sich zwar Frankreich und die Sowjetunion zu einem Beistandspakt zusammen, ein Militärvertrag der beiden Staaten wurde allerdings nicht verwirklicht. Ein Beistandspakt mit der Tschechoslowakei kam noch zustande. Das Ostpaktsystem wie von der Sowjetunion ursprünglich angestrebt, war allerdings gescheitert.[101]

Ein Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion, ein schwacher Beistandspakt mit Lettland, eine rückhaltlose Baltische Entente und eine ebenso unsichere Mitgliedschaft im geschwächten Völkerbund waren die einzigen außenpolitischen Verträge, die Estland in der Zwischenkriegszeit vorzuweisen hatte. Grund dafür war vor allem die Uneinigkeit der direkten Nachbarn über eine gemeinsame Außenpolitik. Eine militärische Zusammenarbeit, ein gemeinsamer starker Verbündeter oder starker gegenseitiger Rückhalt hätten zu einem nachhaltigeren Schutz der Staaten führen können. Auch die Lage der baltischen Staaten beeinflusste das Schicksal der Länder. Zum einen bildeten sie die Pufferzone zwischen den späteren aggressiven Großmächten Deutschland und Sowjetunion und waren deshalb für beide Staaten von großem Interesse. Rückhalt und territorialen Schutz konnten sie aber von keinem der beiden erwarten. Die anderen Großmächte dagegen verspürten wenig Interesse an den Staaten und waren ebenfalls nicht bereit, diese Territorien zu garantieren. Somit trug sowohl die regionale als auch die internationale außenpolitische Situation in den 20er und 30er Jahren dazu bei, dass Estland Ende der 30er Jahre faktisch schutzlos auf sich alleine gestellt war.

2.3.5. Die Beziehungen zu den Nachbarstaaten Lettland, Finnland und Litauen

In den vorangegangenen Kapiteln wurde die Entstehung verschiedener bi- und multilateraler Verträge dargestellt. An zahlreichen Stellen wurde dabei auf die Beziehungen zu den Nachbarstaaten hingewiesen, da diese häufig eine überaus wichtige Rolle bei der Ratifizierung und Festigung der Vertragsentwürfe spielten. Im Folgenden sollen nun die estnischen Beziehungen zu den Nachbarstaaten aufgezeigt werden. Litauen zählt dabei auf Grund seiner regionalen und historischen Verbundenheit auch als Nachbar. Auf den östlichen Nachbarn, die Sowjetunion, soll in einem späteren Kapitel gesondert eingegangen werden.

Die vertraglich engste Verbindung hatte Estland zu Lettland. Die beiden Staaten waren durch den gemeinsamen Beistandspakt von 1923, die Baltische Entente von 1934 und den Völkerbund verbunden. Magnus Ilmjärv wertet gerade den Beistandspakt der beiden Staaten als nur auf dem Papier vorhanden. Für diese Behauptung nennt er verschiedene Gründe, sowohl psychologische als auch militärische, politische und wirtschaftliche.

Die psychologischen Aspekte sind in der gemeinsamen Vergangenheit begründet. So habe sich Lettland, laut estnischer Beschuldigungen, in den vergangenen 700 Jahren als illoyal den Esten gegenüber verhalten. Außerdem behaupteten die Esten, dass sie es waren, die in den Freiheitskriegen 1918-1920 die deutsche Landwehr aus Lettland vertrieben und somit eine lettische Staatsgründung überhaupt erst möglich gemacht hatten. Dass dieser Umstand in Lettland teilweise geleugnet wurde, führte in Estland zu Unmut.[102]

Wichtiger waren allerdings die militärischen Gründe, die eine nachhaltige Zusammenarbeit der Staaten erschwerten. Wie im Kapitel 2.3.2. bereits angesprochen, kam es in der Zwischenkriegszeit nur zu einem einzigen gemeinsamen Manöver. Die Staaten bezogen ihre Kriegsmaterialien von unterschiedlichen Großmächten, was eine Unterstützung mit Munition im Kriegsfall unmöglich machte.[103] Auch bezüglich des Feindes war man sich uneinig. In Estland rechnete man ausschließlich mit einem sowjetischen Überfall und sicherte sich in Richtung Deutschland kaum ab. In Lettland betrachtete man sowohl die Sowjetunion als auch Deutschland als möglichen Feind und verteidigte die eigenen Grenzen in alle Richtungen. Dass Lettland die eigene Ostgrenze in den Augen der Esten kaum sicherte, stieß in Estland auf starke Kritik. Man befürchtete, die Sowjetunion könne Estland von Lettland aus überfallen. Für die lettische Armee war es allerdings schwer möglich, die 296 km lange Grenze vollständig zu bewachen und das Land plante deshalb, einen möglichen Angriff im eigenen Land abzuwehren.[104]

