Mobbing in der Grundschule: Untersuchung ausgewählter Präventions- und Interventionsprojekte


Master's Thesis, 2011

65 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Was ist Mobbing?
2.1 Merkmale
2.2 Beteiligte
2.3 Erscheinungsformen
2.4 Resultierende Definition

3 Mobbing und Schule
3.1 Verbreitung
3.2 Ursachen
3.2.1 Institutionelle Ursachen
3.2.2 Gesellschaftliche Ursachen
3.2.3 Familiäre Ursachen
3.3 Folgen
3.3.1 Folgen für das Opfer
3.3.2 Folgen für den Täter
3.3.3 Folgen für die Klasse
3.3.4 Folgen für die Schule

4 Analyse
4.1 Kriterienraster
4.2 Präventionskonzepte
4.2.1 Präventionskonzepte gegen Gewalt
4.2.1.1 Das Programm „Faustlos“
4.2.1.2 Das Projekt „Achtung Grenze“
4.2.2 Präventionskonzepte gegen Mobbing
4.2.2.1 Das Konzept „aufgschaut“
4.2.2.2 Das Konzept „Be-Prox“
4.3 Interventionskonzepte
4.3.1 Das Interventionskonzept nach Olweus
4.3.2 Das Konzept „No Blame Approach“
4.3.3 Das „Trainer-Konzept“
4.4 Zusammenfassende Betrachtung der Analyse

5 Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Klassische Gruppierung innerhalb eines schulischen Mobbingprozesses

Abbildung 2: Charakteristika eines Täters

Abbildung 3: Merkmale eines Opfers

Abbildung 4: Mobbingopfer in den verschiedenen Schulformen

Abbildung 5: Folgen des Mobbings für das Opfer

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Konzipiertes Kriterienraster…

Tabelle 2: Übersicht der Analyseergebnisse der untersuchten Präventions-konzepte

Tabelle 3: Überblick der Analyseergebnisse der untersuchten Interventions-konzepte

1 Einleitung

Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Mobbing in der Schule“ ist seit einer bundesweiten Befragung, welche vom Institut für pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München unter der Leitung von Mechthild Schäfer im Jahr 2007 durchgeführt wurde, umso bedeutender geworden. Laut dieser Befragung wird jeder siebente Schüler an der Oberschule gemobbt, was wiederum bedeutet, dass wöchentlich 500.000 Schüler Opfer von Mobbinghandlungen sind.[1]

Das hohe Aufkommen von Mobbingsituationen in der Schule liegt darin begründet, dass es sich bei Mobbing um ein soziales Problem handelt. Damit ist gemeint, dass Mobbing in allen zwanghaften sozialen Situationen auftritt, in welchen Menschen sich immer wieder begegnen.[2]

Da Mobbing eine spezielle Form von Gewalt darstellt, gehört es zu den Pflichten der Institution Schule es konsequent und nachhaltig zu bekämpfen, damit der Freiheits- und Entwicklungsraum des Schülers als Individuum sichergestellt ist. Schließlich steht in der Kinderrechtskonvention, dass die Vertragsstaaten, wozu auch Deutschland zählt, alle geeigneten Maßnahmen unternehmen, um gewährleisten zu können, „ […] dass die Disziplin in den Schulen in einer Weise gewahrt wird, die der Menschenwürde des Kindes entspricht und im Einklang mit diesem Übereinkommen steht“[3] . In diesem Zusammenhang sollte sich die Schule gleichermaßen ein Ort der Prävention und der Intervention verstehen, um gezielt gegen Gewalt vorzugehen zu können.

Damit Lehrkräfte erfolgreich handeln können, ist es wichtig, verschiedene Präventions- und Interventionskonzepte gegen Mobbing zu kennen, um einerseits langfristig gegen Mobbing vorbeugen und andererseits erfolgreich gegen Mobbing intervenieren zu können. Hierbei hat insbesondere die Mobbingprävention in der Grundschule einen hohen Stellenwert, da in Forschungen über Gewalt an Schulen nachgewiesen wurde, dass sich Opfer- und Täterrollen bereits in der Grundschule beginnen zu festigen.[4]

