Selbstverwaltung in Jugoslawien und Mitbestimmung in Deutschland im Vergleich

Selbstverwaltung und Mitbestimmung im Vergleich


Mémoire (de fin d'études), 1980

74 Pages, Note: 1,2


Extrait


Inhalt

Vorwort zum Inhalt des Themas

ERSTER TEIL - BR-DEUTSCHLAND
1. Entwicklung der Wirtschaftsordnung in Deutschland
1.0. Die ständische Ordnung des Mittelalters
1.1. Zunftordnung 12. bis 17. Jahrhundert
1.2. Manufakturbetrieb im Merkantilismus
1.3. Kapitalistische Wirtschaftsordnung
1.4. Früh-Kapitalismus
1.5. Hoch-Kapitalismus
1.6. Spät-Kapitalismus des 20. Jahrhundert
2. Antikapitalistische Gegenkräfte und Wirkungen
2.0. Suchen nach neuen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen
2.1. Die ersten Sozialisten und ihre Ideen
2.2. Die geistige Quelle des deutschen Sozialismus
2.3. Marxismus - Grundaussage der Theorie
2,4. Theorie der Selbstentfremdung und deren Folge
2,5. Marxistische Ideen neuer Gesellschaftsformen
2.6 Internationale Arbeiterbewegung
2.7. Die Revolution von
2.8 Ruf zum Proletarischen Internationalismus
2.9. Pariser Kommune
3. Reaktionen in Deutschland nach Aktualisierung des Marxismus
3.0 Gesellschaftspolitische Initiativen
3.1. Sozialistische Organisation
3.2. Revisionismus contra Marxismus
3.3. Initiativen des Staates im 19.Jahrhundert
3.4. Betriebsgesetze und Arbeitnehmerrechte von 1918-
4. Wichtigsten Entscheidungen in der Gründungszeit des BR-Deutschlands
4.0. Wirtschaftsordnung und Grundgesetz
4.1. Parteipolitische Orientierungen
4.2. Politische Entscheidungen
4.3. Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb
4.4. Die Mitbestimmung in der Montanindustrie
4.5. Aufsichtsrat - Konstituierung
4.6. Betriebsverfassungsgesetz von
5. Betriebsverfassungs- und Mitbestimmungsgesetze in Deutschland
5.0. Forderungen nach mehr Mitbestimmung im Betrieb
5.1. Das Betriebsverfassungsgesetz von
5.2. Grundlagen des Betriebsverfassungsgesetzes von
5.3. Der Betriebsrat und seine Wahl
5.4. Betriebsausschuss
5.5. Betriebsversammlung
5.6. Gesamtbetriebsrat
5.7. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates
5.8. Konzernbetriebsrat
6. Rechte und Aufgaben des Betriebsrats
6.0. Definition des Betriebsrats
6.1. Soziale Angelegenheiten
6.2. Personelle Angelegenheiten
6.3. Wirtschaftliche Angelegenheiten
6.4. Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat
6.5. Vorschriften zum Schutz von Vertreter der Arbeitnehmer
7. Mitbestimmungsgesetz von
7.0. Erfasste Unternehmen durch Mitbestimmungsgesetze
7.1. Aufsichtsrat und dessen Zusammensetzung
7.2. Wahl der Aufsichtsratmitglieder
7.3. Aufgaben des Aufsichtsrats
7.4. Abberufung und Schutz der Aufsichtsrats-Mitglieder
7.5. Zusammenfassung der Arbeitnehmerrechte in Betrieben
7.6. Betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben der Gewerkschaften im Betrieb
7.7 Parteipolitische Eskalation während der Gestaltung des Mitbestimmungsgesetzes