In Estland bemerkte man außerdem, dass Lettland mehr Geld für Kultur, Architektur, Paraden und Feste ausgab als für das eigene Militär. Dadurch verstärkte sich in Tallinn die Angst, Lettland im Falle eines Angriffs beistehen zu müssen, im Falle eines gegen Estland gerichteten Angriffs jedoch keine lettische Unterstützung zu erhalten. Eine Mutmaßung, die ebenfalls nicht gerechtfertigt war, denn wie sich bei einer Inspektion im Jahre 1936 herausstellte, war Lettland der besser ausgerüstete Staat.[105]

In Riga sorgte unterdessen die enge Zusammenarbeit Estlands mit Deutschland für Skepsis. Lettland hielt nämlich nach der Machtergreifung Hitlers nicht mehr die Sowjetunion, sondern Deutschland für die größere Gefahr und war im Gegensatz zu Estland bereit, auch an sowjetischer Seite gegen Deutschland zu kämpfen. Geschickte deutsche Manipulationen förderten dieses Misstrauen und erschwerten zusätzlich die lettisch-estnischen Beziehungen.[106] Dieses gegenseitige Misstrauen war bei allen drei baltischen Staaten in der Zwischenkriegszeit vorhanden. Edgar Anderson beschreibt die Stimmung unter den baltischen Staaten folgendermaßen:

„Fierce nationalism and pride in unadulterated independence, too, were formidable obstacles to the meaningful cooperation of the Baltic States. Each refused to sacrifice any portion of its hard-won sovereignty for the sake of its neighbors and common Baltic interests.”[107]

Statt von enger Zusammenarbeit war das Verhältnis der Staaten von gegenseitiger Eifersucht, kleineren Streitigkeiten und fast bewusster Behinderung der Ziele des anderen geprägt.[108]

Litauen wurde auf Grund seiner außenpolitischen Probleme von den Nachbarstaaten lange Zeit nicht beachtet. Auch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit schlug fehl, denn die ähnliche Wirtschaftsstruktur machte die drei Staaten wiederum zu sich gegenseitig schwächenden Konkurrenten.[109]

Die Beziehung zu Finnland war hingegen von positiven Erfahrungen in der Vergangenheit geprägt. Die Finnen hatten während der Unabhängigkeitskriege Teile der Roten Armee aufgehalten und ihr Vordringen nach Estland verhindert. Eine Zusammenarbeit mit dem nördlichen Nachbarn hielt Estland in den 20er und frühen 30er Jahren für wichtig. Auch Finnland sah in Estland und in Lettland mögliche Verbündete.[110]

Die Zusammenarbeit betraf hauptsächlich die Marine und die Sicherung des Finnischen Meerbusens. Im Falle eines sowjetischen Angriffs plante man, diesen zu verminen und so ein Durchdringen der feindlichen Truppen zu verhindern. Im Gegensatz zu den baltischen Unstimmigkeiten über ein gemeinsames Feindbild waren sich Estland und Finnland darüber einig. Sowohl Estland als auch Finnland sahen die Sowjetunion als einzige Gefahr für die eigenen Territorien an.[111]

Nachdem man im November 1933 noch gemeinsam die Sicherung des Finnischen Meerbusens besprochen hatte, änderte sich im Jahre 1934 die finnische Richtung. Eine direkte oder indirekte Unterstützung Estlands sah man in den Verteidigungsplänen nicht mehr vor. Finnland war von jetzt an nur an Informationen, welche die militärische Position Estlands betrafen, und an einer Zusammenarbeit im Bereich der Marine und Aufklärung interessiert. Auf diesen Gebieten tauschten die Staaten weiterhin diesbezügliche Informationen aus.[112]

