Harmonisierung der Rechnungslegung: Der Lösungsansatz der informationsorientierten Kapitalerhaltung


Bachelor Thesis, 2012

67 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2. Grundlagen des Jahresabschlusses
2.1 Funktionen des Jahresabschlusses
2.2 Jahresabschlussadressaten
2.3 Grundlegende Unterschiede zwischen HGB und IFRS
2.3.1 Bilanzierungsziele und -zwecke
2.3.2 Prinzipien der Rechnungslegung

3. Notwendigkeit zur Entwicklung neuer Rechnungslegungskonzepte
3.1 Defizite bisheriger Rechnungslegungskonzepte
3.2 Gründe zur Standardisierung / Harmonisierung der Rechnungslegung

4. Lösungsansätze zur Berücksichtigung der Informations- und Kapitalerhaltungsfunktion
4.1 IFRS-Abschluss zuzüglich Solvenztest
4.2 Konzept der informationsorientierten Kapitalerhaltung

5. Betrachtung der Kapitalerhaltung
5.1 Die Kapitalerhaltung unterstützenden GoB
5.1.1 Das Vorsichtsprinzip
5.1.2 Das Realisationsprinzip
5.1.3 Das Imparitätsprinzip
5.2 Umsetzung der Kapitalerhaltung im Konzept der informationsorientierten Kapitalerhaltung
5.2.1 Anlagevermögen
5.2.2 Umlaufvermögen
5.2.3 Schulden

6. Anwendungsbeispiele im Konzept der informationsorientierten Kapitalerhaltung
6.1 Bilanzierung von Grundstücken
6.1.1 Bilanzierungsmethoden gemäß HGB und IFRS
6.1.2 Grundstücke in der informationsorientierten Kapitalerhaltung
6.2 Bilanzierung von langfristigen Fertigungsauftr ä ge
6.2.1 Bilanzierungsmethoden gemäß HGB und IFRS
6.2.2 Bilanzierungsmethoden zur Kapitalerhaltung
6.2.3 Informationsorientierte Bilanzierungsmethode
6.2.4 Langfristige Fertigungsaufträge in der informationsorientierten Kapitalerhaltung.
6.3 Bilanzierung von Mitarbeiter Know-how 48
6.3.1 Grundlagen zur Bilanzierung von Mitarbeiter Know-how
6.3.2 Anwendungsbeispiel zum Mitarbeiter Know-how

7. Betrachtung des Ergebnisausweises insbesondere latenter Gewinne

8. Abschließende Würdigung
8.1 Kritische Beurteilung der informationsorientierten Kapitalerhaltung
8.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1 Die Bedeutung der Rechnungslegungsfunktionen im HGB und in den IFRS

Abb. 2.2 Grundprinzipien der Rechnungslegung nach IFRS

Abb. 3.1 Ursachen stiller Reserven in der handelsrechtlichen Rechnungslegung

Abb. 3.2 IFRS-Rechnungslegung in Deutschland

Abb. 4.1 Veranschaulichung der informationsorientierten Kapitalerhaltung

Abb. 5.1 Wirkung des Imparitätsprinzips - Beispiel Vorratsvermögen

Abb. 6.1 Ergebniswirksamkeit von Wertveränderungen im revaluation model

Abb. 6.2 Zahlenbeispiel Grundstücke

Abb. 6.3 Zahlenbeispiel completed contract-Methode mit Selbstkostenansatz

Abb. 6.4 Zahlenbeispiel percentage of completion-Methode

Abb. 6.5 Zahlenbeispiel informationsorientierte Kapitalerhaltung - Periode 01

Abb. 6.6 Zahlenbeispiel informationsorientierte Kapitalerhaltung - Periode 02

Abb. 6.7 Zahlenbeispiel informationsorientierte Kapitalerhaltung - Periode 03

Abb. 6.8 Zahlenbeispiel Mitarbeiter Know-how

Abb. 6.9 Zahlenbeispiel Mitarbeiter Know-how - 1. und 2. Jahr

Tabellenverzeichnis

Tab. 4.1 Finanzplan des Solvenztestes

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Welt rückt immer mehr zusammen, denn weltweite Handelsbarrieren werden aufgegeben, Handelsbeziehungen erstrecken sich über die ganze Erde und beinahe alle Teile der Erdkugel sind miteinander über neueste Telekommunikationstechnologien vernetzt. Das alles sind Merkmale der Globalisierung, die seit einigen Jahren verstärkt voranschreitet. Sie birgt neue Chancen und zahlreiche Wachstumsmöglichkeiten für Unternehmen, aber zugleich geht ein intensiverer Wettbewerb mit ihr einher.

Auch vor der Rechnungslegung der Unternehmen macht die daraus folgende Internationalisie- rung nicht Halt. Dies drückt sich insbesondere in der wachsenden Bedeutung internationaler Rechnungslegungskonzeptionen wie den International Financial Reporting Standards (IFRS) aus. Nationale Systeme wie das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) werden immer mehr ins Abseits gedrängt. Dadurch befinden sich auch die seit 1967 europaweit harmonisierten Vor- schriften zur Aufbringung und Erhaltung eines festen Kapitals unter Berücksichtigung eines gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitals als Grundlage der bilanziellen Kapitalerhaltung in Gefahr. Der Kapitalschutz sollte hauptsächlich in haftungsbeschränkten Unternehmen die Gläubiger vor zu hohem Kapitalabfluss schützen. 1

