Europäische Koproduktionen. Analyse und Erfolgsuntersuchung


Tesis (Bachelor), 2012

71 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Europäische Koproduktionen
2.1 Definition von Europäisch
2.2 Definition von Koproduktion
2.2.1 Internationale Koproduktion und die Abgrenzung zur internationalen Produktion
2.2.2 Koproduktionsverträge
2.3 Definition von europäischen Koproduktionen

3 Finanzierung
3.1 Öffentliche Mittel
3.1.1 Nationale Filmförderungsmodelle
3.1.1.1 Finanzierung der Einrichtungen
3.1.1.2 Verteilung der Ausgaben
3.1.2 Europaweite Filmförderung
3.1.2.1 MEDIA
3.1.2.2 EURIMAGES
3.1.2.3 Weitere Maßnahmen
3.2 Private Mittel
3.2.1 Fernsehsenderrr
3.2.2 (Welt-)Vertrieb und Verleih
3.2.3 Weitere private Finanzierungsmöglichkeiten

4 Unterschiede europäischer Koproduktionen zu nationalen Produktionen
4.1 Vorteile europäischer Koproduktionen
4.1.1 Finanzielle Vorteile
4.1.2 Sonstige Vorteile
4.2 Nachteile europäischer Koproduktionen

5 Kritische Analyse von Erfolgsfaktoren
5.1 Wirtschaftliche Kriterien
5.1.1 Produktionsvolumen
5.1.2 Export
5.1.3 Besucherzahlen
5.2 Kultureller Erfolg
5.2.1 Filmfestivals
5.2.2 Filmpreise
5.2.3 Genres
5.3 Zwischenfazit zum Erfolg

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Zusammenfassung

Die Definition von „europäisch“ fällt nicht leicht, bedeutet grundsätzlich aber „Europa betreffend“. Die Koproduktion kann als Gemeinschaftsherstellung definiert werden. Hierbei sind Koproduktionsverträge ein wichtiges Instrument zur Festhaltung und Bestimmung der Abmachungen mit dem Partner.

Die europäische Koproduktion verbindet dagegen die Definitionen von „europäisch“ und „Koproduktion“, wobei auch hier Uneinigkeit herrscht. Es kommt immer darauf an, vor welcher Institution es sich zu rechtfertigen gilt. So gilt ein palästinensischer Film für den Europäischen Filmpreis beispielsweise als europäischer Film. Die Finanzierung ist ein Schlüsselthema in der europäischen Koproduktion. Sie diffe- renziert sich von nationalen Produktion oder sonstigen internationalen Koproduktionen dadurch, dass die verschiedenen europäischen Länder ihre verschiedenen Regularien und Voraussetzungen haben. Zentraler Faktor ist aber europaweit die Filmförderung. Denn europäische Koproduktionen können sowohl die eigene nationale (oder gar regi- onale) Förderung beantragen, als auch über europaweite Mittel (MEDIA oder EURI- MAGES) verfügen. Die privaten Mittel kommen im Grunde von den gleichen Stellen wie in einer nationalen Produktion. Der Unterschied macht das Geld: die Rechte kön- nen über Landesgrenzen hinweg viel einfacher verkauft werden. Somit fließt auch mehr Geld in die Koproduktion.

Die europäischen Koproduktionen haben einige Vorteile gegenüber nationalen Produk- tionen: Hauptpunkt sind auch hier wieder die Finanzen. Durch mehr Partner ist die Produktion für den einzelnen Produzenten verhältnismäßig günstiger. Entsprechend mehr Umsätze können generiert werden. Dem gegenüber steht der Nachteil, dass die Produktion an sich aber teurer ist und eben der Produzent mit mehr Geld an der Pro- duktion beteiligt ist. Auch die Rechte für die Auswertung im internationalen Markt müs- sen geteilt werden. So können die Vorteile schnell zu Nachteilen werden.

Um herauszufinden, welche Produktionsform erfolgreicher ist, müssen die wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren ausgewertet werden. Die Untersuchung ergibt, dass die europäischen Koproduktionen zwar quantitativ hinter den nationalen Produktionen liegen. Dennoch sind sie dahingehend erfolgreicher, als sie im Durchschnitt in mehreren Ländern zu sehen waren und entsprechend mehr Kinobesucher hatten. Kulturell sind sie, unter der Voraussetzung, dass die Kultur anhand von Filmpreisen untersucht werden kann, ebenso im Vorteil. Sie haben sowohl auf Festivals als auf Preisverleihungen mehr Preise gewonnen als nationale Produktionen.

Die Frage ist, ob ein Produzent an diesem Erfolg mit einer europäischen Koproduktion, die unabhängig von den Zahlen steht, davon partizipieren kann. Letztlich müssen alle Faktoren stimmen, um eine europäische Koproduktion erfolgreich gestalten zu können.

Abstract

It is not easy to find a definition for “European”. Basically it means “relating to Europe”. A co-production is collaboration with special contracts which determine important ar- rangements between the partners. European co-production combines both - European and co-production. But it is not clearly definable: it depends on the institution. The Eu- ropean film academy for example defines a film from Palestine as a part of the Europe- an film.

Finance plays an important role for European co-productions. The difference between European co-productions and national or international productions is driven by the variety of regulations and requirements that each country has.

The key factor is the European film funding, which is a combination of different funding models - both national and European: MEDIA and EURIMAGES

The European co-productions are funded by the same private resources as national productions. However, the difference is that their sales revenues are higher because they can sell the rights cross-border. Hence more funding opportunities are available. There are more advantages that European co-productions boast towards national pro- ductions. Main factor again is the financial aspect: the film production is considerably more favourable. More partners mean more work-sharing. This pulls in sales.

Advantages can quickly evolve to disadvantages, like rising of production costs. In addition, rights and sales have to be shared.

To figure out the success of European co-productions it is important to evaluate the cultural and economic factors. There are more national productions than European coproductions. However European co-productions are more successful than national productions as they can be seen in more countries. This means more admissions. Provided that cultural value can be assessed by movie awards, European coproductions have an additional benefit. They have won more awards on festivals and prize giving ceremonies than national productions.

However, producers need to keep in mind that good results in the past are no guarantee for individual performances. All factors are still to be met to make their European co-production successful as well.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Vergleich der Veröffentlichungsmärkte

Abb. 2: Vergleich der Veröffentlichungsmärkte in Prozent

Abb. 3: Gewinner europäischer Festivalpreise 2010

Abb. 4: Genres im Vergleich europ. Koproduktionen zu nationalen Produktionen

Abb. 5: Europäische Länder und Filmförderung

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Budgetverteilung MEDIA

Tab. 2: Filmproduktion pro Land

Tab. 3: Preisträger der 23. European Film Academy

Tab. 4: Erfolgreichste europäische Filme

Tab. 5: Festival-Gewinner 2010 in Europa

Tab. 6: Genres europäischer Filme

1 Einleitung

Europa ist der sechstgrößte Kontinent: geographisch klein, doch kulturell vielfältig und wirtschaftlich stark. Europa wächst im Zuge der Bündnisse der EU und des Europarats immer weiter zusammen. Die Märkte setzen auf Export, die Länder auf Zusammenhalt, Einigung und Konzentration - auf das vereinte Europa.

