Mundart und Standardsprache als Problem in der Schule


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 5.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Diglossiesituation in der Deutschschweiz
2.1. Verwendungsweisen von Mundart und Standardsprache
2.2. Einstellungen gegenüber Mundart und Standard

3. Der Erwerb des Standarddeutschen
3.1. Ungesteuerter Spracherwerb
3.2. Gesteuerter Spracherwerb
3.3. Standarddeutsch als Fremdsprache?

4. Mundart und Standard in den Schulen
4.1. Institutionelle Vorgaben und deren Umsetzung
4.2. Verwendungsweise von Standardsprache in den Schulen
4.3. Einstellungen der Schüler gegenüber Mundart und Standard
4.4. Wie lassen sich diese Einstellungen erklären?
4.5. Fremdsprachige Kinder
4.6. Die Standardsprache der Schule
4.6.1. Schweizerisches Standarddeutsch
4.6.2. Mündlichkeit vs. Schriftlichkeit

5. Aktuelle Entwicklungen
5.1. Das Projekt Standardsprache im Kindergarten im Kanton Basel-Stadt
5.1.1. Methode
5.1.2. Ergebnis
5.2. Absichtserklärung des Erziehungsdepartements Basel-Stadt

6. Schluss

Bibliographie

1. Einleitung

Die Sprachsituation in der deutschen Schweiz wird gemeinhin als mediale Diglossie bezeichnet: „Man schreibt Standardsprache, man spricht Mundart“ (Sieber/Sitta 1986, 20). Eine Ausnahme von dieser vereinfachten Regel ist die Schule. Dort wird Hochdeutsch1 mündlich gelernt und verwendet. Wie in der Schule Standardsprache und Mundart nebeneinander benutzt werden und welche Probleme dabei entstehen, ist Thema dieser Arbeit. Zuerst wird der Blick auf die allgemeine Sprachsituation gerichtet, danach spezifisch auf die Schulen. Dabei steht die Frage, wie die Schule die negative Einstellung vieler Deutschschweizer2 zur Standardsprache fördert oder gar entstehen lässt, im Zentrum. Auch ein Thema ist, wie das Hochdeutsch, das den Schülern vermittelt wird, aussieht.

Da in diesem Bereich gegenwärtig viele neuere Entwicklungen im Gange sind, wird am Schluss auch noch auf aktuelle Projekte an den Schulen im Kanton Basel-Stadt eingegangen.

2. Die Diglossiesituation in der Deutschschweiz

Die deutschschweizer Sprachsituation ist gekennzeichnet durch das Nebeneinander von Mundarten und Standardsprache. Dabei sind diese klar von einander getrennt, man spricht entweder Mundart oder Standardsprache. Der Deutschschweizer muss in verschiedenen Situationen die Sprachform wechseln (code-switching). Die deutschschweizer Diglossiesituation unterscheidet sich von anderen Sprachsituationen (z.B. Deutschland) dadurch, dass die Standardsprache nicht ein höheres Prestige geniesst und nur von den sozial höheren Schichten gesprochen wird, während von der Unterschicht der Dialekt3 bevorzugt wird. In der Deutschschweiz ist die Umgangssprache aller sozialen Schichten der Dialekt.

(vgl. Schmidlin 1999, 52)

2.1. Verwendungsweisen von Mundart und Standardsprache

In der Schweiz wird die Standardsprache nie zur Kommunikation zwischen Landsleuten verwendet. Auch in öffentlichen Domänen wird zum Teil Mundart gesprochen. So darf in 12 Kantonsparlamenten auf Schweizerdeutsch debattiert werden. (vgl. von Rohr 2006, 14)

Ebenso werden in Fernsehen und Radio viele Programme in Mundart gehalten. Dabei kann man von einem Vormarsch des Dialekts sprechen, der in immer mehr Bereichen die Standardsprache verdrängt. Die Standardsprache hat ihre Hauptaufgabe in der schriftlichen Kommunikation. Aber auch da gibt es Tendenzen, vor allem in den neueren Kommunikationsmitteln wie E-Mail und SMS, im Dialekt zu schreiben. Die Standardsprache wird mündlich nur zur besseren Verständigung mit Nicht-Dialektsprechenden und Fremdsprachigen sowie in einigen öffentlichen Institutionen wie politischen Räten oder Kirchen und zum Teil in den Medien verwendet. Und natürlich in den Schulen und Hochschulen, worauf im Weiteren näher eingegangen wird.