Mit der EU-Verordnung Nr. 1606/2002 im Juli 2002 wurde die Internationalisierung der Rech- nungslegung maßgeblich vorangetrieben. Sie schreibt seit 2005 kapitalmarktorientierten Mut- terunternehmen verpflichtend vor, ihren Konzernabschluss auf Basis der IFRS aufzustellen. 2 Charakteristisch für die IFRS ist ihre Investororientierung zur Bereitstellung entscheidungsnütz- licher Informationen, welche grundsätzlich nicht mit dem nationalen Kapitalerhaltungssystem in Einklang zu bringen sind. Viele Fachleute haben über die Vorzüge und die Nachteile der beiden Konzeptionen diskutiert. Letztlich ist m.E. jedoch eine Lösung anzustreben, die sowohl den Investoren als auch den Gläubigern, oder besser zugleich der Bereitstellung entscheidungs- nützlicher Informationen und der Einhaltung der Kapitalerhaltung gerecht wird. Denn nur auf diese Weise können kapitalmarktorientierte Unternehmen von der Belastung durch die Aufstel- lung zweier Jahresabschlüsse, denen unterschiedliche Vorschriften (HGB und IFRS) zugrunde liegen, befreit werden. Zurzeit müssen diese Unternehmen in Deutschland einen Einzelab- schluss nach HGB und den Konzernabschluss nach IFRS aufstellen.

Die vorliegende Arbeit wird die Wichtigkeit der Integration der Informationsorientierung und der Kapitalerhaltung in einem einzigen Jahresabschluss darlegen, Lösungsvorschläge aufzeigen und die präferierte Lösung der informationsorientierten Kapitalerhaltung genauer betrachten.

1.2 Gang der Untersuchung

Zum Einstieg dieser Arbeit werden die Grundlagen zum allgemeinen Verständnis des Themas gelegt. Die Frage, wozu und für wen ein Jahresabschluss aufgestellt wird, wird geklärt. Die Ad- ressaten des Jahresabschlusses haben verschiedene Interessen, die teilweise nicht miteinan- der vereinbar sind. Dementsprechend haben sich unterschiedliche Rechnungslegungskonzepti- onen entwickelt, die durch deren Hauptinteressensgruppen maßgeblich geprägt sind. Dadurch lassen sich auch die grundlegenden Unterschiede bezüglich Bilanzierungsziele und -zwecke sowie zwischen den Rechnungslegungsprinzipien des HGBs und der IFRS erklären.

Nachfolgend werden neben den bereits in der Problemstellung genannten Gründen weitere Argumente für die Entwicklung neuer Rechnungslegungskonzepte dargelegt. Diese bestehen sowohl aufgrund der Defizite der bisherigen Konzepte als auch aufgrund der Wichtigkeit zur Harmonisierung der Rechnungslegung.

Das 4. Kapitel entwickelt zwei Lösungsvorschläge, die sowohl der Kapitalerhaltung als auch der Informationsfunktion innerhalb eines Jahresabschlusses Beachtung schenken. Seit einiger Zeit wird der Solvenztest diskutiert, der neben dem informationsorientierten IFRS-Abschluss für eine Ausschüttungsbegrenzung der Gewinne sorgen soll. Eine weitaus bessere Lösung stellt das Konzept der informationsorientierten Kapitalerhaltung dar, welches in der Bilanz informationso- rientierte Ansätze vorsieht, aber zugleich in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) nur reali- sierte Gewinne zulässt.

Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet der Gewinnausweis der informationsorientier- ten Kapitalerhaltung, weshalb zugleich die Kapitalerhaltung mit in den Vordergrund rückt. Im HGB existieren bereits Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) zur Kapitalerhaltung, welche im anschließenden Abschnitt auf ihre Anwendungsmöglichkeit in dem neuen Konzept geprüft werden.

Schließlich soll die Funktionsweise der informationsorientierten Kapitalerhaltung anhand von selbst konstruierter Anwendungsbeispiele verdeutlicht werden. Diese wird insbesondere bei der Bilanzierung von Grundstücken, von langfristigen Fertigungsaufträgen und von Mitarbeiter Know-how verständlich. Zu jedem dieser Themen gibt es ein praktisches Zahlenbeispiel, um Sachverhalte durch Aufstellung vereinfachter Jahresabschlüsse klar zu machen.

Besondere Beachtung in dem neuen Konzept findet der Ergebnisausweis, da es neben der GuV mit den realisierten Gewinnen einen zusätzlichen Ausweis unrealisierter Gewinne im laten- ten Ergebnis vorsieht. Das latente Ergebnis bildet die Brücke zwischen der informationsorien- tierten Bilanz und der ausschüttungsorientierten GuV. In Zukunft werden Gewinne des latenten Ergebnisses jedoch zu realisierten Gewinnen umgewandelt, was der Fachmann als Recycling bezeichnet.

Die Arbeit schließt mit einer kritischen Beurteilung der informationsorientierten Kapitalerhaltung sowie mit einem Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Rechnungslegung.

