Das vorliegende Buch thematisiert die strafrechtliche Verfolgung von Regimegegnern durch den
nationalsozialistischen Staat im Zeitraum zwischen der vollendeten Machtergreifung Hitlers 1933 und
dem Kriegsausbruch 1939. Innerhalb der Justiz waren dafür seit März 1933 drei Gerichtsbarkeiten
zuständig, nämlich das Reichsgericht, das am 24. April 1934 vom Volksgerichtshof abgelöst wurde, die
Oberlandesgerichte und die Sondergerichte. Doch „[d]ie Hauptlast der politischen Verfahren ruhte auf
den im März 1933 gegründeten Sondergerichten“ Aus diesem Grunde rückt die Betrachtung der
Sondergerichte als Instrument der Unterdrückung systemfeindlicher Personenkreise und staatsfeindlicher
Aktivitäten in den Mittelpunkt dieser Arbeit. Dabei sollen nicht so sehr die juristischen Schritte und
legislativen Bestimmungen gegen subversive Widerstandsakte auf Reichs- oder überregionaler Ebene
erhellt werden, sondern es soll vielmehr die Repression oppositioneller Gruppen und resistenten
Verhaltens auf regionaler Ebene dargestellt werden, wobei in erster Linie die dafür durch die NS-
Gesetzgebung geschaffene Deliktsphäre zwischen unerlaubten regimekritischen Äußerungen, die schon
früh unter Strafe gestellt wurden und illegaler Druckschriftenverbreitung, die bereits ab März 1933 als
`Hochverrat´ gewertet wurde nähere Beachtung findet. Außerdem sollen weitere normative Maßnahmen
des NS-Staates gegen sonstige nonkonforme Handlungsweisen von Regimegegnern bishin zur Schwelle
des gewaltsamen Widerstands nachgezeichnet werden. Ferner fließen weitere Aspekte, die Aufschluss
darüber geben, wie die strafrechtliche Verfolgung von Andersdenkenden organisiert werden konnte, in
diese Arbeit ein. In diesem Zusammenhang sollen zunächst die Spezifika der Sondergerichte: die
Vereinfachung und Beschleunigung ihrer Verfahren durch spezielle Bestimmungen, aufgezeigt werden.
Ferner soll untersucht werden, weshalb der Justizkörper, vor allem die Richterschaft an den
Sondergerichten, den Abbau von Rechtsstaatlichkeit hingenommen hatte und warum die Sonderrichter
justitill gegen opponierende Personenkreise vorgingen. Daneben soll dargelegt werden, wie
Sondergerichte gearbeitet hatten, das heißt wie die Prozesse vor den Sondergerichten mitsamt des
dazugehörigen Vorlaufs, angefangen bei den polizeilichen Ermittlungen bishin zum Prozess, praktisch
ausgestaltet waren. Anschließend soll die Spruchpraxis der Sondergerichte gegen die `Staatsfeinde´
veranschaulicht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gegner des nationalsozialistischen Staates und die `völkische Gesetzgebung': Die Politisierung des Strafrechts und die Errichtung von Sondergerichten
- Die politischen Straftatbestände der Regimegegner
- Hochverrat'
- Illegale Betätigung in verbotenen Organisationen
- Politische Gewalttaten und illegaler Waffenbesitz
- Regimekritische Äußerungen und andere 'Heimtückedelikte'
- Maßnahmen der NS-Staates gegen Regimegegner: Die Errichtung von Sondergerichten
- Die politischen Straftatbestände der Regimegegner
- Die Organisation der strafrechtlichen Verfolgung Andersdenkender: Wesensmerkmale der Sondergerichte
- Verfahrensrechtliche Bestimmungen der Sondergerichte
- Nationalsozialistische Weltanschauung und Justizkörper: Die Besetzung der Sondergerichte
- Die Praxis der Gerichtsverfahren
- Ermittlungen der Ortspolizei oder der Gestapo
- Voruntersuchungen der Staatsanwaltschaft
- Der Prozess vor dem Sondergericht
- Urteile gegen Geistliche
- Ernste Bibelforscher' vor dem Sondergericht
- Spruchpraxis gegen die Arbeiterparteien
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der strafrechtlichen Verfolgung von Regimegegnern durch den nationalsozialistischen Staat in Deutschland von 1933 bis 1939. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle der Sondergerichte als Instrument der Unterdrückung systemfeindlicher Personen und Aktivitäten. Die Arbeit untersucht die Repression oppositioneller Gruppen auf regionaler Ebene, die Deliktsphäre zwischen regimekritischen Äußerungen und illegaler Druckschriftenverbreitung sowie normative Maßnahmen des NS-Staates gegen nonkonforme Handlungsweisen von Regimegegnern.
- Die Politisierung des Strafrechts und die Errichtung von Sondergerichten im NS-Staat
- Die strafrechtliche Verfolgung von Regimegegnern und ihre Auswirkungen
- Die Organisation und Funktionsweise der Sondergerichte
- Die Praxis der Gerichtsverfahren und die Spruchpraxis der Sondergerichte
- Die Rolle des Justizkörpers bei der Durchsetzung der NS-Gesetzgebung
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Thematik der strafrechtlichen Verfolgung von Regimegegnern im NS-Staat vor und erläutert den Fokus auf die Sondergerichte. Sie beschreibt die Deliktsphäre, die in dieser Arbeit behandelt wird, und stellt die Forschungsfragen vor.
- Kapitel 2 beleuchtet die Politisierung des Strafrechts im NS-Staat. Es werden die politischen Straftatbestände der Regimegegner, wie Hochverrat, illegale Betätigung in verbotenen Organisationen, politische Gewalttaten und regimekritische Äußerungen, dargestellt. Außerdem wird die Errichtung der Sondergerichte als Maßnahme gegen Regimegegner erläutert.
- Kapitel 3 untersucht die Organisation der strafrechtlichen Verfolgung von Andersdenkenden. Es werden die Besonderheiten der Sondergerichte, wie die Vereinfachung und Beschleunigung ihrer Verfahren, sowie die Besetzung der Sondergerichte mit nationalsozialistischen Richtern analysiert.
- Kapitel 4 beschreibt die Praxis der Gerichtsverfahren vor den Sondergerichten. Es werden die Ermittlungsphasen, die Voruntersuchung der Staatsanwaltschaft und die Urteile gegen Geistliche, Bibelforscher und Arbeiterparteien behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der NS-Justiz, wie der strafrechtlichen Verfolgung von Regimegegnern, der Politisierung des Strafrechts, der Errichtung und Funktionsweise von Sondergerichten, der Spruchpraxis der Gerichte und der Rolle des Justizkörpers im NS-Staat. Weitere Schlüsselbegriffe sind Hochverrat, illegale Betätigung in verbotenen Organisationen, politische Gewalttaten, regimekritische Äußerungen, Verfahrensrecht, Nationalsozialistische Weltanschauung, Gestapo, Staatsanwaltschaft und Spruchpraxis.
- Citar trabajo
- Carsten Becker (Autor), 2003, Justiz im Dritten Reich: Sondergerichte und Regimegegner, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20138