Adelsorganisation und ständische Korporationen bis 1806

Stellte der Reichsständische Adel eine homogene Gemeinschaft dar?


Seminararbeit, 2010

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Adel als historische Führungsschicht – einleitende Betrachtungen

2. Der Reichsständische Adel in einer ständischen Gesellschaft

3. Der differenzierte Reichstag

4. Die Reichsgrafen als Zwischenschicht
4.1 Die Grafenvereine
4.1.1 Ausformung der Kuriatstimme am Beispiel des Wetterauer Grafenvereins
4.1.2 Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges
4.1.3 Das Niederrheinisch-westfälische Reichgrafenkollegium
4.2 Die Abgrenzung der Reichsgrafen
4.3 Nobilitierung und Mediatisierung als existenzbedrohender Faktor

5. Abschließende Gedanken

Verzeichnis verwendeter Literatur

1. Der Adel als historische Führungsschicht – einleitende Betrachtungen

Mit der Erkenntnis der politischen Unmündigkeit und den Gedanken der Aufklärung, welche über demokratische Entwicklungen bis zur Gleichheit aller vor dem Gesetz führten, gingen nicht nur gesamtgesellschaftlich-politische Tendenzen, sondern auch gruppenspezifische Änderungserscheinungen einher. Heute etablierte Eliten prägen sich durch persönliche Leistungen und Engagement, wodurch sich eine Durchlässigkeit beschreiben lässt, die im Sinne der modernen demokratischen Grundordnung steht. Doch im gleichen Zuge nahm das Interesse für Eliten vergangener Jahrhunderte stark ab, was sich wohl vor allem mit einer Umwertung der Werte - um Nietzsche zu bemühen - begründen lässt, und einem im modernen Sinne nach vorne gerichteten Blick. Doch die Auseinandersetzung mit einstigen Privilegierten birgt ein aufkommendes Verständnis für die Entwicklung zur modernen Gesellschaft.

Der Adel als sozial abgegrenzter Stand, der durch seine Rolle in einer gottgegebenen Ordnung eine gleichsam privilegierte Funktion in der Politik und Gesellschaft der Frühen Neuzeit einnahm und somit bedeutenden Einfluss ausübte, wusste nach mit Blick auf die Wirkung nach außen wie auch innerhalb der eigenen Reihen zu agieren.[1]

Hierbei hat die moderne Adelsforschung ihre Entwicklung zur Sozialgeschichte gefunden.[2] Die Führungsgeschichte der Frühen Neuzeit, vor allem im Alten Reich, hat durch Volker Press, Georg Schmidt, Ronald G. Asch, Lothar Gall sowie Johannes Arndt und Walter Demel eine wissenschaftliche Untersuchung gefunden, welche sich durch detailierte Aspekte der Geschichtsforschung zu einem Bild des Adelsforschung zusammentragen lässt.

So sollen in dieser Arbeit weniger Monographien, sondern vielmehr Aufsätze der benannten Historiker Verwendung finden, welche im Verzeichnis verwendeter Literatur einzusehen sind. Einer allgemeinen didaktischen Darlegung des Reichsständischen Adels in einer ständischen Gesellschaft folgen der differenzierte Reichstag und eine speziellere Betrachtung seiner Mitglieder. Weiterführend soll auf die Reichsgrafen als Zwischenschicht sowie deren Ausformung und Abgrenzungsbestrebungen eingegangen werden. Das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen mit Blick auf die Folgen für den Adel soll das Bild vollenden. Abschließend soll die Frage beantwortet werden, ob der Reichsständische Adel eine homogene Gemeinschaft war.

2. Der Reichsständische Adel in einer ständischen Gesellschaft

Der Lebensweg im Alten Reich war durch das Prinzip der Geburtsständigkeit stark vorgeschrieben. So bestimmte der Stand nicht nur über den Beruf, sondern ebenso über die Rechtsstellung und eventuelle Zugehörigkeit zu einer ständisch-kooperativen Ordnung.[3]

Diese ständische Gesellschaft wurde vor allem durch die ersten beiden Stände geformt: dem Adel und der Geistlichkeit. Die Undurchlässigkeit dieses Systems führte zu einer Aneignung von Privilegien dieser Stände, welche sich auch in der Ämterbesetzung der katholischen Geistlichkeit zeigte.[4] Der ständische Adel ist schon hier durch das besonderes Merkmal der Korporation zur politischen Partizipation als „erbliche Herrschaftselite“[5] hervorzuheben, was ihn zusammen mit seiner inneren Starre und der daraus resultierenden Teilung zwischen Hoch- und Niederadel einmalig machte.[6] Die stark heraus geprägte Hierarchie[7] verdeutlichte sich weiter in der ausgeübten Politik der homogenen adligen Führungsschicht[8], welche seit der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts eine soziale und politische Funktion ausübte, die sie bis ins ausgehende 18.Jahrhundert inne haben sollte.[9]

