1. Einleitung (Auszug)
Die Musikindustrie hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Seit die Konsumenten die Möglichkeit haben, sich Musik kostenlos aus dem Internet zu downloaden, ist der Umsatz der Tonträgerindustrie stark eingebrochen. Möglich gemacht haben dies die Digitalisierung von Musik und die Erfindung des MP3-Formats durch das Fraunhofer Institut. Seit der digitalen Revolution ist es nun möglich, dem Kunden das nicht-physische Produkt auf digitalem Weg zur Verfügung zu stellen. Neben den legalen neuen Mög-lichkeiten existieren zum Leidwesen der Tonträgerindustrie allerdings auch die illegalen P2P-Netzwerke.
Dieses existenzielle Problem hat die Tonträgerindustrie seit Ende der 90er Jahre vor riesige Probleme gestellt, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gelöst sind. Daneben konkurriert das Produkt Musik mit anderen Entertainmentangeboten wie z.B. Computerspielen um das Budget der Konsumenten.
Es stellt sich die Frage, wie auf diesen Wandel angemessen reagiert werden kann. Denn Fakt ist, dass die Nichtkäuferquote für Musik bei fast 60 % liegt. Die „Nutzung“ von Musik (unabhängig von der Bezahlung) ist aber in den letzten Jahren nicht gesunken, Musik hat nach wie vor eine sehr große Bedeutung für die Menschen.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, mögliche Strategien für die Tonträ-gerunternehmen aufzuzeigen, mit deren Hilfe es gelingen soll die Krise zu überwinden und die verlorenen sowie potenziellen Kunden davon zu überzeugen, Musik, in welcher Form auch immer, käuflich zu erwerben.
„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum."
Friedrich Nietzsche (1844-1900)
1. Einleitung
Die Musikindustrie hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Seit die Konsumenten die Möglichkeit haben, sich Musik kostenlos aus dem Internet zu downloaden,[1] ist der Umsatz der Tonträgerindustrie stark eingebrochen. Möglich gemacht haben dies die Digitalisierung von Musik und die Erfindung des MP3-Formats[2] durch das Fraunhofer Institut. Seit der digitalen Revolution ist es nun möglich, dem Kunden das nicht-physische Produkt auf digitalem Weg zur Verfügung zu stellen. Neben den legalen neuen Möglichkeiten existieren zum Leidwesen der Tonträgerindustrie allerdings auch die illegalen P2P-Netzwerke.[3]
Dieses existenzielle Problem hat die Tonträgerindustrie seit Ende der 90er Jahre vor riesige Probleme gestellt, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gelöst sind. Daneben konkurriert das Produkt Musik mit anderen Entertainmentangeboten wie z.B. Computerspielen um das Budget der Konsumenten.
Es stellt sich die Frage, wie auf diesen Wandel angemessen reagiert werden kann. Denn Fakt ist, dass die Nichtkäuferquote für Musik bei fast 60 % liegt. Die „Nutzung“ von Musik (unabhängig von der Bezahlung) ist aber in den letzten Jahren nicht gesunken, Musik hat nach wie vor eine sehr große Bedeutung für die Menschen.[4]
Das Ziel dieser Arbeit ist es, mögliche Strategien für die Tonträgerunternehmen aufzuzeigen, mit deren Hilfe es gelingen soll die Krise zu überwinden und die verlorenen sowie potenziellen Kunden davon zu überzeugen, Musik, in welcher Form auch immer, käuflich zu erwerben.
Zunächst sollen die theoretischen Grundlagen herausgearbeitet werden. In diesen soll der Musikmarkt in seiner Komplexität dargestellt werden, wobei insbesondere auf die Folgen der Digitalisierung eingegangen wird.
Daran schließt die Zielgruppenanalyse an, in der eine Verbindung zwischen Ansprüchen und Sinus Milieus in Bezug auf Musik hergestellt wird. Dies soll im Hauptteil der Arbeit aufgegriffen werden und dabei helfen, mögliche Strategien für die Unternehmen der Tonträgerindustrie zu entwickeln.
