Inklusion als bewegungspädagogische Aufgabe im Freizeit- und Vereinssport


Bachelorarbeit, 2012

36 Seiten, Note: 13 Punkte


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition des Begriffs Behinderung

3. Inklusion
3.2 Rechtliche Grundlagen von Inklusion
3.2.1 Die Salamanca Erklärung
3.2.2 UN-Behindertenrechtskonvention

4. Bewegungspädagogik
4.1 Bedeutung und Funktion von Bewegung
4.2 Entwicklung und Veränderung in der Bewegungspädagogik für Menschen mit Behinderungen
4.3 Handlungsfelder der Bewegungspädagogik
4.4 Möglichkeiten und Grenzen für Inklusion in der Bewegungspädagogik
4.4.1 Beispiele aus dem inklusiven Schulsport
4.4.2 Möglichkeiten und Grenzen der Inklusion am Beispiel des Schulprojekts ARATIS

5. Fazit

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema der vorliegenden Bachelorarbeit lautet: 'Inklusion als bewegungspädagogische Aufgabe'. Dem Begriff der Inklusion wird im Behindertenwesen eine immer größer werdende Bedeutung zugeschrieben, dies bezieht sich auf die unterschiedlichsten Bereiche menschlichen Lebens wie zum Beispiel Schule, Arbeit, Wohnen, Freizeit und das gesellschaftliche Leben. In der Entwicklung des Behindertenwesens mit Blick auf Inklusion stehen verstärkt der schulische sowie der berufliche Lebensbereich im Vordergrund. Ich gehe in dieser Arbeit im Allgemeinen auf den Bereich der Freizeit ein und im Besonderen wird der Fokus dabei auf den bewegungspädagogischen Aspekt im Freizeit- und Vereinssport gelegt.

Den Ausgangspunkt für den Themenschwerpunkt dieser Arbeit bildet das Buch „Inklusion als bewegungspädagogische Aufgabe - Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam im Sport“ von Friedhold Fediuk (2008a). Dort werden verschiedene Konzepte, Ansätze und Ideen bezüglich des Wandels von der Integration zur Inklusion beschrieben. Darauf aufbauend wird der Zusammenhang von Inklusion und der Bewegungspädagogik beleuchtet. Ein abschließender Artikel in dem Buch von Friedhold Fediuk widmet sich der Darstellung eines Modellprojekts aus Deutschland. Das Projekt zur Förderung integrativer Ferien- und Freizeitangebote (PFiFF e. V.) bietet unter anderem Eltern und Angehörigen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen die Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Sportverein, des weiteren unterstützt der PFiFF e. V. Vereine bei der konkreten Umsetzung integrativer Angebote. Dies kann von Ratschlägen bis hin zu personeller Unterstützung und Hilfsmitteln reichen. Die Tätigkeitsfelder des PFiFF e. V. sind vielseitig, zusätzlich können Hilfestellungen bei Ämtern, Behörden, Krankenkassen und ähnlichem in Anspruch genommen werden. Auch Fort- und Weiterbildungen in den Bereichen von Planung, Fallbesprechung und Supervision gehören dazu (vgl. Markowetz, R. (2008) S.183 ff.).

Dabei stellt sich folgende Fragestellung: Ist es möglich durch bewegungspädagogische Angebote im Freizeit- und Vereinssport Kinder und Jugendliche mit Behinderungen nach dem Prinzip der Inklusion die Teilhabe und Partizipation in der Gemeinschaft zu verbessern?

Im folgenden Kapitel wird zunächst der Begriff der Behinderung nach der Weltgesundheitsorganisation definiert. Dies dient als Grundlage, um ein Verständnis dafür zu geben, um welche Zielgruppe es sich handelt.

Im dritten Kapitel wird das Konzept der Inklusion genauer dargestellt. Dabei werden die Entwicklungen in der Rehabilitationspädagogik von der Exklusion bis hin zur Inklusion erläutert, um anschließend die Veränderungsprozesse für Schule, Pädagogik und Gesellschaft in diesen Entwicklungen darzustellen. Zusätzlich gibt es einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen von Inklusion.

