Der Einsatz konjunktureller Kurzarbeit gilt in Zeiten der Finanzkrise als beschäftigungspoliti-sches Allheilmittel der deutschen Wirtschaft. Aus ökonomischer Sicht profitieren Staat, Unternehmen und Arbeitnehmer, indem sie Transferleistungen einsparen, Entlassungs- und Wi-dereinstellungskosten vermeiden bzw. ihren Arbeitsplatz behalten. Dennoch erzielt Kurzarbeit nicht nur eine ökonomische Wirkung, denn auch die Beziehungsebene zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern wird affektiert.
Diese Arbeit liefert eine theoretische Analyse der Auswirkungen von Kurzarbeit auf affekti-ves und normatives Commitment im Rahmen des Drei-Komponenten-Ansatzes von Meyer/Allen (1991). Dabei wird auf die Theorie des sozialen Tauschs nach Homans (1958) und Blau (1964) zurückgegriffen.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Kurzarbeit einen sozialen Austauschprozess zwi-schen Arbeitgeber und Arbeitnehmern hervorruft. Je nachdem wie die Mitarbeiter Kurzarbeit während der Ein-, Durch- und Rückführungsphase wahrnehmen, verändert sich ihre affektive und normative Bindung zum Unternehmen. Wird Kurzarbeit als Beschäftigungssicherung angesehen, erhöht sich die Mitarbeiterbindung. Gegenteiliges ist der Fall, wenn Kurzarbeit als Ausnahmezustand im Arbeitsverhältnis empfunden wird. Eine solche Wahrnehmung wird erzeugt, wenn der Arbeitgeber versucht auf Kosten der Belegschaft Mitnahmeeffekte zu generieren und das Instrument Kurzarbeit zu missbrauchen. Obendrein können Wahrnehmungsverzerrungen dazu führen, dass Kurzarbeit in einem negativen Licht erscheint.
Aufgrund der Auswirkungen auf die Mitarbeiterbindung lässt sich folgern, dass Kurzarbeit als Einflussfaktor organisationalen Commitments fungiert. Ferner lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass Kurzarbeit mit weiteren Einflussfaktoren der Mitarbeiterbindung korreliert. Die Ausarbeitung kommt zu dem Schluss, dass es Ziel des Arbeitgebers sein sollte, die Mitarbeiter auf den „Pfad der Beschäftigungssicherung“ zu führen. Gelingt dies, muss mit Kurzarbeit kein Trade-off zwischen der ökonomischen und psychologischen Wirkung verbunden sein. Vielmehr festigt die positive Wahrnehmung von Kurzarbeit die Vertrauensbasis und Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern, wodurch die positiven Auswirkungen einer stärkeren emotionalen und obligatorischen Mitarbeiterbindung zum Tragen kommen. Abschließend werden Handlungsempfehlungen für den Einsatz von Kurzarbeit unter dem Gesichtspunkt des Erhalts der Mitarbeiterbindung gegeben.
Inhaltsverzeichnis
- Executive Summary
- Einleitung
- Relevanz des Themas
- Stand der Forschung
- Zielsetzung und Gang der Arbeit
- Stellenwert und Ambivalenz der Kurzarbeit
- Grundlagen
- Abgrenzung der unterschiedlichen Formen von Kurzarbeit
- Regelungen der konjunkturellen Kurzarbeit während der Weltwirtschaftskrise
- Ökonomische Bedeutung während der Weltwirtschaftskrise
- Gesamtwirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung
- Arbeitgeberseitige Motive zum Einsatz von Kurzarbeit
- Ambivalenz der konjunkturellen Kurzarbeit
- Anreiz zu Mitnahmeeffekten
- Anreiz zum Missbrauch
- Grundlagen
- Das dreidimensionale Konstrukt organisationalen Commitments
- Begriffsentstehung und Abgrenzung
- Die Theorie des Sozialtauschs
- Einflussfaktoren des affektiven und normativen Commitments
- Auswirkungen hoher Mitarbeiterbindung für Unternehmen
- Die zwei Wahrnehmungspfade der Kurzarbeit
- Kurzarbeit als Beschäftigungssicherung
- Einführungsphase
- Durchführungsphase
- Rückführungsphase
- Kurzarbeit als Ausnahmezustand
- Einführungsphase
- Durchführungsphase
- Rückführungsphase
- Spieltheoretische Motivation
- Kurzarbeit als Sozialtausch
- Bewertung der affektiven und normativen Bindungswirkung von Kurzarbeit
- Kurzarbeit als Einflussfaktor organisationalen Commitments
- Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
- Kurzarbeit als Beschäftigungssicherung
- Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie Kurzarbeit die Bindung von Mitarbeitern an ein Unternehmen beeinflusst. Sie analysiert theoretisch die Auswirkungen von Kurzarbeit auf affektives und normatives Commitment im Rahmen des Drei-Komponenten-Ansatzes von Meyer/Allen (1991), wobei die Theorie des sozialen Tauschs nach Homans (1958) und Blau (1964) als theoretischer Rahmen dient.