Die außenpolitische Position Finnlands neigte sich aber in Richtung Skandinavien. Grund für die Distanzierung von Estland könnte zum einen die innenpolitische Veränderung Estlands gewesen sein. Das entstandene autoritäre Regime Päts wurde in Finnland stark kritisiert.[113] Zum anderen war im gleichen Jahr die Baltische Entente entstanden. Diesen Zusammenschluss mit Litauen, welches noch immer mit Deutschland in Konflikt stand, nutzte Finnland als Vorwand, sich von den baltischen Staaten zu entfernen.[114]

Das Misstrauen der baltischen Staaten untereinander schwächte sowohl die gemeinsamen Bündnisse als auch die Zusammenarbeit. Estland selbst erwartete daher wenig Unterstützung im Falle eines Angriffs und war selbst auch nicht bereit, für die Belange der Nachbarn einzutreten. Die militärische Zusammenarbeit mit Finnland funktionierte dagegen besser, ein gemeinsames Bündnis kam aber nicht zustande. Bedingt durch die Neutralitätserklärung im Mai 1938 schwand die Hoffnung auf Unterstützung seitens Finnlands im Falle eines Angriffs. Auf regionale Sicherheit konnte Estland somit nicht bauen.

2.3.6. Das Verhältnis zu den Westmächten England und Frankreich

Ob es seitens der Westmächte Aussicht auf eine Garantie der eigenen Grenzen gab und in welchem Verhältnis diese zu Estland standen, soll im Folgenden geklärt werden.

Nachdem England Estland und Lettland im Jahre 1918 de facto und am 21. Januar 1921 de jure anerkannt hatte, erhoffte man sich in jenen Staaten auch in den folgenden Jahren Englands Unterstützung.[115] Estland war 1919, in der Hoffnung auf eine künftige militärische Zusammenarbeit, sogar bereit, der englischen Flotte Stützpunkte auf den Inseln Hiiumaa und Saaremaa zur Verfügung zu stellen. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die baltischen Staaten und vor allem Estland mit den verschiedensten Mitteln versuchten, das Interesse Englands zu erlangen.[116] Dieses hatte sich in den Jahren 1919-1920 kurzzeitig dazu entschieden, das Baltikum im Falle eines sowjetischen Angriffs zu unterstützen. Diese Entscheidung nahm man aber bereits im Juli 1921 zurück. Seit diesem Zeitpunkt gab es von englischer Seite keine festen Versprechungen oder Abkommen mit den Staaten.[117] Es war zwar an einer stabilen Lage im Baltikum interessiert, wollte diese Gebiete aber selbst nicht garantieren und militärisch unterstützen. In der zweiten Hälfte der 30er Jahre verlor England dann jegliches Interesse an den Staaten.[118]

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den baltischen Staaten und England spielten auch in der Zwischenkriegszeit eine große Rolle. England war seit Erlangung der baltischen Unabhängigkeit sehr interessiert an den neuen Wirtschaftsräumen im Baltikum. Die Staaten wurden häufig als „doors to the great Russian warehouse“ bezeichnet und sollten zu einer Brücke zwischen Ost und West werden.[119] Der britische Handel mit dem Baltikum war seit 1920 stetig gestiegen.[120] Dennoch verlor England mit der Zeit wieder zahlreiche wichtige Märkte in dieser Region an den Rivalen Deutschland. Merja-Liisa Hinkkanen begründet dieses Phänomen mit der Unfähigkeit der Briten, ihre wirtschaftlichen Ziele mit den politischen zu verbinden.[121] Dass man in London die Unabhängigkeit der baltischen Staaten nur als Übergangserscheinung ansah, könnte zudem ein Grund für das fehlende politische Interesse an diesen Gebieten gewesen sein.[122]

Im Gegensatz zu den Hoffnungen, die vor allem Estland bezüglich Englands hatte, war England in keinster Weise bereit, die Staaten zu garantieren. Der Völkerbund und die von ihm vorgegebenen Richtlinien waren und blieben der einzige Rahmen, in dem das Land mit den baltischen Staaten politisch agierte.[123]

Mehr Unterstützung kam von französischer Seite. Frankreich setzte sich, wie in Kapitel 2.3.4. beschrieben, in den ersten Jahren der Unabhängigkeit stark für ein osteuropäisches Sicherheitssystem ein. Dennoch war auch die Hoffnung der einzelnen Staaten auf ein bilaterales Bündnis mit Frankreich, welches dem Staat Schutz gegeben hätte, sehr gering. Zwar war Paris bereits mit Polen und der Tschechoslowakei ein solches Bündnis eingegangen, doch weniger, um diese Staaten zu sichern, als selbst eine Absicherung zu erhalten.[124]