Die politische Mitsprache der Adligen entwickelte sich aus der Vermehrung monarchischer Machtansprüche, so vor allem der Steuererhebung, und zum Schutze vor Eingriffen in deren privilegierte Rechte. Somit entstand ein Machtblock, welcher gegenüber dem Regierenden politische Ansprüche zu stellen in der Lage war. Diese Versammlung, stellte eine Körperschaft dar, welche im Deutschen Reich, aufgrund einer besonderen Verfassungsstruktur, auf zwei Ebenen entstand. Der Ebene des Reiches wurde durch den Reichstag entsprochen, der seit 1521 durch eine Reichsmatrikel eine geschlossene Gruppe bildete.[10] Dieser setzte sich aus Landesherren zusammen, die als Reichsstände politisch partizipierten.[11]

3. Der differenzierte Reichstag

Ein somit erzieltes „kooperatives Recht der Mitsprache bei der Ausübung der fürstlichen Regierungsgewalt“[12] durch die Reichstände war das Resultat eines im 15.Jahrhundert Gestalt angenommenen Reichstages. Dieser gliederte sich in drei Kurien: den Kurfürstenrat, der Reichsfürstenrat und das Reichstädtekollegium. Seit der Regulierung des Wahlverfahrens 1356 kam den Kurfürsten – die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, sowie die weltlichen Kurfürsten von Böhmen, Pfalz, Sachsen und Brandenburg, 1623/48-1777 Bayern, seit 1692/1708 Hannover[13] - das Recht der Königswahl zu. Ferner herrschte ein katholisches Übergewicht. Die Kurfürsten agierten 1257 erstmals nachweislich als geschlossene Gruppe. Die Goldene Bulle garantierte dieser ab 1356 eine Unteilbarkeit der Kurlande sowie privilegierte Münz- und Zollrechte.[14]

Der Reichsfürstenrat setzte sich aus verschiedenen Herrschaftsträgern zusammen.[15] Geistliche sowie weltliche Fürsten und reichsunmittelbare Grafen besaßen ein persönliches Stimmrecht, die Virilstimme. Nicht die Reichstandschaft besitzende weltliche Herrscher dieser Kurie vereinigte sich in zwei, später vier Grafen-, geistliche in eine Schwäbische und eine Rheinische Prälatenbanken, da jeder Bank eine Kuriatsimmen zufiel, wobei diese gleich einer Virilstimme zählte.[16] Ebenso bildeten die Freien Reichsstädte mit der Rheinischen und der Schwäbischen Bank zwei Kollegien.[17]

[...]


[1] Vgl. Gall, Lothar: Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft, =Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 25, München 1993, S.4.

[2] Vgl. Endres, Rudolf: Adel in der Frühen Neuzeit, =Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 18, München 1993, S. 49.

[3] Vgl. Gall: [FN1], S.3.

[4] Vgl. Ebd.: S.10-11.

[5] Vgl. Demel, Walter: Der Adel im Reich bzw. in Deutschland aus europäischer Perspektive, In: Martina Schattkowsky (Hg.), Die Familie Bünau. Adelsherrschaft in Sachsen und Böhmen vom Mittelalter bis zur Neuzeit, =Schrift zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, Bd. 27, Leipzig 2008, S.51.

[6] Vgl. Ebd.: S.45-46.

[7] Vgl. Gall: [FN1], S.33.

[8] Vgl. Ebd.: S.36.

[9] Vgl. Asch, Ronald G.: Ständische Stellung und Selbstverständnis des Adels im 17. Und 18.Jahrhundert, In: Ders. (Hg.):Der europäische Adel im Ancien Regime. Von der Krise der ständischen Monarchie bis zur Revolution (1600-1789), Köln 2001, S. 16.

[10] Vgl. Demel, Walter: Der Europäische Adel, München 2005, S.79.

[11] Vgl. Sikora, Michael: Der Adel in der Frühen Neuzeit, Darmstadt 2009, S. 42.

[12] Asch, Ronald G.: Europäischer Adel in der Frühen Neuzeit. Eine Einführung, Köln 2008, S.85.

[13] Vgl. Demel: [FN10], Der Europäische Adel, S.78.

[14] Vgl. Müller, Helmut M.: Schlaglichter der deutschen Geschichte, Bonn 2007, S.72-73.

[15] Vgl. Sikora: [FN11], S.46.

[16] Vgl. Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Erster Band. Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700-1815, München 1987, S.140-141.

[17] Vgl. Müller: [FN14], S.76.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Adelsorganisation und ständische Korporationen bis 1806
Untertitel
Stellte der Reichsständische Adel eine homogene Gemeinschaft dar?
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Die Welt des Adels
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V198225
ISBN (eBook)
9783656242918
ISBN (Buch)
9783656246817
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Adel, Reichsständischer Adel, Walter Demel, Adelsorganisation, ständische Korporation, Absolutismus
Arbeit zitieren
Eric Kresse (Autor:in), 2010, Adelsorganisation und ständische Korporationen bis 1806, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198225

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