ZWEITER TEIL JUGOSLAWIEN
8. Historische Grundlagen jugoslawienscher Entwicklung
8.0. Vorfahren der jugoslawischen ( =südslawischen) Völker
8.1. Die Völker im Einzelnen
8.2. Befreiung von Osmanischen Herrschaft
8.3. Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen
8.4. Königreich Jugoslawien bis zum 2. Weltkrieg
8.5. Der Zweite Weltkrieg
8.6. Das neues Jugoslawien
9. Jugoslawische Sozialismus und Demokratie
9.0. Strukturelle Merkmale Jugoslawiens
9.1. Der administrative Sozialismus
9.2. Konflikt mit der UdSSR
9.3. Forderung nach Initiativen des Volkes
9.4. Die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung
9.5. Versuchsmodell der Arbeiterräte
9.6. Proklamation des Gesetzes über ASV
10. Entwicklung und Störfaktoren der Selbstverwaltung
10.0. Aufbau neuer Demokratie am Arbeitplatz
10.1. Reaktionen und Begeisterungen
10.2. Misserfolge der Kommunisten als Manager
10.3. Rollen-Reorganisation der Kommunisten und Funktionäre
10.4. Korrektur der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung
11. Resultate neuer Demokratie am Arbeitsplatz in Jugoslawien
11.0. Gesellschaftliche Selbstverwaltung
11.1. Grundbegriffe der gesellschaftlichen Selbstverwaltung
11.2. Struktureller Aufbau der jugoslawischen Unternehmen
11.3. Grundorganisation vereinter Arbeit (GOVA)
11.4. Das Wesen des Selbstverwaltungsabkommen . der GOVA
11.5. Arbeitsgemeinschaft (AG)
11.6. Das Wesen des Selbstverwaltungsabkommen der AG
11.7. Arbeitsorganisation vereinter Arbeit (=Unternehmen)
11.8. Gestaltungsformen der Arbeitsorganisationen (AO
11.9. Zusammengesetzte Organisation
12. Realisationsform der Selbstverwaltung
12.0. Unmittelbare Entscheidungen
12.1. Entscheidungen über Delegierte in Verwaltungsorganen
12,2, Die Organe eines Selbstverwalteten Unternehmens und ihre Funktionen
12.3. Kontroll-Organe für Schutz der Selbstverwaltung
12.4. Die Kompetenzen des Kontrollorgans
12.5. Die Rolle der Gewerkschaft im Betrieb
13. Arbeitsverhältnis und Einkommens-Bestimmung
13.0. Das Einkommens-Bestimmung
13.1. Begründung des Arbeitsverhältnisse
13.2. Folge der Verletzung von Betriebsvorschriften
13.3. Wer stellt die Verletzung der Arbeitsdisziplin fest
14. Arbeitnehmer in politischen Bereichen
14.0. Das Verfassungsgesetz von
14.1. Bildung von Delegationen der Arbeitnehmer
14.2. Entsendung der Delegierten in die Versammlungen
14.3. Konstituierung der Parlamente in Jugoslawien grafische Darstellung

DRITTER TEIL - VERGLEICH
15. Gesellschaftsstrukturen und Arbeitsverhältnisse der beiden Systeme im Vergleich
15.0. Allgemeine sozialpolitische -und psychologische Zusammenhänge
15.1. Sozialverhältnisse des Kapitalismus
15.2. Gesellschaftsdemokratie - was ist das?
15.3. Parlamentarische Demokratie in Deutschland
15.4. Einparteien-System oder Anarchismus in Jugoslawien
15.5. Reibstellen der politischen SV und die Rolle der Partei
15.6. Ist die Dezentralisierung verfrüht?
16. Mitbestimmung und Selbstverwaltung im Vergleich
16.0. Vorbetrachtung der Grundbedingungen
16.1. Grundlegende Unterschiede der Arbeitsverhältnisse Mitbestimmung - Selbstverwaltung -- tabellarische Darstellung
16.2. Gegenüberstellung der Betriebsinstanzen und deren Entscheidungskompetenzen
16.3. Der Mensch und sein Bedürfnis nach Arbeit
17. Mitbestimmung und Rolle der Gewerkschaften in Deutschland
17.0. Kritik an dem Mitbestimmungsgesetz
17.1. Bewusstsein der Arbeiterschaft in Deutschland
17.2. Die Macht der Gewerkschaften
17.3. Gewerkschafts-Desinteressen an der Selbstverwaltung
18. Vor- und Nachteile der Selbstverwaltung in Jugoslawien
18.0. Lob und Kritik an Arbeiterselbstverwaltung
18.1. Negative Seiten als Folge der Verantwortungslosigkeit
18.2. Nachteile freier Marktwirtschaft
19. Wirtschaftsstruktur und deren Erfolge und Misserfolge in Deutschland
19.0. Erfolgsreiche Kapitalismus
19.1. Verhältnis der Vermögensbildung
19.2. Die freie Marktwirtschaft
19.3. Ursachen der Wirtschaftskrisen
19.4. Angst und Resignation als Folge der Wirtschaftskrisen
19.5. Die Sozialleistungen als Besonderheit der BRD
20. Leistungsmangel jugoslawischer Wirtschaft mit Arbeiterselbstverwaltung
20.0. Bevölkerungs- Struktur
20.1. Erfolge und Misserfolge der Wirtschaft
20.2. Misserfolge durch Reformen der Wirtschaftsstruktur
20.3. Bekenntnis jugoslawischer Völker zur Selbstverwaltung
21. Grundlegende Kennzeichen heutiger Gesellschaftssysteme
21.0. Kapitalismus - Sozialismus
21.1. Politische Gedankenfreiheit
21.2. Arbeitsplatz und Existenzsicherheit
21.3. Die Verhältnisse der Arbeitswelt
21.4. Selbstverwaltung als historische Alternative der Menschheit
21.5. Grundaussagen über Selbstverwaltung