Im vierten Kapitel wird der Bereich der Bewegungspädagogik genauer beschrieben. Dafür wird zunächst die Bedeutung und Funktion von Bewegung für Menschen mit und ohne Behinderungen vertieft, darauf aufbauend werden die Entwicklungen und Veränderungen in der Bewegungspädagogik für Menschen mit Behinderung dargestellt. Des Weiteren werden die Handlungsfelder der Bewegungspädagogik herausgearbeitet um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie die Inklusion im Freizeit- und Vereinssport ablaufen und an welche Grenzen gestoßen werden kann. Die Möglichkeiten werden in diesem Kapitel am Beispiel von Erfahrungen aus dem inklusiven Schulsport und deren Umsetzungsmöglichkeiten vorgestellt.

In dem fünften Kapitel wird anhand eines Modellprojekts aufgezeigt, wie die Inklusion von Kindern und Jugendlichen praktisch in den Breitensport umgesetzt werden kann.

2. Definition des Begriffs Behinderung

Der Begriff der Behinderung kann auf unterschiedliche Weise definiert werden. Diese Arbeit richtet sich mit dem Begriff der Behinderung nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und richtet sich nach den Modellen „International Classification of Diseases and Related Health Problems, Tenth Revision“ (ICD-10) und der neueren, ergänzenden „Classification of Functioning, Disability and Health“ (ICF). Diese Eingrenzung ist von Vorteil, da es in diesem Feld viele unterschiedliche Definitionen und Standpunkte gibt, die im Rahmen dieser Bachelorarbeit nicht alle zum Tragen kommen können. Daher habe ich mich entschlossen diese einzuschränken und werde die folgende Definition als Ausgangsbasis für diese Arbeit nutzen:

„ Die ICD-10 stellt eine „ Diagnose “ von Krankheiten, Gesundheitsstörungen oder anderen Gesundheitszuständen zur Verfügung, und diese Information wird mit zusätzlichen Informationen zur Funktionsfähigkeit, welche die ICF liefert, erweitert. Informationenüber Diagnosen (ICD-10) in Verbindung mit Informationenüber die Funktionsfähigkeit (ICF) liefern ein breiteres und angemesseneres Bildüber die Gesundheit von Menschen oder Populationen, welches zu Zwecken der Entscheidungsfindung herangezogen werden kann. “ (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005) S. 10)

Im Jahr 2000 hat die WHO das Modell ICD-10 zur Definition von Behinderung veröffentlicht. Dabei geht es nicht mehr nur darum jeden betroffenen Menschen individuell zu Kategorisieren, sondern die gesamten Fähig- und Fertigkeiten in den Mittelpunkt zu rücken und dabei gleichzeitig die gesamte Lebenswelt mit all ihren Ressourcen und Einschränkungen zu betrachten. Es gibt drei Faktoren, die bei der Feststellung einer Behinderung einbezogen werden. Der erste Faktor berücksichtigt, ob eine Person Störungen und Schädigungen der Körperfunktionen und -strukturen aufweist. Der zweite Faktor ist darauf ausgelegt zu bewerten, ob bei einer Person Störungen der Aktivitäten vorliegen und der dritte Faktor beschäftigt sich mit der Beeinträchtigung der Teilhabe der betroffenen Person. Wenn eine oder mehrere dieser Faktoren auf eine Person zutreffen, kann davon ausgegangen werden, dass eine Behinderung vorliegt. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass ein Grad der Schwere einer Behinderung nicht nur von der einzelnen Personen abhängt, sondern auch stark durch die Umwelt und ihre Gegebenheiten geprägt ist (vgl. Schmid, I. (2003) S. 18 f.).

