Der türkische Immobilienmarkt: Die Perle aus dem Orient?


Diplomarbeit, 2009

77 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Gang der Arbeit

2 Geografie und Infrastruktur der Türkei
2.1 Geografische Lage
2.2 Infrastruktur

3 Wirtschaftliche Entwicklung der Türkei
3.1 Historischer Rückblick und makroökonomisches Umfeld
3.2 Politisches Umfeld
3.3 Wachstum
3.4 Inflation, Währung und Zinsen

4 Rahmenbedingungen der Immobilientransaktionen
4.1 Rechtliche Restriktionen
4.1.1 Abwicklung des Grunderwerbs
4.1.2 Investitionsbarrieren für Ausländer
4.2 Kosten und Steuern
4.2.1 Steuern beim Kauf einer Immobilie/ eines Grundstücks
4.2.2 Besteuerung des Besitzes
4.2.3 Steuern bei der Veräußerung
4.3 Finanzielle Rahmenbedingungen
4.3.1 Einführung und Funktionsweise von Mortgage
4.3.2 Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

5 Immobilienmarkt
5.1 Akteure
5.1.1 Inländische Akteure
5.1.1.1 Eigentümerstruktur
5.1.1.2 Demografische Entwicklung
5.1.1.3 Migration innerhalb der Türkei
5.1.1.4 Haushaltsgröße
5.1.2 Ausländische Investoren
5.1.3 Institutionelle Anleger
5.2 Immobilienstruktur und Preise
5.2.1 Wohnimmobilien
5.2.2 Grundstücke
5.2.3 Büroimmobilien
5.2.4 Einzelhandelsimmobilien
5.3 Potenzial des Marktes durch Vergleich zum spanischen Immobilienmarkt
5.3.1 Rahmendaten
5.3.2 Vergleich zum aktuellen türkischen Immobilienmarkt
5.3.3 Entstehung des spanischen Immobilienbooms
5.3.4 Schlussfolgerungen für den türkischen Immobilienmarkt

6 Fazit
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.2 Ausblick und Handlungsempfehlung

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersichtskarte Türkei

Abbildung 2: Entwicklung BIP Türkei

Abbildung 3: Verteilung der Konsumausgaben nach Regionen

Abbildung 4: Der Atatürk- Damm

Abbildung 5: Entwicklung des Leitzins der Türkei

Abbildung 6: Entwicklung des US- Dollar und des Euro zur TL in einem Jahr

Abbildung 7: Eine Gecekondu- Siedlung in Ankara

Abbildung 8: Regionale Unterschiede in der Haushaltsgröße in der Türkei

Abbildung 9: In Istanbul entsteht eine moderne Wohnsiedlung; Bosphorus City

Abbildung 10: Wachstumsraten und Rendite bei Büroimmobilien in Istanbul

Abbildung 11: Kumulierte Verteuerung der Hauspreise einzelner Länder.

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

In Zeiten einer globalen Krise und Verunsicherung, in dessen Zuge fortlaufende Zinssenkungen der Zentralbanken folgen und somit nur sehr geringe Renditechancen für Anleger im Sparbereich bleiben, gilt es Überlegungen nach Alternativanlagen anzustellen, um weiterhin attraktive Renditen zu erzielen.

Bei diesen Überlegungen kommen auch neben einer risikoreicheren Anlage in Einzelaktien oder Aktienfonds vermehrt die Gedanken zu Investitionen in Immobilien auf. Schließlich genießen diese den Ruf, werthaltige und inflationssichere Anlagen zu sein.[1] Da der deutsche Immobilienmarkt allerdings seit Jahren keine hohen Renditen und Wertsteigerungen mehr verzeichnet, schweift der Blick über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus.[2] Während unmittelbare Nachbarländer und große Industrienationen sich aufgrund ihres bereits ausgereiften Immobilienmarktes aus Renditegesichtspunkten kaum vom deutschen Immobilienmarkt unterscheiden, richtet sich der profitorientierte Blick der risikofreudigeren Investoren in Richtung der Vertreter der Emerging Markets. Zu diesen aufstrebenden Märkten zählen aus dem europäischen Raum insbesondere Länder wie Bulgarien, Rumänien, Russland und die Türkei.[3]