Die baltischen Staaten sollten in den Augen Frankreichs auch weniger eine wirtschaftliche Brücke zwischen Westeuropa und der Sowjetunion, sondern eher eine Barriere, einen „ cordon sanitaire “, zwischen dem bolschewistischen Russland und dem Westen bilden. Auf die Frage, wie sich Frankreich im Falle eines sowjetischen Angriffs auf Estland verhalten würde, antwortete man bereits zu Beginn der 20er Jahre nur mit dem Versprechen auf politische Unterstützung. Im Jahre 1934 wurde immer klarer, dass Frankreich für Estland im Falle eines Angriffs weder gegen Deutschland noch gegen die Sowjetunion kämpfen würde. Man vermutete in Tallinn sogar, dass die baltischen Staaten nur Teil des Ostpakts werden sollten, damit der Sowjetunion im Falle eines deutschen Angriffs auf Frankreich ein Durchmarschrecht durch die Staaten zustehe.[125]

Die Politik der Westmächte England und Frankreich war in der Zwischenkriegszeit stark von der Sicherung der eigenen Interessen gekennzeichnet. Eine Garantie an kleinere Staaten zu geben, dazu waren beide Mächte nicht bereit. Beim Abschluss von Bündnissen war man zudem sehr auf die eigenen Vorteile bedacht. Auch im Rahmen des Völkerbunds konnten sich kleinere Staaten wenig Sicherheit von den Großmächten erwarten. Estland hatte somit faktisch keinen Rückhalt, weder regional noch international. Die einzigen Staaten, die Interesse an dem Land zeigten, waren die revisionistische Sowjetunion und das nationalsozialistische Deutschland.

2.3.7. Estland zwischen der Sowjetunion und Deutschland

Diese Interessen und die Politik der beiden wieder erstarkten Großmächte in unmittelbarer Umgebung Estlands sollen im Folgenden betrachtet werden.

Am 2. Februar 1920 hatte die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) im Friedensvertrag von Tartu die Unabhängigkeit Estlands anerkannt und freiwillig erklärt, auf sämtliche Souveränitätsrechte in Estland auf alle Zeiten zu verzichten.[126] In den 20er Jahren versuchte die Sowjetunion dann zumeist vergebens, mit dem unabhängigen Estland Föderations-, Kooperations-, Nichtangriffs- oder Unabhängigkeitsgarantieverträge zu schließen. Eine erste Annäherung gab es 1929, als Estland das “Litvinov-Protokoll“ unterschrieb. Im gleichen Jahr folgte ein sowjetisch-estnisches Handelsabkommen und im Jahre 1932 ein Nichtangriffspakt der beiden Staaten.[127] Dennoch war die estnische Einstellung der Sowjetunion gegenüber stets misstrauisch. Anders als die beiden Nachbarstaaten Lettland und Litauen sah Estland seine Unabhängigkeit durch sie gefährdet. Ein Durchmarschrecht wollte man der Sowjetunion weder im Rahmen des Völkerbundes (Artikel 16) noch im geplanten Ostpakt gewähren. Man war sich dessen bewusst, „daß eine Besetzung durch die Sowjetunion ‚dasselbe bedeutet wie den Verlust der Selbstständigkeit‘“[128] Sogar im Falle eines deutschen Angriffs wollte Estland auf keinen Fall sowjetische Hilfe annehmen.[129]

[...]


[1] Meri, Lennart: Side Euroopaga turvab meie kultuuri. Kõne Eesti Rahvusmuuseumi püsinäituse avamisel 15. Mail 1994. In: Meri, Lennart. Presidendikõned. Hg. v. E. Hiedel. Tartu 1996, S. 390-392, Seite 392. Im Folgenden zitiert als: Meri: Side.

[2] Bereits am 23. Februar war in Pärnu das estnische Unabhängigkeitsmanifest verlesen worden. Am 24. Februar wurde dann in Tallinn die Estnische Republik ausgerufen. Vgl. Järvelaid, Peeter: Eesti Vabariigi aastapäeval ajalugu uurides ja tulevikku piiludes. In: Pärnu Postimees, vom 23.2.2010. Im Folgenden zitiert als: Järvelaid: Eesti Vabariik.