- Analyse der Auswirkungen von Kurzarbeit auf affektives und normatives Commitment
- Anwendung des Drei-Komponenten-Ansatzes von Meyer/Allen (1991)
- Einbezug der Theorie des sozialen Tauschs nach Homans (1958) und Blau (1964)
- Untersuchung der Wahrnehmung von Kurzarbeit als Beschäftigungssicherung oder Ausnahmezustand
- Entwicklung von Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber zur Gestaltung der Kurzarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Relevanz des Themas Kurzarbeit in Zeiten der Finanzkrise und stellt den Stand der Forschung sowie die Zielsetzung der Arbeit dar. Das zweite Kapitel beleuchtet die Bedeutung und Ambivalenz von Kurzarbeit. Es differenziert die verschiedenen Formen von Kurzarbeit, erläutert die Regelungen der konjunkturellen Kurzarbeit und analysiert die ökonomische Bedeutung während der Weltwirtschaftskrise. Der Fokus liegt dabei auf der gesamt- und arbeitsmarktpolitischen Bedeutung sowie den Arbeitgeber-seitigen Motiven für den Einsatz von Kurzarbeit. Darüber hinaus wird die Ambivalenz der Kurzarbeit im Hinblick auf Mitnahmeeffekte und den Missbrauch des Instruments beleuchtet.
Kapitel 3 stellt das theoretische Fundament der Arbeit dar. Es beschäftigt sich mit dem dreidimensionalen Konstrukt des organisationalen Commitments, erläutert die Entstehung und Abgrenzung des Begriffs und präsentiert die Theorie des sozialen Tauschs. Abschließend werden Einflussfaktoren des affektiven und normativen Commitments sowie die Auswirkungen hoher Mitarbeiterbindung für Unternehmen beleuchtet.
Kapitel 4 widmet sich der Analyse der zwei Wahrnehmungspfade von Kurzarbeit, nämlich der Wahrnehmung als Beschäftigungssicherung und der Wahrnehmung als Ausnahmezustand. Es werden die Auswirkungen von Kurzarbeit auf affektives und normatives Commitment in den verschiedenen Phasen des Kurzarbeiteinsatzes (Einführung, Durchführung, Rückführung) untersucht. Darüber hinaus wird die spieltheoretische Motivation des Kurzarbeiteinsatzes sowie das Konzept des sozialen Tauschs im Kontext von Kurzarbeit betrachtet. Schließlich werden die Ergebnisse der Analyse der Bindungswirkung von Kurzarbeit zusammengefasst und Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber zur Gestaltung der Kurzarbeit unter dem Gesichtspunkt des Erhalts und Ausbaus der Mitarbeiterbindung gegeben.
Der Schlussbetrachtung fasst die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen und zeigt zukünftige Forschungsfelder auf.
Schlüsselwörter
Kurzarbeit, Beschäftigungssicherung, Ausnahmezustand, organisationales Commitment, affektives Commitment, normatives Commitment, soziale Tauschtheorie, Mitnahmeeffekte, Missbrauch, Handlungsempfehlungen, Mitarbeiterbindung.
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- M.Sc. Andre Kolle (Autor), 2010, Kurzarbeit als Instrument der Mitarbeiterbindung: Eine theoretische Analyse im Rahmen der Finanzkrise, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200413