Die unterschiedlichen kulturellen Prägungen der Gesellschaft in Europa bewirken eine differenzierte Herangehensweise an den Film als in den USA. Europa besitzt ein ande- res Filmverständnis: Der Film wird vorwiegend als Kunstwerk betrachtet, während er in den USA vor allem als wirtschaftliches Gut gilt (Schuenemann, 2008, S. 55). Das Filmwerk „entsteht als eine Produktionsform des organisierten Gemeinschaffens aus Kunst und Wirtschaft“ (Roeber & Jacoby, 1973, S. 421). Der Film gilt als wichtiges Kultur- und Wirtschaftsgut. Viele technische Innovationen haben ihren Ursprung in Eu- ropa. Viele Filmbewegungen, wie z. B. die Nouvelle Vague, der Neue Deutsche Film und New British Cinema haben den heutigen Film geprägt. Vor dem ersten Weltkrieg war Europa die größte Filmindustrie der Welt und exportierte ihre Filme in die ganze Welt.

Die Macht- und Marktverhältnisse haben sich jedoch geändert. Grund sind die steigen- den Kosten und Budgets, der wachsende Konkurrenzdruck und die zunehmende Ver- netzung. Die USA und Indien haben die Vormachtstellung in der Filmwelt: Hollywood und Bollywood sind die Filmzentren, die die Welt mit ihren Filmen bedienen. Der Film ist internationaler denn je. Das bestätigt auch Thiermeyer (1994) mit seinem Werk über die Internationalisierung der Filmindustrie. Europa ist derzeit nicht gerade bekannt für eine international erfolgreiche Filmindustrie. Es gibt zwar wichtige Filmfestivals in Eu- ropa wie Berlin, Cannes oder Venedig und auch mit Shepperton und Babelsberg befin- den sich hier traditionsreiche Studios. Nichtsdestoweniger spielt Europa eine unterge- ordnete Rolle auf dem Filmmarkt.

Koproduktionen werden durch das massive Engagement der amerikanischen Filmun- ternehmen im europäischen Markt immer wichtiger. Die europäische Zusammenarbeit bei der Filmherstellung ist die wichtigste Gegenstrategie der europäischen Filmwirt- schaft für die Protektion des Marktes (vgl. Thiermeyer, 1994, S. 232-233). Wie Goldmann schon 1986 (S. 129) bemerkt sind Filme eine Gemeinschaftsleistung. Logisch, dass besonders die Filmindustrie seit Jahren auf die Koproduktion setzt. Ge- gen dominierende US-Amerikaner an den Kinokassen kann Wachstum nur mit wirt- schaftlichen rentablen Produktionen erfolgen. Nationale Produktionen spielen kaum ihr Geld wieder ein - ohne Filmförderung geht erst recht nichts (Bomnüter & Scheller, 2009, S. 17). Alle Mitgliedstaaten in der EU haben unterschiedliche Ansätze in ihrer Filmpolitik, verfolgen unterschiedliche Ziele und unterstützten ihre Künstler individuell zur Realisierung ihrer Projekte. Diese müssen auf einem von multinationalen Konzernen kontrollierten Markt konkurrieren (vgl. Schröder, 1995, S. 88). Der Film ist in Europa nach Thiermeyer (1994, S. 26) „weniger kommerziell, mehr künstlerisch orientiert und ambitioniert. In vielen Fällen […] [entsteht er] nur durch und wegen Subventions- und Förderungsmaßnahmen, die eine gewisse Unabhängigkeit vom kommerziellen Filmmarkt sichern“.

Verschiedene Faktoren sprechen dafür, dass ein nationaler Film in Europa im Vergleich zur Koproduktion unterlegen ist. Kosten- und Verbundvorteile sind bei Koproduktionen vorzufinden. Wie sehen die Vorteile aber in der Praxis aus? Ist die europäische Koproduktion der nationalen Produktion wirklich überlegen?

Bomnüter und Scheller (2009, S. 15) beschreiben die Finanzierung von Kinofilmen im europäischen Raum als einen komplexen, kreativen und kaum standardisierten Pro- zess. Dabei stellt sich die Frage, ob europäische Koproduktionen erfolgreicher sind als nationale Produktionen aus Europa. Was sind die Unterschiede zu den nationalen Pro- duktionen und was sind die Vor- und Nachteile? Wann wird überhaupt von einer euro- päischen Koproduktion gesprochen und wie wird eine Koproduktion finanziert? Welche Modelle gibt es? Es gilt zu untersuchen, welche wichtigen Regelungen und Gewohn- heiten, vor allem wirtschaftlicher Hinsicht, bei der Planung und Durchführung von Ko- produktionen greifen.

Um diese Fragen zu beantworten, ist diese wissenschaftliche Arbeit in folgende Kapitel gegliedert. Das zweite Kapitel definiert grundlegende Begriffe wie die europäische Koproduktion und grenzt sie von anderen ab. Dazu wird die rechtliche Ausgestaltung einer Koproduktion in Form eines Koproduktionsvertrags erläutert.

Das dritte Kapitel legt einen Schwerpunkt auf die Finanzierung von europäischen Koproduktionen und klärt dabei auf, welche Arten es gibt. Die grundsätzlichen Aspekte der Filmfinanzierung werden nach öffentlichen und privaten Mitteln unterteilt. Jedes Land und jede einzelne Region verfügt über eigene Förderinstitutionen, die in diesem Kapitel grob vorgestellt werden.

Daraufhin wird ein Vergleich mit der nationale Produktion gezogen. Welche Unterschiede gibt es und was sind die Vor- bzw. die Nachteile?

Das fünfte Kapitel analysiert den Erfolg der europäischen Koproduktionen im Vergleich zu den nationalen Produktionen. Dabei werden nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die kulturellen Aspekte analysiert. Ist es überhaupt möglich zu prüfen, welches Modell erfolgreicher ist? Wie ist Erfolg im Rahmen eines Vergleichs zu definieren? Wenn diese Fragen beantwortet sind, kann ein Fazit gezogen werden.