Bisher gab es seitens der Musikindustrie wenige Anstrengungen, sich näher mit den eigenen Kunden zu beschäftigen und anspruchsgerechte Produkte zu entwickeln. Stattdessen werden für einen anonymen Massenmarkt immer neue Produkte produziert. Aber der Kunde ist mit dieser Form des Angebots scheinbar nicht mehr zufrieden.
Daher werden im Hauptteil der vorliegenden Arbeit mögliche neue Wege der Produktpolitik herausgearbeitet, wobei zwei Schwerpunkte gesetzt werden. Der erste Schwerpunkt befasst sich mit den Chancen und Risiken von Music on Demand, also der Möglichkeit des legalen Musikdownloads. Gerade diese Angebotsform zieht große Aufmerksamkeit der Kunden auf sich. Eine erfolgreiche Umsetzung ist daher von besonderer Bedeutung. Der zweite Schwerpunkt bezieht sich auf die Möglichkeit, mit neuen Produkten und Angeboten aus der Krise zu gelangen. Die Musik-DVD[5] ist ein gelungenes Beispiel. Neben der Musik-DVD spielt der Markt für Rechte eine große Rolle, etwa durch die Zweit- und Drittverwertung von Musik sowie die Vergabe von Lizenzen bspw. für Klingeltöne.[6] Auch die Möglichkeit, durch Produktdifferenzierung neue Angebote zu schaffen, soll im Hauptteil betrachtet werden.
Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung und einem Ausblick.
2. Theoretische Grundlagen
In den theoretischen Grundlagen soll auf die Besonderheiten und Entwicklungen der Musikindustrie eingegangen werden. Zunächst sollen kurz marketingtheoretische Grundlagen herausgearbeitet werden, um die große Bedeutung der Kundenorientierung herauszustellen.
2.1 Marketingtheoretische Grundlagen
Der Marketingbegriff hat sich im Laufe des letzten Jahrhunderts stark verändert. Die ehemalige Herstellerorientierung wurde zunehmend durch eine Kundenorientierung ersetzt. Der Absatzmarkt bzw. der Kunde wird heute ganz in der Tradition nach Gutenberg als Engpass in der Planung gesehen.[7] Marketing befasst sich mit Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen und ihren Kunden. Für Unternehmen besteht die Aufgabe darin, die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden zu entdecken und zu befriedigen, wobei die Kunden sich meist selber nicht darüber im Klaren sind, was sie heute oder geschweige denn morgen wollen. Die Befassung mit Kundenproblemen soll der eigenen Zielverwirklichung dienen.[8]
Laut Homburg hat Marketing eine unternehmensexterne und eine unternehmensinterne Facette. Die unternehmensexterne Facette beinhaltet „die Konzeption und Durchführung marktbezogener Aktivitäten eines Anbieters gegenüber Nachfragern oder potenziellen Nachfragern seiner Produkte.“[9] Marktbezogene Aktivitäten setzen sich aus der Informationsgewinnung über Marktgegebenheiten und aus der Gestaltung des Produktangebots, der Preissetzung, der Kommunikation und dem Vertrieb zusammen. Unternehmensintern müssen dafür die Voraussetzungen geschaffen werden, um die genannten marktbezogenen Aktivitäten effektiv und effizient durchzuführen. Das Ziel ist hierbei eine „optimale Gestaltung von Kundenbeziehungen.“[10]
2.2 Die Musikindustrie
In der Literatur gibt es keine einheitliche Definition für die Musikindustrie. In manchen Quellen wird von der Musikindustrie gesprochen, andere Quellen benutzen den Terminus Tonträgerindustrie oder auch Musikbranche.[11] Daher soll nun eine genauere Abgrenzung des Begriffes Musikindustrie gegeben werden.