„ 1) Störungen und Schädigungen der Körperfunktionen und -strukturen (impairment)

Nervensystem, kardiovaskuläres System, Verdauungssystem, endokrine Funktionen, Sinnesorgane und damit zusammenhängende Strukturen, Stimme und Sprachbildungsorgane, Haut- und Hautanhangsgebilde, Immun- und Atemsysteme, Harn- und Geschlechtsorgane

2) Störung der Aktivitäten (activities)

Lernen und Wissensanwendung, Kommunikation, interpersonelle Aktivitäten, elementare Bewegungsaktivität, Handhabung von Gegenständen, Fortbewegung, Selbstversorgung, häusliche Aktivität, Aufgabenbewältigung und Lebensaktivität

3) Beeinträchtigung der Teilhabung (partizipation)

an persönlicher Selbstversorgung, Mobilität, sozialen Beziehungen, der Hilfe für andere, Bildung und Ausbildung, Erwerbsarbeit und Beschäftigung, der Gemeinschaft, am Informationsaustausch, häuslichen, sozialen und gesellschaftlichen Leben “ (Schmid, I. (2003) S. 19)

Die ICF- Klassifikationen als Ergänzung zur ICD-10, dienen ganz allgemein dazu, eine Basis zu finden, die sowohl einheitlich als auch standardisiert in Form und Sprache eine Orientierung für die Beschreibungen von Gesundheit und den damit verbundenen Zuständen zu bieten (vgl. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005) S.9). Mit Hilfe der ICF werden über die ICD-10 hinaus, gesellschaftliche Kontextfaktoren mit einbezogen und somit deutlich gemacht welche Wechselbeziehung zwischen Behinderung und Gesellschaft besteht. Der Begriff der Behinderung wird somit Vielschichtiger definiert als dies in anderen Definitionen von Behinderungen der Fall ist (vgl. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005) S.16). Das nachfolgende Schaubild beschreibt den mehrperspektivischen Zugang des Bio-psycho-sozialen Modells der ICF (vgl.

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005) S. 23).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Das Bio-psycho-soziale Modell der ICF (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005) S. 23)

Anhand des Schaubilds ist zu erkennen, dass es ein Gesundheitsproblem (Störung oder Krankheit) nicht nur der einzige zu berücksichtigende Faktor ist, der einen Menschen in seiner 'Behinderung' definiert. Im Zentrum der Beschreibung des Gesundheitsproblems stehen in wechselseitiger Wirkung in gleicher Weise die Körperfunktionen und Strukturen, Aktivitäten, die möglicherweise wahrgenommen werden oder von denen die jeweilige Person ausgeschlossen ist und ebenso die Partizipation. Diese drei Teilaspekte sind maßgeblich von den unterschiedlichen Umweltfaktoren und den personenbezogenen Faktoren bestimmt (vgl. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005), S. 23f.).

Die ICF entfernt sich demnach vom klassischen Krankheitsmodell hin zur bio-psycho- sozialen Betrachtung des Menschen und aus der ursprünglichen Orientierung, die 4 ausschließlich an Defiziten orientiert war. Sie richtet sich mit den Veränderungen nach den vorhandenen Ressourcen und gleichermaßen den Defiziten, um ein möglichst umfassendes Bild von dem Menschen zu bekommen.

Selbst nach einer solchen Weiterentwicklung des Begriffs der Behinderung macht die WHO deutlich, dass es keine endgültige Definition von Behinderung gibt, sondern die Entwicklung des ICF eine Hilfestellung bieten kann.

„ Insbesondere ist sich die WHO darüber bewusst, dass gerade auch die in dieser Klassifikation verwendeten Begriffe als Stigma oder Etikette wirken können. Aus diesem Grund wurde bereits früh im Revisionsprozess entschieden, den Begriff "Handicap" ganz fallen zu lassen und "Behinderung" nicht als Bezeichnung einer Komponente zu verwenden, sondern ausschlie ß lich als einen allgemeinen Oberbegriff. “ (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005) S. 171)

Eine Definition von Gesundheit ist idealerweise so zu verstehen, dass sich auch Menschen mit Behinderungen in gleicher Weise gesund fühlen, wie Menschen ohne Behinderungen es auch tun oder sich eben krank fühlen, wenn sie zum Beispiel einen grippalen Infekt haben. Dieses Empfinden, ob sich jemand gesund oder krank fühlt ist ganz individuell zu betrachten und hat auch einen Zusammenhang zu den sozialen Kontexten, in denen sich die jeweilige Person befindet.