In der vorliegenden Masterarbeit „Mobbing in der Grundschule – Bestandsaufnahme und Analyse ausgewählter Präventions- und Interventionskonzepte“ werden ausgewählte präventive und interventive Mobbingkonzepte im deutschsprachigen Raum dargestellt und untersucht. Das Ziel der Untersuchung besteht schließlich darin, Grundschullehrern[5] mithilfe eines selbst entwickelten Kriterienrasters ein Auswahlinstrument an Präventions- und Interventionskonzepten gegen Mobbing in der Grundschule anzubieten, das ihnen ermöglicht, das richtige Programm entsprechend ihrer eigenen Bedürfnisse und Ressourcen auswählen zu können. Die Basis der Analyse bildet hierbei eine vorherige Einführung in die Thematik. In diesem Rahmen wird zunächst die Frage „Was ist Mobbing?“ beantwortet (vgl. Kapitel 2), um im Anschluss daran den Zusammenhang zwischen Mobbing und Schule darzustellen (vgl. Kapitel 3). Abschließend werden im letzten Kapitel die wichtigsten Ergebnisse der Analyse resümiert sowie ein Ausblick gegeben, inwiefern mit den kategorisierten Programmen weitergearbeitet werden könnte (vgl. Kapitel 5).

2 Was ist Mobbing?

Angesichts der Tatsache, dass in der Fachliteratur keine einheitliche Definition zum Begriff Mobbing existiert[6] , ist es für die Untersuchung der verschiedenen Präventions- und Interventionskonzepte gegen Mobbing essentiell, zunächst zu definieren, was unter dem Begriff Mobbing im Rahmen dieser Arbeit verstanden wird, um sich Klarheit über einen Sachverhalt zu verschaffen, welcher in der Öffentlichkeit fälschlicherweise für Konflikte aller Art gebraucht wird.[7]

Daher werden in diesem Kapitel verschiedenste Elemente, die mit dem Phänomen Mobbing zusammenhängen, erörtert. So wird innerhalb dieser Erörterung darauf eingegangen, welche Strukturmerkmale Mobbing aufweist, wer am Mobbingprozess beteiligt ist, aber auch in welchen unterschiedlichen Formen sich Mobbing äußern kann. Aus der Darstellung dieser einzelnen Elemente resultiert schließlich eine Definition zum Begriff Mobbing, welche für die vorliegende Masterarbeit gilt.

2.1 Merkmale

Mobbing, welches eine spezifische Gewaltform[8] darstellt, kommt in allen sozialen Bereichen vor, in welchen Menschen immer wieder zusammenkommen und aus welchen sie nicht oder nur schwer entfliehen können. Auch die Schule stellt einen sozialen Bereich dar, dem sich die von Mobbing betroffenen Schüler aufgrund der allgemeinen Schulpflicht nicht entziehen können.[9]

Die Bezeichnung „Mobbing“ hat hierbei seinen Ursprung im schwedischen Sprachraum des Wortes „mobbning“, welches mit „fertigmachen“ oder „anpöbeln“ übersetzt werden kann. Während im deutschen Sprachraum „Bullying“[10] synonym zum Begriff Mobbing verwendet wird, wird in der Schweiz für den Begriff „Mobbing“ oftmals auch der Begriff „Plagen“ gebraucht.[11] Anfangs wurde in Deutschland der Begriff Mobbing ausschließlich für das zielgerichtete, andauernde Belästigen am Arbeitsplatz benutzt. Inzwischen wird es jedoch zunehmend auch für die Schule, als Arbeitsplatz der Schüler, verwandt.[12]

Prinzipiell können innerhalb des Schulkontextes drei Mobbingarten unterschieden werden: Lehrer gegen Schüler, Schüler gegen Lehrer und Schüler gegen Schüler.[13] Im Rahmen der Masterarbeit wird bei den ausgewählten Präventions- und Interventionskonzepten jedoch ausschließlich die Mobbingart „Schüler gegen Schüler“ berücksichtigt, was damit zusammenhängt, dass die Programme für Lehrkräfte konzipiert worden sind.