2. Grundlagen des Jahresabschlusses

2.1 Funktionen des Jahresabschlusses

Der Jahresabschluss soll den Interessen der Jahresabschlussadressaten (siehe Kapitel 2.2 Jahresabschlussadressaten) dienen, aufgrund derer sich seine drei Hauptaufgaben ableiten lassen:

- Dokumentationsfunktion
- Informationsfunktion
- Erfolgsermittlungs- und Zahlungsbemessungsfunktion 3

a) Dokumentationsfunktion:

Der Jahresabschluss wird auf Basis der Buchführung erstellt. Diese sorgt dafür, dass alle Ge- schäftsvorfälle entsprechend der gesetzlichen Vorgaben chronologisch, systematisch und lü- ckenlos aufgezeichnet werden. Geschäftsvorfälle beinhalten wirtschaftlich bedeutsame Vorgän- ge, welche zur Veränderung von Vermögen oder Schulden führen, wie z. B. Güterbewegungen oder Zahlungsvorgänge. 4 Die erste Funktion des Jahresabschlusses ist die Dokumentation sämtlicher Geschäftsvorfälle der abgelaufenen Abrechnungsperiode. Dadurch sind alle wirt- schaftlichen Aktivitäten des Vorstandes kontrollierbar und er kann indirekt dahingehend beurteilt werden, ob er das Unternehmen gut oder schlecht geführt hat. Diese Funktion des Jahresab- schlusses trägt ebenfalls zum Schutz vor Manipulation durch nachträgliche Änderungen bei. 5

b) Informationsfunktion:

Ferner soll der Jahresabschluss seine Adressaten über den Verlauf des Geschäftsjahres infor- mieren. Er erfüllt somit die Funktion der Selbstinformation der eigenen Geschäftsleitung sowie die Funktion der Information außenstehender Dritter im Rahmen der externen Rechenschafts- legung. Diese Funktion ist aufgrund der Schutzbedürftigkeit verschiedener (externer) Unter- nehmensinteressenten von Bedeutung. Dazu gehören die Anteilseigner, Gläubiger, Arbeitneh- mer des Unternehmens als interne Adressaten, der Staat sowie die allgemeine Öffentlichkeit insbesondere bei Unternehmen mit besonderer wirtschaftlicher Bedeutung. Der Jahresab- schluss unterrichtet seine Adressaten über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Un- ternehmens. Dabei gibt die Bilanz Auskunft über die Zusammensetzung des Unternehmens- vermögens und die Herkunft des Kapitals. 6 Der Jahresabschluss muss im Rahmen der Informa- tionsfunktion so aufgestellt werden, dass ein sachverständiger Dritter sich „ein Bild über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens“ 7 verschaffen kann. Dadurch soll ihm die Möglichkeit gegeben werden, interessenswahrende Entscheidungen zu treffen, z. B. Entscheidungen über den Erwerb von Unternehmensanteilen. 8

c) Erfolgsermittlungs- und Zahlungsbemessungsfunktion:

Des Weiteren soll mit dem Jahresabschluss der Erfolg eines Unternehmens periodisch ermittelt werden. Dazu stellt die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) Aufwendungen und Erträge ge- genüber, wodurch sich der Gewinn oder auch der Verlust eines Geschäftsjahres bestimmen lässt. Durch die Feststellung des tatsächlich erwirtschafteten Gewinns ist eine Kontrolle der Leistungsfähigkeit des Unternehmens möglich. Nach dem Handelsgesetzbuch stellt dieser Ge- winn den maximal ausschüttungsfähigen Betrag dar. Er dient daher als Grundlage zur Bemes- sung ergebnisabhängiger Einkommenszahlungen wie Dividenden- und Erfolgsbeteiligungen. An dieser Stelle kommt die kontroverse Frage auf, wie viel Spielraum dem Unternehmen bei der Ermittlung der Gewinnhöhe gelassen wird. Hierbei handelt es sich um das Thema Bilanzpolitik, welches, wie im Kapitel 3.1 erläutert, vor allem im Handelsrecht besonders umstritten ist. Die Gewinnverteilung an die Anteilseigner wird also auf Basis des Gewinns im Jahresabschluss vorgenommen. Darüber hinaus dient der Einzelabschluss nach HGB aufgrund des Maßgeblich- keitsprinzips für die Steuerbilanz als Grundlage für die Ertragsbesteuerung des Unternehmens. 9

Die Funktionen des Jahresabschlusses nehmen im HGB und in den IFRS eine unterschiedlich ausgeprägte Rolle ein, wie aus der folgenden Abbildung ersichtlich wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Die Bedeutung der Rechnungslegungsfunktionen im HGB und in den IFRS Quelle: In Anlehnung an Althoff, Frank (2012): Einführung in die internationale Rechnungslegung: Die einzelnen IAS/IFRS, Wiesbaden, S. 24.

2.2 Jahresabschlussadressaten

Die Bilanzierungsziele und der Bilanzierungszweck der verschiedenen Rechnungslegungskon- zeptionen hängen maßgeblich von den Adressaten des Jahresabschlusses ab. Daher werden sie an dieser Stelle genau identifiziert und auch deren Interessen sollen dargestellt werden.

Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erläutert, werden im Jahresabschluss die Geschäftsvorfälle festgehalten. Diese resultieren meist aus Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten, Kunden, Kreditinstituten, Arbeitnehmern und dem Staat. Diese Gruppen bilden zugleich einen Teil des Kreises der Jahresabschlussadressaten. 10

Allgemein werden zwei Hauptgruppen von Jahresabschlussadressaten unterschieden: Die internen und die externen Jahresabschlussadressaten. 11

a) Interne Jahresabschlussadressaten

Manager haben zwei verschiedene Ansprüche an den Jahresabschluss. Oftmals ist ein erhebli- cher Anteil ihres Gehaltes abhängig von ihrer Leistung und dem Unternehmenserfolg, die meist am Gewinn des Unternehmens gemessen werden. Daher liegt ein möglichst hoher Ausweis des Gewinnes in ihrem Interesse, um ihr eigenes Gehalt durch hohe Bonuszahlungen und Tantie- men zu maximieren. 12

Zum anderen dient der Jahresabschluss der Geschäftsführung zur Selbstinformation. Neben der internen Rechnungslegung gilt er als Grundlage für unternehmerische Entscheidungen.