2.2.1 Aufbau der Musikindustrie
Abbildung 1: Aufbau der Musikindustrie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kulle, J. (Ökonomie 1998), S. 119
Die Musikwirtschaft ist ein Teil des Medienbereichs. Unter dem Begriff der Musikwirtschaft oder Musikindustrie werden alle Wirtschaftszweige zusammengezählt, „die sich der Herstellung, dem Vertrieb oder der Verwertung von Musikinstrumenten, Musikalien und Tonträgern widmen.“[12]
Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Tonträgerindustrie. Diese umfasst neben den Komponisten, Textdichtern und Interpreten alle Unternehmen, die direkt an der Herstellung, der Vermarktung oder am Vertrieb von Tonträgern beteiligt sind. Bei der Vermarktung und Herstellung von Tonträgern fallen eine Reihe von Einzelaufgaben an, die häufig arbeitsteilig organisiert werden. In Deutschland gibt es die vier großen Major Record Companies (Mayors) Sony/BMG, Universal, EMI und Warner sowie eine große Anzahl kleinerer, so genannter Independent Record Companies (Independents).[13]
Inhaber der Rechte sind die Musikverlage. Die Mayors wiederum sind Eigentümer der größten Musikverlage und somit Besitzer des Großteils der verfügbaren Musikrechte.[14] Die großen Mayors besitzen zudem eigene Produktionsstätten für Tonträger, daneben existieren aber auch unabhängige Hersteller.[15] So können die Mayors vollständig die Produktion und Vermarktung von Tonträgern in Eigenregie durchführen, während die kleineren Independents auf die Infrastruktur eines Mayors angewiesen sind.[16]
Einen weiteren großen Faktor macht der Handel mit seinen vielfältigen Ausprägungen aus, neuerdings auch der Onlinehandel mit Musik als nicht-physischem Produkt. Daher wird auch zwischen dem traditionellen und dem virtuellen Musikmarkt unterschieden.[17]
Neben diesen Hauptakteuren der Tonträgerindustrie gibt es wichtige Einflussfaktoren aus ergänzenden oder nebengelagerten Märkten, die einen großen Einfluss auf den Absatz von Tonträgern ausüben. Zu nennen sind vor allem Konzertveranstaltungen, das Fernsehen, das Radio, die Presse und das Internet.[18] Die Mutterkonzerne der Majors sind meist auch auf diesen Märkten vertreten, bspw. Bertelsmann im Bereich Fernsehen oder Sony als Endgerätehersteller.[19] Der Bereich der Tonträger ist dominant und ein Treiber für die anderen Märkte.[20] Die komplexen Verbindungen zwischen den verschiedenen Märkten machen es aber notwendig, über den Be- griff der Tonträgerindustrie hinauszugehen. So soll in den weiteren Betrachtungen der weiter gefasste Terminus Musikindustrie verwendet werden.
2.2.2 Geschichtliche Entwicklung der Musikindustrie
Schon bei den Urvölkern wurde die Kunst des Musizierens weitergegeben, meist zu kulturellen oder religiösen Zwecken. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine eigene Berufsgruppe der Musiker, die, gegen Bezahlung, ihre Künste an verschiedenen Höfen den Herrschern anbot. Das Komponieren von Stücken reicht ebenfalls weit in das Mittelalter zurück, aber erst die Erfindung des Druckverfahrens durch Gutenberg im Jahre 1450 führte zu einer kommerziellen Verbreitung. Musik wurde durch den Abdruck und die Verteilung von Noten wiederholbar und die Qualität der Auf-führungen vergleichbar. Die Anzahl der Hofmusiker und Komponisten wuchs in der Folgezeit an und die beiden Berufsbilder entwickelten sich auseinander.[21]
Mit dem Machtverlust der Fürsten und Herrscher gegen Ende des 18. Jahrhunderts verloren viele Komponisten und Hofmusiker ihre Existenzgrundlage, da sich die Fürsten oftmals nicht mehr die aufwendigen Hoforchester leisten konnten. Diese Entwicklung führte allerdings auch zur Entstehung der ersten unabhängigen Komponisten, die sich nicht mehr an einen einzelnen Arbeitgeber banden, sondern ihre Kompositionen am Markt anboten und damit ihr Einkommen generierten. So sind Mozart, Haydn und vor allem Beethoven die „Vorläufer einer neuen Generation selbstbewusster Komponisten“.[22]
Um das Massenpublikum anzusprechen, änderte sich die Produk-tion von Notenblättern. Größere industrielle Betriebe lösten die kleinen Gewerbebetriebe ab. Die Musikverlage waren bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts der Mittelpunkt der Wertschöpfungskette in der Musikindustrie, bis sie schließlich durch die Tonträger abgelöst wurden. Im Jahre 1877 gelang es dem Amerikaner Thomas A. Edison den ersten Phonographen zu bauen, der aber anfangs nur als Jahrmarktsensation diente. 1887 erfand der Deutsche Emil Berliner das Grammophon, das sich trotz anfänglichen Schwierigkeiten und patentrechtlichen Klagen durchsetzen konnte. Berliner war es auch, der die Schallplatte aus Schellack erfand.[23] Die Erfindung des Mi-krophons verbesserte und erleichterte die Aufnahmen. In den 20er Jahren nahmen die ersten Radiogesellschaften ihren Betrieb auf. Die Weltwirtschaftskrise 1932 sowie der 2. Weltkrieg beeinträchtigten zwar den Verkauf von Musik, konnten aber an ihrer Beliebtheit nichts ändern. Neben der Schallplatte setzte sich die von Philips 1963 entwickelte Musikkassette (MC) durch.