[3] Für die Darstellung des Forschungsstandes wurden die Angaben hierzu in den, im Literaturverzeichnis vermerken Monografien und Aufsätzen berücksichtigt.

[4] Vgl. Schmidt, Thomas: Die Außenpolitik der baltischen Staaten. Im Spannungsfeld zwischen Ost und West. Wiesbaden 2003, Seite 29-30. Im Folgenden zitiert als: Schmidt: Außenpolitik.

[5] Vgl. Garleff, Michael Die baltischen Länder. Estland, Lettland, Litauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart (= Ost- und Südosteuropa Geschichte der Länder und Völker). Regensburg 2001, Seite 36. Im Folgenden zitiert als: Garleff: Baltische Länder.

[6] Vgl. Garleff: Baltische Länder, Seite 39.

[7] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 31.

[8] Vgl. Garleff: Baltische Länder, Seite 45-46.

[9] Vgl. Tuchtenhagen, Ralph: Geschichte der baltischen Länder (= Beck'sche Reihe C.-H.-Beck Wissen, 2355). München 2005, Seite 81. Im Folgenden zitiert als: Tuchtenhagen: Baltische Länder.; Vgl. Järvelaid: Eesti Vabariik.

[10] Vgl. Gilly, Seraina: Der Nationalstaat im Wandel. Estland im 20. Jahrhundert. Bern 2002, Seite 119-121. Im Folgenden zitiert als: Gilly: Nationalstaat.

[11] Vgl. Uibopuu, Henn-Jüri: Die Entwicklung des Freistaates Estland. In: Die Baltischen Nationen. Estland -Lettland - Litauen. Hg. v. B. Meissner. Köln 21991, S. 52–61, Seite 54. Im Folgenden zitiert als: Uibopuu: Entwicklung des Freistaates.

[12] Gilly: Nationalstaat, Seite 124.

[13] Uibopuu: Entwicklung des Freistaates, Seite 54.

[14] Aus diesem Grunde ist die Unzufriedenheit vieler Baltendeutscher mit der neuen Regierung zu verstehen. Zahlreiche Baltendeutschen arbeiteten in der Folgezeit mit den Nationalsozialisten zusammen (hier seinen Werner Hasselblatt und Wilhelm Wrangell genannt) und träumten von einer Umkehrung der Geschichte und einem Anschluss Estlands an Deutschland in Form eines Herzogtums, welches dann, wie zur Deutschordenszeit von der deutschen Kulturverwaltung geleitet würde.

[15] Vgl. Uibopuu: Entwicklung des Freistaates, Seite 55.

[16] Denn einige der am Putschversuch Beteiligten waren direkt aus der Sowjetunion importiert worden. Außerdem war die Rote Armee schon einsatzbereit an der estnischen Grenze stationiert und wartete nur auf einen „Hilferuf“ der Genossen in Tallinn, um nach Estland einmarschieren zu können. Vgl. Brüggemann, Karsten: Von der Sezession zur Okkupation: Die Entwicklung der Estnischen Republik und ihre Beziehungen zur Sowjetunion 1920-1940. In: Estland - Partner im Ostseeraum, Bd. 2 (= Travemünder Protokolle, 2). Hg. v. J. Hackmann. Lübeck 1998, S. 57–73, Seite 60-61. Im Folgenden zitiert als: Brüggemann: Okkupation.

[17] So waren beispielsweise im Jahr 1923 14 Parteien im Parlament vertreten. Vgl. Rauch, Georg von: Geschichte der Baltischen Staaten. Stuttgart et al. 1970, Seite 126. Im Folgenden zitiert als: Rauch: Geschichte.

[18] Vgl. Rauch: Geschichte, Seite 126.

[19] Vgl. Gilly: Nationalstaat, Seite 128.

[20] Vgl. Uibopuu: Entwicklung des Freistaates, Seite 55-56.

[21] Vgl. Brüggemann: Okkupation, Seite 63.

[22] Vgl. Gilly: Nationalstaat, Seite 134.

[23] Vgl. Brüggemann: Okkupation, Seite 63-64.

[24] Vgl. Uibopuu: Entwicklung des Freistaates, Seite 57.

[25] Vgl. Brüggemann: Okkupation, Seite 64.

[26] Vgl. Gilly: Nationalstaat, Seite 136.

[27] Vgl. Uibopuu: Entwicklung des Freistaates, Seite 58-59.