Die Arbeitnehmer sind ebenfalls interne Adressaten des Jahresabschlusses. Sie können daraus Rückschlüsse auf die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes ziehen. 13 Ferner interessiert sie ihre Karri- erechancen sowie die Möglichkeit von Gehaltserhöhungen. Ein gut florierendes Unternehmen mit einer konstant hohen Ertragskraft würde daher ihren Erwartungen entsprechen. Darüber hinaus gehören sie zu der Gruppe der Gläubiger, auf die im folgenden Abschnitt eingegangen wird. 14

b) Externe Jahresabschlussadressaten

Zu den externen Bilanzadressaten werden alle Personen und Institutionen gezählt, „deren wirt- schaftliche Lage durch die Entscheidungen der Unternehmensleitung beeinflusst werden kann“. 15

Die erste Gruppe von externen Jahresabschlussadressaten sind Gläubiger. Diese werden wiederum in Kreditgeber wie beispielsweise Kreditinstitute (Banken) und Leistungsgläubiger wie Lieferanten und Arbeitnehmer [vgl. a) interne Jahresabschlussadressaten], die ihre Zahlungen erst einige Zeit nach ihrer Leistungserbringung erhalten, unterteilt. 16

Kreditgläubiger erwarten in erster Linie, dass die vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen termingerecht getätigt werden. Für sie ist es daher wichtig, dass der Jahresabschluss ausreichende Informationen über die Kreditwürdigkeit sowie die künftige Liquiditätssituation seines Schuldners zulässt. 17

Lieferanten sind ebenfalls an der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens interessiert. Ferner ist ihr Ziel oftmals eine langjährige Geschäftsbeziehung mit dem bilanzierenden Unternehmen, weshalb für sie insbesondere das Fortbestehen des Geschäftspartners von Bedeutung ist. Um den Lieferanten diese Sicherheit zu geben, wäre ein Ausweis, der eine solide Finanz- und Ertragslage vermittelt, von Vorteil. 18

Allgemein wird allen Gläubigern das Interesse an der Erhaltung der Haftungssubstanz, die im Falle der Insolvenz für die Bedienung ihrer Zahlungsansprüche zur Verfügung steht, zuge- schrieben. Je mehr liquide Mittel aufgrund von Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner bzw. aufgrund von Ertragssteuerzahlungen an das Finanzamt das Unternehmen verlassen, desto stärker wird die Haftungssubstanz reduziert. Der deutsche Gesetzgeber trägt durch die Ausschüttungsbegrenzung zum Gläubigerschutz bei. Durch eine vorsichtige Bilanzierung wer- den Gewinne möglichst niedrig ausgewiesen, wodurch der Liquiditätsentzug aus dem Unter- nehmen durch Ausschüttungen und Steuerzahlungen ebenfalls niedrig ist. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen für Gläubigerforderungen zahlungsfähig ist. 19

Zu den Anteilseignern zählen meist die Aktionäre eines Unternehmens. Diese verfolgen das Ziel, mit den Aktien

1. hohe Dividendenzahlungen im Moment und
2. große Kurssteigerungen ihrer Aktien in der Zukunft

zu erreichen, um dadurch ihre Gesamtrendite auf die Investition in das Unternehmen zu maxi- mieren. Ihnen bieten die vergangenen Jahresabschlüsse, welche unter anderem die bisherige Ertragsentwicklung aufzeigen, die Möglichkeit, die zukünftige Ertragsentwicklung einzuschät- zen. Ihr Wunsch ist eine möglichst aussagekräftige Bilanz, um das Unternehmen richtig beurtei- len zu können. Insbesondere Kleinaktionäre mit kurzfristigen Investitionsinteressen hoffen ver- stärkt auf hohe Dividendenausschüttungen, die aus hohen Gewinnen resultieren. 20 Während- dessen sind Großaktionäre weniger auf die Dividende angewiesen, sondern verdienen vor al- lem durch Kurssteigerungen. Hohe Gewinnausweise sind für sie steuerlich von Nachteil. 21

Auch der Staat hegt im Rahmen des Einzelabschlusses ein Interesse am Jahresabschluss. Dabei ist genau genommen die Finanzverwaltung gemeint, welche an einer richtigen Ge- winnermittlung des Unternehmens interessiert ist. Der Gewinn stellt die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der gewinnabhängigen Steuern dar. Dem Finanzamt ist es besonders wichtig, dass der Gewinn der richtigen Periode zugewiesen wird und tendenziell besser zu hoch als zu niedrig ausfällt, weil es durch die dadurch ausgelösten Steuerzahlungen profitiert. Dem gegen- über steht das Interesse des bilanzierenden Unternehmens, welches eher auf niedrige Steuer- zahlungen bedacht ist und evtl. versucht, Gewinne in spätere Geschäftsjahre zu verschieben. 22 Ebenso möchte der Staat Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Lage von Unternehmen ziehen, um seine zukünftigen Einnahmen zu planen und ferner seine Industriepolitik in Form von bei- spielsweise Wirtschaftsförderung ableiten zu können.

