Lebenszyklus von Betriebsformen des Einzelhandels - Theoretische Formulierungen und Realität


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2011

32 Pages, Note: 1,3

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 THEORETISCHE FORMULIERUNGEN
2.1 DER BEGRIFF DES EINZELHANDEL
2.2 BETRIEBSFORMEN UND BETRIEBSFORMENWANDEL
2.3 DIE LEBENSZYKLUSHYPOTHESE

3 BETRIEBSFORMENWANDEL IN DER REALITÄT
3.1 BEEINFLUSSENDE FAKTOREN DES EINZELHANDELS
3.2 VOLLZOGENER BETRIEBSFORMENWANDEL IN DEUTSCHLAND
3.2.1 Tante- Emma- Läden und die ersten SB- Läden
3.2.2 Kauf- und Warenhäuser
3.2.3 Der Einzelhandel auf der ‚Grünen Wiese‘
3.2.4 Die Discounter
3.2.5 Fachgeschäft und Fachmarkt
3.2.6 Versand- und Onlinehandel
3.3 DIE AKTUELLE UND ZUKÜNFTIGE SITUATION DES EINZELHANDELS

4 SCHLUSSBETRACHTUNG: KANN DIE LEBENSZYKLUSHYPOTHESE DEN BETRIEBSFORMENWANDEL ERKLÄREN?

5 FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG:
ANHANG 1: SUMMARY
ANHANG 2: UNTERNEHMEN, BESCHÄFTIGTE UND UMSATZ IM HANDEL IN DEUTSCHLAND 2008 (AUSWAHL)
ANHANG 3: VERKAUFSFLÄCHE JE 1.000 EINWOHNER VON LEBENSMITTELDISCOUNTERN IN DEUTSCHLAND

1 Einleitung

Der Einzelhandel spielt in Deutschland eine bedeutende Rolle. Da er sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert hat, stellt sich die Frage, ob die Veränderungen des Einzelhandels gewisse Regelmäßigkeiten aufweisen, die es möglich machen, Entwicklungen für die Zukunft vorhersagen zu können.

Unter dem Schlagwort ‚Wandel im Handel‘ (vgl. u.a. Heinritz 1989: 15) wurden in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von wirtschaftsgeographischen und betriebswirtschaftlichen Analysen und Theorien zu diesem Thema verfasst. Dabei handelt es sich um den Versuch, den existierenden Betriebsformenwandel nach gewissen Gesetzen ordnen zu können, um die historischen Veränderungen zu verstehen und zukünftige Entwicklungen prognostizieren zu können. Eine dieser Theorien ist die sog. Lebenszyklushypothese von Betriebsformen, die in dieser Arbeit analysiert und bewertet werden soll.

Im ersten Teil der Arbeit wird die Bedeutung des Einzelhandles für die deutsche Wirtschaft herausgestellt, damit die Relevanz von Modellen und Theorien zur Entwicklung und zu Prognosen möglicher Veränderungen deutlich wird. Im Anschluss daran soll die Theorie des Lebenszyklus von Betriebsformen zunächst theoretisch erläutert werden. Im zweiten Teil wird dargestellt, wie sich der Betriebsformenwandel in Deutschland seit 1945 vollzogen hat. Diese Darstellung der realen Einzelhandelsstrukturen und deren Veränderungen ist notwendig, um im dritten Teil die Theorie der Lebenszyklushypothese an der Realität messen zu können. Schlussendlich soll die Frage beantwortet werden, ob die Lebenszyklushypothese den Betriebsformenwandel im Einzelhandel in Deutschland ausreichend darstellen und erläutern kann.

2 Theoretische Formulierungen

Im Folgenden werden zunächst die Begriffe des Einzelhandels, der Betriebsform und des Betriebsformenwandels erklärt. Auf dieser Basis wird dann die Lebenszyklushypothese erläutert.

2.1 Der Begriff des Einzelhandel

Der dieser Arbeit zugrunde liegende Begriff des Einzelhandels orientiert sich an Heinritz, der dem Handel als solchem die Mittlerfunktion „zwischen der Produktion und dem Verbrauch“ (Heinritz 2007: 699) zuschreibt, sodass grundlegende Entscheidungen v.a. bezüglich der Warenauswahl und der Preissetzung gefällt und somit sowohl die Produzenten als auch die Konsumenten direkt beeinflusst werden.