[28] Uibopuu: Entwicklung, Seite 59.

[29] Vgl. Tuchtenhagen: Baltische Länder, Seite 82.

[30] Artikel 10 des Völkerbundes ist im Anhang wiedergegeben.

[31] Vgl. Made, Vahur: In Search of Abstract Security: Estonia and the League of Nations. In: Estonian foreign policy at the cross-roads (= Kikimora publications Series B, 26). Hg. v. E. Medijainen; et al. Helsinki 2002, S. 25–42, Seite 26. Im Folgenden zitiert als: Made: Abstract Security.

[32] Vgl. Rönnefarth, Helmut (Hg): Konferenzen und Verträge. Ein Handbuch geschichtlich bedeutsamer Zusammenkünfte und Vereinbarungen. Freiburg 21979, Seite 92. Im Folgenden zitiert als: Rönnefarth: Konferenzen und Verträge.

[33] 1921 zwischen Schweden und Finnland und 1925 zwischen Griechenland und Bulgarien.

[34] Artikel 16 des Völkerbundes ist im Anhang wiedergegeben.

[35] Vgl. Ilmjärv, Magnus: Hääletu alistumine. Eesti, Läti ja Leedu välispoliitilise orientatsiooni kuju-nemine ja iseseisvuse kaotus. 1920. aastate keskpaigast anneksioonini. Tallinn 42010. Seite 420. Im Folgenden zitiert als: Ilmjärv: Hääletu alistumine.

[36] Vgl. Laur, Mati; et al.: Eesti ajalugu. Tallinn 1995, Seite 79. Im Folgenden zitiert als: Laur: Eesti ajalugu.

[37] Vgl. Artikel 16 des Völkerbundes.

[38] Vgl. Ilmjärv, Magnus: Nõukogude Liidu ja Saksamaa vahel. Balti riigid ja Soome 1934 – 1940 (= Tea-duste Akadeemia Kirjastus, 3). Tallinn 1993, Seite 44. Im Folgenden zitiert als: Ilmjärv: NL ja Saksamaa vahel.

[39] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 422.

[40] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 420-421.

[41] Vgl. Tuchtenhagen: Baltische Länder, Seite 85.

[42] Deutschland und die USA belieferten Italien weiter mit Kohle und Öl.

[43] Vgl. Ilmjärv: NL ja Saksamaa vahel, Seite 44.

[44] Bismarck 6.7.1938 in: Department of State: Documents on German Foreign Policy Ser. D Vol. V. Poland, The Balkans, Latin America, The Smaller Powers 1937-1939. Washington, 1953, Seite 578. Im Folgenden zitiert als: DGFP Ser. D Vol. V.

[45] Vgl. Ilmjärv: NL ja Saksamaa vahel, Seite 46.

[46] Vgl. Crowe, David: The Baltic States and the Great Powers. Foreign Relations, 1938 - 1940. Boulder 1993, Seite 7. Im Folgenden zitiert als: Crowe: The Baltic States.

[47] Vgl. Anderson, Edgar: The Baltic Entente: Phantom or Reality? In: The Baltic States in peace and war, 1917 - 1945. Hg. v. S. Vardys. University Park 1978, S. 126–135, Seite 131. Im Folgenden zitiert als: Anderson: The Baltic Entente.

[48] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 44.

[49] Vgl. Nies, Susanne: Lettland in der internationalen Politik (= Bonner Beiträge zur Politikwissenschaft, 6). Münster 1995, Seite 132. Im Folgenden zitiert als: Nies: Lettland.

[50] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[51] Brüggemann: Okkupation, Seite 66.

[52] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[53] Vgl. Anderson: The Baltic Entente, Seite 131.

[54] Vgl. Medijainen, Eero: Before and during the Year 1939. In: Estonian foreign policy at the cross-roads (= Kikimora publications Series B, 26). Hg. v. E. Medijainen; et al. Helsinki 2002, S. 93–112, Seite 96. Im Folgenden zitiert als: Medijainen: Before and during the Year 1939.

[55] Vgl. Ilmjärv, Magnus: Eesti välispolitika 1930. aastatel. In: Sõja ja rahu vahel. Eesti julgeoleku-poliitika 1940. aastani. Hg. v. T. Enn; et al. Tallinn 2004, S. 51–90, Seite 52. Im Folgenden zitiert als: Ilmjärv: Eesti välispoliitika.