Darüber hinaus tritt der Staat teilweise auch als Vertragspartner mit Unternehmen auf. Dann schlüpft er in die Rolle des Kunden. 23

Je mehr wirtschaftliche Bedeutung ein Unternehmen innehat, desto stärker rückt es auch in den Fokus der Öffentlichkeit. Besonders große Unternehmen wie z. B. die BASF SE in Ludwigsha- fen oder die Bayer AG in Leverkusen nehmen eine wichtige Rolle innerhalb der Gemeinde und der Region ein. Sie bieten insbesondere Arbeitsplätze und machen den Standort attraktiv für weitere Unternehmen, so dass die Gemeinde verstärkt für den Ausbau der Infrastruktur bereit ist. Des Weiteren profitiert die Gemeinde vom Unternehmen durch die eingehenden Gewerbe- steuerzahlungen. Daher sollte das Unternehmen sich mit seinem Jahresabschluss möglichst als erfolgreich und expansiv präsentieren. 24

Weitere Bilanzadressaten sind Kunden und Wettbewerber.

Kunden haben ähnlich wie die Lieferanten ein Interesse an einer langfristigen Beziehung zum Geschäftspartner und erwarten daher, dass dieser solide aufgestellt ist.

Die Wettbewerber möchten möglichst viele Informationen aus dem Jahresabschluss ziehen, um diese zu ihrem eigenen Vorteil nutzen zu können. Dies steht ganz im Gegensatz zum Interesse des bilanzierenden Unternehmens. Insbesondere wenn der Jahresabschluss eine hohe Er- tragskraft signalisiert, werden neue Konkurrenten angelockt, welche ebenfalls auf ein erfolgrei- ches Geschäft hoffen. 25

2.3 Grundlegende Unterschiede zwischen HGB und IFRS

2.3.1 Bilanzierungsziele und -zwecke

Das Handelsgesetzbuch (HGB) und die International Financial Reporting Standards (IFRS) greifen auf zwei verschiedene Rechnungslegungsphilosophien zurück. Wie bereits erwähnt, orientieren diese sich an den unterschiedlichen Interessen der Jahresabschlussadressaten. Als zentrale Gruppen haben sich die Anteilseigner und die Fremdkapitalgeber herausgestellt: 26

Das HGB wird dem kontinentaleuropäischen System zugeordnet, welches durch umfangreiche gesetzliche Vorgaben gekennzeichnet ist. Dadurch wird eine Kontinuität in der Rechnungsle- gung erreicht. Nachteil jedoch ist die zeitliche Verzögerung bei neuen Anforderungen, da zu- nächst ein Gesetz erlassen werden muss. Durch die gesetzliche Verankerung sollen vor allem der Gläubigerschutz und die Erhaltung des Unternehmenskapitals gewährleistet werden. Aus den Funktionen des Jahresabschlusses treten deswegen insbesondere die Bemessung der Ausschüttung an die Anteilseigner und die steuerliche Gewinnermittlung in den Vordergrund. Sie stellen nämlich einen Abzug von Kapital aus dem Unternehmen dar. Folglich nehmen steu- erliche Aspekte bei der Bilanzierung nach dem kontinentaleuropäischen System eine wichtige Rolle ein. 27

Dass der Fremdkapitalgeber im deutschen Recht in den Vordergrund rückt, wird aufgrund der institutionellen Rahmenbedingungen in Deutschland plausibel. Traditionell beschaffen deutsche Unternehmen selten ihr Kapital über den organisierten Eigenkapitalmarkt, so dass die Eigentümer der Firmen meist selbst als Geschäftsführer oder in leitender Position der Unternehmen auftreten. Da diese dadurch über genügend interne Informationen verfügen, ist der Jahresabschluss nicht deren Hauptinformationsquelle. Somit kann die externe Rechnungslegung verstärkt auf andere Adressaten wie den Gläubigern ausgerichtet werden.

Für die Gläubiger ist, wie in Kapitel 2.2 bereits erwähnt, das Kreditausfallrisiko besonders wich- tig. Um diesem Anliegen zu folgen, muss ein Jahresabschluss Werte offen legen, welche Ver- lustpotentiale in voller Höhe und Gewinnpotentiale nur in begrenzter Höhe berücksichtigen. Diese Vorgehensweise entspricht dem Prinzip der Vorsicht (siehe Kapitel 5.1.1 Das Vorsichts- prinzip), also Vermögen tendenziell niedrig und Schulden hoch zu bewerten. Es entsteht eine verzerrte Bilanzierung. 28

Die IFRS folgen der anglo-amerikanischen Rechnungslegungsphilosophie. Diese war ursprüng- lich in Großbritannien und den USA verbreitet. Die anglo-amerikanische Rechnungslegung re- gelt Detailfragen in Form von Einzelentscheidungen durch berufsständige Gremien wie z. B. die Börsenaufsicht, Wirtschaftsprüfer und Fachverbände. Hauptadressaten sind nicht wie im HGB die Gläubiger, sondern die Investoren. Ihr Interesse liegt vor allem in der Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen, um dadurch eine bessere Entscheidung in Bezug auf ihre Finanzanlagen treffen zu können. Möglichst realistische Informationen über die Vermö- gens-, Finanz- und Ertragslage sollen durch hohe Verlässlichkeit, Transparenz und Vergleich- barkeit der Unternehmensabschlüsse generiert werden. 29 Vertreter der IFRS gingen ursprüng- lich davon aus, dass durch die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen für Investo- ren auch die Informationsbedürfnisse anderer Jahresabschlussadressaten ausreichend berück- sichtigt würden. 30 Eine Steuerbemessung hat dieser Abschluss nicht zum Ziel. Diese wird sepa- rat vorgenommen.

Den Fokus auf den Eigenkapitalgeber als Jahresabschlussadressat zu legen, ist ebenfalls in der Tradition begründet. Im anglo-amerikanischen Raum beziehen Unternehmen in der Regel ihr Eigenkapital über organisierte Märkte. Die Aktionäre verfügen jedoch nicht über die internen Informationsquellen eines Unternehmens und sind daher für ihre Entscheidungsfindung auf den Jahresabschluss angewiesen. Die Eigenkapitalgeber tragen das finanzielle Risiko des Unter- nehmens und entscheiden aus diesem Grund über dessen Geschäftspolitik mit.