Vorbemerkung

Um die Bezeichnung, - Arbeiter -Selbstverwaltung - richtig zu deuten, muss man jugoslawische Definition des Begriff - Arbeiter - zur Kenntnis nehmen

„Arbeiter im Sinne des Gesetzes über vereinte Arbeit, sind alle Personen, die mit

gesellschaftlichen Mitteln arbeiten, also unabhängig davon, welche Beruf oder Funktion sie ausüben“.

Übertragend auf die beruflichen Bezeichnungen in Deutschland bedeutet, dass dem Begriff

Arbeiter dem deutschen Begriff Arbeitnehmer entspricht. Also, der Begriff Arbeiter umfasst Arbeiter, Angestellten, Ingenieure, Ätze, Lehrer, usw. Spricht man z. B. über die Lehrer dann sagt man - Bildungsarbeiter oder die Ärzte zagt man - Gesundheitsarbeiter.

Vorwort zum Inhalt des Themas

Zunächst muss hier gesagt werden, dass mein Mentor, Prof. Dr. Roland Wenzel das Thema für die Diplomarbeit ursprünglich anders formuliert hatte und hieß: „Analyse der jugoslawischen Arbeiterselbstverwaltung, am Beispiel einer Firma“. Ich fand in Belgrad sogar zwei Firmen die bereit waren mir zu erlauben, oben genannte Analyse bei ihnen durchzuführen, betonten aber, das mein Vorhaben irgendein Behörde genehmigen muss. Welche Behörde sollte dafür zuständig sein wusste niemand. Ich verbrachte fast ein Monat in Jugoslawien und wurde von einem Behörde zu anderen geschickt und Anträge gestellt, und keiner von denen fand sich als zuständig dafür. Zum Schluss hat mir ein höher Beamte in der Bildungs- Ministerium folgendes gesagt: „Ich sage Ihnen ehrlich, wir wissen nicht wer Sie sind und was Sie in der Firma machen wollen, deshalb werden Sie nirgendwo eine Erlaubnis für Ihre Vorhaben bekommen“. Ich war zwar enttäuscht aber war mir auch klar, dass alles um sonst war. Ich kehrte am gleichen Tag nach Deutschland zurück und dann vereinbarte mit meinem Prof. Mentor der neuen Benennung des Themas.

Das Thema hat das Ziel, die verfassungsrechtlichen Verhältnisse der Arbeitssphären in dem BR-Deutschland und in Jugoslawien darzustellen und ausschließlich die allgemeinen menschenbedürftigen Elemente der beiden Gesellschaftssysteme zu vergleichen. Um die Werte und Gegenwerte der beiden von Grund aus verschiedenen Systeme beurteilen zu können, ergibt sich als notwendig, auch etwas Geschichtliches der beiden Volksgruppen in Kenntnis zu nehmen. Der Grund dafür ist die unvergleichbare geschichtliche Entwicklung der Deutschen und der Jugoslawen.

Nämlich, während das Deutsche Volk durch die ganze Geschichte frei und von der fremden Herrschaft unabhängig war, konnte sich selbständig entwickeln, eigene Ziele verfolgen und somit auch eigene Handwerks-Tätigkeit, Betriebsordnung, Arbeitsgewohnheit sowie geistige und technische Fortschritte maximieren, aber auch eigene Kultur, materieller Wohlstand, Arbeitsmoral, Arbeitsdisziplin usw. selbst entwickeln, - waren die Völker Jugoslawiens bis zu acht Jahrhunderten unter der fremder Herrschaft und somit ohne Anspruch auf eigene Freiheit, Kultur, Sprache, Entwicklung ·und sonstiges zu haben.

Deshalb, im Kapitel über Deutschland wurden ausschließlich die Fäden der Betriebssphäre, ausgehend von Mittelalter bis zum Hoch-Kapitalismus schrittweise verfolgt und erläutert. Ein weiteres Kapitel stellt die erste Erkenntnisse über Elend des Proletariats dar, führt weiter auf den Einsatz der geistigen Schöpfer und auf die revolutionäre Bewegung der Arbeiterschaft im Kampf gegen Ausbeutung der Arbeiterklasse. Dies zu erwähnen ergab sich als wichtig, weil eben hier, die heutigen Forderungen nach mehr Demokratie am Arbeitsplatz und nach Mitbestimmung bzw. Selbstverwaltung der Arbeitnehmer wurzeln.

