EINLEITUNG
»Das Stück heißt ›Drei-Minuten-Roman‹, ist ein paar knappe Seiten
lang, enthält in einem Erlebnis die ganze [Ä]sthetik der neueren
Literatur, die doppelte [Ä]sthetik des Erlebens und des Gestaltens. Vielleicht ist das Geschlecht der naiven Dichter ausgestorben. Heute sind sie verklärte Analytiker, Anatome und Magier in einem.«(1)
Heinrich Mann als Expressionisten zu bezeichnen, oder einen Teil seines umfangreichen Werkes dem Expressionismus zuordnen zu wollen, ist bestimmt nicht angebracht. Zum einen war er nicht Teil der expressionistischen Bewegung oder hat sich als solchen gesehen, zum anderen weil »[...] er rund zwanzig Jahre älter war als die expressionistische Generation.«(2) Allerdings hat, zumindest ein
Teil dieser jungen Generation Heinrich Mann anerkannt, als »Meister, der uns alle schuf«(3), wie es Gottfried Benn ausdrückte, wenngleich Benn sein Urteil später dahingehend revidieren sollte, dass er dieses Urteil nur auf einen kleinen Ausschnitt von Heinrich Manns Werk bezogen wissen wollte.(4) Und schon 1918 schrieb Kurt Tucholsky, den Hans-Jörg Knobloch damit als repräsentativ in seiner
Einschätzung Heinrich Manns für die expressionistische Generation ansieht, dass »der alte Heinrich Mann, den wir alle verehrten, heute keine starke Zeile mehr schreiben kann.«(5)
[...]
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1 Schickele 1911,Sp.850.
2 Knobloch 1994, S. 114, m. w. Ausführungen über die Bedeutsamkeit dieses Umstandes.
3 Gottfried Benn: Rede auf Heinrich Mann, S. 417.
4 Knobloch 1994, S. 113, m. w. N.
5 Knobloch 1994, S. 121
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- INTERPRETATION
- PROBLEM DES TITELS
- INHALTLICHE ANNÄHERUNG
- Gliederung des Textes
- Paris
- Florenz
- Problem der Erzählhaltung
- Mailand
- EXPRESSIONISTISCHE TENDENZEN
- FORMAL
- INHALTLICH
- >PIERROT‹ ALS MOTIV DER MODERNE
- INHALTLICHE MOTIVE IN ANDEREN NOVELLEN AUS »>FLÖTEN UND DOLCHE<<
- »PIPPO SPANO«
- Der Dilettant des Fin de siècle
- Nietzsche'sche Skepsis gegenüber dem Künstler
- »EIN GANG VORS TOR«
- »PIPPO SPANO«
- ANSÄTZE BIOGRAFISCHER DEUTUNGSMÖGLICHKEITEN
- SCHLUSS: »DREI-MINUTEN-ROMAN« ALS ZEUGNIS DER MODERNE
- Wirklichkeitsentfremdung und Sinnsuche in der Moderne
- Expressionistische Tendenzen in der Form und im Inhalt
- Die Rolle des Ich-Erzählers und des Protagonisten
- Das Motiv des »Pierrot« als Ausdruck moderner Verzweiflung
- Der Einfluss der »Flöten und Dolche«-Novellen auf den »Drei-Minuten-Roman«
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Heinrich Manns Novelle "Drei-Minuten-Roman" im Kontext des deutschen Expressionismus. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Überschneidungen zwischen der Novelle und den expressionistischen Ideen und Formen aufzuzeigen. Dabei werden die narrative Struktur, die stilistischen Besonderheiten und die thematischen Schwerpunkte des Textes untersucht.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Einordnung von Heinrich Mann in den Kontext des Expressionismus. Trotz seiner Distanz zu dieser Bewegung, werden Bezüge und Parallelen in seinem Werk, insbesondere im "Drei-Minuten-Roman", herausgearbeitet. Die Interpretation des Titels zeigt die widersprüchliche Natur des kurzen Textes. Der Roman als Metapher für das Leben wird im Kontrast zu den drei Minuten, die das eigentliche, gelebte Leben des Protagonisten ausmachen, betrachtet. Die Gliederung des Textes folgt den geografischen Stationen Paris, Florenz und Mailand, die jeweils wichtige Lebensabschnitte des Protagonisten widerspiegeln.
Schlüsselwörter
Expressionismus, Heinrich Mann, Drei-Minuten-Roman, Wirklichkeitsentfremdung, Sinnsuche, Moderne, Narrativer Stil, Form und Inhalt, »Pierrot«-Motiv, Flöten und Dolche, Novellen, Lebenssuche.
- Quote paper
- M.A. Holger Ihle (Author), 2001, Heinrich Manns Drei-Minuten-Roman als Beispiel expressionistischer Wirklichkeitsentfremdung und Sinnsuche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2028