Dabei bietet speziell die Türkei nicht nur als Urlaubsland einige hochinteressante Gründe für ein langfristiges Investment im dortigen Immobilienmarkt. Analysten titelten bereits „Turkey is the India of Europe“[4] und deuteten dabei auf eine aufstrebende Nation hin. Denn ein Land mit einer jungen und wachsenden Bevölkerung von über 70 Mio. Menschen, in dem die Städte stetig durch starke Zuwanderung wachsen und immer mehr Haushalte entstehen, und dessen Wirtschaft fortlaufend stabiler wird, bietet vielfache Chancen.[5] Wie viel Potenzial wirklich in diesem Markt steckt und wo genau die Risiken versteckt sein könnten, soll im Rahmen dieser Arbeit geklärt werden. Neben den vielfachen Chancen und Möglichkeiten sollten die Risiken und Restriktionen gerade für deutsche Investoren nicht außer Acht gelassen werden.

1.2 Zielsetzung

Im Rahmen dieser Arbeit soll der türkische Immobilienmarkt mit seiner Struktur, sowie seinen Chancen und Risiken näher analysiert werden. Diese Ausarbeitung soll insbesondere deutschen Privatinvestoren einen besseren Überblick über einen sonst als undurchsichtig geltenden Markt bieten und jedem Leser gemäß seiner individuellen Risikoneigung Entscheidungshilfen zur Hand geben.

1.3 Gang der Arbeit

Im nächsten Kapitel werden zunächst die geografischen Besonderheiten der Türkei zusammengefasst. Anschließend wird auf die Infrastruktur des Landes eingegangen.

Im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden die makroökonomischen Rahmendaten aufgegriffen. Hierbei wird ein Überblick zur gesamtwirtschaftlichen Situation der Türkei gegeben und die Entwicklung wichtiger Bestimmungsfaktoren analysiert. Zudem wird auf die politische Situation einschließlich der EU- Beitrittsbemühungen Bezug genommen.

Im anschließenden Kapitel 4 werden die Rahmenbedingungen für den Kauf einer Immobilie thematisiert. Insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen aus Sicht eines ausländischen Investors sind Grundlage dieses Abschnitts. Die Kosten im Zusammenhang mit einem Immobilienerwerb ergänzen dieses Kapitel ebenso, wie die Ausführung über das neue Hypothekengesetz in der Türkei und seine Auswirkungen auf den Immobilienmarkt.

Der Kernpunkt dieser Arbeit wird im fünften Kapitel bearbeitet. Hier werden zunächst die Akteure des türkischen Immobilienmarktes vorgestellt. Die inländische Bevölkerung als Hauptakteur wird unter anderem einer demografischen Analyse unterzogen. Anschließend folgt eine Betrachtung der ausländischen und institutionellen Investoren.

Im weiteren Verlauf dieses Kapitels folgt eine Darstellung der Immobilienstruktur der Türkei. Hierbei werden die Marktaussichten, der Bedarf, sowie die preisliche Entwicklung beschrieben.

Das Kapitel 5 endet mit einem Vergleich zwischen dem spanischen Immobilienmarkt vor seinem Boom in den neunziger Jahren und dem türkischen Immobilienmarkt von heute. Dabei werden zunächst die Rahmendaten für Spanien zusammengefasst, anschließend Analogien zur Türkei herausgearbeitet. Nach einer Analyse der Gründe für den spanischen Immobilienboom werden Rückschlüsse auf die türkische Immobilienentwicklung gezogen.

Schließlich wird diese Arbeit mit einem abschließenden Fazit vervollständigt. Hierbei erfolgt erst eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse, anschließend wird für potenzielle Investoren eine Handlungsempfehlung ausgesprochen.