2.2. Einstellungen gegenüber Mundart und Standard

Für die Diskussion der Sprachlandschaft in der Schweiz sind die Einstellungen zum Hochdeutsch von grosser Bedeutung. Viele erwachsene Schweizer sind gegenüber der gesprochenen Hochsprache negativ eingestellt, sie fühlen sich bei ihrer Produktion nicht wohl. Mit der Standardsprache werden die Merkmale „persönlich, vertraut, frei, locker, einfach, ausdrucksstark, sympathisch oder lustig“ in Verbindung gebracht. Das Hochdeutsch hingegen wird als „unpersönlich, unvertraut, steif, gepflegt, kompliziert, wenig gefühlsbetont, trocken oder als gehobene Sprache eingeschätzt.“ (Sieber/Sitta 1994, 203)

Diese Einstellungen sind natürlich nicht angeboren, sie entwickeln sich erst im Laufe der Zeit. Dazu tragen die seltene mündliche Benützung und die daraus resultierende schlechte Beherrschung des Standards bei. Der Vormarsch der Mundart auch in öffentlichen Bereichen bestärkt das Gefühl vieler Schweizer die Standardsprache sei etwas unschweizerisches, eine Sprache, die man sich von den Deutschen nur zum Schreiben ausgeliehen habe. Mit der Mundart grenzt man sich vom ungeliebten Nachbarn ab und schafft eine eigene Identität. Dabei ist vielen nicht klar, dass es ein spezifisch schweizerisches Standarddeutsch gibt, das sich durchaus von dem in anderen deutschsprachigen Ländern gesprochenen Standard unterscheidet.

Zur Aufrechterhaltung dieser negativen Einstellung zur Standardsprache trägt deren Verwendung in der Schule in nicht zu unterschätzendem Mass bei.

(vgl. Häcki Buhofer/Burger 1998, 21ff)

3. Der Erwerb des Standarddeutschen

Der Erwerb des Standarddeutschen kann in zwei Kategorien aufgeteilt werden. Als ungesteuerten Spracherwerb bezeichnet man den Erwerb ausserhalb der Schule, wogegen das Lernen der Standardsprache in der Schule als gesteuerter Erwerb bezeichnet wird. (vgl. Schmidlin 1999, 59ff)

3.1. Ungesteuerter Spracherwerb

Der ungesteuerte Erwerb setzt bereits im Vorschulalter ein. Dabei werden die Kinder vor allem durch die Medien mit der Standardsprache konfrontiert. Dabei entsteht eine nicht zu unterschätzende passive Sprachkompetenz. Beim Verstehen von vorgelesenen standarddeutschen und schweizerdeutschen Texten besteht nur ein minimaler Unterschied. Die Kinder können mit Hilfe von phonologischen und morphologischen Transformationen ihr mundartliches Lexikon für das Verstehen von Standarddeutsch einsetzen. In seltenen Fällen produzieren sie auch Standarddeutsch, zum Beispiel in Rollenspielen oder wenn sie Szenen aus deutschen Filmen nachstellen.

3.2. Gesteuerter Spracherwerb

Bei der Einschulung entsteht oft ein Unterbruch im Erwerb der Standardsprache. Dies, weil die Lehrkräfte die standardsprachliche Kompetenz der Kinder unterschätzen und ihren Unterricht in Dialekt beginnen, um die Kinder nicht zu überfordern. Ausserdem werden im Verlauf des Hochdeutscherwerbs zuerst das Lesen, und erst später das freie Sprechen geübt. Dabei wäre es besser, direkt an die vorschulisch erworbenen Kompetenzen anzuknüpfen. So könnte auch die in dieser Phase positive Einstellung der Kinder gegenüber dem Standard ausgenützt werden.

3.3. Standarddeutsch als Fremdsprache?

Da auf der morphologischen Ebene zwischen Mundart und Standardsprache beträchtliche Unterschiede bestehen, können dort typische Zweitsprach-Lernstrategien beobachtet werden, wie zum Beispiel die graduelle Annäherung an die Zielform.4 Dabei entstehen so genannte Lernsprachen, die eine Zwischenstufe zwischen Dialekt und Standardsprache bilden.

[...]


1 Im Folgenden werden die Begriffe Standardsprache und Hochdeutsch synonym verwendet.

2 In dieser Arbeit schliesst der Gebrauch der männlichen Form immer beide Geschlechter mit ein.

3 Im Folgenden werden die Begriffe Mundart und Dialekt synonym verwendet.

4 z.B. „gehe“, „gangt“, „ging“ für „ging“ oder „esst“, „isst“, „asst“ für „ass“ (Schmidlin 1999, 60)

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Mundart und Standardsprache als Problem in der Schule
Hochschule
Universität Basel
Note
5.5
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V199429
ISBN (eBook)
9783656256519
ISBN (Buch)
9783656259459
Dateigröße
541 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Standardsprache, Deutschschweiz, Basel-Stadt, Schule
Arbeit zitieren
David Christen (Autor:in), 2006, Mundart und Standardsprache als Problem in der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199429

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