Für Eigenkapitalgeber ist die Chance unbegrenzt, während das Verlustrisiko entweder auf die Einlage bei beschränkter Haftung oder andernfalls auf das Privatvermögen begrenzt ist. Daher richtet sich ihr Informationsbedarf verstärkt auf die Chancen im Unternehmen. 31 In jüngster Zeit ist eine Entwicklung der IFRS dahingehend zu beobachten, dass neben den Investoren zukünftig die Gläubiger und Kreditgeber mit in den Fokus der Abschlüsse einbezogen werden (siehe Kapitel 2.3.2 Prinzipien der Rechnungslegung).

2.3.2 Prinzipien der Rechnungslegung

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) stellen die Prinzipien des HGB dar. Sie sind maßgebliche Regeln zur Führung von Handelsbüchern und zur Erstellung des Jahresab- schlusses und sollen die Verzerrung und Verfälschung in der Buchführung verhindern. Sie dienen insbesondere der Auffüllung von gesetzlichen Regelungslücken. Aufgrund der GoB soll das Informationsinteresse bestimmter Jahresabschlussadressaten gewahrt werden. Einige der GoB sind im Gesetz, dem HGB, festgehalten. Andere blieben nichtkodifiziert. 32

In dieser Arbeit werden ausschließlich die kodifizierten GoB angesprochen, da nur über diese Regeln eindeutige Aussagen getroffen werden können.

Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 243 Abs. 2 HGB): Der Jahresabschluss muss einem sachverständigen Dritten die Möglichkeit geben, sich innerhalb eines angemessenen Zeitraumes ein Bild über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens zu machen. Dazu muss dieser klar und übersichtlich sein.

Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 HGB):

Die Verrechnung von Aktivposten der Bilanz mit Passivposten und Aufwendungen der GuV mit Erträgen der GuV ist nicht gestattet.

Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB):

Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Bilanzstichtag einzeln zu erfassen und zu bewerten.

Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit (§ 239 Abs. 2 HGB):

Der Jahresabschluss wird aus Aufzeichnungen abgeleitet, welche richtig und geordnet vorgenommen werden. Über das Gesetz hinaus verlangt dieser Grundsatz, dass die Posten den Tatbeständen entsprechend bezeichnet sein müssen und solche Werte anzusetzen sind, die am wahrscheinlichsten zutreffen. Eine Bilanzmanipulation ist verboten.

Grundsatz der Vollständigkeit (§ 239 Abs. 2 HGB und § 246 Abs. 1 HGB):

Der Vollständigkeitsgrundsatz schreibt vor, alle buchungspflichtigen Vorfälle im Jahresabschluss zu erfassen. Hierzu zählen sämtliche Vermögensänderungen. Zur Vollständigkeit muss ein Jahresabschluss die Posten Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge enthalten.

Grundsatz der Bilanzidentität (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB):

Die Schlussbilanz eines Wirtschaftsjahres muss mit der Eröffnungsbilanz des Folgejahres hinsichtlich der Werte der Bilanzposten identisch sein.

Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB):

Nach dem Vorbild des ordentlichen Kaufmannes soll sich das Unternehmen nicht reicher rechnen, als es ist. Es soll vorsichtig bewerten, also bei Unsicherheit soll eine eher pessimistische Bewertung vorgenommen werden.

Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB):

Nur realisierte Gewinne dürfen zum Bilanzstichtag ausgewiesen werden.

Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB):

Gemäß dem Imparitätsprinzip sind vorhersehbare Verluste anders zu behandeln als künftige Gewinne. Verluste müssen, sobald sie mit ausreichender Sicherheit bekannt sind, ergebniswirksam im Jahresabschluss erfasst werden.

Grundsatz der Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB):

Dieser Grundsatz schreibt vor, dass Aufwendungen und Erträge unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung im Jahresabschluss ausgewiesen werden. Sie sind dem Geschäftsjahr zuzuweisen, in dem sie wirtschaftlich verursacht wurden.

Grundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB):

Bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden ist grundsätzlich von der Fort- führung der Unternehmenstätigkeit auszugehen. Ein Ansatz von Liquidationswerten ist daher untersagt.

Grundsatz der Stetigkeit (§ 246 Abs. 3 HGB und § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB):

Die Gliederung sowie die Gliederungsbegriffe als auch Ansatz- und Bewertungsmethoden des Jahresabschlusses sind beizubehalten und dürfen nicht einfach über die Jahre geändert wer- den. 33

Das International Accounting Standards Board (IASB) hat ebenfalls für den Geltungsbereich der IFRS allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze aufgestellt. Diese Grundprinzipien dienen dem Ziel, im Rahmen des sogenannten „True and Fair View“ bzw. der „Fair Presentation“ (Vgl. IAS 1.15) entscheidungsnützliche Informationen im Jahresabschluss bereitzustellen (decision usefulness). Dies soll dadurch erreicht werden, dass die wirtschaftliche Lage des Unterneh- mens entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen dargestellt wird. Entscheidend ist, dass finanzielle Informationen seit Neustem nicht nur auf die Entscheidungsnützlichkeit für Investo- ren ausgerichtet sind, sondern jetzt auch den bestehenden Gläubigern und Kreditgebern nützlich sein sollen, um adäquate Entscheidungen treffen zu können. 34

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Grundprinzipien der Rechnungslegung nach IFRS Quelle: In Anlehnung an Bansbach, Florian; Dornbach, Eike; Petersen, Karl (2012): IFRS Praxishandbuch: Ein Leitfaden für die Rechnungslegung mit Fallbeispielen, 7. Aufl., München, S. 8.