2 Geografie und Infrastruktur der Türkei

Einer Investition in einem fremden Land sollten verschiedene Überlegungen und Analysen vorweggehen, damit Transparenz geschaffen wird, Informationsasymmetrien abgebaut werden und das Risiko von Fehlentscheidungen durch Unwissenheit minimiert werden. Vor allem mit Investitionen in Grundstücke und Immobilien bindet der Anleger sich an das Land und kann das Eigentum nicht später an einen anderen Ort transferieren.

Daher spielt bei kaum einem anderen Investment die Lage eine wichtigere Rolle als bei Immobilieninvestments. Sowohl die geografische Lage als auch die infrastrukturellen Besonderheiten des Landes sollten analysiert und vor einer Entscheidungsfindung in die Überlegungen mit eingeflossen sein.

2.1 Geografische Lage

Die Türkei liegt etwa 2.200 km südöstlich von Deutschland entfernt und die Flugdauer zum Westen der Türkei beträgt drei bis vier Stunden.[6] Mit einer etwa doppelt so großen Fläche wie Deutschland erstreckt sich die Türkei über zwei Kontinente. Während lediglich 3% der 814.578 km² sich auf dem europäischen Kontinent befinden, sind 97% der Landesflächen dem asiatischen Kontinent zuzuordnen. Der europäische Teil des Landes wird auch Thrakien genannt, der asiatische Landesteil hingegen als Anatolien bezeichnet.[7]

Die geografische Unterteilung des Landes erfolgt in sieben Regionen. Zu diesen Regionen zählen:[8]

- Marmararegion
- Schwarzmeerregion
- Mittelmeerregion
- Ägäis (Ägäische Region)
- Zentralanatolien
- Ostanatolien
- Südostanatolien

Das in Zentralanatolien gelegene Ankara ist die Hauptstadt der Türkei, doch die Pulsader des Landes ist das im Nordwesten gelegene Istanbul. Sie ist die bevölkerungsreichste Stadt, zugleich das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes und führt den europäischen und asiatischen Teil über die Bosporus- Brücke zusammen.[9] Im Ganzen ist die Türkei in 81 Provinzen unterteilt, die jeweils einen von Ankara bestellten Gouverneur haben.[10]

Die Gesamtlänge der Landesgrenzen der Türkei beträgt ca. 9.650 km, wovon etwa 7.200 km vom Meer umgrenzt sind. Denn im Norden der Türkei liegt das Schwarze Meer, im Süden das Mittelmeer und im Westen das Ägäische Meer. Zudem teilt sich die Türkei mit acht Nachbarstaaten seine Landesgrenzen, die eine Länge von ca. 2.650 km ausmachen. Während Georgien, Armenien und Aserbaidschan im Nordosten an die Türkei angrenzen, liegt der Iran im Osten, Irak und Syrien im Süden, sowie Griechenland und Bulgarien im Nordwesten.[11]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Übersichtskarte Türkei[12]

2.2 Infrastruktur

Die Infrastruktur eines Immobilienmarktes ist ein entscheidender Faktor für die Bewertung seiner Attraktivität als Investment.[13] Insbesondere bei Immobilieninvestitionen sind die Ver- und Entsorgungsstandards des Ortes, sowie dessen Verkehrsanbindungen und Straßenqualität als Teil der technischen Infrastruktur bedeutsam. Aber auch die soziale Infrastruktur des Ortes spielt mit den öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Ärzten und Krankenhäusern sowie Freizeitanlagen eine wichtige Rolle vor dem Kauf einer Immobilie.[14]

Über die Gesamtfläche der Türkei hinweg ist kein einheitlicher Standard zu erkennen. Regional sind große Unterschiede in der Infrastrukturbeschaffenheit vorhanden. Während im Westen und Süden des Landes, sowie in der Hauptstadt Ankara europäische Standards verbreitet sind, lebt die Bevölkerung in Teilen von Ostanatolien immer noch mit Einschränkungen in der Versorgung mit Strom und Wasser. Auch die Beschaffenheit der Straßen, insbesondere derer die in die Dörfer führen, ist noch von westlichen Beispielen entfernt. So schätzt Wolfram Erhardt, Direktor des Büros der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Ankara, das etwa 50 Mrd. Euro für die kommunale Infrastruktur benötigt werden, um landesweit EU- Standards bieten zu können.[15]