Ein weiterer großer Sprung für die Musikindustrie war die Erfindung der Compact Disc (CD) durch Sony und Philips. Mit der CD vollzog sich der Wechsel vom analogen zum digitalen Tonträger. Die CD wurde erstmals 1982 für den Markt produziert. Die Vorteile der CD sind ihre größere Unempfindlichkeit, ihre gesteigerte Klangqualität sowie die bessere Handlichkeit.[24]
Ende der 80er Jahre löste die CD die Schallplatte als meistverkauften Tonträger ab.[25] Der große Erfolg der CD liegt aber auch darin begründet, dass die Abspielgeräte schnell zu erschwinglichen Preisen auf dem Markt waren. Die Hersteller von Tonträgern und Abspielgeräten waren sich bewusst, dass die beiden Industrien voneinander abhängig sind. Auch die Verflechtungen von Konzernen, die einerseits in der Herstellung von Tonträgern und andererseits in der Herstellung der Abspielgeräte involviert sind, begünstigten den raschen Siegeszug der CD.[26]
Die Entwicklung der DVD stellt den vorläufigen Höhepunkt physischer Distributionsmedien dar. Damit ist es heute möglich, neben Musik in höchster Qualität auch zusätzliche Inhalte, wie etwa Videos, für den Konsumenten bereitzustellen.[27] Die neuesten Entwicklungen betreffen die nicht-physische Form von Musik als digitale Datei, die somit nicht mehr an ein physisches Distributionsmedium gebunden ist.[28]
Neben den technischen Entwicklungen zeichnete sich das 20. Jahrhundert vor allem durch seine Vielfalt an Musikstilen aus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts handelte es sich bei Tonaufnahmen noch hauptsächlich um Aufnahmen von klassischen Künstlern. In den 20er Jahren begann die Ära des Jazz und Blues.[29] Ab den 30er Jahren prägte der Swing-Musikstil die Musikindustrie, der durch den Einsatz in Radiostationen an großer Beliebtheit gewann.[30]
Die nächste große musikalische Revolution stellt der Rock ´n´ Roll dar. Stars wie Elvis Presley sorgten ab den 50er Jahren für die erste Krise der großen Plattenfirmen. Anfangs wurde die Erfolgswahrscheinlichkeit des Rock ´n´ Roll unterschätzt, sodass die kleineren Plattenfirmen mit unbekannten Künstlern große Hits verbuchen konnten. Erst allmählich erkannten die marktbeherrschenden Plattenfirmen dieses Potenzial, auch weil sich ihre eigenen Marktanteile binnen fünf Jahren beinahe halbierten. Häufig lag dies einfach daran, dass ihre Vorstandsvorsitzenden mit dem neuen Musikstil nichts anfangen konnten.