Um die Merkmale von Mobbing herauszuarbeiten, ist es wichtig, Mobbing von Konflikten abzugrenzen. Wenn Kinder miteinander streiten oder auch kämpfen, jedoch psychisch und physisch kein Ungleichgewicht zwischen ihnen besteht, wird von einem Konflikt und nicht von Mobbing gesprochen. Zudem bieten Konflikte, im Gegensatz zu Mobbing, den Schülern die Möglichkeit, die eigenen und die Grenzen der anderen Kinder kennen und akzeptieren zu lernen sowie darüber hinaus Konfliktlösungen selbstständig zu finden.[14] Bei Mobbing trägt nichts dazu bei, Konflikte zu beenden, sondern stattdessen diese zu intensivieren und zu wiederholen.[15] Insofern kann Mobbing als ein andauernder Konflikt bezeichnet werden.

Desweiteren besteht der wesentliche Unterschied zwischen einem herkömmlichen Konflikt und einer Mobbingsituation darin, dass ein Konflikt unregelmäßig und ungeplant passiert, während Mobbing systematisch, wiederholend und zielgerichtet stattfindet.[16] Auf diese Weise greift Mobbing im Gegensatz zu Konflikten die Menschenwürde an, weil bewusst und mit Absicht verletzt wird.[17]

Es handelt sich bei Mobbing also nicht um negative Handlungen, die einzeln und spontan, sondern vielmehr strategisch, beabsichtigt und beständig sind. Auch wenn die Bezeichnung negative Handlungen auf den ersten Blick sehr allgemein wirkt, ist dies gerade für das Phänomen Mobbing passend, um die Mannigfaltigkeit der Verhaltensweisen, die während des Mobbings auftreten können, zu kennzeichnen.[18]

Laut Leymann liegt Mobbing nur dann vor, wenn die Handlungen häufig, also mindestens einmal wöchentlich, über mindestens drei Monate ausgeführt werden. Kindler meint jedoch, dass im schulischen Kontext Mobbing bereits vorliegt, wenn die Angriffe in einem Zeitraum von mindestens vier Wochen ausgeübt werden, weil es dann bereits seine Wirkungen zeigt.[19]

Der schwedische Professor Dan Olweus, der als Vorreiter der Erforschung von Mobbing gilt, definiert Mobbing folgendermaßen:

„Ein Schüler […] wird gemobbt, wenn er oder sie wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler oder Schülerinnen ausgesetzt ist.“[20]

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass folgende vier Merkmale für Mobbing besonders charakteristisch sind:

1. Es handelt sich um einen verhärteten Konflikt.
2. Es herrscht ein asymmetrisches Machtverhältnis zwischen mindestens zwei Personen.
3. Eine Person wird von mindestens einer anderen Person mit Absicht, zielgerichtet und regelmäßig, das heißt mindestens einmal pro Woche, und über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen, angegriffen.
4. Die unterlegene Person ist nicht in der Lage eigenständig der Situation zu entkommen und kann dementsprechend das Mobbing nicht beenden.[21]

Die beteiligten Personen im Mobbingprozess werden im folgenden Unterkapitel beschrieben.

2.2 Beteiligte

Mobbing kann sowohl von einzelnen als auch von mehreren Personen ausgehen, welche als Täter bezeichnet werden.[22] Die Personen, auf die wiederum Mobbing ausgeübt wird, werden als Opfer bezeichnet. Darüber hinaus sind an einer schulischen Mobbingsituation noch weitere Personenkreise beteiligt, nämlich die Mitläufer sowie die restliche Lerngruppe. Es gibt demzufolge vier Gruppierungen innerhalb des Mobbings: Täter, Opfer, Mitläufer und die restliche Lerngruppe.[23]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Klassische Gruppierung innerhalb eines schulischen Mobbingprozesses (eigene Darstellung in Anlehnung an: Jannan 2008: 30 und Linzbach 2010: 25).

Im Folgenden werde ich auf jede Gruppierung näher eingehen, dabei im Besonderen auf die Täter und das Opfer.[24]

Die Täter

Bei den Tätern handelt es sich um bis zu maximal drei Personen, die die Mobbinghandlungen veranlassen oder ausführen und selbst nicht gemobbt werden.

