„Sich aufeinander verlassen können!“ ist Voraussetzung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in einer Organisation. Dies setzt voraus, dass aus „Wir müssen doch zusammenarbeiten!“ ein „Wir wollen doch zusammenarbeiten!“ wird. Nur so ist die Bereitschaft, gemeinsam geteilte Wertvorstellungen bzw. Vorstellungen von Unterricht zu entwickeln, vorhanden. Wesentliche Gelingensbedingung ist die Übernahme von Verantwortung durch verbindliche und Zeit überdauernde Absprachen unter Kooperationspartnern. Dies ist nicht einfach durch Verordnen (umschalten eines Schalters) sondern nur in einem gesteuerten Entwicklungsprozess zu erreichen.
Folgende Fragen werden versucht, zu beantworten:
Sind Verbindlichkeiten eher ein Instrument zur Ausübung von Herrschaft mit arbeitsrechtlicher Dimension oder eine der sozialen Organisation innewohnende Grammatik, die zu mehr Stabilität führt, eine Hilfestellung darstellt, um Verabredungen langfristig einzuhalten, zu reflektieren und den Arbeitsalltag zu erleichtern? Sind sie somit Voraussetzung einer langfristigen Qualitätsentwicklung oder stehen sie dem entgegen und sind ein Eingriff in die sogenannte pädagogische Freiheit oder führen sie zu mehr Selbstwirksamkeit unter der Prämisse eines gemeinsam zu verantwortetem Ziels? Bestimmen Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit auch den Umgang mit Schülern und den Unterricht? Und ist dies alles im Zusammenhang steuerbar?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Vorstellung des Themas und Erläuterung von Inhalt und Aufbau
1.2 Ausgangs- und Problemlage
1.3 Eingrenzungen
2. Organisation Schule als soziales System und ihre Funktionslogik
2.1 Soziales System und ihr Funktionieren durch Verbindlichkeiten
2.2 Schule als soziales System mit weiteren spezifischen Verbindlichkeiten
2.3 Fazit für die weitere Arbeit
3. Organisationsentwicklung des sozialen Systems Schule als nachhaltiger Anpassungsprozess
3.1 Organisationsentwicklung ist mehr als die Summe der Teile
3.2 Die Menschen in der Organisation
3.3 Aufgaben der Führung
3.4 Qualität als Maßstab der Entwicklung
3.5 Fazit für die weitere Arbeit
4. Qualitätsentwicklung als inkrementelles Element einer systemischen Schulentwicklung
4.1 Schulqualität als inkrementelles Element der Entwicklung
4.2 Schulkulturentwicklung als Verständigung über die Qualitätsbereiche
4.3 Lernkultur als bestimmendes Merkmal der Schulkultur und Voraussetzung einer gemeinsamen Qualitätsentwicklung
4.4 Fazit für die weitere Arbeit
5. Schulentwicklung im Systemzusammenhang
5.1 Unterricht ist zentrales Ziel der Entwicklung
5.2 Ohne Personalentwicklung findet keine Schulentwicklung statt
5.3 Durch Organisationsentwicklung Entwicklungsstabilität und Nachhaltigkeit
5.4 Fazit für die systemische Schulentwicklung
6. Steuerung des nachhaltigen Veränderungsprozesses
6.1 Die Steuerungsmodelle
6.1.1 DIN EN ISO 9000ff.
6.1.2 DIN EN ISO 9004:2000 bzw. EFQM
6.1.3 Q2E – Qualität durch Entwicklung und Evaluation
6.2 Projekt- und Evaluationsmanagement zur verbindlichen und nachhaltigen Steuerung im QMS
7. Implementation am Beispiel-Berufskolleg
7.1 Konzeptionsentscheidung
7. 2 Die Implementation
7.2.1 Der Beginn
7.2.2 Die professionelle Fortführung
8. Fazit und Ausblick
9. Literaturverzeichnis
10. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Struktur der Arbeit
Abb. 1: Innen- und Außenwelt von Schule
Abb. 3: Innovationswürfel
Abb. 4: Schulische Selbstständigkeit gerahmt durch Gesetze und Qualitätsverantwortung
Abb. 5: Effektivität und Effizienz als Indikatoren der Qualitätsentwicklung
Abb. 6: Pädagogischer Qualitätswürfel
Abb. 7: Architektur der lernenden Schule
Abb. 8: Qualitätsbereiche schulischer Entwicklung
Abb. 9: Schulprogrammerstellung und kontinuierliche Qualitätsentwicklung 30 im Zusammenhang
Abb. 10: Der achtsame Blick aufs Ganze
Abb. 11: `Freiheit´ für den Lehrer und `Patchwork´ für die Schüler
Abb. 12: Verlässlicher Unterricht durch Lehrerteam
Abb. 13: Ganzheitliches Managementkonzept der Qualitätsentwicklung
Abb. 14: Prozessmodell
Abb. 15: Prozessorientierter Ansatz mit den vier Kernbereichen des QMS und dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess nach dem Deming-Kreis bzw. PDSA-Logik
Abb. 16: EFQM – Modell der Schulentwicklung ohne Gewichtungen
Abb. 17: Evaluationswürfel als Zusammenspiel der Kräfte für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Abb. 18: Vergleich der beschriebenen QMS
Abb. 19: Legende zum Grad der Kompetenzeinbindung und Teilnahme am QMS
Abb. 20: Beratung- und Weisungsfunktionen im QMS am Beispiel-Berufskolleg
Abb. 21: Entlastungen durch verbindliche Regelungen und Steuerung durch QMS sowie durch Teamarbeit 58
Abb. 22: Auch Lehrer unterliegen der Normalverteilung
Anmerkung:
In dieser Arbeit wird auf die Verwendung beider Geschlechtsformen lediglich wegen der besseren Lesbarkeit verzichtet. Die nachfolgend verwendete männliche Form bezieht selbstverständlich die weibliche Form mit ein.