In Anlehnung an die ICF wurde im SGB IX der Begriff der Behinderung in §2 Abs. 1 wie folgt definiert:

„ (...) wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (SGB IX, 2001). “ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011) S. 10)

3. Inklusion

In diesem Kapitel wird der Fokus auf den Begriff der Inklusion gelegt. Es werden die Entwicklungen der Rehabilitationspädagogik anhand der Begriffe Exklusion, Segregation, Integration, Inklusion und der allgemeinen Pädagogik nach Alfred Sander dargestellt. Des Weiteren bezieht sich dieses Kapitel auf die Veränderungsprozesse für Schule, Pädagogik und Gesellschaft unter dem Aspekt der Inklusion.

Die rechtlichen Grundlagen und verbindlichen Vereinbarungen zur Unterstützung der Inklusion werden anhand der Salamanca Erklärung aus dem Jahr 1994 und der UNBehindertenrechtskonvention von 2008 dargestellt.

3.1 Entwicklungen in der Rehabilitationspädagogik - Veränderungsprozesse für Schule, Pädagogik und Gesellschaft

In der Rehabilitationspädagogik können die einzelnen Begriffe nach dem jeweiligen Blickwinkel auf unterschiedliche Weise gebraucht und verstanden werden. Besonders bei den Begriffen der Integration und Inklusion ist es von Bedeutung eine klare Ausgrenzung vorzunehmen. In dem Zusammenhang der Entwicklungen in der Rehabilitationspädagogik wird einleitend auf die Begriffe Exklusion und Segregation sowie Integration und Inklusion eingegangen. Beispielhaft werden diese Begriffe auf das Bildungswesen angewendet. Die Entwicklung der schulischen Förderung von Menschen mit Behinderung lässt sich nach Alfred Sander in fünf Stufen einteilen. Inklusion stellt nach diesem Konzept die vierte Stufe dar.

Sander geht bei dieser Einteilung davon aus, dass Exklusion die erste Stufe bildet. Der Begriff Exklusion beschreibt eine Phase in der Kinder und Jugendliche von dem System der schulischen Bildung und Erziehung ausgeschlossen werden und ihnen die Fähigkeit abgesprochen wird, am Bildungs- und Erziehungssystem teilhaben zu können. Die zweite Stufe wird maßgeblich durch den Begriff der Segregation geprägt. In dieser Entwicklungsstufe haben bereits fast alle Kinder und Jugendliche die Möglichkeit im Bildungs- und Erziehungssystem teilhaben zu können. Jedoch sind Menschen mit besonderen Förderbedürfnissen stark abgegrenzt von Regelschulen. Sie werden nicht nur räumlich abgegrenzt sondern erhalten auch von den Regelschulen stark abweichende Angebote, Berechtigungen und Abschlüsse. Gerechtfertigt wird dies auf Grund der großen Unterschiede von Menschen mit und ohne Behinderung (vgl. Sander, A. (2003) S. 121ff.).

Der Begriff Integration wird von Sander in der dritten Phase angeführt. Integration steht in dem Zusammenhang des Bildungs- und Erziehungssystems für den Zugang von Menschen mit besonderem Förderbedarf in Regelschulen. Jedoch wird in dieser Phase nach wie vor zwischen den 'Normalen' und den 'Abweichenden' unterschieden (vgl. Sander, A. (2003) S. 121ff.).