Es gibt wenige Studien zu europäischen Koproduktionen. Besonders Kallas (1992) hat eine ausführliche Analyse durchgeführt. Heute veröffentlicht vor allem die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle in unregelmäßigen Abständen Studien über verschiedene Teilbereiche der europäischen Produktion von Filmen, wozu auch Koproduktionen gehören. Dennoch gibt es keine umfassenden Informationen zum Thema; aus dem Grund werden auch in der Analyse in Kapitel 4 die europäischen Koproduktionen mit den nationalen Produktionen aus dem Jahr 2010 verglichen.

Nicht alle Länder veröffentlichen Zahlen zur Filmindustrie zur gleichen Zeit. Nicht ein- mal die Daten selbst sind komplett vergleichbar. Während beispielsweise die Filmför- deranstalt in Deutschland die Zahlen zu in Kinos angelaufenen Filmen veröffentlicht, liefert das British Film Institute in Großbritannien die Zahlen Produktionen im Jahr. Hier wird schnell klar, dass es schwer fällt, einwandfreie Vergleiche zu ziehen. Treten sol- che Ungenauigkeiten auf, werden sie aber erwähnt und bei der Bewertung berücksich- tigt.

Diese wissenschaftliche Theoriearbeit beinhaltet neben der ausführlichen Beschreibung europäischer Koproduktionen aus ökonomischer Seite eine Analyse über die Erfolgsunterschiede zum nationalen Film.

Politische, rechtliche oder technische Aspekte werden in dieser Arbeit nicht berücksichtigt, sondern vorwiegend wirtschaftliche und kulturelle. Auch wird nicht auf den Protektionismus Europas gegen die Produktionen aus den USA eingegangen.

Die erste Frage, die sich stellt, ist: Was sind überhaupt europäische Koproduktionen? Welches Land ist europäisch, sodass es sich bei einer Zusammenarbeit um eine euro- päische Koproduktion handelt? Diese Begriffe gilt es im folgenden Kapitel zu klären.

2 Europäische Koproduktionen

Der Begriff europäische Koproduktion setzt sich aus den Worten „europäisch“ und „Koproduktion“ zusammen. Um zu verstehen, was eine europäische Koproduktion genau ist, wird in den folgenden Kapiteln der Begriff auseinander genommen und sowohl „europäisch“ als auch „Koproduktion“ gesondert beschrieben. Dabei wird das Kapitel Koproduktion ergänzt mit der Beschreibung von Koproduktionsverträgen und einer Abgrenzung von internationalen Koproduktionen bzw. internationalen Produktionen. Anschließend wird die europäische Koproduktion an sich beschrieben. Hier werden verschiedene Definitionen zusammengetragen, ehe am Schluss eine eigene, für den Fortlauf der Arbeit gültige Definition beschrieben wird.

2.1 Definition von Europäisch

Der Duden (2012a) definiert das Wort „europäisch“ als „Zusammenschluss der Staaten Europas betreffend“. Hierbei ergibt sich schon das Problem, dass sich Europa nicht nur einer Definition zuordnen lässt, sondern Europa kann sich auf einen historischen, politischen, kulturellen oder geographischen Aspekt beziehen.

Wenn etwas als „europäisch“ bezeichnet wird, ist damit im Allgemeinen die Herkunft Europa gemeint. In der Literatur wird Europa meist als Einheit gesehen, die sich so- wohl Geografie als auch Kultur teilt. Scherke (2006) spricht dabei von „Europa als 'Wertegemeinschaft'“. Sie legt aber auch die Problematik in der Definition dar: „Ein derartiges Vorgehen kann […] den vielfältigen kulturellen Traditionen in Europa nicht gerecht werden und birgt daher unweigerlich Konfliktpotential in sich“ (Scherke ,2006). Eine Sicht auf Europa als verbundenes Ganzes suggeriert eine kulturelle Homogenität, die nicht vorhanden ist. Allein 45 verschiedene Staaten fasst Europa, in denen etwa dreimal so viele Sprachen und Dialekte gesprochen werden (wissenmedia, 2012a).

Dennoch kann mit „europäisch“ im Speziellen eine kulturelle Vielfalt nicht zwangsläufig verbunden werden. Im Lexikon wird das Adjektiv mit „Europa betreffend“ (wissenmedia, 2012b) beschrieben, womit also auch nationale Angelegenheiten ge- meint sein können. Wenn von Europa als Ganzes gesprochen wird, ist der Begriff pan- europäisch vorzuziehen.

2.2 Definition von Koproduktion

Der Begriff Koproduktion meint eine Gemeinschaftsherstellung und wird meist in der Filmherstellung verwendet. Sjurts (2010, S. 338) definiert ihn als Filmvorhaben mit mindestens zwei Partnern. Die Beteiligungen beider Parteien sind insbesondere bei Drehbuch, Besetzung, Filmkalkulation, Cash-Flow-Plan, Drehplan, Gesamtfinanzierung und Verwertung betroffen. Der Grad der Beteiligung unterscheidet sich jedoch bei jeder Produktion. Kallas (1992, S. 21) sieht sich mit der Schwierigkeit der Definition des Be- griffs auseinandergesetzt, „die sich durch die Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit des zu definierenden Sujets erklären lässt“. So verwendet Sjurts beispielsweise den Begriff als Synonym für Gemeinschaftsproduktion, wohingegen Kallas diesen eher der Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zuspricht. Die europa- weite Filmförderung EURIMAGES, auf die im Kapitel 3.1.2.1 eingegangen wird, spricht selbst jedoch von Gemeinschaftsproduktionen. Deshalb werden die Begriffe in dieser Arbeit gleichgesetzt; im Folgenden wird in diesem Zusammenhang aber lediglich die Begrifflichkeit „Koproduktion“ verwendet.

In der Literatur ist die Koproduktion eine Form der Finanzierung (vgl. Bomnüter & Scheller, 2009, S. 6). Diese Definition ist insofern richtig, als der Produzent die Möglichkeit bekommt, Geld für das Filmprojekt zu beschaffen.

Die Koproduktion lediglich als Finanzierungsart anzusehen, wäre dennoch fahrlässig. Denn Finanziers haben aufgrund anderer Interessen (bspw. Filmförderung: Stärkung der Wirtschaft und Kultur, siehe Kapitel 3.1) grundsätzlich kein Mitspracherecht bei der Produktion des Filmes. Bei einer Kofinanzierung „beschränkt sich [der Kofinanzier] […] auf die Mitfinanzierung des Filmes, ohne weitere produktionsbezogene Aufgaben zu übernehmen“ (Sjurts, 2010, S. 323). Er ist weder Filmhersteller noch Rechteinhaber. Koproduzenten dagegen sind Filmhersteller im Sinne des § 94 UrhG und per Definition in der Entwicklung der Filme involviert.