1. Einleitung
Die Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudien zur Beurteilung der Qualität von Schulen wie PISA und TIMMS, orientiert an Kontext-, Input-, Prozess- und Outputindi-katoren, waren bittere Befunde für Deutschland (Ackeren, S. 7ff.). Öffentlich wahrge-nommen und diskutiert wurden die Vergleiche der Wirksamkeit von Schule als ihr Output. Die Folge war ein Paradigmenwechsel in der Schulsteuerung zur Output-orientierung mit der Forderung der Rechenschaftslegung über die Erreichung von ge-forderten Standards und der Vergleichbarkeit des Outputs. Die Verantwortungsüber-nahme für die Qualität verlangte eine zunehmende Selbstständigkeit von Schulen.
Besserer Unterricht in kleineren Klassen durch mehr und bessere Lehrer, unterstützt durch Sozialarbeiter und Psychologen, in renovierten Schulen, waren und sind sicher berechtigte Forderungen im öffentlichen Raum. Diese sind aber nur ein Teil des Ganzen. Qualität des Outputs ist sicher nicht ohne Qualität der Organisation, der Lehrer und der Unterrichtskonzeption erreichbar. Interdependenzen und Entwicklung als ständiger Verbesserungsprozess sind maßgebliche Merkmale des Qualitäts-prozesses.
1.1 Vorstellung des Themas und Erläuterung von Inhalt und Aufbau
„Sich aufeinander verlassen können!“ ist Voraussetzung einer vertrauensvollen Zu-sammenarbeit in einer Organisation. Dies setzt voraus, dass aus „Wir müssen doch zusammenarbeiten!“ ein „Wir wollen doch zusammenarbeiten!“ wird. Nur so ist die Bereitschaft, gemeinsam geteilte Wertvorstellungen bzw. Vorstellungen von Unterricht zu entwickeln, vorhanden. Wesentliche Gelingensbedingung ist die Übernahme von Verantwortung durch verbindliche und Zeit überdauernde Absprachen unter Ko-operationspartnern. Dies ist nicht einfach durch Verordnen (umschalten eines Schal-ters) sondern nur in einem gesteuerten Entwicklungsprozess zu erreichen.
Folgende Fragen werden versucht, zu beantworten:
Sind Verbindlichkeiten eher ein Instrument zur Ausübung von Herrschaft mit arbeits-rechtlicher Dimension oder eine der sozialen Organisation innewohnende Grammatik, die zu mehr Stabilität führt, eine Hilfestellung darstellt, um Verabredungen langfristig einzuhalten, zu reflektieren und den Arbeitsalltag zu erleichtern? Sind sie somit Vor-aussetzung einer langfristigen Qualitätsentwicklung oder stehen sie dem entgegen und sind ein Eingriff in die sogenannte pädagogische Freiheit oder führen sie zu mehr Selbstwirksamkeit unter der Prämisse eines gemeinsam zu verantwortetem Ziels? Bestimmen Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit auch den Umgang mit Schülern und den Unterricht? Und ist dies alles im Zusammenhang steuerbar?
Im ersten Teil wird die Schule als lebendes soziales System vorgestellt, das den stän-digen Anpassungsdruck zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen sich und der Umwelt, sowie ihrer Legitimation durch ständige Verbesserung des Organisierens zu erreichen versucht. Die Bedeutung ihrer Kultur der koordinierten nachhaltigen Zu-sammenarbeit durch Verbindlichkeiten in Form von bewussten und unbewussten Re-geln wird untersucht.
Im zweiten Teil wird der Anpassungs- bzw. Veränderungsprozess zu einer effektiveren und effizienteren qualitätsorientierten Organisation durch organisationales und perso-nales Lernen als selbst zu steuernder Prozess unter Beachtung der Innen- und Außen-welt von Schule, der sowohl die Führung als auch die Mitarbeiter einschließt, analy-siert. Qualität wird als inkrementelles Element und Maßstab der Entwicklung und somit als Teil der Schulkultur herausgestellt.
Im dritten Teil wird der Systemzusammenhang mit seinen wechselseitigen Abhängig-keiten zwischen Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung beschrieben. Es wird die zentrale Bedeutung teamorientierter Organisationsentwicklung für eine ver-bindliche, nachhaltige und entlastende Entwicklung zur Ermöglichung von Selbstwirk-samkeit und Selbsterschließungskompetenz aufgezeigt - dies vor allem wegen des um-fangreichen Aufgabenkatalogs der Lehrer, wie in Anhang 2 dargestellt. Das Schulpro-gramm wird als Handlungskonzept zur Steuerung der Struktur-, Prozess- und Produkt-qualitäten in einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung eingeordnet. Vorausgesetzt wird eine gemeinsame Vorstellung der didaktischen Konzeption des Unterrichts.
Die bis hierhin analysierten Komponenten für die Entwicklung sind in einer Tabelle im Anhang 2 zusammengefasst, um aufzuzeigen, dass diese Vielschichtigkeit nur in Pro-zessen im Systemzusammenhang sinnvoll gesteuert werden kann.
Im vierten Teil wird die Steuerung der Entwicklung durch ein integriertes Management-konzept, in dem das QMS eingeordnet ist, beschrieben. Danach werden drei profes-sionelle QMS, die die gleiche Basis haben, vorgestellt. Projektmanagement wird als notwendige Methode für die Steuerung der Entwicklungsprozesse durch die Steuer-gruppe beschrieben und sein Methodenrepertoire als Kompetenz zur zielorientierten Leitung, Vor-, Nachbereitung und Durchführung von Konferenzen und Teamsitzungen aufgezeigt. Evaluation ist ein Teil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zur datengestützten systematischen Reflexion.
