Existieren keine unionsrechtlichen Verwaltungsverfahrensregelungen, so ist es im Rahmen des indirekten Vollzugs „Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedsstaaten, wobei diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz)“. Die Europäisierung der nationalen Verwaltungsverfahren baut auf diesen beiden Grundsätzen, dem Äquivalenzgrundsatz und dem sich aus der Loyalitätspflicht der Mitgliedsstaaten gemäß Art.4 III EUV ergebenden Effektivitätsgrundsatz, auf. Einerseits verlangt der Äquivalenzgrundsatz bei Nichtvorliegen eines unionsrechtskonformen Grundes die einheitliche Behandlung von Verwaltungsverfahren mit europarechtlichem Bezug und rein nationalen Verwaltungsverfahren, andererseits führt der Effektivitätsgrundsatz oft gerade in Fällen mit europarechtlichem Einschlag zur europarechtskonformen Auslegung und beeinflusst mithin nationale Vorschriften zugunsten einer „wirksamen Durchsetzung des Gemeinschaftsinteresses“.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Anwendung der §§ 48, 49, 49a und 51 VwVfG im Spiegel des Unionsrechts. Zunächst wird im Allgemeinen dargestellt, inwiefern das Unionsrecht auf nationale Verwaltungsverfahren einwirkt und worin dies begründet ist (I). Anschließend wird auf die unionalen Auswirkungen gerade auf §§ 48, 49, 49a und 51 VwVfG eingegangen (II).
Im Rahmen der Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten spielt die Unionsrechtswidrigkeit von Beihilfen eine besondere Rolle. Es ist streng zu differenzieren, ob die Beihilfen aus Unionsmitteln gewährt werden oder aber aus mitgliedsstaatlichen Mitteln. Werden sie aus mitgliedsstaatlichen Mitteln gewährt, so sind Art.107 ff. AEUV zu beachten, wobei ein Verstoß gegen Art.107 AEUV die materielle Unionsrechtswidrigkeit und ein Verstoß gegen Art.108 III AEUV die formelle Unionsrechtswidrigkeit begründet. Die Frage, inwiefern eine Überprüfungspflicht oder sogar eine Aufhebungspflicht der nationalen Behörde besteht, spielt bei der Erörterung der Rücknahme belastender Verwaltungsakte eine besondere Rolle.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einführung
B. Einflüsse des Unionsrechts auf die Anwendung von §§ 48, 49, 49a und 51 VwVfG
I. Europäisierung der nationalen Verwaltungsverfahren
II. Auswirkungen der Europäisierung auf §§ 48, 49, 49a und 51 VwVfG
1. Rücknahme von Verwaltungsakten, § 48 VwVfG
a) Rechtswidrigkeit
b) Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte
aa) Regelfall
(1) Vertrauensschutz, § 48 II VwVfG
(2) Ausgleich des Vermögensnachteils, § 48 III VwVfG
(3) Rücknahmeermessen, § 48 I 1 VwVfG
(4) Rücknahmefrist, § 48 IV VwVfG
bb) Fallkonstellationen im Beihilfenrecht
(1) Verstoß gegen Art.107 und Art.108 III AEUV
(a) Vertrauensschutz, § 48 II VwVfG
(b) Rücknahmeermessen, § 48 I 1 VwVfG
(c) Rücknahmefrist, § 48 IV 1 VwVfG
(d) Berufung auf Treu und Glauben
(2) Alleiniger Verstoß gegen Art.108 III AEUV
(a) Meinungsstand
(b) Würdigung
(c) Auswirkung auf § 48 VwVfG
(3) Rücknahme eines nichtigen Subventionsbescheids
c) Rücknahme belastender Verwaltungsakte
aa) Voraussetzungen für eine Überprüfungspflicht nach der EuGH-Rspr
(1) Verortung des Problems: § 48 I 1 VwVfG oder § 51 VwVfG?
(2) Folgen für das Überprüfungsermessen
(3) Folgen für das Rücknahmeermessen
(4) Frist, Verwirkung
bb) Nichtvorliegen der Voraussetzungen
d) Bewertung
2. Widerruf von Verwaltungsakten, § 49 VwVfG
a) Widerruf begünstigender Verwaltungsakte
aa) Unionsrechtliche Einflüsse bis 2010
bb) Das „Papenburg“-Urteil und dessen Auswirkungen auf § 49 II VwVfG
b) Widerruf belastender Verwaltungsakte
c) Bewertung
3. Aufhebung von transnationalen Verwaltungsakten
4. Erstattungsanspruch, § 49a VwVfG
a) Entreicherungseinwand
aa) Erstattung einer rechtswidrigen Unionsbeihilfe
bb) Erstattung einer rechtswidrigen mitgliedsstaatlichen Beihilfe
cc) Erstattung einer rechtmäßigen Leistung
b) Verzinsung
5. Wideraufgreifen des Verfahrens, § 51 VwVfG
C. Fazit und Ausblick
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