Der Kapitel über Jugoslawien bringt kurze Überblicke der historischen Verhältnisse jugoslawischer Völker zum Ausdruck, weil sie J.h. den fremden Herrschaften dienen müssten und ihre eigene Entwicklung in keiner Weise gestallten konnten, die für die Gestaltung stabiler Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung unermesslich erforderlich ist.

E R S T E R T E I L - D E U T S C H L A N D

1. Entwicklung der Wirtschaftsordnung in Deutschland

1.0. Die ständische Ordnung des Mittelalters

Jeder Stand hat in den von Gott gesetzten Grenzen wirtschaftliche, religiöse und politische Rechte und Pflichten. Jeder wird in seinen Stand hineingeboren. Da diese Grundsätze als von Gott gewollt und daher natürlich angesehen wurden, so hatte keiner Recht sich über seinem Stand zu erheben. Wie Gott an der Spitze der Welt steht, so hat der König bzw. Kaiser den Auftrag von Gott im staatlichen Bereich als absoluter Herrscher zu gelten. Die Wirtschaft wird als Veranstaltung zur Erhaltung des menschlichen Lebens betrachtet. Entsprechend den Grundgedanken der ständischen Ordnung und der menschlichen Gemeinschaft ging auch die Handwerksverfassung von einer grundsätzlichen Interessengleichheit zwischen Kapital und Arbeit aus. (1)

1.1. Zunftordnung von 12. bis 17. Jahrhundert

Seit dem 12. Jh. begann der Zusammenschluss von Handwerkern, ( Zunft ) der zur Regelung ihrer wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Belange diente Jeder Handwerksmeister musste sich in der für ihn zuständigen Zunft organisieren. Der Zunft musste dabei sorgen, dass die bei ihm Beschäftigten und ihre Familien die erforderlichen Lebensmittel zur Verfügung hatten.

Um die Forderung, "Jedem die Nahrung", zu verwirk1ichen, sorgten die Zünfte dafür, dass die Zunftmitglieder sich nicht gegenseitig im Wettbewerb zugrunde richteten und es wurden nicht mehr Meisterbetriebe in der Stadt zugelassen als für die Versorgung mit Güter erforderlich war. Die Zünfte regeln aber nicht nur Beschäftigung und Arbeitsordnung für Gesellen und Lehrlinge, sondern ebenso die Geselligkeit ihrer Zunftgenossen und die standespolitischen Angelegenheiten. Zahlreiche Verordnungen wie Beschränkung der Zahl der Lehrlinge und Cesellen, Aufstiegssperren zum. Meister, erbliches Meisterrecht u.a. brachten eine Welle der Solidarität innerhalb der Gesellen, die sich bald zur Bruderschaft und Gesellschaft organisierten. (1)

Gleichzeitig wuchs damit auch die Anzahl der Beschäftigten in den einzelnen Handwerksbetrieben ständig und an Stelle der bisherigen gemeinschaftlichen bzw. patriarchalischen Verhältnisse entwickelte sich jetzt eine Form von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das für Gesellen und Lehrlinge gekochte Essen wurde immer schlechter. Die Arbeitszeit wurde künstlich verlängert, die Behandlung der Arbeiter war autoritärer und weniger fürsorglich.

Auf Grund dessen kam es zur Arbeitsniederlegung und zum ersten Streik 1329 bei den Gürtlern in Breslau. (2)

1.2. Manufakturbetrieb im Merkantilismus

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) versuchten die einzelnen souveränen Staaten Deutschlands durch staatliches Lenken der Wirtschaft die hohen Kriegsverluste nachzuholen. Die Zeit von 1648 bis zum Beginn der Industrialisierung Ende des 18.Jh., die durch staatlich gelenkte Wirtschaft gekennzeichnet war, wird als Merkantilismus bezeichnet. Die Wirtschaft hatte als Ziel, dem Staat und damit seinem herrschenden Monarchen die Geldmittel zur Behauptung seiner Souveränität zu gewährleisten.

Die Ideen von Renaissance und Humanismus, von Reformation und Kalvinismus haben dazu beigetragen, dass das Ordnungsdenken des Mittelalters, nachdem das Herrschen der Einzelmenschen von Gott gewollt ist, aufgehoben wurde.