Die 60er und 70er Jahre wurde in der Folgezeit durch Beat- und Rockmusik dominiert. Die Idole waren die Beatles oder die Rolling Stones. Neben dem vorherrschenden Mainstream entwickelten sich auch eine große Anzahl weiterer Stile. So stand z.B. die Punkmusik für die Protesthaltung vieler Jugendlicher und die gesamte Punkbewegung war eine Subkultur, die gegen die geltenden gesellschaftlichen Werte ankämpfte. Außer der Punkmusik entstanden so auch Heavy Metal, Disco Music oder der aus Amerika stammende Hip Hop. In den späten 80er Jahren kam mit der Techno Music ein neuer Musikstil auf, der eine große Jugendbewegung auslöste. Aktuell sind somit eine Vielzahl verschiedener Musikstile zu beobachten, die Ausdruck der gesteigerten Individualität der Konsumenten sind.[31]
2.3 Der Tonträgermarkt
Der Tonträgermarkt sieht sich verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die im Folgenden betrachtet werden sollen. Dabei steht der Einfluss der Digitalisierung im Vordergrund.
2.3.1 Musik als Absatzobjekt
Bei Musik als Produkt wird zwischen einer Live-Darbietung und der Konservierung auf einem Tonträger unterschieden.[32] Unter einem Tonträger versteht man „die körperliche Verwertungsform eines ursprünglich immateriellen (d.h. unkörperlichen) Wirtschaftsgutes. Musik wird durch den Tonträger in der gespeicherten Form beliebig wiederholbar und damit als Ware handelbar“.[33]
Musik kann als Produkt in vielen verschiedenen Varianten vermarktet werden. Die klassischen Angebotsformen sind der Verkauf von Musik über Tonträger. Auch die Vergabe von Lizenzen bspw. für den Einsatz von Musik in der Werbung hat sich etabliert. Neben dieser klassischen Sicht von Musik als Produkt gibt es aufgrund der rasanten technischen Entwicklungen der letzten Jahre weitere Absatzmöglichkeiten für Musik wie z.B. Klingeltöne für Handys oder Musik in digitaler nicht-physischer Form für den PC oder den MP3-Player.
Die Ubiquität von Musik, z.B. im Radio, Internet und Fernsehen sowie der Preiskampf mit Musikprodukten im Handel haben in den letzten Jahren zu einem Wertverlust von Musik geführt. Daneben gibt es die Möglichkeit, wenn auch meist illegal, sich kostenlos mit Musik aus dem Internet zu versorgen.[34] Insgesamt ist die Preisakzeptanz für Tonträger stark gesunken.[35]
Die Problematik des Werteverlustes von Musik ist bedrohlich für die Musikindustrie, da zwischen 20 und 30 % der verkauften Tonträger Geschenkkäufe sind. Ein Wertverlust kann somit dazu führen, dass der Umsatz weiter einbricht, da Musik als Geschenk an Beliebtheit verliert.[36]
2.3.2 Einfluss der Digitalisierung
Unter Digitalisierung versteht man „die Transformation von analogen Signalen in digitale Daten. Digitale Informationen können von Computerprozessoren sowohl verarbeitet als auch über große Entfernungen in Netzwerken transportiert werden“.[37]
Durch die Digitalisierung von Musik mit der Einführung der CD entstand die Möglichkeit, Musik als digitale Datei zu speichern.[38] Der Vorteil digitaler Produkte liegt in ihrer Nicht-Abnutzbarkeit, Veränderbarkeit und Reproduzierbarkeit.[39]
Aber erst das vom Fraunhofer Institut im Jahre 1994 entwickelte MP3-Format brachte den traditionellen Tonträgern neue Konkurrenz. Durch diese Erfindung ist es möglich, eine digitale Musikdatei soweit zu komprimieren, dass sie nur etwa ein Zwölftel ihrer herkömmlichen Größe besitzt ohne dabei Qualitätseinbußen zu erlangen.[40] Zum Abspielen von MP3-Dateien braucht man spezielle Software wie etwa den Windows Media Player für den PC oder einen portablen MP3-Player, der die digitalen Dateien decodiert.[41] Durch immer schnellere Internetzugänge war es bereits Ende der 90er Jahre möglich, Musikdateien aus dem Internet zu downloaden oder zu versenden.[42]