Aus diesem Ziel lassen sich zwei Grundannahmen ableiten. Zentrales Merkmal der IFRS- Rechnungslegung ist die periodengerechte Aufwands- und Ertragserfassung. Diesem wird mit der Grundannahme accrual basis ( = Periodenabgrenzung) Rechnung getragen. Jahresab- schlüsse, die diesem Prinzip gerecht werden, bilden Geschäftsvorfälle und andere Ereignisse unabhängig von ihrer Zahlungswirksamkeit zum Zeitpunkt ihres wirtschaftlichen Entstehens ab. Dieser Zeitpunkt wird zukünftig gemäß dem Standardentwurf ED/2011/6 „Revenue from Contracts with Costumers“ dann vorliegen, wenn der Kunde die Kontrolle über ein Gut oder eine Dienstleistung erlangt. 35

Die zweite Grundannahme des going concern entspricht dem Grundsatz der Unternehmensfort- führung aus dem HGB. Der Jahresabschluss ist unter der Annahme aufzustellen, dass das Unternehmen weder seine Tätigkeit in den nächsten 12 Monaten einstellen wird, noch den Umfang der Tätigkeiten einschränken wird. 36

Aus den Grundannahmen werden qualitative Merkmale abgeleitet, die sich in die Primärgrundsätze und Sekundärgrundsätze untergliedern. Primärgrundsätze sind die Relevanz und die glaubwürdige Darstellung.

Mit dem Merkmal der Relevanz soll der Jahresabschluss insbesondere entscheidungsrelevante Informationen für die Bilanzleser offen legen. Damit trägt dieses Merkmal erheblich zur „decisi- on usefulness“ bei. Der Grundsatz wird mit der Anordnung zur Wesentlichkeit ( = materiality) ergänzt. Diese liegt dann vor, wenn eine Auslassung oder eine fehlerhafte Wiedergabe einer Information zu einer veränderten wirtschaftlichen Entscheidung eines Jahresabschlussadressa- ten führen würde.

Der Primärgrundsatz der glaubwürdigen Darstellung hält den Jahresabschlussaufsteller zu einer vollständigen Darstellung der Rechnungslegung zugrundeliegenden Informationen und Annahmen an, die frei von Manipulationen oder Verzerrung ist. Die glaubwürdige Abbildung der Sachverhalte wird durch deren Vollständigkeit, durch Neutralität, also der Freiheit subjektiver Verzerrungen, und durch die Freiheit von Fehlern gewährleistet. Mit der letzten Überarbeitung des Rahmenkonzeptes wurde also der vormals enthaltene Grundsatz der Verlässlichkeit ( = reliability) durch den Grundsatz der glaubwürdigen Darstellung ersetzt, wobei das IASB beide Grundsätze im Grunde für identisch hält. 37

Die Sekundärgrundsätze umfassen die Vergleichbarkeit, die Nachprüfbarkeit, die Zeitnähe und die Verständlichkeit von Jahresabschlüssen. Daher müssen diese sowohl von Jahr zu Jahr untereinander als auch mit Jahresabschlüssen anderer Unternehmen vergleichbar sein. Dazu müssen die Bilanzierungs- und Bewertungsverfahren stetig sein und neben den aktuellen Wer- ten sind verpflichtend die Vorjahreswerte aufzuführen. Ein Jahresabschluss stellt sich als nach- prüfbar heraus, wenn verschiedene sachkundige und unabhängige Beobachter eine grundsätz- lich übereinstimmende Auffassung darüber haben, dass Sachverhalte angemessen dargestellt werden. Des Weiteren hat die Berichterstattung zeitnah zu erfolgen. Ferner muss ein Jahresab- schluss für den fachkundigen und interessierten Bilanzleser nachvollziehbar und innerhalb ei- nes angemessenen Zeitraumes verständlich sein. 38

Bei der Beachtung all dieser Grundprinzipien darf eine Nebenbedingung nicht außer Acht gelassen werden. Die Kosten zur Bereitstellung von Informationen dürfen nicht den Nutzen der Jahresabschlussadressaten überschreiten. 39

Das Ergebnis aus den angeführten Prinzipien und Annahmen des IASB ist die Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (true and fair view / fair presentation) eines Unternehmens (IAS 1.15).

[...]


1 Vgl. Krapf, Jana; Schürmann, Jochen (2008): Solvenztest: Ausschüttungsbemessung und Gläubigerschutz, Berlin, S. 7.

2 Vgl. Pellens, Bernhard u.a. (2011): Internationale Rechnungslegung: IFRS 1 bis 9, IAS 1 bis 41, IFRICInterpretationen, Standardentwürfe, 8. Aufl., Stuttgart, S. 51.

3 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008): Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 23. Aufl., München, S. 712.

4 Vgl. Schultz, Volker (2011): Basiswissen Rechnungswesen: Buchführung, Bilanzierung, Kostenrechnung, Controlling, 6. Aufl., München, S. 11-12, 76.

5 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 713.

6 Vgl. Schultz, Volker (2011), S. 11-12, 76 und Coenenberg, Adolf G.; Haller, Axel; Schultze, Wolfgang (2009): Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundsätze - HGB, IFRS, US-GAAP, 21. Aufl., Stuttgart, S. 16.

