Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Aggressivität und Gewalttätigkeit bei Schulkindern
2. Definition von Aggressivität, Gewalttätigkeit und Mobbing
2.1 Aggressivität
2.2 Gewalttätigkeit
2.3 Mobbing
3. Theoretische Erklärungsansätze (Gewalttätigkeit, Aggressionen
3.1 Psychologische Theorien
3.1.1 Triebtheorie nach Freud
3.1.2 Frustrationstheorie nach Dollard
3.2 Soziologische Theorien
3.2.1 Anomietheorie nach Merton
3.2.2 Subkulturtheorie
3.3 Integrative Theorien
3.3.1 Geschlechtsspezifischer Ansatz
4. Präventionsmaßnahmen
4.1 Primär-, Sekundär und Tertiärprävention
4.2 Allgemeine Möglichkeiten der Prävention
5. Interventionsmaßnahmen
5.1 Verschiedene Interventionsprogramme gegen Gewalt und Mobbing
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Aggressivität und Gewalttätigkeit bei Schulkindern
Gewalt unter Schulkindern ist zweifellos ein sehr altes Phänomen. Die Tatsache, dass einige Schulkinder häufig und systematisch von anderen Kindern gemobbt und angegriffen werden, wurde bereits in unzähligen Werken der Literatur beschrieben die zeitlich gesehen sehr weit zurückreichen. Obwohl viele mit dem Problem „Gewalttäter/Gewaltopfer“ vertraut sind, wurden doch erst in jüngerer Zeit, genauer gesagt in der frühen 70er Jahren, systematische Untersuchungen bezüglich der Häufigkeit von Mobbing und Gewalttätigkeit unter Schulkindern durchgeführt (OLWEUS, 1973a, 1978).
Ein starkes gesellschaftliches Interesse weckte das Problem Gewalttäter/Gewaltopfer als Erstes in Schweden in den ausgehenden 1960er und frühen 1970er Jahren (OLWEUS, 1973a). Diesbezüglich wurde Anfang der 70er Jahre eine Kampagne gestartet, die ihre Schüler aufforderte, an einer Fragebogenaktion hinsichtlich Gewalttätigkeit an Schulen teilzunehmen.
Auf der Grundlage dieser landesweiten Erhebung lässt sich sagen, dass etwa 84.000 Schulkinder oder 15 Prozent der gesamten Schülerschaft der Grund- und weiterführenden Schulen (568.000 Schüler und Schülerinnen in den Jahren 1983 – 84) „hin und wieder“ bzw. „desöfteren“, als Gewalttäter und Gewalttäterinnen oder Gewaltopfer, an Gewalt beteiligt waren (LWEUS, 2008). Projizieren wir diese erschreckenden Tatsachen auf andere Länder und vergleichen hierzu die aus Deutschland stammenden Ergebnisse, stellen wir fest, dass hier zu Lande ausgehende von Datenerhebungen des Jahres 2009, bereits 35,2 Prozent aller Schüler an Gewaltakten beteiligt gewesen sind (OLWEUS, 2008).
2. Definition von Aggressivität, Gewalttätigkeit und Mobbing
Obwohl jeder Mensch die Begriffe Aggression und Gewalt kennt und verwendet, erwartet man von jeder wissenschaftlichen Behandlung des Themas eine Definition oder eine Klassifikation entsprechender aggressiver und gewalttätiger Handlungen. Mit einer Definition entscheidet man sich für eine Eingrenzung des Begriffes, d.h. Definitionen sind immer auch verbunden mit der Ausschließung von Emotionen und Verhaltensweisen, die keine Aggressionen sein sollen und sie unterscheiden sich deshalb oft vom Alltagsgebrauch .
2.1 Aggressivität
Beziehen wir uns hinsichtlich der Begriffsbestimmung von Aggressivität auf die unter Punkt zwei aufgeführte Erkenntnisse, lässt sich hierfür gegenwärtig, keine allgemeingültige Definition geben. Desweiteren liegt diese Schwierigkeit in der Tatsache begründet, dass die theoretische Diskussion über die Entstehung aggressiven Verhaltens bis heute kontrovers ist. Nach wie vor bleibt ungeklärt, ob sich aggressives Verhalten primär auf einen angeborenen Trieb zurückführen lässt, oder ob die Ursachen überwiegend in den Umweltbedingungen liegen. Allerdings bestreitet keine triebtheoretische Konzeption, dass die qualitative Ausprägung von Aggressivität von Einflüssen der Umwelt abhängt (BLATTERT, 1979). Karl Lorenz definiert Aggression als „ den auf den Artgenossen gerichteten Kampftrieb von Tier und Mensch“ (LORENZ, 1963). Er erklärt Aggression als kausal: aggressives Verhalten wird durch den Aggressionstrieb bedingt (BLATTERT, 1979).