Aus dem Grund wird die europäische Koproduktion in dieser Arbeit nicht als Form der Finanzierung definiert, sondern steht neben der nationalen Produktion als Möglichkeit zur Herstellung von Spielfilmen.

Der Grund für eine Koproduktion liegt dennoch in erster Linie in der Finanzierung und der Nutzung von Privilegien für großangelegte Filmprojekte. Gaitanides (2001, S. 166) spricht von Kooperationsstrategien „gegen die weltweite Qualitätsführerschaft ameri- kanischer Anbieter“. In einem Markt mit großen Blockbustern1 aus Hollywood „sind internationale Koproduktionen bzw. Kofinanzierungen ein akzeptabler Weg, um an Wettbewerbsvorteilen hinsichtlich Kostenstrukturen, Produktionsbudget, Stareinsatz partizipieren zu können“.

2.2.1 Internationale Koproduktion und die Abgrenzung zur internationalen Produktion

Thiermeyer (1994, S. 232-233) unterscheidet weitere Formen der Internationalisierung von Produktionen. Zunächst nennt er die internationale Koproduktion, die sich der oben genannten Definition der europäischen Koproduktion lediglich darin unterscheidet, nicht auf Europa beschränkt zu sein. Davon grenzt er die internationale Produktion ab, bei der „internationale Austauschprozesse, die jenseits des internationalen Gemein- schaftsfilms angesiedelt sind“ (Thiermeyer, 1994, S. 236) existieren. Er teilt diese Pro- zesse in vier Dimensionen auf:

„Finanziell-wirtschaftliche Dimension“ „Künstlerisch-kreative Dimension“ „Stoffliche Dimension“

„Technische Dimension“

Die finanziell-wirtschaftliche Dimension lässt sich mit der Kofinanzierung auf internationaler Ebene vergleichen. Thiermeyer nennt als Beispiel große US-Studios, die sich an deutschen Filmen beteiligen, wie Warner Bros. bei der Produktion Die unendliche Geschichte“ von Produzent Bernd Eichinger. Auch in Großbritannien sind viele Filme mit den USA koproduziert (vgl. Özbalik, 2012, S. 34-35).

Die künstlerisch-kreative Dimension ist das Einsetzen ausländischer Filmschaffender in nationale Produktionen. Als Beispiel kann hier die französische Produktion „From Paris with Love“ genannt werden, die mit dem bekannten US-Schauspieler John Travolta besetzt ist (vgl. IMDb, 2012).

Werden ausländische Stoffe für den nationalen Markt verfilmt, spricht Thiermeyer von der stofflichen Dimension. Als Beispiel können hier die Edgar-Wallace-Filme (ab 1959) genannt werden. Sie sind allen deutschen Ursprungs, basieren aber auf der literarischen Vorlage des Briten Edgar Wallace.

Schließlich ist die technische Dimension zu erwähnen, die „bei der internationalen Co- produktion [sic] Usus ist“ (Thiermeyer, 199, S. 237). Es handelt sich hierbei um die Sprache im Film. Internationale Produktionen werden zumeist nur noch auf Englisch gedreht, um - ähnlich der US-Filme - auf verschiedenen Märkten distribuiert werden zu können.

2.2.2 Koproduktionsverträge

Wichtiger Bestandteil einer Koproduktion ist es, rechtliche Fragen zu klären und in Form eines Koproduktionsvertrags festzuhalten. Er beinhaltet „wesentliche Bestim- mungen zur Produktion und Auswertung des Films“ (Krüger, 2011, S. 48). Vertrags- partner sind alle Mithersteller des Films. Die Rechtsform wird in der Regel als Gesell- schaft bürgerlichen Rechts festgelegt. Um als Urheber gelten zu können, muss jeder Koproduzent die wirtschaftliche und organisatorische Verantwortung tragen - eine künstlerisch-schöpferische Tätigkeit muss nicht erfolgen (vgl. Unverzagt von Have, 2010, S. 5).

Trotz einer gewissen Standardisierung von Koproduktionsverträgen (vgl. Kallas, 1992, S. 169) handelt es sich dabei um „komplexe Vertragswerke, die in der Regel einen Umgang von mehr als 100 Seiten haben“ (Krüger, 2011, S. 48). Sie unterscheiden sich von Projekt zu Projekt und lassen sich nicht auf jede Koproduktion anwenden.

Zunächst muss der Vertragsgegenstand geklärt sein, also eine „genaue Charakterisie- rung des Filmprojekts“ (Bomnüter & Scheller, 2009, S. 97). Neben den eigentlichen Vertragspartnern als Koproduzenten muss auch geregelt sein, wer die Federführung in der Produktion übernimmt. Im Deutschen wird dabei vom „ausführenden Produzenten“ (Kallas, 1992, S. 170) gesprochen; auf Englisch ist es der „executive producer“ und in Frankreich ist vom „producteur delegué“ die Rede. Daneben gehört standardgemäß die Nennung der Koproduzenten im Vor- und Abspann sowie auf werbenden Elementen wie Filmplakaten.

Bedeutend ist auch deren Einlage: So müssen sowohl das Budget insgesamt als auch die prozentualen Anteile der Finanzierung aufgelistet werden. Dazu gehört die Herkunft der Mittel, besonders die Filmförderung. Ein Bestandteil kann dabei das Indemnity- Agreement sein: „Ein Indemnity Agreement [sic] ist eine Entschädigungsvereinbarung, […] [bei der] die Einhaltung der zur Erlangung der […] Fördermittel […] erforderlichen Voraussetzungen sichergestellt“ (Krüger, 2011, S. 50) ist. Sollten die Fördermittel ei- nem Partner durch einen Verstoß gegen Förderrichtlinien des anderen Partners also nicht zustande kommen, so hat Letzterer entsprechend der Höhe der nicht geleisteten Zahlung Schadenersatz zu leisten.

Neben den Einlagen werden auch die damit einhergehenden Leistungs- und Nutzungs- rechte festgehalten. Diese werden individuell vereinbart und schließen sowohl prozen- tuale Anteile des Films mit ein als auch die territorialen Auswertungsrechte: Meist um- fasst das Vertragsgebiet eines Partners mindestens das eigene Land. Die restlichen, weltweiten Rechte werden dann entsprechend der Anteile aufgeteilt. Darüber hinaus werden weitere finanzielle Einigungen aufgeführt. Dazu gehören z. B. die Maßnahmen bei einer Budgetüberschreitung (oder -unterschreitung). Minoritäre Koproduzenten2 sichern sich in der Regel insofern ab, als sie nur ihre finanziellen Ein- lagen verwalten und entsprechend die Haftung für Überschreitungen ausschließen (vgl. Kallas, 1992, S. 172). Zur Sicherheit aller Vertragspartner wird jedem auch ein Prü- fungs- und Kontrollrecht zugeschrieben, das eine Einsicht in die Unterlagen der Partner erlaubt.