Bei der Analyse des türkischen Immobilienmarktes werden im Folgenden lediglich jene Regionen näher untersucht, die primär im Fokus des Anlegers stehen und bei denen bereits europäische Standards vorherrschen. Investoren bevorzugen die Regionen um und in Antalya, sowie der Ägäis. Aber auch die Metropole Istanbul ist ein Hauptakteur der Türkei beim Einwerben von Investitionskapital zu Gunsten seiner Immobilienprojekte und Bestandsimmobilien.[16]

Doch gerade Istanbul muss weitere Infrastrukturinvestitionen tätigen. Denn in den türkischen Städten erfolgte in den vergangenen Jahrzehnten die Besiedelung zumeist ohne Bebauungspläne. In Istanbul vergrößerte sich z.B. die bebaute Fläche in den Jahren von 1990 bis 2005 um über 40%.[17] Dagegen lässt sich durch das schnelle Wachstum die Erweiterung des Verkehrs-, Wasser-, Abwasser- und Stromnetzes im notwendigen Umfang kaum sicherstellen. Die Kommunalregierungen versuchen weiterhin, dieses planlose Wachstum einzudämmen und zugleich Strukturen und Ordnung, sowie ein landesweites Verkehrsnetz zu schaffen. Die erforderlichen finanziellen Ressourcen hingegen stellen derzeit das größte Hindernis zur Bewältigung dieses Problems dar.[18] Daher ist ein stärkeres Engagement des Privatsektors zwingend erforderlich, doch auch vorerst kaum wahrscheinlich, da sich das Engagement zunächst auf andere Bereiche, wie z.B. den Hochbau konzentriert. Vorbildcharakter hingegen nimmt das Entsorgungsunternehmen Remondis ein. Im Rahmen eines Joint Ventures investierten sie in die Behandlung von Abwasser und bieten ihren Service rund vier Mio. Einwohnern verschiedener Kommunen an.[19]

3 Wirtschaftliche Entwicklung der Türkei

Die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ist für die Beurteilung des Investitionslandes von entscheidender Bedeutung. Dieser Abschnitt befasst sich mit der ökonomischen Entwicklung und den Zukunftsaussichten der Türkei, sowie den impulsgebenden, politischen Faktoren.

3.1 Historischer Rückblick und makroökonomisches Umfeld

Die aktuelle Finanzkrise, die ihren Ursprung im amerikanischen Subprime- Markt hat und sich zunächst in eine globale Finanzkrise verwandelte, um schließlich eine große Weltwirtschaftskrise auszulösen, hat viele Länder hart getroffen. Viele Volkswirtschaften befinden sich in Folge dieser Krise in einer Rezession und deshalb rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) mit lediglich 0,5% Wachstum der Weltwirtschaft in 2009. Für Deutschland rechnet der Fonds gar mit einem Einbruch um 2,5%.[20]

Doch die Türkei hatte bereits 2001 eine verheerende Wirtschaftskrise zu überstehen. Ausgelöst durch einen öffentlichen Streit im Frühjahr 2001 zwischen dem damaligen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit und dem Präsidenten Ahmet Nejdet Sezer über die Korruption im Lande, verloren die Märkte und das Volk ihr Vertrauen gegenüber der Regierung.[21] Neben der Korruption waren insbesondere Misswirtschaft und ein marodes Bankensystem die wichtigsten Kritikpunkte und schließlich Auslöser der Krise.[22] Im Zuge des Disputs zwischen den beiden Politikern verloren die Aktienmärkte bis zu 18% ihres Wertes an nur einem Tag und über ein Drittel in nur wenigen Tagen. Die bis dahin an wichtige Währungen wie dem US- Dollar und dem Euro gekoppelte Türkische Lira musste aufgrund der Kapitalflucht der Anleger durch die Zentralbank freigegeben werden und wurde somit den Kräften der Devisenmärkte ausgesetzt. Innerhalb eines Tages verlor dadurch die Türkische Lira 27% gegenüber dem US- Dollar und Inflationsraten schnellten auf Werte von über 60%. Kurzfristige Darlehen kosteten zeitweise über 5.000%.[23] Verschuldete Unternehmen mussten aufgrund der unbezahlbaren Schuldzinsen Insolvenz anmelden und trieben Hunderttausende in die Arbeitslosigkeit. Eine schwere Rezession mit Werten über 8% war die Folge.[24] Der IWF hat der Türkei in dieser Situation mit einem Staatskredit unter die Arme gegriffen und vor einem möglichen Staatsbankrott gerettet, gleichzeitig im späteren Verlauf als Wächter der Haushaltspolitik und wichtiger Reformen fungiert.