Es entstand eine Allianz zwischen Staat und Bürgertum, indem das Bürgertum seine wirtschaftliche Freiheit, dafür aber der Staat die erforderlichen Finanzmittel erhält. So tauchten die ersten Unternehmer, die so genannten "Verleger" auf, die die von den Handwerkern produzierten Güter kauften, weiter und teurer absetzten, ihnen feste Aufträge und das dazu erforderliche Material lieferten, aber auch Kredite zu Verfügung stellten.Um Arbeitsqualität, Arbeitsfleiß und Disziplin von Handwerkern besser zu kontrollieren, organisierte der Verleger seine Handwerker zu großen Werkstätten, genannt "Manufakturen", in denen die Wurzeln der späteren kapitalistischen Unternehmen und Lohnarbeiterschaft liegen. (3)

Der Staat unterstützte die Unternehmer und Verleger, indem er Zünfte und Gemeinde ablöste und durch niedrige Lohnfestsetzung, lange Arbeitszeit, Frauen- und Kinderarbeit für billige Arbeitskraft sorgte. (4)

Die wichtigsten Merkmale des Arbeitsrechtes in der Epoche des 17. und 18.Jh. sind folgende:

- Arbeitszeit 13-14 Stunden und mehr
- Kinderarbeit, als finanzielle Hilfe für Eltern, gefordert
- die Dauer des Arbeitsvertrages wird als lebenslänglich betrachtet und damit ein Wechsel der Arbeitsstelle mit allen Mitteln erschwert
-Arbeitszeugnispflicht nach dem Wechsel der Arbeitsstelle. ( 4 )

1.3. Kapitalistische Wirtschaftsordnung

Aufgrund der geschichtlichen Entwicklung ist der Kapitalismus in die drei Perioden eingeteilt worden: Früh-, Hoch- und Spätkapitalismus.

1.4. Früh-Kapitalismus

Charakteristische Merkmale des Frühkapitalismus ( 17). und 18.Jh.) sind vor allem die Produktion in Manufakturen und die von Unternehmern finanzierten Einrichtungen von Banken als Geldsammelstellen und Kreditinstitution, d.h. also Erscheinungen 'des Merkantilismus. Der Ausgangspunkt des Kapitalismus ist von der Wissenschaft fast übereinstimmend erklärt worden.

Die These von dem englischen Klassiker der politischen Ökonomie Adam Smith (1723-1790), dass der kapitalistischen Akkumulation ( = Anhäufung von Kapital) eine "ursprüngliche Akkumulation" vorausging, wurde' auch von Karl Marx angenommen:

"Erst nach Auflösung der feudalen Gesellschaft konnte der unmittelbare Produzent, der Arbeiter, über seine Person verfügen …. Um freier Verkäufer von Arbeitskraft zu werden, der seins Arbeitskraft überall hinträgt, wo sie einen Markt findet, musste er ferner der Herrschaft der Zünfte und ihren hemmenden Arbeitsvorschriften entronnen sein.

Die Verwandlung der Produzenten in Lohnarbeiter erscheint einerseits als ihre Befreiung von Dienstbarkeit und Zunftzwang…., anderseits aber wurden diese Neubefreiten erst Verkäufer ihrer selbst, nachdem ihnen alle Produktionsmittel und alle durch die alten feudalen Einrichtungen gebotenen Garantien ihrer Existenz geraubt sind …..“

Das ermöglichte die Akkumulation der Arbeitskraft. Die Enteignung der Masse des Volkes von Grund, Boden, Lebensmittel und Arbeitsinstrumenten bildet die „Vorgeschichte des Kapitalismus“.

In ganz ähnlicher Weise, jedoch mehr aus der Sicht derer, die sich die zersplitterten

Produktionsmittel angeeignet haben, schildert der liberale Soziologe Max Weber (1864-1920) als die Voraussetzung des Kapitalismus, die Aneignung aller sachlichen Beschaffungsmittel (Grund und Boden, Maschinen, Werkzeuge etc.) als freies Eigentum an autonome private Erwerbsunternehmungen••••• Dies ist eine Erscheinung, die nur unsere Zeit kennt.(5)

1.5. Hoch-Kapitalismus

Die Entwicklung zum Hoch-Kapitalismus begann mit der Industrialisierung und entfaltete sich besonders in entwickelten Ländern (England, Frankreich, Deutschland) bereits gegen Ende des 18.Jh.