Im vierten Teil erfolgt die begründete Entscheidung für ein QMS. Danach wird der Weg der ersten Implementationsschritte bis zum Projektauftrag beschrieben und erste Aus-führungen in Form von QM-Handbuch, Prozessanweisungen, Checklisten und ersten Evaluationen im Anhang 5ff. dokumentiert.
Das Thema stellt sich in der Übersicht, strukturiert nach Analyse, den möglichen Hand-lungsfeldern mit Dimensionen einer `guten´ Schule und `guten´ Unterrichts sowie den Steuerungsinstrumenten so dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Struktur der Arbeit (grün: Ansprüche aus der Analyse)
1.2 Ausgangs- und Problemlage
Als neuer stellvertretender Schulleiter an einem Berufskolleg erlebte ich engagierte Lehrer und einen Schulleiter für den Partizipation kein Fremdwort war. Aber verbind-liche Festlegungen und für alle Lehrer überdauernde Kooperationen sowie eine Steuer-ung im Gesamtzusammenhang fehlten. Weder gab es ein Organigramm noch eine Übersicht der Bildungsgänge mit ihren Leitern und den durchgeführten Konferenzen.
Das Schulprogramm entsprach dem einer fragmentierten Schule. Teams gab es als Ar-beitsgruppen für das Schulprogramm aber nicht als Lehrerteams im Bildungsgang für den Unterricht bzw. sie waren nicht verbindlich und nachhaltig. Stundenplanungen durch die Abteilungsleiter konnten im nächsten Jahr zu andere Festlegungen führen, ohne große Einflussnahme durch die Betroffenen. Mit Klassenräumen wurde ähnlich verfahren. Es wurde immer von einem komplizierten System gesprochen, bei dem dies oder das nicht möglich sei und die Raumnot beklagt, die augenscheinlich nur durch Nutzungsänderungen von Klassenräumen in Laborräume entstanden ist. Inventar- sicherheit für die Räume und –übersicht fehlten (siehe Anhang 10).
Auch unsaubere und unvollständige Klassenräume, fehlende Protokolle von Konfe-renzen bzw. Besprechungen bis hin zu Hinweisen von Lehrern, dass dies an dieser Schule so üblich sei, ohne das das „üblich“ irgendwo dokumentiert war.
Wiederkehrende Arbeiten bzw. Verfahren wie Einschulung, Versetzung, Entlassung, Prüfungen führten zu erheblichem Aufwand, da dies jedes Jahr neu erarbeitet werden musste bzw. Wissensträger befragt werden mussten, ohne Garantie der formalen Richtigkeit. Die Kompliziertheit der Prüfungsbedingungen bei bestimmten Ausbil-dungsberufen führte bei fehlender Verfahrenssicherheit immer wieder zu Fehlern der Benotung bzw. zum Nachteil für die Schüler (siehe Anhang 11).
Gemeinsame Vorstellungen von Unterricht waren wegen der unterschiedlichen Inter-pretation der Lehrpläne nicht vorhanden, aber im Schulprogramm war Handlungsorien-tierung und Teambildung vereinbart. Fortbildungen zur Harmonisierung – auch durch kollegiales Feedback – wurden nicht als Training sondern als Einzelfortbildung genutzt.
1.3 Eingrenzungen
Auch ich unterliege der Viabilität bzw. der Strukturdeterminiertheit bei der Bearbeitung dieses Themas, dennoch versuche ich, dem durch intensive Literaturrecherche bei der Betrachtung vom Allgemeinen des sozialen Systems zum Besonderen der Schule schließend, zu begegnen.
Wesentlich erscheint mir, den Zusammenhang und die notwendigen Konsequenzen aufzuzeigen und nicht die Details. Changemanagement, innere und äußere Koopera-tion, System Leadership, Steuergruppe, professionelle Lerngemeinschaften, Team-bildung, Kommunikation, Reflexion, Evaluation, Projektmanagement, QMS und Imple-mentation sind als Konzepte und Instrumente nur in der Ausführlichkeit beschrieben, wie sie zum Verständnis der Vorgehensweise notwendig erscheinen.
Das Beispiel-Berufskolleg wird als Rahmen genommen, weil es sowohl dem Verfasser bekannt ist als auch durch die Komplexität dieser Schule (siehe Anlage 7) die Notwendigkeit professioneller Steuerung deutlich wird.
2. Organisation Schule als soziales System und ihre Funktionslogik
Die Betrachtung der Schule als soziales System bietet die Möglichkeit, Bezugs- und Erklärungsrahmen für die weitere Vorgehensweise zu sein. Es ist auch die Position des Wechsels vom mechanistischen zum systemischen Bild des Lebens und Lernens als „Prozess der Restrukturierung innerhalb eines geschlossenen Systems“ (Arnold/ Pätzold, S. 26).
2.1 Soziales System und ihr Funktionieren durch Verbindlichkeiten
Organisationen sind „auf Dauer gestellte, formalisierte soziale Systeme“ (Zech 2009, S. 1) „zum Zwecke der Erreichung gemeinsamer Ziele“ (Dalin u.a., S.203), um „bestimmte Leistungen für die Gesellschaft [zu] erbringen“ (Zech ebd.). Sie sind einerseits auf ihre Umwelt bezogen, von der sie „ihre Daseinsberechtigung und Legitimation“ erhalten (Reese 2005, S.19), andererseits grenzen sie sich von ihrer Umwelt durch ihre Innen-welt als „Einheit und Organisation“ (Horster 2006, S. X) und durch „identifizierbare Mit-glieder“ (Buchen 2009, S.111) ab. Sie bestehen aus den zusammenwirkenden Ele-menten Handlung und Kommunikation, den Prozessen und der Struktur (vgl. Weber, S. 8).