Während heute das Finanzsystem weltweit wankt, der Staat in vielen Ländern eingreifen muss, und große Unternehmen die Reißleine ziehen müssen, hat sich das türkische Bankensystem in der Krise als stabil erwiesen. Da im türkischen Hypothekensystem Subprime-Kredite[25] nicht zulässig sind und das Bankensystem gut reguliert ist, blieben die türkischen Banken von der Krise weitestgehend verschont. Lediglich weniger als ein halbes Prozent der Immobiliendarlehen in der Türkei sind in Zahlungsschwierigkeiten.[26] Die türkischen Bankinstitute wurden im Zuge der Wirtschaftskrise von 2001 neu strukturiert und gekräftigt. Eine Reihe von entscheidenden Strukturreformen wurde in die Wege geleitet, um das System zu verbessern. So wurden beispielsweise viele Institutionen vom Staat übernommen, Fusionen und Übernahmen fanden statt und die Eigenkapitalquote wurde aufgestockt (2007 lag der Durchschnitt bei 18,8%)[27] . Das Kerngeschäft wurde forciert, Risikogeschäfte konnten aufgrund der harten Regularien nur sehr eingeschränkt getätigt werden. Dank dieser Reformen sind türkische Banken nicht direkt von der aktuellen Krise betroffen, sie führt jedoch zu einem Rückgang der Geschäfte, bedingt durch die Abnahme der Anzahl der Kreditvergaben.[28]

Bemerkenswert ist die Entwicklung nach den Reformen, denn viel ausländisches Kapital floss besonders in den Bankensektor und dies erklärt auch die starke Zunahme der Direktinvestitionen der letzten Jahre in der Türkei. In 2007 erreichten die Investitionen ein Rekordniveau von 21,9 Mrd. US- Dollar. Ausländische Investoren halten inzwischen über 40% des Gesamtkapitals im Bankensektor. Die türkische Bankenbranche kann also trotz des aktuell schwierigen Umfeldes weiterhin mit guten Ergebnissen rechnen.[29]

In den vergangenen fünf Jahren vor der Weltwirtschaftskrise hat die Türkei die idealen Rahmenbedingungen durch den Neuaufbau gut genutzt und konnte einen durchschnittlichen Zuwachs des Bruttoinlandproduktes von 6,9% verzeichnen und zugleich einen starken Rückgang der Inflation auf einstellige Werte vermelden. Die zunehmende Integration in den Welthandel spielte dabei ebenso eine wichtige Rolle wie die höher werdende wirtschaftliche Stabilität, sowie die immer weiter voranschreitende Umsetzung von Strukturreformen wie z.B. die Liberalisierung von wichtigen Industriezweigen und des Bankensektors.[30] Doch die Türkei birgt in ihrer wirtschaftlichen und politischen Zusammensetzung auch Gefahren. Sie ist stets für externe und interne Schocks anfällig. So sind die wirtschaftlichen Fundamentaldaten immer noch hinter denen der so genannten BRIC- Länder (Brasilien, Russland, Indien, China). Zudem sind die enorme Abhängigkeit von ausländischem Kapital, der immer wieder auftretende Inflationsdruck und die Risiken einer politischen Unruhe als ständige Begleiterscheinung der Türkei ein Störfeuer für die positive Entwicklung der Wirtschaft. Eine Verschärfung dieser Umstände könnte jederzeit zum Ausbleiben wichtiger, ausländischer Kapitalzuflüsse führen.[31]