Die Nutzung von Servern[43] zum Zwecke des illegalen Musikdownloads begann an amerikanischen Universitäten. Studenten nutzten die schnellen Netzwerke in der Universität, um Musik im neuen MP3-Format anzubieten und zu tauschen. Die Musikindustrie sah sich einer wachsenden Bedrohung gegenüber, der sie durch gerichtliche Klagen versuchte Herr zu werden. Doch die Universitätsserver waren nur der Beginn. Mit der Einführung des P2P-Netzwerkes Napster durch den Studenten Shawn Fanning entstand ein schon bald weltübergreifendes Netzwerk, in dem sich jeder Nutzer kostenlos mit Musik versorgen konnte.[44] Nutzer der Software haben die Möglichkeit, die Festplatten anderer Nutzer nach Dateien zu durchsuchen und untereinander zu tauschen. Nach dem Download der Dateien stehen diese den Nutzern auf der eigenen Festplatte zur Verfügung. Im Falle von Napster bearbeitete ein zentraler Server die Suchanfragen.[45] Der erst 18-jährige Informatikstudent Fanning veränderte durch seine Software die Musikindustrie. Zu Spitzenzeiten war Napster bei über 70 Millionen Nutzern auf dem heimischen PC zu finden. Ca. 3,5 Milliarden Dateien standen zur Verfügung.[46]
Das Verbot von Napster nach monatelangen Rechtstreiten führte zu den heutigen dezentralen Netzwerken, wie etwa eDonkey, in denen kein Hauptverantwortlicher mehr zur Rechenschaft gezogen werden kann, da sie ganz ohne zentrale Server funktionieren. Der Aufkauf Napsters durch Bertelsmann sollte zu einer Nutzung der beliebten Tauschbörsen zu legalen Zwecken dienen, scheiterte jedoch am Widerstand der anderen Musik-Majors, sodass Bertelsmann Napster später wieder verkaufen musste.[47]
Aktuell sieht sich die Musikindustrie Millionen von Nutzern gegenüber, die sich kostenlos und vor allem bequem die von ihr produzierten Inhalte aus dem Internet herunterlädt.[48] In der jüngsten Vergangenheit geht die Musikindustrie daher vermehrt gerichtlich gegen einzelne Nutzer von Tauschbörsen vor. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist aber nicht abzusehen und zumindest fragwürdig. Allerdings könnte das System der Abschreckung dazu führen, dass Gelegenheitsnutzer von Tauschbörsen verunsichert werden.[49] Das Problem der Musikindustrie dabei ist, dass die von ihnen verklagten Nutzer der Tauschbörsen zumindest teilweise ihre eigenen Kunden sind.[50]
Die Digitalisierung hat auch zu rechtlichen Änderungen und Missverständnissen geführt. Die musikalischen Werke sind in Deutschland durch das Urheberrecht geschützt. Allerdings muss zwischen den Urheberrechten für den Komponisten oder Textdichter eines Werkes und den Leistungsschutzrechten für die möglichen Interpreten und den an der Herstellung des Werkes beteiligten Produzenten und Tonträgerherstellern unterschieden werden. Urheberrechte sind nicht übertragbar. Vielmehr können so genannte Nutzungsrechte eingeräumt werden.[51] Diese können räumlich, zeitlich oder inhaltlich eingeschränkt werden. Die Problematik des Internets besteht in seiner Globalität, da es schwierig ist, den Ort der vertraglich eingeräumten Nutzungsrechte einzugrenzen.
Das Kopieren von Musik, bspw. mit Hilfe eines CD-Brenners, ist in Deutschland generell erlaubt. Allerdings nur, wenn es sich um eine Privatkopie handelt und wenn keinerlei Schutzmechanismen, wie etwa ein auf der CD vorhandener Kopierschutz, umgangen werden.[52] Das Tauschen von Dateien in Tauschbörsen ist nicht verboten, wenn es sich dabei nicht um Dateien handelt, die aus illegalen Quellen stammen. Weiterhin muss es für den Nutzer der Tauschbörse ersichtlich sein, dass es sich um kein rechtswidriges Angebot handelt. Gerade diese Sachverhalte lassen Raum für Interpretationen offen.[53]
Die digitale Revolution hat somit zu der paradoxen Situation geführt, dass mit dem Verkauf einer einzigen Original-CD der Bedarf aller potenziellen Konsumenten gedeckt werden könnte.[54] Der Aufbau eigener legaler Downloadplattformen kommt nur schleppend voran. Ein Grund hierfür ist die Angst der Anbieter, dass die digitalen Inhalte einfach kopiert werden. Zum Schutz vor unautorisierten Kopien entwickelte die Industrie Schutzmechanismen, die unter dem Begriff Digital Rights Management (DRM) zusammengefasst werden. Mit Hilfe von DRM können Nutzungsbedingungen für digitale Musikdateien aufgestellt werden. So kann durch DRM z.B. die Anzahl der möglichen Kopien einer Datei begrenzt werden oder die Verwendung ausschließlich auf einem PC vorgeschrieben werden. Nach Ablauf zeitlich begrenzter Nutzungsrechte wird die Datei unbrauchbar.
