In meiner Arbeit möchte ich mich mit der narrativen Unzuverlässigkeit, dem sogenannten „unzuverlässigem Erzählen“ im Film auseinandersetzten. Daher werde ich zunächst die Theorie dieser Erzählform näher beleuchten. Um diese Art der Filmnarratologie in eine Praxis zu betten, werde ich folgend den Film „Die üblichen Verdächtigen“ (im Original „the Usual Suspects“) vorstellen und ihn aufgrund der Theorie analysieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Unzuverlässiges Erzählen
3. „Die üblichen Verdächtigen“ - Handlung
4. Unzuverlässiges Erzählen in „Die üblichen Verdächtigen“
5. Fazit
6. Literatur
1. Einleitung
In meiner Arbeit möchte ich mich mit der narrativen Unzuverlässigkeit, dem sogenannten „unzuverlässigem Erzählen“ im Film auseinandersetzten. Daher werde ich zunächst die Theorie dieser Erzählform näher beleuchten. Um diese Art der Filmnarratologie in eine Praxis zu betten, werde ich folgend den Film „Die üblichen Verdächtigen“ (im Original „the Usual Suspects“) vorstellen und ihn aufgrund der Theorie analysieren.
2. Das unzuverlässige Erzählen
Der Begriff „unzuverlässiges Erzählen“ stammt aus der Literaturwissenschaft und ist besonders in der Zeit der Romantik ein beliebtes Stilmittel gewesen. Der Erzähler, sei es in der Literatur oder im Film, erhebt einen gewissen Anspruch auf Wahrheit in seiner fiktionalen Welt. Kann er diesem Anspruch nicht gerecht werden und seine Aussagen und Schilderungen sind als nicht korrekt oder nur teilweise korrekt anzusehen, so spricht man von unzuverlässigem Erzählen.
Der Begriff des unzuverlässigen Erzählens bzw. des unzuverlässigen Erzählers wurde von Wayne C. Booth im Jahre 1961 erstmals geprägt. Dabei sieht Booth eine Unzuverlässigkeit der Erzählinstanz als gegeben, wenn diese Werte und Normen transportiert, die nicht mit denen des impliziten Autors übereinstimmen. (vgl. Nünning, 1998, 8)
Das Konzept von Booth ist jedoch umstritten und diverse andere Definitionen sind entwickelt worden. So versucht Nünning zu definieren, indem er sagt, dass er unzuverlässiges Erzählen als ein Phänomen der Interaktion zwischen Erzählung und Rezipient sieht. Der Zuschauer/ Leser empfängt die Werte- und Normvorstellungen des Erzählers und gleicht sie mit seinen eigenen ab. Danach ist es jedem Rezipienten frei gestellt, wie er, in diesem Fall, den Film und die Informationen einordnet und wiederum bewertet. So erhält jeder Film, je nach Betrachter und seinem persönlichem Hintergrund, eine Variation und ist keine absolute Größe. (vgl. Nünning, 1998, 15ff)
In der Forschung und Theorie der Narratologie wird in dem Zusammenhang auch von Fokalisierung gesprochen. Fokalisierung beschreibt den Zustand, aus welcher Sicht ein Geschehen erzählt wird. Nach Gérard Genette unterscheidet man zwischen Nullfokalisierung (der Erzähler und damit auch der Rezipient weiß mehr als die Figur), externer Fokalisierung (die Figur weiß mehr als der Erzähler) und interner Fokalisierung (gleicher Wissensstand). (vgl. Martinez, 1999, 64)
Addierend zu diesen Instanzen kommt in Filmen noch die audio-visuelle Ebene dazu und wird als weitere Instanz betrachtet. Je nach Bindung an eine Figur, kann also von persönlicher (figurengebunden) und unpersönlicher (nicht figurengebunden) Instanz gesprochen werden. (vgl. Liptay, 2005, 134) Helbig betont, dass „zahlreiche Fälle von Unzuverlässigkeit darauf beruhen, dass eine scheinbar unpersönliche Fokalisierung in Wahrheit figurengebunden ist.“ (Liptay, 2005, 134)
Eine weitere Differenzierung findet in der Form der Unzuverlässigkeit statt. Hier wird zwischen der normativ-ideologischen Unzuverlässigkeit (die Normen des Erzählers decken sich nicht mit denen der/des Geschichte/Textes) und der faktisch- mimetischen Unzuverlässigkeit (Sachverhalt wird nicht korrekt wiedergegeben) unterschieden. Wird die Realität durch die Erzählerinstanz nicht korrekt wiedergegeben, liegt es entweder an der eingeschränkten Kommunikativität (mangelnde quantitative Aussagen des Erzählers) oder an der eingeschränkten Authentizität (mangelnder Wahrheitsgehalt der Aussagen). (vgl. Liptay, 2005, 135)
Meist wird in Filmen ein homodigetischer Erzähler eingesetzt, der selber eine Figur in der Geschichte darstellt. Selten gibt es auch den heterodigetischen Erzähler, der zwar auch im voice-over Verfahren die Geschichte anleitet, doch selber keine aktive Rolle in dem Film inne hat.
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- Eva Schröder (Autor), 2012, Unzuverlässiges Erzählen in "Die üblichen Verdächtigen", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198696