Unabhängig von der Entwicklung in der Türkei ist aktuell auch zu beobachten, dass den Investoren aufgrund der globalen Wirtschaftskrise die Mittel ausgegangen sind und daher vermeintlich riskantere Anlagen wie z.B. in die Türkei gegen sichere Staatsanleihen in US- Dollar oder Euro getauscht werden. Also leidet die Türkei hier indirekt an der Krise mit.[32]

3.2 Politisches Umfeld

Die politischen Entwicklungen in der Türkei sind stets mit besonderer Brisanz gefüllt, von ihr ist inländische Stabilität, aber auch wirtschaftliche Beständigkeit abhängig. Doch meist bildet das politische Umfeld eher ein Risiko für die Entwicklung der Türkei. Das überdosierte Machtstreben türkischer Politiker, sowie Korruption anstelle von gemeinnütziger Reformen, die Kurdenthematik, die Ungleichheit zwischen Ost und West, aber insbesondere auch die Rolle des türkischen Militärs bilden regelmäßig Unsicherheiten für außenstehende Beobachter und Investoren. So hat das Militär bereits dreimal mit militärischen Interventionen Einfluss auf die Regierung genommen und bei einem vierten Mal 1997 durch Drohung eines Putsches die Regierung zum Rücktritt bewegt. Für die Demokratie im Lande und Sicherheit der Märkte sind dies keinesfalls unterstützende Maßnahmen.[33]

In der Türkei fanden am 29. März 2009 landesweite Kommunalwahlen statt. Das Ergebnis war folgendes: die regierende Partei für Gerechtigkeit und Aufbau (AKP) des Ministerpräsidenten Erdogan bleibt mit 38,79% an der Spitze und trotz Stimmverlusten behält sie einen eindeutigen Vorsprung gegenüber der Opposition. Die oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) erreichte bei diesen Wahlen nur 23,13% und 16,05% stimmten für die rechtsorientierte Partei der Nationalen Bewegung (MHP). Die Demokratische Volkspartei (DTP) erhielt 5,67%, während die islamistische Partei der Glückseligkeit (SP) 5,16% der Stimmen bekommen hat.[34] Der Erfolg der AKP kann auf ihre Nähe zum Volk zurückgeführt werden. Allerdings gibt es landesweite Proteste sobald eine Islamisierung sich spürbar macht. Denn das türkische Volk, das zwar an religiöse Werte gebunden ist, toleriert keine radikale Islamisierung. Besonders die offizielle Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der EU und die Bemühungen, die dafür notwendigen Reformen durchzusetzen, hat die Wählerschaft überzeugt. Außerdem verfolgen Erdogan und seine Partei eine freundliche Kurdenpolitik.[35]

Jedoch sollte hier angemerkt werden, dass die AKP, wie andere Parteien auch, eine eigene „Vetternwirtschaft“ aufgebaut hat. Die Opposition hat sich während der Wahlkampagne besonders darauf bezogen, um die Wählerschaft auf solche Ereignisse aufmerksam zu machen. Da das Volk heute kein Vertrauen mehr in die CHP hat, war die Kampagne eher erfolglos. Die von Atatürk gegründete CHP wird als zu „volksfremd“ empfunden, da ihre Bestrebungen nicht mit den Wünschen der gläubigen Türken übereinstimmen. Sie ist unreligiös und lehnt sowohl Privatisierungen, ausländische Direktinvestitionen, als auch die EU- Vorgaben ab. Gerade an einem Zeitpunkt, an welchem die Türkei versucht sich in die Weltwirtschaft zu integrieren und ausländische Kapitalflüsse anzulocken, ist die Einstellung der CHP unerwünscht. Die nationalistische MHP ist besonders in Provinzen beliebt, in welchen die kurdische Binnenmigrationsrate hoch ist. Die Kurden, die schätzungsweise 20%, d.h. 10-15 Millionen der Gesamtbevölkerung vertreten, wählen meist die DTP, doch die Religiösen unter ihnen vertrauen der AKP. Die radikale DTP von der behauptet wird, dass sie unter terroristischen Einflüssen steht, gibt den Nationalisten einen guten Vorwand, um Kurden als Separatisten abzustempeln.[36]

[...]