Die Produktion erfolgt immer mehr in Fabriken, in denen die Herstellung der Waren in Einzelvorgänge zerlegt und maschinell verarbeitet wird. Die erforderlichen mechanischen Handgriffe können von ungelernten und damit sehr schlecht bezahlten Arbeitern ausgeführt werden. Schon in der ersten Hälfte des 19.Jh. wuchs der Großbetrieb auf über 1000 Beschäftigte. Der frühere Meister, "Fachmann", hat jetzt die Aufgabe "Gewinnmaximierung" zu erreichen. Nach militärischem Vorbild, entsteht eine Betriebshierarchie in der das Kommando, Distanzierung und der Befehl die Hauptmerkmale der Verständigung sind. (5)

Es bildet sich eine neue Schicht bzw. Klasse der Gesellschaft, in deren Besitz sich die materielle und damit die wichtigste Substanz der menschlichen Existenz befinden. Von den Belegschaftsmitgliedern wurde - nicht nur von den Arbeitern, sondern auch von kleinen Angestellten - eine Abhängigkeit und Unterwerfung bis ins Privatleben (Heiratsgenehmigung) verlangt. (5)

Im Gegensatz zu Maniefakturbetrieben und der dezentralisierten Gesellschaftsform des

Mittelalters, aufgebaut aus kleinen Gemeinschaften in Form von Selbstverwaltung, war jetzt der arbeitende Mensch endgültig von seinem Produktionsmittel getrennt. Er produzierte kaum noch ein ganzes Stück, sondern nur ein Teil, die Maschine, an der er arbeitet, die ihm Tempo und Leistung vorgibt und alle anderen Dinge, die ihn umgeben, sowie seine Arbeit selbst, ist ihm entfremdet worden.

Neben den niedrigen, um Existenzminimum schwankenden Löhne, bis zu 18-stündiger Arbeitszeit, Frauen- und Kinderarbeit, galt jetzt Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit als selbstverständlich und somit waren psychische und geistige Nachteile der Fabrikarbeit deutlich zu spüren. (6)

Durch die Maßnahme besserer Ausnutzung der Maschinen, verschlechterten sich vielfach die Arbeitsbedingungen und der Mensch wurde immer mehr Objekt der Ausbeutung. Das erste deutsche Parlament (1848) "Frankfurter Nationalversammlung" schloss die Fabrikarbeiter, Dienstboten und Frauen schon von vornherein vom Wahlrecht aus.

Ein Mitglied des Verfassungsausschusses sagte dabei: "Es heißt den Bock zum Gärtner zu machen, wenn man die losen entscheiden läst über den Beutel des Besitzenden." ( 7 )

1.6. Spät- Kapitalismus des 20. Jahrhundert

Kampf um hohen Absatz und Marktbeherrschung, Einführung von Methoden der Massenproduktion; Arbeit am Fließband, Anwendung wissenschaftlicher Methoden am Arbeitsplatz und an Menschen, Konzentration von Kapital und viele andere Maßnahmen die in der ersten Reihe hohe Gewinne als Ziel haben, und erst dann den wirklichen Bedarf der Menschen, charakterisieren den Spät-Kapitalismus.(5)

Ein wesentlicher Beitrag zum erfolgreichen Existenz des Monopolkapitalismus haben noch Informationsmedien, Werbung und politische Propaganda geleistet' in denen die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der Menschen künstlich geweckt werden. Wirtschaftswachstum, materieller Wohlstand und hoher Lebensstandard vermitteln eine scheinbare Freiheit der Konsumenten (Verbraucher); Außensteuerung und Manipulation werden nicht bewusst wahrgenommen.

Die Folgen; Übermäßige Leistung, hohe Entfremdung der Menschen, sowohl im Bezug auf ihren Arbeitsplatz als auch auf' zwischenmenschlichen Beziehungen, übertriebener Konsumierung, Krisen, Angst, Stress, psychische Krankheiten, Genuss von Hochtechnisierter Musik, Rauschgift usw.

2. Antikapitalistische Gegenkräfte und Wirkungen

2.0. Suche nach neuen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen

Mit der Entstehung des Kapitalismus und durch ökonomischen und wirtschaftlichen Zwang, verloren die Bauern und Handwerker ihre Produktionsmittel. Aus ihnen entsteht eine Klasse der Fabrikarbeiter, die weder im geltenden Staat noch in der bestehenden Betriebsordnung gesicherte Existenz und soziale Anerkennung finden konnten. Da sie lohnabhängig und besitzlos waren, wurden sie als Proletariat ( = Pöbel, niederes Volk und die Armen) bezeichnet. Damit war eine Gesellschaftsstruktur gegeben, aus der die ersten Rechtsanwälte des Proletariats auftauchten, die das Problem des Proletariats zu lösen versuchten.