Der Einzelhandel spielt, wie anfangs schon gesagt, in Deutschland eine bedeutende Rolle. Dabei ist er wesentlich mehr als nur „Mittler zwischen der Produktion und dem Verbrauch“ (Gebhardt 2007: 699). Zum Einen ist er einer der bedeutendsten Dienstleistungszweige der deutschen Wirtschaft, denn rund 2,9 Millionen Beschäftigte arbeiteten im Jahr 2008 im Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) (vgl. Anhang 1). Mit 401 Milliarden Euro Umsatz (vgl. BDE) erwirtschaftete er im Jahr 2009 über 10 % des Bruttonationaleinkommens Deutschlands (Kulke 2010: 217).

Zum Anderen werden die Attraktivität von Städten im Allgemeinen und Innenstädten im Besonderen von den Bürgern oftmals über den Handelsbesatz bewertet und die Standortpolitik der Kommunalpolitik wird vor allem durch Ansiedlungen von Einzelhandelsunternehmen wahrgenommen. Außerdem gestaltet der Einzelhandel Stadtstrukturen, Verkehrsverflechtungen und Zentrensysteme (vgl. Kulke 2010: 217). „Der Einzelhandel ist [also] nicht nur ein wirtschaftlich bedeutender Bereich, sondern besitzt auch eine große strukturelle und räumliche Dynamik“ (Klein 2010: 230).

In Deutschland zählen zu dem Begriff des Einzelhandels solche Betriebe, „die ihren Umsatz zumindest überwiegend durch Beschaffung und Absatz von beweglichen Sachgütern erzielen“ (Heinritz 2007: 699), wobei die Kunden des Einzelhandels vor allem „private Haushalte“ (Rossmann et al. 2006: 2) sind. Dieser steht im Gegensatz zum Großhandel, der diel„Handelswaren vorwiegend an Unternehmen, Körperschaften u.Ä.“ (ebd.)verkauft.

Der Einzelhandel ist nach Kulke unter die sog. „Anbieterbasierten Dienste“ (Kulke 2008: 140) einzugruppieren, unter denen zu verstehen ist, dass der Nachfrager (hier also der Konsument) die Angebotsstandorte des Dienstleisters (in unserem Falle das Einzelhandelsgeschäft) besucht (vgl. Kulke 2008:140).

Nach Kulke lässt sich der Einzelhandel durch das Gliederungssystem der Dienstleistungen nochmals teilsystematisch aufteilen, wobei er unterschiedet zwischen

a) der Qualität: - z.B. Discounter, Fachgeschäften

b) der Fristigkeit des Angebots: - kurzfristig (z.B. Lebensmitteleinzelhandel)
- mittelfristig (z.B. Bekleidungseinzelhandel)
- langfristig (z.B. Möbeleinzelhandel)

Außerdem wird der Einzelhandel als konsumorientierter Dienst für die Versorgung der Konsumenten (vgl. Kulke 2008:142) nach den jeweiligen funktionalen Merkmalen gegliedert.

Diese unterschiedlichen Strukturierungsmöglichkeiten verdeutlichen, dass es sich bei dem Begriff des Einzelhandels um ein komplexes und vielschichtiges Dienstleistungsgebiet handelt.

Außerdem lassen sich die unterschiedlichen Formen des Einzelhandels in verschiedene Betriebsformen einteilen.

2.2 Betriebsformen und Betriebsformenwandel

Unter einer Betriebsform versteht Kulke die „typische Kombination von Merkmalen- v.a. Größe, Bedienungsform, Sortiment, Preisniveau- von Ladengeschäften“ (Kulke 1998: 166). Klein weitet diese Definition auf „die Zusammensetzung aller Unternehmenskonzeptionen […aus], die hinsichtlich der Handlungs- und Organisationsform übereinstimmen“ (Klein 1997: 500).

