Tierethik im Islam


Hausarbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Tiere im Qur’an
2.1 „Das Schicksal der Tiere“
2.2 Die Stellung der Tiere
2.3 Das Nutzen der Tiere
2.3.1 Das Tier als Nahrungsmittel
2.3.1.1 Reine und unreine Tiere

3. Tiere in der Sunna
3.1 Die Abgrenzung des Menschen von dem Tier
3.2 Tierrechte
3.2.1 Die Wichtigkeit des guten Umgangs mit den Tieren
3.2.2 Die Rechte des Nutztieres
3.2.2.1 Beispiel: Schlachtvorschriften

4. Alternative Meinungen und moderne Debatten

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Tierethik im Islam: so lautet der Titel dieser Hausarbeit. Doch wie können wir erfahren, wie nach islamischem Maßstab der ethisch korrekte Umgang mit Tieren aussieht? Um dies herauszufinden, möchte ich in dieser Arbeit die zwei Hauptquellen des Islam - nämlich den Quťan und die Sunna - näher unter die Lupe nehmen und versuchen, einige Verse bzw. Hadithe herauszufiltern, die uns mehr Auskunft über die Rechte der Tiere geben. Selbstverständlich kann der Islam nicht als Monolith betrachtet werden, denn genauso wie in allen anderen Religionen gibt es auch im Islam abermals viele Strömungen, die demzufolge bezüglich vieler Aspekte unterschiedliche Erklärungen und Interpretationen mit sich bringen. Aus diesem Grund sollte man unbedingt differenziert an die Sache rangehen und nicht von ,,der Tierethik“ sprechen, da es bei dieser Thematik, wie auch bei vielen anderen Aspekten des Islam, einige - wenn auch nicht viele - verschiedene Ansichten gibt. Um jedoch in all dieser Vielfalt nicht den Überblick zu verlieren, möchte ich zunächst einmal einige ausgewählte Qur’anverse und Hadithe nennen, die um Tiere und Tierethik handeln. Dazu möchte ich diejenige Interpretation darstellen, die von der Mehrheit der Muslime anerkannt ist. Auch bei der Auswahl der Quellen habe ich mich darauf beschränkt, was die Mehrheit der Muslime, die Sunniten, als authentisch ansehen, nämlich den Qur’an und die Sunna - denn es gibt selbst hier verschiedene Meinungen darüber, was nun als gesicherte Quelle gilt und was nicht. So gibt es beispielsweise einige Richtungen, in denen die Meinung vertreten wird, dass die Sunna des Propheten Mohammed lediglich als Tradition, keinesfalls aber als 2. Quelle des islamischen Rechts angesehen werden darf.1 Andere wiederum, wie etwa die Schiiten, erkennen einige Hadithe nicht als sahih, also gesund/ authentisch, an, was dazu führt, dass sie eine „eigene Sunna“, bzw. Hadithsammlung haben.2 Unter den Schiiten gibt es wiederum selbst beim Qur’an einige wenige, die den Standardtext des Qur’an nicht akzeptieren, sondern der Meinung sind, dass „die Feinde Alis“ den „Originaltext“ etwas geändert hätten.3 Nachdem ich also die mehrheitliche Meinung zum Thema „Tierethik im Islam“, die in zwei verschiedenen Kapiteln nach Quellen sortiert erfolgen soll, dargestellt habe, möchte ich einen Einblick geben über alternative Meinungen und moderne Debatten zu dieser Thematik. Hier soll vor allem diskutiert werden, in welchen Punkten es in der Vergangenheit aber auch heute noch unterschiedliche Meinungen unter den Gelehrten gab/gibt und wie diejeweilige Position argumentiert. Zum Schluss werde ich dann in einem Fazit die Hauptargumente dieser Arbeit zusammenstellen und meine persönliche Schlussfolgerung daraus ziehen.