Sie waren Denker, - als Schöpfer des Sozialismus stellten sich an die Seite des Proletariats, - sie wurden Anarchisten, Utopisten, Revolutionäre, - ihre Gedanken beinhalteten die Frage nach der Strukturierung einer neuen Gesellschaftsform. (7)

2.1. Die ersten Sozialisten und ihre Ideen

Saint Simon (1760-1925), französischer Sozialphilosoph, war einer der ersten so genannten Utopisten, der sich gegen den Kapitalismus und für eine klassenlose Gesellschaft einsetzte. In seinem Hauptwerk "Le Regime industriell" plädierte er für eine Produzentenverfassung nach der kein Staat, sondern eine "Verwaltung", an deren Spitze Produktionsverwalter treten, geben sollte.

Fourier (1772-1837), ebenfalls Franzose, kam auf die Idee, von "Vereinigung der Interessen" bzw. Bildung von gemeindlicher Einheiten auf der Grundlage von Produktion und Konsum, wobei das Prinzip der Freiwilligkeit betont wird.

Owen (1771-1858), britischer Industrieller und Sozialreformer, war noch konkreter als er sich in seinem Werk - „A New View of Society" - für den Umbau der Gesellschaft in Gemeinschaften aussprach, die vom Grundsatz - „der Vereinigung von Arbeit, Verbrauch und gleicher Vorrecht“ - ausgehen sollte.

Proudhon (1809-1865), einer der jüngeren französischen Soziologen der mit Marx in Paris zusammentraf, schrieb z.B. solche Sätze:

"System, ich habe keins, ich will keins, ich lehne die Zumutung ausdrücklich ab. Das System der Menschheit wird erst sm Ende der Menschheit bekannt sein•••• Der Mensch will nicht mehr, dass man ihn mechanisiere“

Er war besonders der Ansicht, dass das wahre lösende Problem nicht das politische, sondern das wirtschaftliche sei und betont: - "Wenn in einer Industrie alle Arbeiter, statt für einen Unternehmer zu arbeiten, der sie bezahlt und ihre Produkte behält, füreinander arbeiten, und so zu einem gemeinsamen Produkt zusammenwirken, dessen Gewinn sie untereinander teilen, so gibt es Mutualität, Gegenseitigkeit.“

Hier war schon deutlich zu erkennen, dass Prodhon ein Gegner von Zentralismus war und 1861 schrieb er:

"Organismus bedeutet Verwicklung, Vielheit das bedeutet Widerspruch, Entgegensetzung,

Unabhängigkeit. Das zentralistische System ist sehr schön an Größe, Einfachheit und an

Entwicklung. Es mangelt ihm nur an einem; - der Mensch gehört in ihm nicht mehr sich selbst, er fühlt sich darin nicht, er lebt darin nicht, er kommt darin nicht in Betracht".

2.2. Die geistige Quelle des deutschen Sozialismus

Hegel, der in Stuttgart 1770 geboren wurde und in Tübingen Philosophie und Theologie studierte, war der führende Philosoph und Wissenschaftler der Logik und des Geistes seiner Epoche. Er war auch der Vollender der Philosophie des deutschen Idealismus und gilt als geistiger Ahnherr von Marx und Engels. Man sagt, dass Schiller und Wilhelm von Humboldt sich an Hegels Philosophie gebildet haben.

Hegels freunde, Schelling und Hölderlin, Fichte und zahlreiche Hegels Schüler, ob radikaler Christ oder radikaler Atheist, sie alle sorgten dafür, dass das menschliche Selbstbewusstsein nicht untergehe und forschten nach neuen, Menschen würdigen Gesellschaftsformen, - in denen alle Menschen gleiche Rechte haben sollten.

Fichte (1762 1814), Professor der Philosophie in Jena und Berlin, sagt der Unterdrückung des Menschen den Kampf an und bekennt sich leidenschaftlich zur französischen Revolution (1789). Er postuliert bereits das Recht auf Arbeit, ein sozialistischer Staat im "geschlossenen Handelsstaat" und den Grundsatz:

"Erst die Achtung vor dem Anderen macht mich selbst zur freien Persönlichkeit."

Später wendet sich Fichte der Wissenschaftslehre zu, führt die Dreistufigkeit der Dialektik in die Philosophie ein (ich - nicht - ich - Tathandlung), die von Hegel aufgebaut und von Marx zum revolutionären Instrument angewendet wird. (8)

2.3. Marxismus - Grundaussage der Theorie

Während Proudhon für einen Sozialismus, in dem "alle assoziiert und alle frei" sein sollen plädierte und Eigentum als Diebstahl bezeichnete, galt dies noch für den jungen Karl Marx als utopisch.