Einzelhandelsbetriebe stehen unter einem ständigen Wettbewerbsdruck und müssen deshalb versuchen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Zudem ändern sich regelmäßig „die Sortiments- (Breite und Tiefe), Kosten- (z.B. Personal, Raum) und Marktbedingungen (z.B. Nachfragepräferenzen)“ (Kulke 2010: 219). Eggert spricht heute sogar von einem neu entstandenen „Hyperwettbewerb“ (Eggert 2006: 41), welcher Jahr für Jahr die Dynamik im Betriebsformenwandel verschärft. Dies führt dazu, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Branchen im Einzelhandel immer mehr verschwimmen (vgl. Heinritz:2007: 700; Eggert 2006: 41).

Daraus resultiert, dass Einzelhandelsbetriebe versuchen müssen, durch Innovationen, Verbesserungen und/ oder neue Kombinationen der Merkmale des Einzelhandelsbetriebes (siehe oben) ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Damit ändern sich die Betriebsformen und es entstehen durch ständig neue und innovative Kombination der verschiedenen Merkmale, der Handlungs- und der Organisationsformen von Einzelhandelsunternehmen neue Betriebsformen.

Dabei kann dieser Betriebsformenwandel unterschiedliche Ursachen haben.

So kann eine neue Betriebsform auf den Markt drängen, die etwas Innovatives vorweist. Dabei handelt es sich um eine Innovation, die eine völlig neue Betriebsform hervorbringt (vgl. Dicken 2007: 74 f.).

Außerdem kann die Weiterentwicklung bestehender Unternehmen durch eine „Neubestimmung von Sortiment, Bedienung und Preis“ (Klein 1997: 500) erfolgen. In Folge dessen kann durchaus auf bestehende Standorte zurückgegriffen werden und der Betriebsformenwandel vollzieht sich innerhalb einer Betriebsform.

Bei dem Betriebsformenwandel handelt es sich somit um eine vom Handel selbst entwickelte, gesteuerte und beeinflussbare Form des ‚Wandels im Handel‘. Der Handel wird im Wesentlichen von den drei Akteuren der Angebots- und Nachfrageseite sowie der Seite der räumlichen Planung der verschiedenen Gebietskörperschaften (vgl. Kulke 2010: 218) beeinflusst. Der Wandel des Einzelhandels kann daher auch aus diesen drei verschiedenen Sichtweisen analysiert und bewertet werden. In der Literatur wird vor allem zwischen den Entwicklungen der Nachfrageseite (auch Konsumentenverhalten, Handelsexogene Einflüsse) und den Entwicklungen auf der Angebotsseite (auch Akteursverhalten, Handelsendogene Einflüsse) unterschieden (vgl. u.a. Gebhardt 2007; Kulke 2010; Heinritz et al. 2003).

Ob eine neue Betriebsform, die der Handel entwickelt hat, nun auf dem Markt erfolgreich ist, wird v.a. von der Nachfrageseite bestimmt (vgl. Kap. 3).

In der deutschen Einzelhandelsgeschichte ab 1945 lässt sich ein bedeutender und dynamischer Betriebsformenwandel feststellen. Für die Wissenschaft und v.a. für die Wirtschaft ist es von großer Bedeutung, diesen Wandel zu beschreiben und Regelmäßigkeiten festzustellen, um Aussagen über mögliche zukünftige Entwicklungen treffen zu können. Dazu wurden verschiedene Hypothesen aufgebaut. Eine davon ist die sog. Lebenszyklushypothese, die im Folgenden erläutert werden soll.

2.3 Die Lebenszyklushypothese

Klein veranschaulicht am Beispiel der Krise des Warenhauses den Betriebsformenwandel. Dabei stellt er die Entwicklung der Anzahlen der Warenhäuser der Anzahl der SB- Warenhäuser und Verbrauchermärkte im Zeitverlauf von knapp 45 Jahren gegenüber (VGL ABB. 1) und schließt daraus, dass die gegenübergestellten Anzahlen der Warenhäuser und Verbrauchermärkte „einen Lebenszyklus der Betriebsformen nahelegen“ (Klein 1997: 500).

Abbildung 1: Warenhaus und VB- Markt/ SB- Warenhaus- Entwicklung seit 1950 (alte Bundesländer)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Klein 1997: 499.