2.2 Gewalttätigkeit
Sowohl im Alltagsverständnis als auch in der Wissenschaft gibt es ebenso wie beim Definitionsversuch der Aggressivität keine einheitliche Auffassung von Gewalt. Dies erschwert zugleich die Erforschung dessen, was unter „Gewalt“ erfasst werden soll (SCHUBARTH, 2010). Hinzu kommt, dass der Gewaltbegriff mit anderen inhaltlich ähnlichen Begriffen konkurriert, zum Beispiel, Aggressivität, Mobbing, und Kriminalität (BLATTERT, 1979). Bis Heute existieren allein in der Psychologie mehr als zweihundert unterschiedliche Definitionen von Gewalt und aggressiven Verhaltens. Fast ausschließlich werden in allen literarischen Werken zur Bestimmung des Gewaltbegriffs, Aggression und Gewalttätigkeit gleichgesetzt. Projizieren wir hierzu den Begriff der Aggression, mit seinen unter 2.1 aufgeführten Grundannahmen auf das Gewaltverständnis, besteht aus psychologischer Perspektive weitgehend Konsens darüber, dass sich der Begriff der Gewalttätigkeit auf spezifische, zielgerichtete Verhaltensweisen zur Schädigung andrer Personen bezieht, wobei neben der Beschädigung von Personen auch die Sachbeschädigung und die Autoaggression mit einbezogen werden (BLATTERT, 1979 ; SCHUBARTH, 2010). Um einer situationsbezogenen Definition nachzukommen, müssen die einzelnen Formen von Gewalt betrachtet werden. Man unterscheidet hierbei, die mit körperlichen Angriffen einhergehende physische Gewalt von der psychischen Gewalt, welche in verbaler, nonverbaler und indirekter Form stattfindet. Abwertung, Abwendung , Beschimpfungen sowie Beleidigungen sind nur wenige Beispiele dieser Art von Gewalt (SCHUBARTH, 2010).
2.3 Mobbing
Unter Mobbing versteht man eine Art schulische Gewalt. Diese zeichnet sich durch vier klassische Definitionsmerkmale aus: „ Einer Person (1) wird von einer oder mehreren anderen stärkeren Personen immer wieder(2) absichtlich (3)Schaden zugefügt, was(4) auf Dauer zu einem anhaltenden Gefühl der Hilflosigkeit auf Seiten des Opfers führt “ (OLWEUS, 1993).
(1): Kräfteungleichgewicht
Hierbei handelt es sich um die körperliche Kraft, wobei das Opfer hinsichtlich dieser körperlichen Ausprägung, der des Täters unterlegen ist. Ebenfalls kann ein zu geringes Selbstwertgefühl ausschlaggebend sein.
(2): Wiederholungsaspekt
Ein einmaliger Vorfall, zum Beispiel körperliche Gewalt an einem Mitschüler, wird nicht als Mobbing deklariert. Es geht vielmehr um permanente Angstzustände vor Übergriffen, Sicherheitsverlust und kein zu Ruhe kommen des betroffenen Opfers.
(3): Verletzende Absicht
Bei Mobbing handelt es sich immer um den Aspekt der absichtlichen Verletzung.
(4): Hilflosigkeit
Hilflosigkeit ist eine Folge, welche sich aus den vorher eingegangen Kriterien erschließt.
Überdies hinaus gibt es, nach RIEBEL, verschiedene Gesichter von Mobbing:
1. Körperliches Mobbing (physische Verletzungen)
2. Verbales Mobbing
3. Relationales Mobbing
- hier wird der soziale Status einer Person innerhalb einer Gruppe untergraben, sein Image zerstört sowie Freundschaften zerschlagen, mit dem Hintergrund, diese Person aus der Gruppe zu isolieren. Auch die Verbreitung von Gerüchten und die Ausschließung dieser Person vor Aktivitäten, betreffen diese Art von Mobbing (RIEBEL, 2011).
3. Theoretische Erklärungsansätze (Gewalttätigkeit, Aggressionen)
Grundsätzlich unterscheidet man psychologische und soziologische Theorien, sowie integrative Ansätze.
[...]