Sie haben eine Organisation als bewusst geschaffene systemspezifische Ordnung und werden durch Prozesse organisiert, um „fortlaufend unabhängige Handlungen“ zu effektiven „Folgen zusammenzufügen“, sodass effiziente „Ergebnisse erzielt werden“ (Weick 1985, S.11). Sie bestehen aus Strukturen, Prozessen und Regelsystemen, die aus selbstreferenziellen rekursiven Prozessen entstanden sind und die die Kommuni-kationen, Kooperationen und Entscheidungen bestimmen. Formal und auf die Struktur bezogen wird das auf Dauer gestellte formalisierte System u. a. durch die Trennung zwischen Individuen und Personal in der „Berufsrolle als Träger der wechselseitigen Beziehungen der Leistungserbringung“ beschrieben: „Das Personal kann wechseln, aber die Organisation bleibt die gleiche“, ist der Blick der Systemtheorie (vgl. Zech 2009, S. 2). Dies erfordert für die Systemstabilität entsprechende Integrations- bzw. Interaktionskonzepte der Anpassung an die Organisation für die wechselnden Leis-tungserbringer, vernachlässigt aber, dass Organisationen „eher als widerspruchsvolle konfliktäre politische Ökonomien“ gesehen werden (Horster, S.19), dass die „zeitüber-dauernde Gültigkeit und Verlässlichkeit von Festlegungen“ der Paradoxie der „gleich-zeitigen Anpassung und Erneuerung“ unterliegt (Rüegg-Stürm, S. 3) und dass Organi-sationen von Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gebildet werden und sie es „ohne menschliches Handeln“ nicht gäbe (Rolff 2008, S. 24).
Organisationen haben „spezifische Kulturen und Subkulturen“, sind „permanent in Bewegung“, sowohl bezogen auf die Umwelt als auch auf ihre Innenwelt, und sind lebensweltlich bezogen und nicht zweckrational (vgl. Horster, 22f). Sie haben ein „Organisationsgedächtnis“ mit gemeinsam geteiltem als richtig empfundenem Wissen und Spielregeln sowie den Strukturen und Prozessen (Rolff 2008, S. 27).
Als „organisationalen Eisberg“ skizziert Rüegg-Stürm (a.a.O., S. 3) Organisation mit der sichtbaren Spitze Struktur als personenunabhängige „explizit“ getroffene Fest-legungen mit „ordnender Wirkung“, die festlegen wie, wann, durch wen und bei welchen Gegebenheiten Entscheidungen getroffen werden und `unter Wasser´ mit der Kultur als „implizit“ nicht festgehaltene „gewachsene Selbstverständlichkeiten unseres Denkens, Kommunizierens und Handelns“ im Zusammenwirken personenabhängiger Einstellungen, Haltungen, Werte, Normen, Erwartungen und Kommunikationsmustern (ebd., S. 3). Die Kultur wird in den „routinierten Mustern des alltäglichen Aufgaben-vollzugs wirksam“ und sichtbar. Struktur wird untrennbar von Kultur determiniert und zeigt sich in den spezifischen Festlegungen und Handlungen, den Prozessen einer Organisation und deren Qualitäten bezogen auf die Aufgabenerfüllung und die Interessen der Beteiligten (ebd. S. 4).
Die Systemtheorie nennt diese Strukturen auch „Erwartungsstrukturen“ einer Organi-sation, die sich in Regeln manifestieren und strukturieren, was die “kommunizierenden“ Beteiligten „legitimerweise voneinander erwarten dürfen und faktisch voneinander erwarten“ (Zech 2010, S. 14). Das Funktionieren der Organisation wird durch diese Verbindlichkeiten bestimmt. Hierzu gehören auch akzeptierte „funktionale Führungs- und Managementstrukturen“ in der Hierarchie der Entscheidungen (ebd. S. 20). Abweichungen sind zwar möglich, die Folgen müssten aber im Sinne der Handlungs- bzw. Prozessqualität von den Beteiligten getragen werden bzw. können sanktioniert werden. Sie sind in der organisationalen Ausprägung von den Beteiligten mehr oder weniger ausgehandelt, bilden dann aber die „emergente überindividuelle Funktions-logik der Organisation“ (ebda. S. 13). Dieses Regelsystem besteht - analog von Struktur und Kultur – aus verschiedenen Ebenen der Regeln:
Formale Regeln sind einerseits „mehr oder weniger rechtlich bindende Verhaltens-bestimmungen“ (Zech 2010, S.14). Nach ihnen muss gehandelt werden. Nur die prozessuale Umsetzung obliegt der Organisation. Es sind gesetzte Verbindlichkeiten, die die Organisation nicht in Frage stellen kann. Sie „konstituieren eine Organisation funktional“, schaffen Ordnung und sollen eine effiziente Aufgabenerfüllung sichern (Bartz, S. 56f). Die Handlungsweisen der Beteiligten werden transparent und nachhaltig bestimmt, sodass durch diese Verbindlichkeiten Sicherheit und Verlässlichkeit auf dieser Ebene gegeben sind, ohne dass hier eine Beständigkeit im Sinne von Verharren in alten Routinen gemeint ist, sondern dies eingebettet ist in einem selbstbestimmten dynamischen Prozess der ständigen Anpassung und Verbesserung. Verstöße können offiziell sanktioniert werden und sind damit i. d. R. als Maßnahme abgeschlossen.
Informelle Regeln bestimmen das Miteinander im Alltag der Aufgabenerledigung. Sie sind „wesentlicher Ausdruck der Schulkultur“ (Zech 2009, S. 4) und zeigen sich in den Umgangs- und Verkehrsformen. Ihre Einführung und Änderung wird durch das Vorleben des Leadership unter dem Prinzip der stellvertretende Führung mitbestimmt (vgl. Arnold 2008, S. 37). Im Sinne von Transparenz und zur Verhinderung von Dysfunktionalität sollten sie in einer Schulcharta gefasst werden (vgl. Zech 2009, S. 4).