Die Grundannahme der Lebenszyklushypothese besagt- in Anlehnung an den Produktlebenszyklus in der Industriegeographie- dass „jede Betriebsform nur eine begrenzte Lebensdauer besitzt, innerhalb welcher sie einen charakteristischen Marktanteilszyklus durchläuft“ (Kulke 2008: 166). Eine Betriebsform ist also „einem natürlichen Alterungsprozess unterworfen“ (Heinritz et al. 2003: 50).

Die Lebenszyklushypothese besteht dabei aus vier oder in der Literatur zum Teil auch fünf (vgl. Heinritz et al. 2003: 50) Phasen. Im Folgenden sollen die vier Phasen nach Kulke kurz dargestellt werden (vgl. Abb. 2):

- Entstehungs- und Experimentierphase: Zu Beginn einer neuen Betriebsform wird versucht, diese auf dem Markt zu etablieren. Dabei ist die „Zahl der Einheiten dieser Betriebsform […] noch sehr gering“ (Kulke 2008: 166). Die neue Betriebsform weist oftmals eine bessere Anpassung an die Marktbedingungen auf (vgl. Kulke 2010:219), da sie im Vergleich zu etablierten, älteren und größeren Betriebsformen aufgrund ihrer relativ geringen Anzahl und ihrer Neuartigkeit besser auf Marktgegebenheiten und -veränderungen reagieren kann.

Wenn der Markt (also hier v.a. der Konsument) die neue Betriebsform nicht annimmt, wird diese nicht weitergeführt. Bei einer Markakzeptanz hingegen gelangt die Betriebsform bei einer Marktakzeptanz in die

- Aufstiegs-/ Expansionsphase. Wie der Name schon besagt, expandiert die neue Betriebsform in dieser Phase. Es kommt zu starken Umsatzgewinnen und die „neue Betriebseinheit [ersetzt] häufig ältere Typen, welche das gleiche Marktsegment versorgten“ (Kulke 2008: 167). Die Lebenszyklushypothese geht davon aus, dass die neue Betriebsform nicht unendlich wachsen kann. Ihre maximale Bedeutung erfährt sie in der
- Reifephase. Hier wird der Höhepunkt des Marktanteils und des Gesamtumsatzes der Betriebsform erreicht, bis es zu der
- Rückbildungsphase kommt, in der wiederum die nun gealterte Betriebsform „durch neue Betriebsformen, welche besser den veränderten Angebots- und Nachfragebedingungen entsprechen“ (Kulke 2008:267 ff.), ersetzt wird.

Abbildung 2: Lebenszyklus von Betriebsformen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kulke 2008: 166.

Die logische Konsequenz dieser Theorie wäre, wie auch in der Abbildung 2 angedeutet und im Produktlebenszyklus beschrieben, das Verschwinden der Betriebsform nach einer relativen Zeit. Klein stellt folgendes jedoch heraus: „Je größer der Organisations- und Kooperationsgrad der beteiligten Unternehmen ist, desto wahrscheinlicher wird der Versuch, die Lebensdauer zu verlängern“ (Klein 1997: 501). Somit muss im Lebenszyklus einer Betriebsform „nicht das Verschwinden der Betriebsform stehen“ (Klein 1997: 501). Wie bereits in Kapitel 2.1 erwähnt, kann auch eine „Neubestimmung von Sortiment, Bedienung und Preis“ (Klein 1997: 500) den Lebenszyklus von Betriebsformen erheblich beeinflussen (vgl. auch Kapitel 2.1, v.a. S. 5), aussetzen oder sogar auf bereits vollzogene Lebenszyklusformen zurückführen.

[...]

Fin de l'extrait de 32 pages

Résumé des informations

Titre
Lebenszyklus von Betriebsformen des Einzelhandels - Theoretische Formulierungen und Realität
Université
RWTH Aachen University  (Geographisches Institut)
Note
1,3
Année
2011
Pages
32
N° de catalogue
V198193
ISBN (ebook)
9783656243458
ISBN (Livre)
9783656252559
Taille d'un fichier
1992 KB
Langue
allemand
Mots clés
Einzelhandel;, Handel;, Lebensformen;, Lebenszyklus;, Betriebsformen;, Discounter, Fachgeschäft, Supermarkt
Citation du texte
Anonyme, 2011, Lebenszyklus von Betriebsformen des Einzelhandels - Theoretische Formulierungen und Realität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198193

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