Die Täter, auch als Mobber bezeichnet, zeigen oftmals ein unbedachtes, aggressives Verhalten, welches wiederum von einer geringfügigen Selbstkontrolle zeugt. Aufgrund der Tatsache, dass die Täter auch oftmals ein geringes Selbstwertgefühl besitzen, versuchen sie dieses durch Machtausübung zu kompensieren. Insofern steht als Motiv für Mobbinghandlungen die Machtausübung im Vordergrund. Zudem fällt es den Tätern schwer Empathie für andere zu zeigen, weil sie nicht in der Lage sind, die Gefühlswelt anderer wahrzunehmen. Schließlich verfügen Täter über defizitäre Handlungsmöglichkeiten an Konfliktlösungsstrategien, sodass sie unangemessen handeln.

Das Verhalten des Täters gegenüber dem Lehrer nimmt eine zentrale Rolle ein. Gegenüber der Lehrkraft tritt der Täter stets loyal und freundlich auf. Dieses Auftreten bietet dem Täter aber nicht nur den Schutz, dass die Lehrperson ihn nicht durchschaut, sondern vor allem trägt ein solches zuvorkommendes Verhalten zum Machtanstieg bei. Denn wenn der Lehrer nicht im Mobbinggeschehen interveniert, steigt aus Sicht der Mitschüler die Macht des Täters, während der Lehrer nach und nach seine Autorität verliert. In der Konsequenz wird der Lehrer als schwach eingeschätzt und wird daher weder vom Opfer noch von der restlichen Lerngruppe um Hilfe gebeten.[25]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Charakteristika eines Täters (eigene Darstellung).

Das Opfer

Im Mobbingprozess handelt sich beim Opfer stets um eine Einzelperson. Innerhalb eines Mobbingvorfalls fühlen sich die Opfer hilflos, weil sie sich nicht selbstständig aus der Situation befreien können.[26]

Prinzipiell kann bei den Opfern zwischen zwei verschiedenen Opfertypen unterschieden werden: das passive und das provozierende Opfer, wobei passive Opfer häufiger vorkommen.

Passive Opfer sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie oftmals körperlich schwächer als die anderen Schüler sind und eher empfindsam, scheu und verängstigt im Schulalltag in Erscheinung treten. Ebenso wie die Täter, besitzen passive Opfer ein schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl.

Im Gegensatz dazu ragen provozierende Opfer aus der Masse heraus, was zur Konsequenz hat, dass sie geradezu eine Angriffsfläche für mögliche Täter darbieten. Charakteristisch für sie ist ein ängstliches und impulsives Auftreten. Zudem lassen sie sich leicht provozieren, leiden häufig unter Konzentrationsproblemen und erscheinen hyperaktiv. Der Fakt, dass sie gern im Mittelpunkt stehen möchten, macht sie bei den meisten Mitschülern unbeliebt.

Prinzipiell gehören beide Opfertypen zu den Außenseitern in der Klasse, das heißt, sie verfügen über einen geringen sozialen Status, was sich dadurch äußert, dass sie von den Mitschülern abgelehnt werden und keinen einzigen Freund in der Klasse haben.[27]

Abschließend muss noch festgehalten werden, dass grundsätzlich jeder zum Mobbingopfer werden kann, weil jedermann über Stärken und Schwächen verfügt, die gegen einen eingesetzt werden können. Dementsprechend tragen die Mobbingopfer keinerlei Schuld an ihrer Rolle.[28]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Merkmale eines Opfers (eigene Darstellung).

Die Mitläufer

Um den Täter herum gruppieren sich sogenannte „Mitläufer“. Bei dieser Personengruppe variiert die Anzahl der Personen, jedoch sind es tendenziell wenige Personen, welche immer wieder in unterschiedlicher Zusammensetzung an den Mobbinghandlungen teilnehmen. Des Öfteren wirken in dieser Gruppe ehemalige Mobbing-Opfer mit. Mitläufer, welche in der Literatur auch als passive Täter bezeichnet werden, helfen dem Täter nicht nur bei der Initiierung und Ausführung von Mobbinghandlungen, sondern decken gleichermaßen den Täter. Sie unterstützen den Täter, weil dieser sie mit Drohungen an sich bindet, wie beispielsweise die Kündigung der Freundschaft.[29]

Die restliche Gruppe

Den größten Personenkreis innerhalb der vier Gruppierungen im Mobbingprozess stellt „die restliche Gruppe“ dar. Da diese primär unbeteiligt an Mobbingsituationen sind, werden sie oftmals auch als Zuschauer in der Literatur bezeichnet.[30] Zwar sind sie nicht direkt am Mobbing beteiligt, da sie jedoch nichts unternehmen, um dem Opfer zu helfen, ermöglichen sie es erst, dass der Mobbingprozess stattfinden kann.[31]