In der Praxis werden die neuen Schutzmechanismen aber meist sehr schnell umgangen. Gerade erst wurde der Schutz des Windows Media Players durch Unbekannte geknackt.[55] Ähnlich lief es schon mit den Kopierschutzmaßnahmen für CDs, die entweder sofort umgangen wurden oder zum Ärger bei den zahlenden Konsumenten führte, da CDs nicht mehr in jedem CD-Player oder Computer abspielbar waren.[56]
2.3.3 Umsatz- und Absatzentwicklung
Während der deutsche Tonträgermarkt in der Vergangenheit kräftig wuchs, vor allem dank der Einführung der CD und der deutschen Wiedervereinigung, ist seit Mitte der 90er Jahre eine Stagnation erkennbar.[57] Seit 1998 geht der Umsatz kontinuierlich zurück. Betrug der Umsatz 1997 noch € 2,748 Mrd., so lag er 2005 nur noch bei € 1,746 Mrd. (Anhang 1).[58] Auch in anderen Ländern ist der gleiche Trend zu beobachten. So ging der weltweite Umsatz von Tonträgern von $ 39,8 Mrd. im Jahre 1996 auf $ 32,4 Mrd. in 2004 zurück. Deutschland liegt im internationalen Vergleich hinter den USA, Japan und Großbritannien auf dem vierten Platz der weltweit wichtigsten Tonträgermärkte, gemessen am Umsatz.[59]
[...]
[1] Downloaden bedeutet Inhalte aus dem Internet bspw. auf den heimischen Computer zu transferieren.
[2] MP3 steht für „MPEG-1 Audio Layer 3“ und ist eine Komprimierungstechnik für digitale Musikdateien, die deren Größe bei gleich bleibender Qualität auf ungefähr ein Zwölftel der Ursprungsgröße reduziert.
[3] P2P bedeutet „Peer-to-Peer“ und meint damit „Gleiche-unter-Gleichen“. Ein P2P-Netzwerk bezeichnet die meist illegale Form des Datentausches zwischen Nutzern im Internet mit Hilfe dafür vorgesehener Software.
[4] vgl. Oldendorf, A. (Tendenzen 2003), S. 115
[5] DVD = Digital Versatile Disc; die DVD besitzt eine deutlich höhere Speicherkapazität (max. 8,5 Gigabyte = 8704 Megabyte ) gegenüber der CD (max. 800 Megabyte), bedarf aber eines eigenen Abspielgerätes, dem DVD-Player (oder eines DVD-Laufwerkes im PC)
[6] Hiermit sind musikalische Klingeltöne gemeint, die oftmals auf aktuellen Musikhits basieren.
[7] vgl. Meffert, H. (Marketing 2000), S. 3f.
[8] vgl. Koppelmann, U. (Produktmarketing 2001), S. 1ff.
[9] Homburg, C./Krohmer, H. (Marketingmanagement 2003), S. 10f.
[10] vgl. ebenda, S. 11
[11] vgl. Torkler, A./Künne, A. (Managing Recording 2005), S. 113
[12] Schulze, R. D. (Die Musikwirtschaft 1996), S. 42
[13] vgl. Reineke, K. (Marketingstrategien 2000), S. 86f.
[14] vgl. Kulle, J. (Ökonomie 1998), S. 214
[15] vgl. Schmidt, C. (Organisation 2003), S. 217
[16] vgl. Conen, M. (Tonträgermarketing 1995), S. 40f.
[17] vgl. Reineke, K. (Marketingstrategien 2000), S. 79f.