[56] Im Vertrag von Suwalki wurde am 7. Oktober 1920 Vilnius dem Litauischen Staatsgebiet zugeordnet. Am 9. Oktober 1920, einen Tag vor Inkrafttreten des Abkommens überfielen polnische Truppen die Stadt und nahmen sie ein. Litauen brach die Beziehungen zu Polen daraufhin ab.

[57] Vgl. Anderson: The Baltic Entente, Seite 128.

[58] Vgl. Champonnois, Suzanne: The Baltic States as an Aspect of Franco-Soviet Relations 1919 - 1934. A Policy or Several Policies? In: Contact or isolation? Soviet Western relations in the interwar period; symposium; October 12 - 14, 1989, University of Stockholm (= Acta Universitatis Stockholmiensis, Studia Baltica Stockholmiensia, 8). Hg. v. J. Hiden. Stockholm 1991, S. 405–413, Seite 405. Im Folgenden zitiert als: Champonnois: Franco-Soviet Relations.

[59] Vgl. Champonnois: Franco-Soviet Relations, Seite 406.

[60] Vgl. Champonnois: Franco-Soviet Relations, Seite 405-406.

[61] Vgl. Champonnois: Franco-Soviet Relations, Seite 410.

[62] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 231.

[63] Vgl. Medijainen: Before and during the Year 1939, Seite 96.; Vgl. auch: Ilmjärv: Eesti välispoliitika, Seite 55.

[64] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 229.

[65] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 224.

[66] 1923 wurde das Memelland von Litauen besetzt. Die das Memelland zu dem Zeitpunkt verwaltende französische Garnison leistete keinen Widerstand und zog unverrichteter Dinge ab. Im Jahr darauf erfolgte die Annexion des, in „Klaipeda-Bezirk“ umbenannten Memellandes. Von den Siegermächten wurde Memel als Teil Litauens anerkannt. Das deutsch-litauischen Verhältnis blieb auf Grund dieser Vorkommnisse sehr angespannt.

[67] Vgl. Ilmjärv: Eesti välispoliitika, Seite 52-55.

[68] Vgl. Ilmjärv: Eesti välispoliitika, Seite 55.

[69] Vgl. Ilmjärv: Eesti välispoliitika, Seite 55.

[70] Ilmjärv: Eesti välispoliitika, Seite 55.

[71] Vgl. Ilmjärv: Eesti välispoliitika, Seite 55.

[72] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 236-237.

[73] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[74] Vgl. Crowe, David: The foreign relations of Estonia, Latvia, and Lithuania, 1938-1939. Michigan 1975. Im Folgenden zitiert als: Crowe: Foreign relations.

[75] Vgl. Medijainen: Before and during the Year 1939.

[76] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 239-240.

[77] Vgl. Medijainen: Before and during the Year 1939.

[78] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[79] Anderson: The Baltic Entente, Seite 130.

[80] Vgl. Anderson: The Baltic Entente, Seite 130.

[81] Vgl. Anderson: The Baltic Entente, Seite 130.

[82] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[83] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[84] Vgl. Anderson: The Baltic Entente, Seite 126.

[85] Vgl. Brüggemann: Okkupation, Seite 66.

[86] Vgl. Arumäe, Heino: At the crossroads. The Foreign Policy of the Republic of Estonia (= Perioodika). Tallinn 1983, Seite 46. Im Folgenden zitiert als: Arumäe: Crossroads.

[87] Vgl. Myllyniemi, Seppo: Die baltische Krise, 1938 – 1941 (= Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 38). Stuttgart 1979, Seite 17. Im Folgenden zitiert als: Myllyniemi: Baltische Krise.

[88] Vgl. Arumäe: Crossroads, Seite 53.

[89] Vgl. Myllyniemi: Baltische Krise, Seite 17.

[90] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 245.

[91] Vgl. Arumäe: Crossroad, Seite 62.

[92] Vgl. Arumäe: Crossroad, Seite 67-68.

[93] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 246.

[94] Vgl. Arumäe: Crossroads, Seite 68.

[95] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 246.

[96] Crowe: The Baltic States, Seite 23.

[97] Vgl. Crowe: The Baltic States, Seite 23.

[98] Vgl. Arumäe: Crossroads, Seite 66-67.