7 Auer, Benjamin; Schmidt, Peer (2012): Buchführung und Bilanzierung: Eine anwendungsorientierte Einführung, 1. Aufl., Wiesbaden, S.17.

8 Vgl. Moxter, Adolf (2003): Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, Düsseldorf, S. 4-6.

9 Vgl. Schultz, Volker (2011), S. 11-12, 77 und Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 713-714.

10 Vgl. Schultz, Volker (2011), S. 11-12.

11 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 712.

12 Vgl. Weber, Jürgen; Weißenberger, Barbara E. (2010): Einführung in das Rechnungswesen: Bilanzierung und Kostenrechnung, 8. Aufl., Stuttgart , S. 17-18.

13 Vgl. Weber, Jürgen; Weißenberger, Barbara E. (2010), S. 17-18.

14 Vgl. Baus, Josef (1999): Bilanzpolitik: Internationale Standards - Analyse, 1. Aufl., Berlin, S. 18.

15 Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 717.

16 Vgl. Weber, Jürgen; Weißenberger, Barbara E. (2010), S. 15.

17 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 717.

18 Vgl. Baus, Josef (1999), S. 17-18.

19 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 717 und Weber, Jürgen; Weißenberger, Barbara E. (2010), S. 15-17.

20 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 717 und Weber, Jürgen; Weißenberger, Barbara E. (2010), S. 17.

21 Vgl. Baus, Josef (1999), S. 17.

22 Vgl. Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 718 und Baus, Josef (1999), S. 18.

23 Vgl. Pellens, Bernhard u.a. (2011), S. 5.

24 Vgl. Baus, Josef (1999), S. 19.

25 Vgl. Baus, Josef (1999), S. 19.

26 Vgl. Schultz, Volker (2011), S. 110 und Pellens, Bernhard u.a. (2011), S. 22.

27 Vgl. Schultz, Volker (2011), S. 110.

28 Vgl. Pellens, Bernhard u.a. (2011), S. 23.

29 Vgl. Schultz, Volker (2011), S. 111 und Deitermann, Manfred; Rückwart, Wolf-Dieter; Schmolke, Sieg- fried (2010): Industrielles Rechnungswesen IKR: Finanzbuchhaltung, Analyse und Kritik des Jahresab- schlusses, Kosten- und Leistungsrechnung: Einführung und Praxis, 38. Aufl., Braunschweig, S. 514.

30 Vgl. Baus, Josef (2003): Wohin treibt die deutsche Rechnungslegung?, in: Kremin-Buch, Beate; Unger, Fritz; Walz, Hartmut (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung: Aspekte und Entwicklungstendenzen, Band 4, Sternenfels, S. 192.

31 Vgl. Pellens, Bernhard u.a. (2011), S. 23.

32 Vgl. Pellens, Bernhard u.a. (2011), S. 139 und Döring, Ulrich; Wöhe, Günter (2008), S. 726-728.

33 Vgl. Coenenberg, Adolf G.; Haller, Axel; Schultze, Wolfgang (2009), S. 38-46. Alle vorangegangenen kodifizierten Prinzipien des HGB sind dieser Quelle entnommen.

34 Vgl. Coenenberg, Adolf G.; Haller, Axel; Schultze, Wolfgang (2012): Jahresabschluss und Jahresab- schlussanalyse: Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundsätze - HGB, IAS/IFRS, US-GAAP, DRS, 22. Aufl., Stuttgart, S. 64-65.

35 Vgl. Eitzen, Bernd von; Zimmermann, Martin (2010): Bilanzierung nach HGB und IFRS, Weil im Schönbuch, S. 164 und Kühne, Mareike; Schleis, Ingo (2012): Geplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS: Erneuter Standardentwurf des IASB (ED/2011/6 "Revenue from Contracts with Costumers"), in: Die Wirtschaftsprüfung, 65. Jahrgang, Nr. 5/2012, S. 261.

36 Vgl. Eitzen, Bernd von; Zimmermann, Martin (2010), S. 164.

37 Vgl. Coenenberg, Adolf G.; Haller, Axel; Schultze, Wolfgang (2012), S. 66-67.

38 Vgl. Bansbach, Florian; Dornbach, Eike; Petersen, Karl (2012): IFRS Praxishandbuch: Ein Leitfaden für die Rechnungslegung mit Fallbeispielen, 7. Aufl., München, S. 7-8.

39 Vgl. Althoff, Frank (2012): Einführung in die internationale Rechnungslegung: Die einzelnen IAS/IFRS, Wiesbaden, S. 34.

Excerpt out of 67 pages

Details

Title
Harmonisierung der Rechnungslegung: Der Lösungsansatz der informationsorientierten Kapitalerhaltung
College
University of Applied Sciences Ludwigshafen
Grade
1,0
Author
Year
2012
Pages
67
Catalog Number
V198759
ISBN (eBook)
9783656268543
ISBN (Book)
9783656269144
File size
1079 KB
Language
German
Keywords
IFRS, HGB, Informationsorientierte Kapitalerhaltung, Kapitalerhaltung, Informationsfunktion, Internationale Bilanzierung, Nationale Bilanzierung, Fertigungsaufträge, Grundstücke, Immaterielles Vermögen, Mitarbeiter Know-how, Solvenztest, Rechnungslegung, Vorsichtsprinzip, Realisationsprinzip, Imparitätsprinzip, Jahresabschlussadressaten, latenter Gewinn, Bilanzierung, Jahresabschluss
Quote paper
Sonja Wagner (Author), 2012, Harmonisierung der Rechnungslegung: Der Lösungsansatz der informationsorientierten Kapitalerhaltung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198759

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