2. Tiere im Qur’an

Qur’an bedeutet übersetzt soviel wie „Vortrag“/ „Rezitation“ und gilt als Heilige Schrift des Islam. Er ist nach islamischem Verständnis das authentische Wort Gottes, das dem letzten Propheten des Islam, Prophet Mohammed, in arabischer Sprache geoffenbart wurde.4

Insgesamt handeln über 200 Verse des Qur’an um Tiere, sechs Suren werden nach Tieren benannt.5

Wenn im Qur’an von Tieren die Rede ist, dann oft im Zusammenhang mit ihren speziellen Eigenschaften, bzw. auch mit der Beschreibung ihres Wesens. So heißt es beispielsweise in Sure 6,Vers38:

[6.38] Und es gibt kein Tier auf der Erde und keinen Vogel, der mit seinen Flügeln fliegt, ohne daß es Gemeinschaften wären gleich euch (Menschen).

Dieser Qur’anvers führt uns auch gleich schon zum nächsten Punkt, nämlich, dass Tiere oft im Verhältnis zu den Menschen dargestellt werden. Meist geschieht dies in Form von Gleichnissen, in denen der Mensch mit dem Tier verglichen wird, oft aber auch um ihn von dem Tier abzugrenzen. Dies führt zu einer Tendenz zum Anthropozentrismus; auf dieses Thema möchte ich jedoch später noch zurückkommen, wenn es um die Sunna geht, da hier dieses Phänomen der Abgrenzung noch stärker hervortritt.

Zudem behandelt der Qur’an im Zusammenhang mit den Tieren diejenigen Themengebiete, die sich mit Geboten und Verboten beschäftigen; ganz deutlich wird dies, wenn es um Speisevorschriften geht.

In diesem Kapitel soll Ziel sein, einige dieser Aspekte herauszuarbeiten.

2.1 „Das Schicksal der Tiere“

Haben Tiere einen freien Willen oder nicht? Kann man von Schicksal sprechen? In diesen Punkten ist man sich nicht einig. Wo es jedoch einen Konsens gibt, ist in der Tatsache, dass Tiere am Tag des Jüngsten Gerichts vor Gott stehen und gerichtet werden.6 Der Qur’an macht dies deutlich in Sure 19, V.93-95:

[19.93] Es gibt niemanden im Himmel und auf der Erde, der (dereinst) nicht als Diener zum Barmherzigen kommen würde. [19.94] Er hat sie alle gezählt und errechnet. [19.95] Und sie alle werden am Tag derAuferstehung einzeln zu ihm kommen.

Der Großteil der Gelehrten ist der Meinung, dass Tiere, nachdem sie gerichtet werden, zu Staub werden und somit weder in die Hölle, noch ins Paradies eingehen.7 Dabei berufen sich diese auf folgenden Vers:

[78.40] Wir warnen euch (hiermit) vor einer nahe bevorstehenden Strafe, einem Tag, an dem einer (den Lohn für) die früheren Werke seiner Hände zu sehen bekommt und der Ungläubige sagt: , Wäre ich doch (endgültig) zu Erde (geworden und nicht zu neuem Leben erweckt)! ‘

Als Erläuterung hierzu ziehen sie einen Hadith heran, in dem dieser Vers näher erläutert wird und gesagt wird, dass der Ungläubige dies sprechen werde, weil er zuvor gesehen habe, wie die Tiere gerichtet und danach zu Staub geworden waren.

Nach islamischer Auffassung preisen Tiere während ihrer Zeit auf dieser Erde unaufhörlich Gott an. Hierzu gibt es sehr viele Stellen im Qur’an. So wird zum z.B. in Surat an-Nur Folgendes gesagt:

[24.41] Hast du denn nicht gesehen, daß (den einen) Gott (alle Wesen) preisen, die im Himmel und auf der Erde sind, ebenso (w. und) die Vögel (wenn sie) im Schwebeflug (die Flügel ausgebreitet halten)?