Weshalb diese Gruppe nur zuschaut und nicht handelt, kann mehrere Gründe haben. An dieser Stelle möchte ich die drei Häufigsten nennen:

1. Die Schüler sind von der alltäglichen, dargebotenen „Aufführung“ beeindruckt.
2. Die Schüler sind möglicherweise aber auch ängstlich und verabscheuen das Geschehen, unternehmen jedoch nichts, um nicht das Risiko einzugehen, selbst zum Opfer zu werden.
3. Die Situation wird von der restlichen Gruppe fehlinterpretiert und wird anstelle von Mobbing als ein harmloser Streit bzw. Spaß verstanden.

Aus der Darstellung der einzelnen Gruppierungen, die am Mobbing beteiligt sind, geht hervor, dass Mobbing kein individuelles, sondern ein soziales Problem ist.[32] In der Konsequenz bedeutet dies, dass alle Beteiligten, das heißt die gesamte Klasse, bei der Prävention sowie bei der Intervention von Mobbing einbezogen werden sollten, damit diese erfolgreich ist. Schließlich ist die ganze Klasse, passiv oder aktiv, im Mobbingprozess involviert.

2.3 Erscheinungsformen

Mobbing kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden. So kann bei Mobbingsituationen grundsätzlich zwischen aktivem und passivem Mobbing unterschieden werden. Unter aktivem Mobbing, in der Fachliteratur auch als direktes Mobbing bezeichnet, werden hierbei alle negativen Handlungen gefasst, die direkt ausgeführt werden.[33] Weiterhin werden die direkten Formen in physische und verbale Handlungen unterteilt. Zum verbalen Mobbing, welches mit 70 Prozent aller Mobbingfälle die häufigste Mobbingform darstellt, gehört unter anderem das Bloßstellen, das Verspotten, das Beschimpfen oder auch das Beleidigen. Zu den physischen Handlungen zählen hingegen schubsen, verprügeln, stoßen, kneifen und treten, das bedeutet, alle körperlichen Berührungen, die von der betroffenen Person als unangenehm empfunden werden.[34] Es handelt sich dementsprechend um offensichtliche Angriffe.

Bei passivem Mobbing hingegen werden verdeckte Handlungen vollzogen, wie zum Beispiel das Ausschließen aus der Gruppe, das Verbreiten von Gerüchten, das bewusste Vorenthalten bestimmter Informationen, das Ignorieren sowie abwertende Blicke und Gesten. Es handelt es sich hierbei also auch um nonverbale Angriffe.[35]

Es sei zu beachten, dass bei einem Großteil der Schülerschaft die genannten Erscheinungsformen im Verlauf der Schullaufbahn zwar auftreten können und es sich trotzdem nicht zwangsläufig um Mobbing handelt. Denn erst wenn die negativen Handlungen systematisch, ständig und dauerhaft auf eine Person ausgerichtet werden, handelt es sich um Mobbing.[36]

2.4 Resultierende Definition

Aus den vorangegangenen drei Unterkapiteln (vgl. 2.1, 2.2 und 2.3) ergibt sich folgende Definition: Im Schulkontext handelt es sich um Mobbing, wenn ein Schüler von mindestens einem bis maximal drei anderen Schülern beabsichtigt, systematisch und regelmäßig über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen durch negative Handlungsweisen attackiert wird. Die negativen Handlungsweisen können sowohl direkt in verbaler oder körperlicher Form als auch indirekt ausgeübt werden können. Diejenigen Schüler, die das Mobbing initiieren und/oder ausführen, werden als Täter bezeichnet, während der Schüler, auf den die negativen Handlungen ausgeübt werden, das Opfer darstellt. Innerhalb eines Mobbingvorfalles kann das Opfer aufgrund der geringen Einflussmöglichkeiten auf die Situation, welche wiederum aus dem Kräfteungleichgewicht zwischen den Tätern mit seinen Mitläufern und dem Opfer resultiert, den Mobbingprozess nicht selbstständig beenden.