Auch kann der Cash-Flow-Plan Bestandteil eines Koproduktionsvertrags sein; genau wie Produktions- und Drehplan. Schon feststehende Schlüsselpersonen wie „Regis- seur, Hauptdarsteller, Heads of Departments etc.“ (Bomnüter & Scheller, 2009, S. 97) gehören auch in den Vertrag. Die Liste könnte hier noch weiter aufgeführt werden - wie oben erwähnt haben die Verträge nicht selten über 100 Seiten. Die genannten Punkte sind Einzelheiten, die besonders für Koproduktionsverträge sind und deshalb ausführlich beschrieben werden.

2.3 Definition von europäischen Koproduktionen

Eine europäische Koproduktion kann nach der Definition von „europäisch“ im Grunde auch eine in Europa stattfindende nationale Koproduktion sein. Dies würde aber zu Verwirrung führen, weswegen in einem solchen Fall von einer nationalen Koproduktion gesprochen wird. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass eine europäische Ko- produktion eine internationale Gemeinschaftsproduktion ist, die einen europäischen Film herstellt.

Hickethier (2002, S. 274) meint: „Gegenüber den nationalen europäischen Filmkultu- ren, die durchaus ihre ‚großen Erzählungen‘ besitzen, gibt es einen gemeinsamen ‚eu- ropäischen Film‘ (noch) nicht“. Hierbei gilt es, den Begriff des europäischen Films zu definieren. Das europäische Förderprogramm MEDIA 2007, auf das in Kapitel 3.1.2.2 eingegangen wird, definiert in seinen Richtlinien den europäischen Film als solchen, der „überwiegend von einem oder mehreren Produzenten mit Sitz in einem der am MEDIA-Programm teilnehmenden Länder produziert“ wurde und „in bedeutendem Um- fang unter Beteiligung von Fachkräften produziert worden [ist], die Staatsbürger der am MEDIA-Programm teilnehmenden Länder sind bzw. dort ihren Wohnsitz haben“ (Europäische Union, 2012, S. 2).

Der „bedeutende Umfang“ wird dabei anhand einer Punktetabelle bestimmt. Beim Europäischen Filmpreis (siehe dazu Kapitel 5.2.2) nehmen dagegen nur Filme teil, die europäisch sind - „europäisch im Sinne der European Film Academy beinhaltet Israel und Palästina“ (European Film Academy, 2011, S. 1).

„Wesentlich für die Kategorisierung eines Films als europäisches Werk ist seine Natio- nalität“ (Teberl, 2005, S. 16). Verschiedene Produzenten weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, „dass ein Film nicht nur durch das Produktionsland europäisch sei“ (Metzner, 2003). So müssen die Geschichte und die Menschen Europas im Vorder- grund stehen.

Die Beschreibung des Filmlexikons der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Wulff, 2012b), mit europäischen Koproduktionen würden „Filme bezeichnet, die durch Gelder der Europäischen Union sowie die nationalen Filmförderungen gefördert werden“, kann zwar nicht als Definition fungieren, es lässt sich aber zumindest eine Faustregel ableiten. Filme, die eine Förderung der EU bekommen, sind auch europäisch.

Somit ist Hickethiers oben stehende These nur dann zutreffend, wenn er dem Wort „gemeinsam“ eine größere Bedeutung zuweist und vom „gemeinsamen europäischen Film“ spricht. Dann korreliert seine Aussage mit der in 2.1.1 genannten Definition von „paneuropäisch“. Eine Feststellung des paneuropäischen Films soll in dieser Arbeit aber nicht herausgefunden werden.

In dieser Arbeit werden europäische Koproduktionen analysiert. Gemeint sind damit also Filmvorhaben von mindestens zwei Filmherstellern im Sinne des § 94 UrhG, die aus unterschiedlichen europäischen Ländern kommen.

Nachdem nun die Definition für die europäische Koproduktion erfolgt ist, wird im folgenden Kapitel die Finanzierung der Koproduktionen in Europa vorgestellt.

3 Finanzierung

„Kernproblem der Filmproduktion“ (Kallas, 1992, S. 59) ist die Finanzierung eines Films. Aufgrund hoher Herstellungskosten3, die im Vergleich zu amerikanischen Pro- duktionen trotzdem noch marginal erscheinen, müssen sich für einen Film oft mehrere Produzenten zusammen finden und gemeinsam die Finanzierung übernehmen; nicht selten eben über die Landesgrenzen hinweg. Schnell entstehen europäische Kopro- duktionen. Dieser Vorteil der Kostenteilung wird in Kapitel 4 detailliert beschrieben.

Vor der eigentlichen Finanzierung „bestimmt [der Produzent] zunächst die für seine Herstellung notwendigen Finanzmittel. Dabei löst jede künstlerische Entscheidung ma- terielle und damit finanzielle Konsequenzen aus. Er legt damit u. a. fest, wie und wann er Finanzmittel verwenden muss, um den Film fertigzustellen“ (Koebner, 2007, S. 222). Grundlage dafür ist eine „genau fixierte Planung des Investitionsvorhabens“.

Der zweite Schritt ist die Abwägung der Beschaffung der finanziellen Mittel. Im Folgen- den werden diese Möglichkeiten der Finanzierung analysiert. Im Allgemeinen können diese Finanzierungsmöglichkeiten verschieden unterteilt werden. So beschreibt Kallas (1992, S. 11-12) zunächst die Filmförderung als eigenständige und untergliedert an- schließend unter als Investition die restlichen Finanzierungsoptionen wie Eigeninvesti- tionen des Produzenten, Pre-Sales und Sponsoren. Gaitanides (2001, S. 5) unter- scheidet Selbst- und Kreditfinanzierungen und stellt weitere (sonstige) Finanzierungs- möglichkeiten vor. Eggers (2003, S. XII) hält eine ähnliche Einteilung für sinnvoll und beschreibt die Fremd-, Eigen- sowie weitere Formen der Filmfinanzierung. Bomnüter und Scheller (2009, S. 15) sehen die Finanzierung grundsätzlich in öffentliche Mittel und private Mittel unterteilt. Diese Unterteilung scheint aufgrund der Filmförderung als großen Teil der öffentlichen Mittel europäischer Koproduktionen sinnvoll und wird da- her auch in dieser Arbeit vorgenommen.