[99] Litauen stand dem Paktsystem von Beginn an wohlwollend gegenüber.

[100] Myllyniemi: Baltische Krise, Seite 18.

[101] Vgl. Myllyniemi: Baltische Krise, Seite 19.

[102] Vgl. Ilmjärv: Häälestu alistumine, Seite 350.

[103] Vgl. hierzu Kapitel 2.3.3.

[104] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 350-353.

[105] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 351.

[106] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 351-354.

[107] Anderson: The Baltic Entente, Seite 128.

[108] Vgl. Anderson: The Baltic Entente, Seite 128.

[109] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 45.

[110] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 346.

[111] Vgl. Ilmjärv: NL ja Saksamaa vahel, Seite 37.

[112] Vgl. Ilmjärv: Hääletu alistumine, Seite 347.

[113] Vgl. Ilmjärv, Magnus: Põhijooni Euroopa suurriikide välispolitikast Kirde-Euroopas 1930. aastate teisel poolel. In: Sõja ja rahu vahel. Eesti julgeolekupoliitika 1940. aastani. Hg. v. T. Enn; et al. Tallinn 2004, S. 5–51, Seite 50. Im Folgenden zitiert als: Ilmjärv: Põhijooni.

[114] Vgl. Medijainen: Before and during the Year 1939, Seite 98.

[115] Vgl. Crowe, David M., JR.: Great Britain and the Baltic States, 1938-1939. In: The Baltic States in peace and war, 1917 - 1945. Hg. v. S. Vardys. University Park 1978, S. 110–119, Seite 110. Im Folgenden zitiert als: Crowe (JR): Great Britain.

[116] Vgl. Medijainen, Eero: Võimalused ja valikud. In: Ajalooline Ajakiri 1 (2000), S. 5–48, Seite 45. Im Folgenden zitiert als: Medijainen: Võimalused.

[117] Vgl. Hinkkanen, Merja-Liisa: Bridge and Barriers, Pawns and Actors. The Baltic States in East- West Relations in the 1920s. In: Contact or isolation? Soviet Western relations in the interwar period; symposium; October 12 - 14, 1989, University of Stockholm (= Acta Universitatis Stockholmiensis, Studia Baltica Stockholmiensia, 8). Hg. v. J. Hiden. Stockholm 1991, S. 431–442, Seite 436. Im Folgenden zitiert als: Hinkkanen: Bridge and Barriers.

[118] Vgl. Medijainen: Before and during the Year 1939, Seite 98.

[119] Vgl. Hinkkanen: Bridge and Barriers, Seite 434.

[120] Vgl. Crowe (JR): Great Britain, Seite 111.

[121] Vgl. Hinkkanen: Bridge and Barriers, Seite 437.

[122] Vgl. Schmidt: Außenpolitik, Seite 41.

[123] Vgl. Nurek, Mieczyslaw: Great Britain and the Baltic in the last months of peace, March-August 1939. In: The Baltic and the outbreak of the Second World War. Hg. v. J. Hiden. Cambridge 1992, S. 21–49, Seite 22. Im Folgenden zitiert als: Nurek: Great Britain.

[124] Vgl. Medijainen: Before and during the year 1939, Seite 94.

[125] Vgl. Ilmjärv: Põhijooni, Seite 41.

[126] Vgl. Garleff: Baltische Länder, Seite 103.

[127] Vgl. Garleff: Baltische Länder, Seite 153.

[128] Frohwein aus Tallinn, zitiert bei: Myllyniemi: Baltische Krise, Seite 33.

[129] Vgl. Myllyniemi: Baltische Krise, Seite 34.

Ende der Leseprobe aus 128 Seiten

Details

Titel
Zwischen den Fronten: Die Rolle Estlands zwischen dem Hitler-Stalin-Pakt und dem Ende des Zweiten Weltkriegs im internationalen Kontext
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte)
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
128
Katalognummer
V197986
ISBN (eBook)
9783656241027
ISBN (Buch)
9783656241232
Dateigröße
1177 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Estland, Zweiter Weltkrieg, Zwischenkriegszeit, Hitler, Stalin, Pakt, Blauberge, Baltikum
Arbeit zitieren
Julia Rosche (Autor:in), 2011, Zwischen den Fronten: Die Rolle Estlands zwischen dem Hitler-Stalin-Pakt und dem Ende des Zweiten Weltkriegs im internationalen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197986

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