Die latenten Regeln sind eher im unbewussten Bereich als innere Grammatik z. B. als mehr oder weniger positives Menschenbild bzw. dem „Phänomen der kleinen Chefs“ (Arnold 2008, S. 46f.) in der Personen angesiedelt und können für die Organisation als Einstellungen bzw. Vorurteile sowohl schädlich als auch nützlich sein. Eine Veränderung bedarf professioneller Hilfe (vgl. ebd.).
Die Sanktionen gegen Verstöße dieser Regeln entstammen häufig auch dieser Gefühlsebene und können als ungleich schlimmer empfunden werden - bis hin zum Mobbing -, wenn nicht eine Organisationskultur mit ihren gelebten Werten und Routinen dies zu verhindern versucht.
Die informellen und latenten Regeln sind unter Kultur im o. a. Eisberg–Modell zu-sammengefasst und zeigen, dass sie im Alltag einer Organisation „ungleich mächtigere Wirkung“ mit „hoher Eigendynamik“ entfalten. Sie bilden aber auch den „blinden Fleck“ unseres Handelns (Zech 2009, S. 3), den es zu entschlüsseln gilt. Denn sie bestimmen die Kommunikation und Kooperation der Beteiligten und sind Teil der „Grammatik“ der Entscheidungsfindung (Weick, S. 4). Sie werden vor allem deutlich im Verhalten der Leitenden, da sich darin „die gelebten Werte derjenigen zeigen, die in der Organisation Macht haben“ und somit „das Verhalten der Untergebenen dominieren“ (Arnold u. a. 2001, S. 248). Eine Gefahr für Organisationen besteht darin, dass sie ihr eigentliches Ziel aus dem Auge verlieren und ein Eigenleben unabhängig von der Funktion führen. Sie verfolgen eher ihre Erhaltung als Ziel, sie erklären sich bzw. Teile von ihnen selbst zum Ziel (Weber, S. 33).
In der Funktionslogik hat Führung als Verantwortliche des Veränderungsmanage-ments die Aufgabe, Strategie, Struktur und Kultur in ein „ausgeglichenes Verhältnis zueinander“ zu entwickeln (Zech 2010, S. 17) und Lernen zu ermöglichen.
Untereinheiten und Kooperationen vergrößern das „Potenzial für Flexibilität und Stabilität“ (Weick, S. 12).
2.2 Schule als soziales System mit weiteren spezifischen Verbindlichkeiten
Schule ist zunächst einmal „eine formale soziale Organisation wie andere auch“ (Dalin u.a., S. 205). Sie ist gekennzeichnet durch Mitgliedschaft, Zwecke und Hierarchien. Sie hat ihre Aufgaben „unabhängig vom Wechsel der Lehrer“ durchzuführen (SchVG NRW §1). Auch in der Schule wird Stabilität nicht durch ein statisches sondern durch ein dynamisches Gleichgewicht, durch menschliches Handeln in Wechselbeziehung zuei-nander und gleichzeitig in Außenbeziehungen zu anderen Systemen, wie Behörden, Verbände, Vereinigungen, Betriebe und anderen Schulen (vgl. Hansen, S. 2) erreicht. Sie unterscheidet sich aber zu anderen Organisationen als Dienstleistungsorganisation durch die Aufsicht des Staates, die Vorgaben durch Gesetze und Erlasse sowie der pädagogischen Zielsetzung zur Veränderung von Personen durch den Bildungs- und Erziehungsauftrag. Ihre Vorgehensweise bzw. ihr Organisieren hat sie selbstständig in Eigenverantwortung zu regeln (vgl. Ministerium 2010, § 2). Selbstverantwortung, Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung sind ihre Prämissen und Prozessmuster der Zielsetzung als pädagogische Organisation (vgl. Arnold u.a. 2006, S. 74ff.). Im Gegensatz zu Betrieben mit Produkten als realisiertem Ziel, ohne direkte Rück- bzw. Einwirkung auf das System, sind die `Produkte´ Schüler auch Teil bzw. Elemente des Systems. Aber auch für Schule gilt, wie für Betriebe, dass vorher die zu erreichenden Kompetenzen bzw. Qualitäten des `Produkts´ bestimmt werden müssen. In einem abgestimmten Verfahren und im Zusammenwirken aller müssen die Teilelemente zum gemeinsamen `Produkt´ passen. Anders als in anderen sozialen Systemen sind bis auf wenige Verwaltungsangestellte und den Hausmeister alle direkt an der `Produkt-erstellung´ beteiligt.
Aufbau, Verfassung, Struktur, Ordnung, Leitung, Mitglieder, Aufgabenstellung, das Mit-einander und Ressourcen sind durch Schul- und Schulverwaltungsgesetze, die Ausbil- dung z. B. durch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung Berufskolleg sowie durch die Lehrpläne als Rahmenbedingungen mit Handlungsspielräumen in einer „relativen Auto-nomie“ (Dalin u.a. S.205ff.) vorgegeben (vgl. Ministerium 2004-2010). Formale Regeln der Schule, nach denen gehandelt werden muss, sind Schulgesetzte, Allgemeine Dienstanordnungen, Verwaltungsvorschriften, Lehrpläne, Gebäudeordnungen der –be-sitzer, Feuerschutzordnungen etc. Andererseits sind sie in ihrer schulischen Aus-prägung selbst gesetzte Regeln zur Erfüllung dieser rechtlichen Aufgaben, wie Schul-programm, Schul- und Hausordnung, Geschäftsverteilungs- und Organisationspläne etc., angepasst an die Bedürfnisse der Beteiligten als Mitglieder der Organisation.