Das folgende Kapitel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Finanzierung von Filmen, besonders bei europäischen Koproduktionen, ist zu komplex und kann nicht als Regel festgehalten werden, sodass hier nur die wichtigsten Mittel Erwähnung finden. So ist die Kofinanzierung zwar eine Form der Finanzierung, aber nicht unbedingt eine von europäischen Koproduktionen. Denn wie in Kapitel 2.2 festgestellt lassen sich Kofinanzierung und Koproduktion abgrenzen. Gaitanides (2001, S. 5) etwa nennt die Koproduktion an sich als eigene Form der Finanzierung.

3.1 Öffentliche Mittel

„Im Gegensatz zum Hollywoodfilm, bei dem die Investitionen durch den Markterfolg ausgeglichen und nach Möglichkeit übertroffen werden sollen, ist der Großteil des eu- ropäischen Films spätestens seit den 50er Jahren auf zusätzliche Förderung angewie- sen“ (Koebner, 2002, S. 173). Die Filmförderung ist in Europa also ein wichtiger Teil der Filmwirtschaft; nicht aber typisch europäisch. Sowohl in Kanada als auch in Austra- lien bestehen Programme zur Förderung des Films (vgl. Kallas, 1992, S. 61).

Grundsätzlich begründet sich ihre Existenz in der Wahrung der Kultur einerseits und in der durch die Produktion des Films mit einhergehender Stärkung der Wirtschaft ande- rerseits. Auf transnationaler Ebene verantworten sich dafür die Europäische Union so- wie der Europarat. So heißt es in Art. 167 Abs. 1 AEU-Vertrag (2012): „Die Union leis- tet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsa- men kulturellen Erbes“.

Dieser Beitrag liegt zum einen in der Einführung der Förderungsprogramme wie ME- DIA oder EURIMAGES, auf die im nächsten Kapitel eingegangen wird. Zum anderen wendet sich die Kommission an die Fördereinrichtungen. Dabei prüft sie die Einhaltung der Grundfreiheiten in den jeweiligen nationalen Förderungsrichtlinien und kann För- dereinrichtungen oder „Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kultu- rellen Erbes“ (Art. 107 Abs. 2a AEU-Vertrag) genehmigen - auch Beihilfenkontrolle genannt.

Die folgenden Kapitel verschaffen einen Überblick zur aktuellen Lage in Europa. Eine genaue Auflistung aller Fördereinrichtungen oder sonstigen Finanziers sprengt den Rahmen des Kapitels. Es wird ein besonderes Augenmerk auf die Motive, die Finanzierung sowie die Verteilung der Mittel gelegt. Im Anhang A befindet sich eine Übersicht mit einer Liste von Filmförderprogrammen in Europa.

3.1.1 Nationale Filmförderungsmodelle

Die Fördereinrichtungen lassen sich in nationale Fonds, subnationale Fonds sowie supranationale4 und internationale Fonds unterscheiden5. Auf nationaler Ebene sind die nationalen und subnationalen6 Fonds aktiv. In den letzten Jahren steigt die Zahl der Einrichtungen stetig: So gibt es 2004 insgesamt 57 nationale und 138 subnationale Fonds, 2009 sind es 67 nationale und gar 195 subnationale Fonds. Innerhalb von fünf Jahren ist also ein Anstieg von 67 Fonds zu verzeichnen (vgl. Newman-Baudais, 2012).

Die Ziele der Filmfördereinrichtungen oder der staatlichen Filmförderung an sich sind in allen europäischen Ländern dieselben. Mit der finanziellen Hilfe sollen sowohl Kultur als auch Wirtschaft im Land gefördert werden. Der Film gilt in Europa als meritorisches Gut, das sich ohne Filmförderung nicht finanzieren und entsprechend realisieren lässt. Neben der finanziellen Unterstützung ist das zweite große Ziel „der Dialog mit den Fachleuten bei der Durchführung der öffentlichen Förderungsmaßnahmen“ (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012a).

Das Budget der verschiedenen Fördereinrichtungen lässt sich nur bedingt vergleichen, da die jeweiligen Geldmittel verschieden verteilt werden. Somit haben die Zahlen des Gesamtbudgets wenig Aussagekraft. Im Folgenden werden sie dennoch genannt, um einen groben Überblick über die Finanzsituation ausgewählter Förderprogramme zu verschaffen. Das Kapitel ist unterteilt in Finanzierung der Filmfördereinrichtungen so- wie Verteilung der Ausgaben.

3.1.1.1 Finanzierung der Einrichtungen

Grundsätzlich finanzieren sich die europaweiten Fördereinrichtungen aus vier Quellen (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012a)7:

„öffentliche Mittel“

„Einnahmen aus Sonderabgaben auf die Auswertung von audiovisuellen Werken und von Filmen“

„Beiträge von Fernsehsendern“ und „Eigenmittel“

Die Einrichtungen finanzieren sich zum größten Teil aus öffentlichen Mitteln der Län- der. In fünf Ländern wie Spanien und Dänemark sind das fast 100 Prozent. In sechs Ländern (u. a. Italien, Schweden und die Schweiz) sind es noch 50 Prozent; bei vier Ländern, darunter Frankreich, setzt sich das Budget mit nur zehn bis 30 Prozent aus öffentlichen Mitteln zusammen. Ansonsten entstehen die Förderungssummen aus pri- vaten Mitteln durch Abgabeverpflichtungen von Fernsehsendern und Kinos.

TV-Sender spielen in Portugal, den Niederlanden und Frankreich die größte Rolle bei der Finanzierung von Fördermitteln - in Portugal und Frankreich dienen die Mittel so- gar zur Finanzierung der Einrichtungen selbst. In ganz Europa liegen die Beiträge zwi- schen 30 Prozent und 70 Prozent. Spanische Fernsehveranstalter sind verpflichtet, fünf Prozent des Ertrags in europäische Spielfilme zu investieren - Originalsprache muss „eine der in Spanien als Amtssprachen akzeptierten Sprachen“ (Film Austria, 2012) sein. Polnische TV-Sender müssen zum einen 1,5 Prozent „ihrer Einnahmen aus Werbung, Teleshopping und Programmsponsoring oder aus den Gebühren der Abon- nenten für den Zugang zu Rundfunkprogrammdiensten“ (Film Austria, 2012) an die hiesige Fördereinrichtung zahlen. Des Weiteren sind speziell die öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtet, mindestens weitere 1,5 Prozent der Gebühreneinnahmen in die Filmproduktion investieren. TV-Sender finanzieren sich aber nicht nur durch eine Zwangsabgabe an Filmen; im Kapitel 3.2.1 wird auf die freiwillige Finanzierung einge- gangen. Kinos sind für das Förderbudget mit ihrer Abgabe von acht (Italien) bis 70 Prozent (Norwegen) verantwortlich.