[18] vgl. Vogel, H. L. (Entertainment 2001), S. 152
[19] vgl. Bauckhage, T. (Das Ende 2002), S. 62
[20] vgl. Steinkrauß, N. (Wettbewerbsanalyse 2005), S. 25
[21] vgl. Kulle, J. (Ökonomie 1998), S. 5f.
[22] vgl. Tschmuck, P. (Kreativität 2003), S. 12f.
[23] vgl. Kulle, J. (Ökonomie 1998), S. 8ff.
[24] vgl. ebenda, S. 15f.; vgl. Rudorf, R. (Geschichte 2003), S. 167ff.
[25] vgl. Schulze, R. D. (Die Musikwirtschaft 1996), S. 69
[26] vgl. Kulle, J. (Ökonomie 1998), S. 24ff.
[27] vgl. Klein, M. (Marktpotenzial 2003), S. 84ff.
[28] vgl. Neef, P./Blömer, H. (Konvergenztechnologie 2003), S. 101ff.
[29] vgl. Tschmuck, P. (Kreativität 2003), S. 51ff.
[30] vgl. ebenda, S. 111ff.
[31] vgl. ebenda, S. 179ff.; vgl. Reineke, K. (Marketingstrategien 2000), S. 119f.
[32] vgl. Reineke, K. (Marketingstrategien 2000), S. 78
[33] Kulle, J. (Ökonomie 1998), S. 118
[34] vgl. van Deelen, I. (This is the end 2000), S. 11; vgl. Mucha, P./Caspar, M. (Managing Vertrieb 2005), S. 161
[35] vgl. Wiedmann, K.-P. et al. (Internet 2001), S. 5
[36] vgl. Conen, M. (Tonträgermarketing 1995), S. 35
[37] Bauckhage, T. (Das Ende 2002), S. 14
[38] vgl. Wirtz, B. W. (Medien- und Internetmanagement 2001), S. 354
[39] vgl. Luxem, R. (Digital Commerce 2001), S. 24f.
[40] vgl. Hofer, M. (Medienökonomie 2000), S. 142; Anm. d. Verf.: Eine Minute Musik im MP3-Format, in der Standard CD Qualität von 128 Kbit/s (Kilobit pro Sekunde), ist etwa 1 Megabyte groß.
[41] vgl. Bauckhage, T. (Das Ende 2002), S. 24
[42] vgl. Haertsch, P. (Wettbewerbsstrategien 2000), S. 152
[43] Computer, auf den andere Computer zugreifen, um Daten abzufragen.
[44] vgl. Friedrichsen, M. et al. (Die Zukunft 2004), S. 41ff.
[45] vgl. Bauckhage, T. (Das Ende 2002), S. 25
[46] vgl. Becker, J. et al. (Peer-to-Peer-Netzwerke 2005), S. 201
[47] vgl. Renner, T. (Kinder 2004), S. 153ff.
[48] vgl. ebenda, S. 157
[49] vgl. Becker, J. et al. (Peer-to-Peer-Netzwerke 2005), S. 204f.
[50] vgl. Friedrichsen, M. et al. (Die Zukunft 2004), S. 67 und S. 127f.
[51] vgl. Wiedmann, K.-P. et al. (Innovative 2004), S. 11f.
[52] vgl. ebenda, S. 40f.
[53] vgl. Ventroni, S. (Copyrights 2005), S. 55ff.; vgl. (http://www.urheberrecht. org/topic/Korb-2/bmj/749.pdf 2004) am 30.08.06
[54] vgl. Bauckhage, T. (Das Ende 2002), S. 74f.
[55] vgl. (http://www.pop100.com/news_detail.php3?id=3502 2006) am 29.08.06
[56] vgl. Röttgers, J. (Mix 2003), S. 94f.
[57] vgl. Reineke, K. (Marketingstrategien 2000), S. 140
[58] vgl. (http://www.ifpi.de/jb/2006/umsatz.pdf 2006) am 25.07.06
[59] vgl. (http://www.ifpi.de/jb/2006/internationales.pdf 2006) am 25.07.06
- Quote paper
- Martin Alker (Author), 2006, Musik als Absatzobjekt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199570
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