Schulen sind im Gegensatz zu selbstständigen Betrieben nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten der Schulträger. Sie sind organisatorisch, aber nicht rechtlich selbstständig und sind eine Funktionseinheit mit dem Träger, im Bereich des Berufskollegs in NRW sind es die kreisfreien Städte und Kreise. Das Gebäude, die Verwaltungsangestellten, Hausmeister und Reinigungskräfte unterstehen dem Träger, die Lehrer sind Angestellte des Landes. Über Errichtung, Änderung und Auflösung entscheidet der Schulträger im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde bzw. mit dem zuständigen Ministerium. Der Schulträger ist bei Bedarf zur Einrichtung von Bildungsgängen in der Berufsschule verpflichtet. Schulfachliche und organisatorische Kooperationen sind ausdrücklich ge-fordert (Der Kultusminister…, § 2ff.).
2.3 Fazit für die weitere Arbeit
Organisation Schule als lebendes System unterliegt einem ständigen Anpassungs-
prozess zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen sich und der Umwelt und der ständigen Verbesserung ihres Organisierens, will sie sich nicht selbst zum Ziel erklären und so ihre Legitimation für ihr Überleben verlieren. Bei Interventionen von außen entscheidet das Einzelsystem, ob und wie es sich verändert (Rolff 2008, S. 4f).
Diesen selbst zu organisierenden und dabei selbstreferenziellen rekursiven An-passungsprozess zu steuern, setzt die Einbeziehung aller ihrer „informations- und handlungserzeugenden Elemente“ (Horster, S. 24) in einem „institutionell auf Dauer gestellt[en]“ Verständigungsprozess über die persönlichen Deutungsmuster zu gemein-samen nachhaltigen Handlungskonzepten, voraus (vgl. ebd., S. 13ff.).
Die Mitglieder haben unterschiedliche Deutungen der Wirklichkeit und sind gleichzeitig Mitglieder unterschiedlicher sozialer Systeme. Die Eigenschaften der Organisation sind nicht durch Addition der Eigenschaften ihrer Mitglieder sondern durch Interaktion ihrer Elemente in koordinierter Zusammenarbeit bestimmt. Es sind neue Eigenschaften oder Strukturen als neue Verbindlichkeiten entstanden: „Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile“ (Huber/Lohmann, S. 18). Durch Subsysteme wie Abteilungs- und Teamstruktur erhöhen sie ihr Anpassungspotenzial.
Schulen als Organisationen leben mit ihrer Organisationskultur in bewussten und unbewussten Verbindlichkeiten durch Regeln. Auch ihre Struktur wird durch Hierarchien bestimmt.
Schulen als eigenverantwortliche Dienstleistungsorganisationen haben eine pädago-gische Zielsetzung zur Veränderung von Personen durch den Bildungs- und Er-ziehungsauftrag. Die gemeinsame effektive und effiziente Erreichung dieser legiti-mierten Ziele ist ihre Aufgabe. Sie wird gesteuert und ermöglicht durch die Leitung.
Ihre Produkte sind durch Handlungen und Kommunikation auch Elemente der Organisation. Die Prämissen des eigenen Handelns in ihrer Organisationskultur sind als Vorbild auch die der Leitung mit ihrer zentralen Bedeutung, sie sind auch Modell bei der Zielerreichung ihrer `Produkte´ Schüler, sie sind reflexiv (Rolff 2208, S. 6ff.).
Als nichtrechtsfähige Organisation sind sie nur organisatorisch aber nicht rechtlich selbstständig. Ihre Selbstständigkeit ist daher keine „völlige Autonomie“, sondern eine Balance zwischen „Verantwortung der Politik/Bildungsverwaltung“ und ihrer Eigen-verantwortung, die sie nur in enger Zusammenarbeit mit dem Schulträger und der Schulaufsicht erreichen (Euler, S.9).
Kooperation ist bei ihnen systembezogen, um nicht nur intern Probleme gemeinsam und im Konsens zu lösen, sondern auch um nach außen selbstständig und selbst-verantwortlich aufzutreten. Durch intensive verbindliche Abstimmungen mit dem Schulträger wird Nachhaltigkeit der Organisation gewährleistet.
3. Organisationsentwicklung des sozialen Systems Schule als nachhaltiger Anpassungsprozess
Ziel der Organisation als soziales System ist Nachhaltigkeit als Überleben durch selbst organisierte und regulierte „Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit“ in ständigen Rückkopplungsschleifen zu ihrem bisher angenommenem erfolgreichen und der An-schlussfähigkeit von neuem Verhalten (Horster, S. 10). Es dient dem Zweck der effektiveren und effizienteren Aufgabenerfüllung durch die Mitglieder und für die Nutzer. Gewachsene „Traditionen und Verhaltensmuster“ werden irritiert, um nach-haltige, selbsttragende und strukturbildende Entwicklungen einzuleiten (Arnold, S.8). Es ist ein Prozess des Agierens und Reagierens, der den wechselseitigen Abhängig-keiten zwischen sich, den Personen und der Umwelt als komplexe Systeme unterliegt und aus teilweise kritischem Chaos immer wieder stabilisierende Ordnung schafft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Innen- und Außenwelt von Schule (in Anlehnung an Hansen, Folie 6)
Dieses Netz an Beziehungen, Verbindungen, Strukturen, Hierarchien, immanenten Re-geln, Kompetenzen, Kommunikationen, Aufgaben, Beteiligten, Einflussnehmern, Res-sourcen und Betroffenen mit ihren emergenten Eigenschaften hat sich zur ständigen Anpassung an eine veränderte Umwelt, zu mehr Zufriedenheit der Mitarbeiter und zur effektiveren und effizienteren Zielerreichung weiterzuentwickeln. Die Weiterentwicklung kann nur von der bestehenden Wirklichkeit der existierenden Organisation ausgehen, sie ist daher selbstreferenziell und rekursiv. Die vorhandenen Möglichkeiten, Restriktionen, ihre Kultur, Struktur und Prozesse sind die Basis für einen „geplanten, gelenkten und systematischen Prozess zur Veränderung (vgl. Comelli 1985, S. 96).