Überhaupt sind die Ausprägungen der Einrichtungen in Europa sehr unterschiedlich. Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (2012) geht auf die Unterschiede ein: So stellen die regionalen Fonds in Deutschland die meisten Fördermittel (64 Prozent) zur Verfügung. Das Vereinigte Königreich sticht durch seine Koproduktionen hervor, durch die besonders die Amerikaner profitieren. Durch das „Tax Break Model“ wird ein Steueranreiz angeboten, „mit dem ausländischen Produzenten bis zu 16 Prozent und heimische Produzenten bis zu 20 Prozent ihres Budgets sparen können“ (Blickpunkt:Film, 2011a). Charakteristisch für die Filmförderung durch das BFI ist die Finanzierung durch Einnahmen aus der Lotterie. In Frankreich führt „die Umverteilung der dem Markt entnommenen Mittel“ (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012) dazu, dass hier die meisten Fördermittel zur Verfügung stehen. Italien setzt auf das Bankenwesen und versucht dabei, die Produzenten in die Verantwortung zu zie- hen. In Mittel- und Osteuropa bedarf es dagegen an „einer vollständigen Neugestaltung der Förderungssysteme aufgrund des Übergangs zur Marktwirtschaft“ (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012).

3.1.1.2 Verteilung der Ausgaben

Die Förderungsmittel werden auf alle Stufen der Wertschöpfungskette verteilt. Sie be- ginnt bei der Vorproduktion, schließt dabei die Drehbuchförderung mit ein und endet bei der Distribution, unterstützt also Verleih und Vertrieb des fertigen Films im Kino und im Home-Video-Bereich.8 Lediglich Griechenland und Irland beschränken sich in ihrem Förderungssystem auf die Produktion (vgl. Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012a).

Vergeben werden die Förderungen als Darlehen oder Zuschüsse. Die Darlehen sind entweder zinslos (wie in Deutschland) oder vergünstigt (wie in Italien). Dazu kommt, dass sie nur bedingt rückzahlbar sind. Fährt ein Film keinen Gewinn ein, muss das Geld nicht zurückgezahlt werden. Die Zuschüsse sind Subventionen, die dagegen generell nicht zurückgezahlt werden müssen.

Die Förderung wird entweder selektiv oder automatisch vergeben. Selektive Förderung ist mit Abstand die am meisten verbreitete Förderungsart: In Europa gibt es über 500 verschiedene Förderungsprogramme, die nach diesem Prinzip Fördermittel zur Verfü- gung stellen. Dabei entscheidet in der Regel ein Gremium, welche eingereichten Pro- jekte eine Förderung erhalten (vgl. Lange & Westcott, 2004, S. 111-129). Die selektive Förderung wird grundsätzlich zurückgezahlt, sofern der Produzent mit der Auswertung Einnahmen generiert. So ergibt sich der Name der Förderung der CNC in Frankreich, Avances sur recettes (dt.: Einnahmenvorschuss). In Italien, dessen Filmindustrie sehr mit dem Bankenwesen zusammen arbeitet, wird die Finanzierung von der Banca Nazionale del Lavoro getragen. Die Förderung besteht darin, der Bank eine Garantie auszustellen, dass 50 Prozent der Herstellungskosten wieder beglichen werden, sofern der Produzent das Geld durch den Film innerhalb von zwei Jahren nicht einspielen kann. Durch die selektive Förderung haben sowohl Neulinge als auch erfahrene Profis die Möglichkeit, eine Förderung zu erhalten.

Oft sind die selektiven Förderungshilfen darauf ausgerichtet, die Marktmechanismen zu korrigieren und (über Förderung von Kurzfilmen, Erstlingswerken und zweiten Werken) „für den künstlerischen Nachwuchs zu sorgen" sowie künstlerisches Experimentieren zu ermöglichen, was bedeutet, daß der kulturelle Aspekt Vorrang hat. Trotzdem sorgt die Berücksichtigung der finanziellen Verläßlichkeit des Projektes, der Erfahrung des Autors und des Produzenten sowie die Verpflichtung, bei den Verfahren zur Prüfung der Anträge Minimalgarantien bzw. Vorabkäufe von Fernsehsendern zu erhalten, dafür, daß die Marktrealität ihren Einfluß nicht verliert. (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012a).

Laut Lange und Westcott (2004, S. 102) liegt der automatischen Förderung eine marktorientierte Ausrichtung zugrunde: „Das Ziel dieses Systems ist es, Investitionsan- reize für Filme mit großem Zuschauerpotential zu schaffen und auf diese Weise mit einer positiven Sogwirkung den Fortbestand der Filmindustrie zu sichern“. Die Förde- rungen werden anhand „objektiver, messbarer oder klar zu identifizierender Kriterien“ vergeben. Der Antrag auf eine automatische Förderung kann nicht bei Erstlingswerken gestellt werden, da sich die Höhe der bewilligten Mittel aus den Besucherzahlen, Kino- einnahmen und/oder Festivalpreisen des vorangegangenen Films berechnet. Das Geld geht in erster Linie an Produktionsunternehmen; in der Schweiz und in Italien können aber auch Regisseure, Drehbuchautoren und andere Mitwirkenden die automatische Förderung beantragen. Eine Pflicht zur Reinvestition in neue Filme besteht nur in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Portugal (vgl. Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012a).

Neben den Fördereinrichtungen haben sich in manchen Ländern Europas auch indirek- te Förderungen durchgesetzt. Anfang der 90er Jahre versucht die Europäische Ge- meinschaft als Reaktion auf dominierende amerikanische Produktionen die Nachfrage europäischer Werke zu steigern und setzt auf eine europäische Quotenregelung. So soll sichergestellt werden, dass mindestens zehn Prozent des fiktiven Programms im Fernsehen aus Europa stammt (vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften, 1995, S. 12). Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur kulturellen Vielfalt soll es Ländern der EU erlauben, „Fernsehveranstalter dazu [zu] verpflichten, einen Teil ihrer Betriebseinnahmen in die Produktion inländischer und europäischer Filme zu investie- ren“ (Merkel, 2009). Frankreich zeichnet aus, dass eine gesetzliche Regelung vorsieht, Fernsehveranstalter zum Schutz des Kinos zu verpflichten, wann sie Filme ausstrahlen dürfen und wann nicht - auch die Inlandsquote für ausgestrahlte Filme ist typisch für das französische Fernsehen (vgl. Film Austria, 2012). Wo hier spezielle europäische Werke geschützt werden sollen, hat eine andere indirekte Förderung den Sinn der Wirtschaftsstärkung.