Jedes (Wesen) -weiß, wie es (seiner Art entsprechend) zu beten und (Gott) zu preisen hat. Gott 'weiß Bescheid, über das was sie tun.

2.2 Die Stellung der Tiere

Islamisch gesehen sind, genauso wie die Menschen, auch alle Tiere vor Gott gleich.8 Kein Wesen wird weder durch seine Größe, noch durch seine Schönheit oder durch ein anderes Merkmal dem anderen Tier vorgezogen. Ob nun einige Tiere für die Menschen unrein sind, wie etwa das Schwein, oder ob einige Tiere getötet werden dürfen und andere wiederum nicht, all dies hat nichts mit ihrer Wertigkeit vor Gott zu tun, wie dieser Qur‘anvers zeigt:

[2.26] Gott schämt sich nicht, irgendein Gleichnis zu prägen, sei es auch nur mit einer Mücke. Diejenigen nun, die glauben, wissen, das es die Wahrheit ist (und) von ihrem Herrn (kommt). Diejenigen aber, die ungläubig sind, sagen: ,Was will denn Gott mit einem solchen Gleichnis?“ Er führt damit sehr viele irre. Aber er leitet damit (auch) viele recht.

Haben Tiere vor Gott die gleiche Stellung, so stehen sie doch im Vergleich zu den Menschen unter ihnen. In Sure 36, Vers 72 wird gesagt, dass Allah sie den Menschen unterwürfig gemacht hat, was unter anderem auch daran zu sehen ist, dass Menschen von Tieren Gebrauch machen können, nicht aber umgekehrt. So seien die Tiere beispielsweise erschaffen um gegessen zu werden oder geritten zu werden. Der Vers davor impliziert, dass der Mensch Herr über die Tiere ist; somit kann man sagen, dass aus islamischer Sicht die Tiere für die Menschen erschaffen wurden und nicht umgekehrt. Dass manjedoch dabei Maß halten sollte9, wird in folgendem Vers verdeutlicht:

[7.31] Ihr Kinder Adams! Legt bei jeder Kultstätte euren Schmuck an, und eßt und trinkt! Und seid (dabei) nicht verschwenderisch! Gott (w. Er) liebt diejenigen nicht, die nicht maßhalten.

Tiere können jedoch auch anderweitig fungieren, nicht nur als „Produkt“ für den Menschen; dies soll im nächsten Abschnitt ausführlicher behandelt werden.

[...]


1 z.B. die „Nur-Koraner“ (oder auch: „Submissioners“), vgl. www.nur-koran.de

2 Vgl. Momen, M., An Introduction to Shi’i Islam. Yale University Press,.New Haven, 1985, S. 173

3 Vgl. ebd., S. 172

4 Vgl. Tworuschka, U.: Lexikon: Die Religionen der Welt. Gütersloher Verl.-Haus. Gütersloh, 1999, S. 178

5 Vgl. Lewis, B.: The Encyclopaedia of Islam Vol.III. Luzac & Co. London, 1971, S. 306

6 Vgl. Hughes, T.P.: Lexikon des Islam. Fourier Verlag GmbH. Wiesbaden, 2000, S. 713

7 Vgl. ebd.

8 http://tierethikblog.de/2007/07/17/tiersechte-im-islam-hojjat-ul-islam-seyyed-mahammad-nasser-taghavi/ : Vortrag von Dr. Seyyed Mahammad Nasser Taghavi in Heidelberg (2007)

9 Weiner, S.: Der Islam - Einführung in Religion, Kultur, Brauchtum. Auer Verlag GmbH. Donauwörth, 2002, S. 80

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Tierethik im Islam
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V202445
ISBN (eBook)
9783656285793
ISBN (Buch)
9783656285946
Dateigröße
446 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
tierethik, islam
Arbeit zitieren
Sarah Merrett (Autor:in), 2008, Tierethik im Islam, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202445

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