[1] Vgl. http://www.investments-check.de/.

[2] Vgl. Hinrichs, H. (2007), S. 78.

[3] Vgl. Hinrichs, H. (2007), S. 78.

[4] PriceWaterhouseCoopers/ Urban Land Institute, Emerging Trends in Real Estate Europe 2008, S. 31.

[5] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 3.

[6] Vgl. http://www.tuerkei-urlaub-info.de/anreise/anreise.htm (gem.: Luftlinie Mitteldeutschland - Ankara).

[7] Vgl. http://www.ftd.de/politik/europa/1096704952278.html.

[8] Vgl. http://www.immobilien-tuerkei24.de/informationen_tuerkei/lage_geographie_tuerkei.html.

[9] Vgl. http://www.ftd.de/politik/europa/1096704952278.html.

[10] Vgl. Gottschlich, J., Türkei: Ein Land jenseits der Klischees, S. 41.

[11] Vgl. http://www.immobilien-tuerkei24.de/informationen_tuerkei/lage_geographie_tuerkei.html.

[12] Quelle: Entnommen aus: http://www.weltkarte.com/europa/landkarten_tuerkei.htm.

[13] Vgl. http://www.immobilien-markt-direkt.de/immobilienmarkt.html.

[14] Vgl. http://www.allgrund.com/top10/immoinfo/22002/2-2002.htm.

[15] Vgl. http://www.gtai.de/DE/Content/__SharedDocs/Anlagen/PDF/Markets-Artikel/2008-01-tuerkei-europa,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/2008-01-tuerkei-europa?show=true.

[16] Vgl. http://www.immobilien-zeitung.de//htm/news.php3?id=28079&rubrik=1.

[17] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 6.

[18] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 7.

[19] Vgl. http://www.gtai.de/DE/Content/__SharedDocs/Anlagen/PDF/Markets-Artikel/2008-01-tuerkei-europa,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/2008-01-tuerkei-europa?show=true.

[20] Vgl. http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur-nachrichten/iwf-rechnet-mit-einbruch-der-weltwirtschaft;2134254.

[21] Vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,122601,00.html.

[22] Vgl. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,128399,00.html.

[23] Vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,119082,00.html.

[24] Vgl. http://www.wsws.org/de/2001/apr2001/tuer-a17.shtml.

[25] Kredite an bonitätsschwächere Kunden ohne Hinterlegung ausreichender Sicherheiten.

[26] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 4.

[27] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 5.

[28] Vgl. Turconomics, Türkei- Länderbericht, S.15f.

[29] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 5.

[30] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 3.

[31] Vgl. Deutsche Bank Research, Immobilieninvestitionen in der Türkei: Mehr als nur Istanbul, S. 3.

[32] Vgl. Turconomics, Türkei- Länderbericht, S. 7.

[33] Vgl. http://www.kas.de/proj/home/pub/44/1/year-2009/dokument_id-15420/index.html.

[34] Vgl. Turconomics, Türkei- Wahlen und Wachstum, S. 6.

[35] Vgl. Turconomics, Türkei- Wahlen und Wachstum, S. 7.

[36] Vgl. Turconomics, Türkei- Wahlen und Wachstum, S. 7.

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Der türkische Immobilienmarkt: Die Perle aus dem Orient?
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Veranstaltung
Immobilienmanagement
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
77
Katalognummer
V201727
ISBN (eBook)
9783656308553
ISBN (Buch)
9783656311256
Dateigröße
1242 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auslandsinvestitionen, Türkei, Investitionen, Spanien, Immobilienblase, Immobilien
Arbeit zitieren
Ulus Uyar (Autor:in), 2009, Der türkische Immobilienmarkt: Die Perle aus dem Orient?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201727

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