3.1 Organisationsentwicklung ist mehr als die Summe der Teile
Organisationen sind, zur Herstellung des Gleichgewichts in Richtung einer als besser angenommen Zukunft ihrer Innen- und mit der Außenwelt, ständig in Bewegung und lösen Lernen als Anpassungsprozess aus. Hierbei entscheiden sie, ob die Irritationen und Informationen Anlass zur eigenen Änderung sind oder sie diese dem Umfeld zu-schreiben, sodass sie sich bequemerweise nicht zu ändern brauchen, vorausgesetzt, das Umfeld lässt diese Entscheidung ohne erneute Irritation zu und die zukunfts-sichernde Stabilität im System bleibt erhalten.
Die Veränderungsprozesse als „organisationales Lernen“ sind „Kommunikations- und Verständigungsprozess[e]“ des lernenden Personals mit dem Ergebnis der Struktur-änderung sowohl in der Organisation als auch in der Psyche der Lernenden (vgl. Zech, S. 19). Sie sind mehr als die Summe der einzelnen Lernprozesse, sie stellen das Gedächtnis und die Problemlösefähigkeit der Organisation dar (Schüssler, S. XI). Die Vielzahl der persönlichen „Strukturierungen der Umgebung“ als auch die nicht einheit-lich strukturierte Umgebung selbst und ihre Deutungen ergeben für die Organisation widerspruchsvolle, nicht lineare Lösungsansätze zur Steuerung der Veränderung (Horster, S.13ff.) und dies alles im aktiven Zustand der Organisation.
Um dem Dilemma des Auseinanderdriftens bzw. der nicht Steuerbarkeit durch ständige Aushandlungskommunikationen zu begegnen, ist es im Sinne des Zusammenpassens und der Anschlussfähigkeit wesentlich, das verbindlich festzuhalten, was nicht immer neu entschieden werden muss sondern schon gemeinsam reflektierte Verabredungen der alltäglichen Handlungen sind, wie Spielregeln, Strukturen und Prozesse. Zukünf-tige Entwicklungen sind vorausschauend zu integrieren. Erst in zukünftigen An-passungsprozessen entscheidet sich, inwieweit diese Festlegungen modifiziert werden müssen.
Die Veränderungsmöglichkeiten betreffen bei der Schule nicht die gesamte Organisa-tion, denn diese ist teilweise durch Gesetze und Verordnungen gerahmt, sondern nur die Bandbreite, die ihr durch Teilautonomie zugestanden wird bzw. die sie sich in Kommunikation mit ihrer Außenwelt `erarbeitet´ hat. Verbesserungsmöglichkeiten be-treffen alle Teile der Organisation. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt sie eine Stabilität durch „ gewisse Zeit überdauernde“ Verbindlichkeiten, die aber auch „ent-wicklungsfähig“ bleiben müssen (Rüegg-Stürm, S. 2). Ihre Planungsfestlegungen der Zielerreichung für Schüler beträgt in der Schule ein bis drei Jahre, nimmt man die Werbungs- bzw. Verabredungsphasen von Kooperationen mit hinzu, muss sicher in Teilbereichen von bis zu fünf Jahren ausgegangen werden.
Ein verbindlich festgelegter aber jederzeit anpassbarer Grundkonsens als Gradmesser der „Übereinstimmung der subjektiven Deutungen“ bestimmt die Beziehungen unterei-nander und somit die Steuerbarkeit der Veränderungsprozesse (Rüegg-Stürm, S. 2 u. Horster, S. 11).
Diese Organisationskultur aus gemeinsam geteilten Werten und Normen stellt die er-folgreiche Vergangenheit dar und ist gleichzeitig die „Haltung des Respekts und der Wertschätzung“ für die bisherige Arbeit der Beteiligten als motivierende Basis für Ver-änderungen in einer lernenden Organisation (vgl. ebd. S. 14). Organisationale und persönliche Ziele stehen nicht im Widerspruch, sie ergänzen und verstärken sich. Wirksame Veränderungen passen zur bisherigen Struktur und gefährden sie nicht (Oelkers, S. 7).
Da sie ihre Organisation durch selbst gesteuerte Kommunikation erzeugt, setzt die Reflexion über Veränderung allerdings eine Gesprächs- und Reflexionskultur voraus, sodass verstanden und nicht missverstanden wird. Denn Kommunikation als Austausch von Botschaften auf den Ebenen des Sendens und Empfangens unterliegt dem Prozess der De- und Encodierung, der Absicht, der Wirkung und folglich einer breiten Bedeutungsvielfalt und enthält Aussagen von Menschen mit mindestens vier beabsichtigten oder unbeabsichtigten Bedeutungsebenen auf der Sach-, Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellebene gleichzeitig (vgl. Heisig, S. 12ff.).
Durch Subsysteme - bestimmt durch Mitgliedschaft - wie Teams und Kooperationen als Gruppen gleicher Gesprächs-, Reflexionskultur, Spielregeln, geteilter Werte und Normen (vgl. Schley, 11ff.), kann die Steuerungsfähigkeit durch Vergrößerung der Problemlösekapazität der Subsysteme erhöht werden (vgl. Horster, S. 85).
Das Ziel der effektiven und effizienten Zweckerfüllung der Organisation erreicht sie durch organisationales Lernen, dass aber personales Lernen bzw. Kompetenzerwerb voraussetzt. Nachhaltige Personalentwicklung zur systemischen Professionalität ist die Konsequenz (vgl. Arnold/Pätzold, S. 15).