[...]


[1] Vgl. Burck 2007. URL: http://www.lichtblick99.de/ticker2341_07.html (Stand: 02.10.2011).

[2] Vgl. Alsaker 2003: 30.

[3] Gollnick 2008: 117f.

[4] Vgl. Frey-Gaska / Frey / Kastenmüller / Fischer / Spies / Manzenrieder 2007: 120.

[5] Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit die maskuline Form der themenspezifischen Substantive, wie Schüler, Lehrer usw. verwendet. Dabei meint diese stets die feminine Form in gleicher Weise.

[6] Vgl. Kindler 2006: 175 und Riebel 2008: 3.

[7] Vgl. Kaspar 1998: 21.

[8] Unter dem Begriff „Gewalt“ wird eine absichtsvolle Schädigung von Menschen durch Menschen verstanden. Die Schädigung kann hierbei sowohl psychisch als auch physisch auftreten. Obwohl in der Wissenschaft Gewalt als eine Teilmenge von Aggression bezeichnet wird und zwar in der Form, dass es eine extreme Aggressionsform darstellt, werden die Begriffe immer mehr synonym gebraucht (vgl. Schubarth 2010: 16).

[9] Vgl. Linzbach 2010: 15.

[10] Der Begriff „Bullying“ ist vom englischen Substantiv „bully“ abgeleitet, was brutaler Mensch oder „Tyrann“ bedeutet,

[11] Vgl. Alsaker 2003: 16.

[12] Vgl. Kasper 1998: 22.

[13] Vgl. Kasper 2003: 24ff..

[14] Vgl. Alsaker 2003: 21.

[15] Vgl. Zentrum polis – Politik lernen in der Schule 2009: 15.

[16] Vgl. Eckardt 2006: 15.

[17] Vgl. Kasper 2003: 2.

[18] Vgl. Kindler 2002: 20.

[19] Vgl. Kindler 2006: 178.

[20] Olweus 2006: 22.

[21] Vgl. Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) 2008: 8.

[22] Vgl. Schallenberg 2004: 32.

[23] Vgl. Jannan 2008: 31.

[24] Ich beziehe mich in meiner Darstellung der einzelnen Gruppierungen auf Jannan 2008:31-38, sofern nicht weitere Quellen genannt werden.

[25] Vgl. Gebauer 2005: 34f.

[26] Vgl. Gebauer 2005: 43.

[27] Vgl. Jonas/ Boos/ Brandstätter 2007: 93.

[28] Vgl. Schäfer/ Herpell 2010: 73.

[29] Vgl. Gebauer 2005: 34.

[30] Vgl. z.B. Dambach 2009:19 und Linzbach 2010: 24.

[31] Vgl. Dambach 2009: 19.

[32] Vgl. Gebauer 2005: 29.

[33] Vgl. Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) 2008: 11.

[34] Vgl. Gaida 2010: 14f. und Alsaker 2003: 22.

[35] Vgl. Kindler 2006: 179.

[36] Vgl. Gebauer 2005: 30.

Excerpt out of 65 pages

Details

Title
Mobbing in der Grundschule: Untersuchung ausgewählter Präventions- und Interventionsprojekte
College
Free University of Berlin
Grade
2,0
Author
Year
2011
Pages
65
Catalog Number
V202512
ISBN (eBook)
9783656315001
ISBN (Book)
9783656318965
File size
7818 KB
Language
German
Notes
Beurteilung vom 1.Prüfer: - Aufbau der Arbeit dem Ziel entsprechend und folgerichtig, - sprachliche Ausformulierung hervorragend, umfangreiches Literaturverzeichnis, - Kriterienraster plausibel und umfassend - gute schematische Darstellung der Programme, die eine schnelle Orientierung ermöglicht, - insgesamt eine gelungene Arbeit
Keywords
Mobbing, Grundschule, Prävention, Intervention, Schule, Faustlos, Opfer, Täter, Be-Prox, Olweus, Trainer-Konzept, Präventionskonzepte, Interventionskonzepte, No Blame Approach, Kinder, Bullying, Gewalt, Konflikt, Schüler
Quote paper
Carolin Kautza (Author), 2011, Mobbing in der Grundschule: Untersuchung ausgewählter Präventions- und Interventionsprojekte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202512

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