„Wann ist der Mann ein Mann?“ fragte sich Herbert Grönemeyer bereits 1984 in einem seiner Lieder und befasste sich dabei mit der Ambivalenz des männlichen Geschlechts in der Postmoderne. Er drückte damit eine schwelende Unsicherheit und Unwissenheit darüber aus, wie ein Mann in der Gesellschaft zu sein, sich zu geben und auszusehen hat, um als „richtiger Mann“ (an-)erkannt und (an-)gesehen zu werden. Durch den gesellschaftlichen Wandel und neue Anforderungen an die Geschlechterrolle, veränderte sich nicht nur das Geschlecht Mann in „seiner“ Rolle, sondern auch die Ansicht des Mannes von dem, was er subjektiv und objektiv ist und zu sein hat. In den Anfängen der Männerforschung wurden das Geschlecht an sich bzw. die Dichotomie der Geschlechter und die damit verbundenen (sozialen) Ungleichheiten untersucht. Heute konzentrieren sich die Untersuchungen auf den männlichen Körper und das männliche Schönheits- und Körperhandeln. Damit ist explizit die harte Arbeit am Körper in Form von Fitness, Wellness, Kosmetik und Frisur gemeint. „Schönheitshandeln ist ein sozialer Prozess, in dem Menschen versuchen, soziale (Anerkennungs-)Effekte zu erzielen.“ (Degele 2004: 10). Es handelt sich dabei also um einen Inszenierungsprozess, der der sozialen Positionierung und der Identitätssicherung dient. Der Körper ist die Darstellungsfläche und wird als Projekt betrachtet, an dem hart gearbeitet werden muss, um ein Idealbild zu verwirklichen. Mitunter wird das ein Leben lang gemacht, schon allein auch, um den Anzeichen des Alters zu entkommen. In der vorliegenden Abhandlung soll insbesondere dieses Schönheitshandeln des Mannes untersucht werden, denn in der Postmoderne erscheint dieser Prozess für Männer zentraler geworden zu sein – heute wohl mehr als noch 1984. Im Sinne des Ausdrucks „survival of the fittest“ muss nun auch der Mann den ihm zugeschriebenen Schönheitsidealen entsprechen, um z.B. im Beruf oder in der Frauenwelt Anerkennung zu erlangen. In der Geschlechterforschung nach Bourdieu hieß es, der Mann ist Täter und Opfer zugleich. Dies kann wohl auch in Bezug auf seinen Körper angenommen werden. Männerforschung – Männlichkeit- männlicher Körper und männliches Schönheitshandeln werden in der Soziologie beleuchtet, in Politik und Gesellschaft in-tegriert und in den Medien verzerrt und intervenierend eingesetzt. Beobachtet man u.a. die Marketingstrategien der Schönheitsindustrien, so richten sich diese inzwischen verstärkt an den Mann und den männlichen Körper.[...]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- THEORIE
- KÖRPER UND DER GESELLSCHAFTLICH-KULTURELLE KONTEXT
- KÖRPER UND GESCHLECHT IN DER POSTMODERNEN GESELLSCHAFT
- KONSTRUKTION VON MÄNNLICHKEIT & MÄNNLICHER DEFIZITKÖRPER
- MÄNNLICHES SCHÖNHEITSHANDELN ODER DIE ANGST VOR DEM VERLUST DER JUGEND
- WERBUNG AUS SOZIOLOGISCHER SICHT
- BEFUNDE MÄNNLICHEN SCHÖNHEITSHANDELN
- BEFUNDE AUS DER WERBUNG
- BEFUNDE IN ZAHLEN (KOSMETIKKONSUM UND SCHÖNHEITSOPERATIONEN)
- ZUSAMMENFASSUNG & RESÜMEE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem männlichen Körper und dem männlichen Schönheitshandeln in der Postmoderne. Ziel ist es, zu untersuchen, ob und wie sich der männliche Körper und das männliche Schönheitshandeln in den letzten 20 Jahren verändert haben. Im Vordergrund steht dabei die Analyse von Werbung und deren Einfluss auf die Inszenierung des männlichen Körpers.
- Körper als gesellschaftlich-kulturelles Konstrukt
- Konstruktion von Männlichkeit und der Rolle des Körpers
- Männliches Schönheitshandeln und die Angst vor dem Verlust der Jugend
- Werbung als Spiegelbild gesellschaftlicher Prozesse und der Konstruktion von Geschlecht
- Die Rolle der Medien und der Werbung im Wandel des männlichen Schönheitshandelns
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit (Kapitel II) beschäftigt sich mit der theoretischen Einordnung des Körpers und seiner Bedeutung im gesellschaftlich-kulturellen Kontext. Dabei werden Körpertheorien, insbesondere im Kontext des Geschlechts, vorgestellt und die Konstruktion von Männlichkeit anhand der Theorien von Bourdieu und Connell beleuchtet. Der Fokus liegt auf dem männlichen Körper als Objekt von Disziplinierung und Kontrolle, sowie auf der Angst des Mannes vor dem Verlust der Jugendlichkeit.
Kapitel III widmet sich der Werbung als soziologischem Phänomen und beleuchtet deren Bedeutung als Spiegelbild der Gesellschaft sowie als Einflussfaktor auf die Konstruktion von Geschlecht. Insbesondere die Rolle der Werbung in der Inszenierung von Männlichkeit und Körperidealen wird untersucht.
Im zweiten Teil (Kapitel IV) werden die Befunde aus der Analyse von Werbematerialien und Statistiken zum Kosmetikkonsum und zur Schönheitschirurgie bei Männern präsentiert. Die Analyse zeigt auf, wie der Mann in der Werbung inszeniert wird und welche Attribute der hegemonialen Männlichkeit in der Werbung transportiert werden. Zudem werden quantitative Daten zum Kosmetikkonsum und zu Schönheitsoperationen bei Männern in den letzten Jahrzehnten präsentiert.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Männlichkeit, Körper, Schönheitshandeln, Werbung, Medien, Postmoderne, Hegemoniale Männlichkeit, Geschlechterrollen, Körperwissen, Körperkultur, Kosmetikkonsum, Schönheitsoperationen.
- Citation du texte
- BA Sozialwissenschaften Stefanie Neidhart (Auteur), 2012, Körper - Männlichkeit - Schönheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200503