3.2 Die Menschen in der Organisation
Die Betroffenen, als psychische Systeme, sind Mitglieder sozialer Systeme und wie diese gekennzeichnet durch Geschlossenheit, Strukturdeterminiertheit, Autonomie und sind auf das Umfeld bezogen (vgl. Steinkeller, S. 276). Sie können gleichzeitig mehreren Systemen angehören, die teilweise konkurrierend zueinander stehen und ihre Haltungen beeinflussen („Es gibt noch ein Leben nach der Schule!“ ist der häufige Kommentar Betroffener). Auch bei ihnen gilt, dass „Lernen dann ausgelöst wird, wenn es zu einer Störung des Gleichgewichts“ zwischen ihrem psychischen System und der Umwelt kommt (Horster, S. 7).
Sie unterliegen dem „Deutungslernen“ der Realität als „interpretierte Wirklichkeit“ (Horster, S.17f), die sie auf der Grundlage ihrer früheren Erfahrungen konstruieren (Schüssler, S. 43). Die so genannte Wahrheit als alltagstheoretische Erklärung ist abhängig sowohl von der Passung zu den persönlichen Deutungsmustern als auch von deren Bestätigung im sozialen Austausch als organisationale Deutungen. Effektivität und Effizienz des persönlichen Handelns orientieren sich allerdings pragmatisch eher an „vertrauten Deutungs- und Handlungsmustern“, die Sicherheit bieten als an den Zielen der Organisation. Erst wenn die Passung, die emotionale Stimmigkeit sowie die soziale Bestätigung misslingen, müssen „vertraute Deutungsmuster“ weiterentwickelt werden, um neue Sicherheit zu gewinnen (ebd. S. 47 u. Horster, S. 210ff.). Die Gefühle wie Harmonie, Anerkennung, Angst, Selbstbild, Erfahrungen, Prägungen als emotio-nale Grundmuster und die daraus resultierenden Haltungen ihrer Identität bestimmen mit, inwieweit Lernen als aktiver selbst gesteuerter und selbst verantworteter Prozess zur Anpassung ausgelöst oder auf den bekannten Mustern beharrt wird. Sie sind der „Filter“ und der „Motor zur Umsetzung von Erkenntnissen und Handlungen“ (Siebert, S. 74). Zu ihrer Sozialisation gehört aber auch – wie bei sonst kaum einem Mitglied einer anderen Organisation – die Kenntnis und Selbsterfahrung mit und in der Organisation. Sie haben schon Modelle des Systems als Deutungsmuster für Veränderungen und sind so vorgeprägt. Auch Lernen ist bei ihnen durch ihre Vorerfahrungen, „d. h. wie sie gelernt haben zu lernen“ und nicht „wie sie für sich am effektivsten lernen“, geprägt (Arnold 2009, S. 145).
Gewohnte Wege zu verlassen, bedeutet sich in Ungewissheit zu begeben und ist häufig mit Versagensängsten besetzt. Dies in Veränderungswillen mit Erfolgserwar-tungen zu verwandeln, bedeutet Reflexion mit der Komplexität und bestimmt die An-schlussfähigkeit als psychisches System mit dem sich entwickelndem sozialen System. Dies setzt aber voraus, dass ihre Bedürfnisse wie Sicherheit, Zugehörigkeit, Aner-kennung und Selbstverwirklichung nicht nur nicht in Frage gestellt werden, sondern sie durch den Anpassungsprozess noch gesichert werden und dies auch ihrer bisherigen Erfahrung in diesem System entspricht bzw. dass das System zuverlässig ist (vgl. Schüssler, S. 31ff.). Die provokante Formulierung, dass der „Mensch ein Herdentier“ sei, deutet zumindest an, dass der Drang zum Durchschnitt zu gehören und die Sicherheit durch Anerkennung in der sozialen Gruppe zu erfahren, für die meisten mitbestimmende Handlungsmotive sind. Denn nicht „Fakten und Daten, sondern Gefühle, Geschichten und vor allem andere Menschen“ umtreiben Menschen (vgl. Einzmann, S. 92 u. Spitzer, S. 160).
„Eine Gemeinschaft ist dann stabil, wenn sie so organisiert ist, dass jeder Einzelne das für sich will, was auch der Gemeinschaft dient, die ihn trägt und erhält.“ (Spitzer, S. 319). Dies setzt voraus, dass der individuelle Gewinn größer ist als der Verzicht und dass man ihn lässt, indem die Struktur der Organisation Entscheidungsspielräume und Mitwirkung durch das Prinzip der stellvertretenden Führung zulässt (vgl. Arnold 2008, S. 37ff.). Zufriedene und emanzipierte Mitarbeiter führen eher zu effektiveren Organi-sationen (vgl. Mertel, S. 33). Als „hohe Selbstwirksamkeitserwartung“ ihrer Hand-lungen, die „immer im sozialen Kontext“ erworben werden, führen sie zu der „opti-mistische(n) Überzeugung einer Person, auch schwierige Herausforderungen erfolg-reich meistern zu können“. Sie werden als „leistungsmotivierter, kreativer und ausdau-ernder“ in Entwicklungsprojekten beschrieben. Dies verstärkt sich noch, wenn diese personalen zu „kollektiven Selbstwirksamkeitserwartungen“ werden (Satow, S. 11ff.).
3.3 Aufgaben der Führung
Führung ist sowohl Teil des sozialen Systems als auch psychisches System ebenso wie die Mitarbeiter. Sie nehmen sich gegenseitig nicht nur als Elemente des Systems sondern auch als Umwelt war. Im Sinne der gemeinsamen Zielerreichung haben sie miteinander zu kommunizieren, was sie „legitimerweise voneinander erwarten dürfen und faktisch voneinander erwarten“ (Zech 2010, S. 14), dies setzt die gleiche Semantik voraus, damit sie sich verstehen können.
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- Gerd Leifgen (Author), 2011, Verbindlichkeiten als Voraussetzung für eine nachhaltige Qualitätsentwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201510
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