Durch Tax Shelter, also Steuervergünstigungen und -gutschriften, versuchen viele Länder, darunter Belgien, Frankreich, Ungarn, Luxemburg, Spanien und Norwegen (vgl. Jacobshagen, 2012, S. 6), sich als Standort für Filmproduktionen finanziell attraktiv darzustellen. Diese Vorteile sind nicht typisch europäisch9 und bieten im Gegensatz zu Quotenregelungen keinen Schutz für europäische Produktionen. Frankreich lockt mit solch einer Steuervergünstigung seit 2010 ausländische Filmproduzenten an: so soll verhindert werden, dass Filme, die in Frankreich spielen, nicht unter günstigeren Bedingungen beispielsweise in Irland oder Prag gedreht werden (vgl. Kläsgen, 2010). Das Konzept beruht auf einem deutschen Modell: doch statt einer Steuervergünstigung bietet der Deutsche Filmförderfond (DFFF) direkte Mittel an, was einer automatischen Förderung entspricht.

3.1.2 Europaweite Filmförderung

Auf europäischer Ebene gibt es weitere Einrichtungen, die die Filmproduktionen unter- stützen. Grundsätzlich soll die kulturelle Vielfalt Europas bewahrt und die Wettbe- werbsfähigkeit gegenüber den US-amerikanischen Produktionen gestärkt werden.

[...]


1 Blockbuster bezeichnet Filme, „die innerhalb weniger Wochen ihr Geld wieder einspielen“ (Wulff, 2012a). Meistens nehmen diese Filme mehr als 100 Millionen Dollar ein. „Daß ein Film zum Blockbuster wird, ist insbesondere einer sorgfältig geplanten Werbung und Öffentlichkeits- arbeit für den Film zu danken, kann aber nicht vollständig daraus erklärt werden“ (Wulff, 2012a).

2 Minoritäre Koproduktion bedeutet, dass der Koproduzent eine Beteiligung von höchstens 49 Prozent (bei zwei Koproduzenten) besitzt. Der majoritäre Koproduzent ist mindestens zu 51 Prozent an der Produktion beteiligt.

3 Eine Regel über die Höhe der Kosten einer europäischen Koproduktion gibt es nicht; ein Durchschnitt ist aufgrund unvollständiger Daten nicht ermittelbar und es können nur Beispiele genannt werden. So hat die erfolgreiche Koproduktion „Nichts zu verzollen“ (2010) ein Budget von 22 Mio. Euro (vgl. Wurzer, 2011), „Ghost Writer“ kostet 45 Mio. Euro (IMDb, 2012b) und „Perfume - The Story of a Murderer“ etwa 50 Mio. Euro (IMDb, 2012c). Ab 20 Mio. Euro wird von einer Großproduktion gesprochen, die ohne internationale Partner nicht möglich ist (vgl. Berg o. A., zitiert nach Emmerich, 2010) - einer Koproduktion.

4 Supranationalität ist eine Überstaatlichkeit.

5 Nationale Fonds sind für Produzenten in einem Land.

6 Subnationale Fonds sind Fonds auf Länder-, regionaler und lokaler Ebene.

7 So hat die französische Fördereinrichtung CNC mit einem Budget von 575,88 Mio. Euro 2010 das meiste Geld in Europa zur Verfügung. Größte Finanzierungsquelle hierbei bilden die TV- Sender, die mit einer Abgabe für insgesamt 422,31 Mio. Euro verantwortlich zeichnen (vgl. CNC, 2011). Grund hierfür ist die Verpflichtung der Fernsehanstalten, 3,2 Prozent ihres Jahres- umsatzes in Form von Lizenzkäufen oder Koproduktionen zu investieren. Der Pay-TV-Sender Canal+ muss sogar 20 Prozent seines Budgets für französische bzw. europäische Filme ausgeben (vgl. Film Austria, 2012).

Erwähnt werden sollte jedoch die Tatsache, dass Kino-Produktionen „lediglich“ mit 235,39 Mio. Euro gefördert werden. Zusätzlich kommen 15 regionale Förderungen hinzu, die ihrerseits mit insgesamt 49,93 Mio. Euro ausgestattet sind (vgl. Halten, 2011, S. 11).

Die Filmförderanstalt (FFA) in Deutschland hat 2010 55,38 Mio. Euro in der Filmwirtschaft ver- teilt. Um die Gesamtausgaben beurteilen zu können, sind das Budget des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien von 30 Mio. Euro und der von ihm hervorgerufene Deutsche Filmförder- fonds in Höhe von 58,9 Mio. mit einzurechnen. Die Deutschen verfügen mit den Regionalförde- rungen zusätzlich über 141,61 Mio. Euro (vgl. Halten, 2011, S. 43) und den Geldmitteln des Kuratorium junger deutscher Film in Höhe von 1,2 Mio. Euro (vgl. Kuratorium junger deutscher Film, 2012). Zusammen macht das eine Summe von 287,09 Mio. Euro im Jahr 2010.

Das Budget aus dem Vereinigten Königreich setzt sich unter anderem aus den Lotterieeinah- men (National Lottery) zusammen. Daneben unterstützen das Department for Culture, Media and Sport (DCMS) sowie die Regierungen von Schottland, Wales und Nordirland den Fund. Insgesamt stehen 2010 umgerechnet 339 Mio. Euro zur Verteilung bereit (BFI, 2011, S. 158).

8 Die Mittel der Fördereinrichtungen werden zum Großteil (69 Prozent) an die Produktion selbst vergeben. Der Verleih/Vertrieb bekommt acht Prozent des Budgets, die Vorführung sechs Prozent, Werbung vier Prozent (steigende Tendenz in ganz Europa), Festivals und Ausbildung je zwei Prozent. Sonstige Ausgaben machen neun Prozent der Gesamtmittel aus (vgl. Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2012).

9 So bieten selbst Staaten in den USA Steuervorteile an: mit dem „Empire State Film Production Credit Program“ beispielsweise ist eine Steuergutschrift in Höhe von zehn Prozent für Film- und Fernsehproduktionen möglich (vgl. Hochhaus, 2008, S. 79).

Final del extracto de 71 páginas

Detalles

Título
Europäische Koproduktionen. Analyse und Erfolgsuntersuchung
Universidad
University of Applied Sciences München
Calificación
2,0
Autor
Año
2012
Páginas
71
No. de catálogo
V202112
ISBN (Ebook)
9783656295747
ISBN (Libro)
9783656841609
Tamaño de fichero
1719 KB
Idioma
Alemán
Notas
Der Erfolg wurde anhand quantitativer Daten aus dem Jahr 2010 analysiert.
Palabras clave
Europäische Koproduktionen, Filme, Film, Europa
Citar trabajo
Daniel Wegner (Autor), 2012, Europäische Koproduktionen. Analyse und Erfolgsuntersuchung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202112

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Título: Europäische Koproduktionen. Analyse und Erfolgsuntersuchung



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