Inklusion kommt schließlich in der vierten Stufe zum Tragen. Inklusion bedeutet im Allgemeinen so viel wie die totale Akzeptanz aller. Das bedeutet mit der Übertragung auf das Bildungs- und Erziehungssystem, dass alle SchülerInnen in gleicher Weise anerkannt werden und es keine Differenzierung mehr gibt. Das Hervorheben von Normalität hat in dieser Stufe keine Relevanz mehr (vgl. Sander, A. (2003) S. 121ff.). Die allgemeine Pädagogik beschreibt nach Sander die abschließende fünfte Stufe. In dieser Phase wird davon ausgegangen, dass es keine besondere Beschreibung mehr geben muss, da es keine Unterscheidung und Einteilung der SchülerInnen gibt. Vielfalt soll als der Normalfall anerkannt werden und nicht mehr mit besonderen Begriffen hervorgehoben werden. Als Grundlage für die Stufe der allgemeinen Pädagogik sind die Stufen der Integration und der darauf aufbauenden Inklusion ausschlaggebend. Sie bilden das Gerüst und lenken das System in die angestrebte Richtung (vgl. Sander, A. (2003) S. 121ff.).

Den Begriff Inklusion findet man bereits seit einigen Jahren auch im deutschen Sprachgebrauch, besonders in der Fachdebatte ist er verstärkt vertreten. In Europa wurde Inklusion erstmals durch die Salamanca Erklärung bekannt. Die umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben soll durch den Begriff der Inklusion hervorgehoben werden (vgl. Schöler, J. (Hrsg.) (2000) S. 151 ff.).

3.2 Rechtliche Grundlagen von Inklusion

In diesem Kapitel werden die Salamanca Erklärung, sowie die UN- Behindertenrechtskonvention näher erläutert. Sie sollen ein Verständnis dafür vermitteln, in welchem Rahmen sich die Inklusion entwickelt und welche Maßnahme für die Umsetzung ergriffen werden. Ebenso wie in der Salamanca-Erklärung, wird auch in der UN-Behindertenrechtskonvention in der deutschen Sprache das Wort Integration verwendet. In der englischen Fassung geht es jedoch um 'inclusion'. Hierbei handelt es sich um einen 'Übersetzungsfehler'. Inhaltlich ist nicht Integration sondern Inklusion gemeint.

3.2.1 Die Salamanca Erklärung

Die Salamanca Erklärung wurde 1994 in dem spanischen Ort Salamanca beschlossen. Es ist ein Ergebnis der Weltkonferenz „Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang und Qualität“. Die Konferenz wurde von der spanischen Regierung und der „United Nations Educational Scientific and Cultural Organization“ (UNESCO) organisiert. Mitglieder bei diesem Treffen waren nicht nur Erziehungs- und Verwaltungsbeamte und Politiker, sondern auch Vertreter der Vereinten Nationen, sowie weitere internationale Institutionen, aber auch nichtstaatliche Regierungsorganisationen und Spendenorganisationen. Insgesamt nahmen 92 Regierungen und 25 internationale Organisationen teil. Ziel der Erklärung ist eine „Schule für Alle“. „ Die Konferenz nahm die Salamanca Erklärungüber Prinzipien, Politik und Praxis in der Pädagogik für besondere Bedürfnisse und einen Aktionsrahmen an. “ (UNESCO (1994) S.1) Es wird gefordert, dass Menschen mit besonderem Förderbedarf in das Regelschulwesen eingeschlossen werden (vgl. UNESCO S.1).

Als Ausgangslage wird davon ausgegangen, dass jedes Kind seine ganz individuellen Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten besitzt, die es im Schulsystem zu fördern gilt. Diese Förderung soll durch den Zugang in Regelschulen gewährleistet werden. Darüber hinaus kann durch die Eingliederung von Schülern mit besonderen Bedürfnissen an Regelschulen, die Toleranzhaltung positiv geformt werden, eine bessere Gemeinschaft geschaffen werden und die Bildung aller SchülerInnen effektiver gestaltet werden. Zusätzlich kann mit diesem Konzept das Kosten-Nutzen-Verhältnis des kompletten Schulsystems verbessert werden (vgl. UNESCO (1994) S. 2).

Mit der Salamanca Erklärung werden die teilnehmenden Regierungen aufgefordert, ihre jeweiligen Schulsysteme dahin gehend zu überprüfen und zu verändern, dass allen SchülerInnen die Möglichkeit geboten wird in das Regelschulsystem aufgenommen zu werden und unabhängig von ihren individuellen Unterstützungsbedürfnissen einen Platz im System zu finden. Zu den Aufgaben die mit der Salamanca Erklärung auf die jeweiligen Regierungen übertragen werden, zählt unter anderem der Austausch mit anderen Ländern, die das vorgesehene inklusive Schulsystem bereits praktizieren, um somit Pilotprojekte in Gang zu bringen und mit bereits gesammelten Erfahrungen zu unterstützen. Ebenso sollten alle Beteiligten in Planungsprozesse und die Entwicklung neuer Strukturen einbezogen werden. Dazu zählen unter anderem Eltern, Gemeinschaften und Organisationen.

Nicht unwesentlich ist in diesem Entwicklungsprozess, Fortbildungen für LehrerInnen anzubieten und diese auf die besonderen Aufgaben und die Bedürfnisse einer integrativen Pädagogik zu schulen. Des Weiteren wird gefordert, die Früherkennung sowie -förderung verstärkt zu unterstützen (vgl. UNESCO (1994) S. 2 f.).

3.2.2 UN-Behindertenrechtskonvention

Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2006 von der UN-Generalversammlung in New York verabschiedet und ist am 3. Mai 2008 in Kraft getreten (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2010) S. 3). Wie in dem Kapitel 2 bezieht sich auch die UN-Behindertenrechtskonvention auf Menschen, die längerfristig eine körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigung haben und auf Grund der gesellschaftlichen Voraussetzungen in ihrer Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2010) S. 5ff.)

„ ...dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern,... “ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2010) S. 6)

Inhaltlich geht es bei der UN-Behindertenrechtskonvention nicht darum, besondere Rechte für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. In der Konvention werden vielmehr die Menschenrechte aus der Menschenrechtserklärung von 1948 aufgegriffen. Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention ist in diesem Zusammenhang der Gesellschaft bewusst zu machen, dass auch Menschen mit Behinderungen das Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft und Gleichberechtigung haben. Sie sollen weder mehr noch weniger Rechte zugesprochen bekommen, als Menschen ohne Einschränkungen. In diesem Kontext kann die Frage aufkommen, warum man eine besondere Konvention für Menschen mit Behinderungen entwickeln muss, wenn es schließlich 'nur' um die Umsetzung der Menschenrechte geht? Die Antwort darauf lautet, dass anhand der UN- Behindertenrechtskonvention konkrete Aspekte der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aufgegriffen werden und verbindliche staatliche Verpflichtungen offengelegt werden, um die Umsetzung der Menschenrechte auch in der Praxis realisieren zu können (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2010) S. 5ff.).

Die Lebensbereiche die einbezogen werden, sind nicht nur Bildung, Arbeit, Wohnen, Familie und Freizeit, sondern auch Freiheit und Sicherheit, Meinungsfreiheit, politische Teilhabe und einige mehr. Für jeden einzelnen dieser Lebensbereiche gilt die Forderung nach Inklusion. Das Phänomen der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen wird nicht nur in Deutschland oder Europa immer wieder festgestellt. Es ist ein Problem, das überall auf der Welt auftritt. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention wird das Ziel verfolgt die Gesellschaft zu sensibilisieren und Menschen mit Behinderungen nicht auszugrenzen oder ihnen besondere 'abgegrenzte' Rahmenbedingungen zu schaffen, sondern eine inklusive Gesellschaft zu formen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Inklusion als bewegungspädagogische Aufgabe im Freizeit- und Vereinssport
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Erziehungswissenschaften)
Note
13 Punkte
Autor
Jahr
2012
Seiten
36
Katalognummer
V200322
ISBN (eBook)
9783656264439
ISBN (Buch)
9783656266099
Dateigröße
638 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
inklusion, aufgabe, freizeit-, vereinssport
Arbeit zitieren
Heike Brodtmann (Autor:in), 2012, Inklusion als bewegungspädagogische Aufgabe im Freizeit- und Vereinssport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200322

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