Karl Marx (1818-1883), der Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie studierte, las schon als Junge Hegels - und damit wurde Hegels dialektisches Prinzip das leitende Grundprinzip der Marxschen Werke. Marxsche Philosophie wurzelt im Christentum und Humanismus, untersucht den Nerv des menschlichen Seins, forscht nach Ideen zur Bekämpfung von Elend des Proletariats und spitzt sich bis zur Revolution des Proletariats.

Karl Marx analysiert die Situation der Menschen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft und kommt zu der Erkenntnis von Elend des Proletariats und Selbstentfremdung des Menschen in der kapitalistischen Wirtschaftsform.

Im Gegenteil zu führenden Sozialisten, die den Sozialismus nicht mit wissenschaftlichen Argumenten, sondern als ethische Forderung begründeten, entwickelten Marx und Engels eine wissenschaftlich erforschte Vorstellung vom Sozialismus. Entscheidend für das Werk von Marx und Engels ist die untrennbare dialektische Einheit von Theorie und Praxis. "Es genügt nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muss sich selbst zu Gedanken drängen" (Marx).

Und im Band III des „Kapitals" heißt es:

"Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört …. Die Freiheit auf diesem Gebiet kann nur darin bestehen, wenn die assoziierten Produzenten ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer bleibenden Macht beherrscht zu werden…. "

2.4. Theorie der Selbstentfremdung und deren Folge

Als Ursache der Entfremdung des Menschen, sowohl im Verhältnis zueinander als auch zu sich selbst und seiner Arbeit, sieht Marx in der fremden Aneignung von Früchten menschlicher Arbeit und damit seiner selbst. Diese Selbstentfrem8ung beruht nach Marx nur auf der Grundlage des Privateigentums an Produktionsmittel. Mit dem Arbeitsergebnis eignet sich der Eigentümer der Produktionsmittel nicht nur das Produkt als Sache, sondern auch das darin enthaltene "menschliches Wesen" also die Substanz des Arbeitenden selbst an.

Die unmittelbaren soziologischen und psychologischen Auswirkungen als Folge privates Eigentum an Produktionsmittel sieht Marx wie folgt:

"Der Arbeiter wird ein bloßes Zubehör der Maschine, von dem nur der einfachste, eintönigste, am leichtesten erlernbare Handgriff verlangt wird." Dies hat für den Arbeiter zur Folge; - "dass er sich daher in seiner Arbeit nicht bejaht, sondern verneint, nicht wohl, sondern unglücklich fühlt, keine freie physische und geistige Energie entwickelt."

Weiter weist die marxistische Theorie auf die unausweichlichen zyklischen Krisen des Kapitalismus hin, die auf der Tatsache beruhen, dass die Produktion des Privatunternehmers niemals das Ziel zur Befriedigung von sozialen Bedürfnissen, sondern vor allem Verwertung von Kapital, also Verwirklichung seiner eigenen Ziele, hat. Dies führt zur Überproduktion bzw. zum Ungleichgewicht des Angebots und der Nachfrage, deren Folge die Arbeitnehmer zu tragen haben.

2.5. Marxistische Ideen neuer Gesellschaftsformen

Die Grundbedingung zur Beseitigung all dieser, für die Menschen unzumutbaren Belastungen und deren Folge ist, nach Marx und Engels, die Auflösung von der alten Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen, an deren Stelle die Vergesellschaftung von Produktionsmittel und Assoziierung von Arbeit der arbeitenden Menschen, - „wobei die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung ist." Marx veranschaulicht dies weiter: - "Stellen wir uns endlich, zur Abwechslung einen Verein freier Menschen vor, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmittel arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte Vorausgeben."

Als Übergangslösung zu den assoziierten Gemeinschaften, sieht Marx die Überführung der Produktionsmittel aus Privateigentum in Staatseigentum. Nachdem auf diese Weise die Voraussetzung für Vergesellschaftung und Assoziierung der Produktions-Faktoren (Arbeit, Betriebsmittel) geschaffen sind, übernehmen die Gemeinschaften die Rolle des Staates und der Staat selbst, also oberste Gewalt, wird zum Aussterben gezwungen.

Mit dem Auftreten von Marx und Engels und der wirksamen Formulierung ihrer Vorstellung, die zu Lebenshumanisierung des arbeitenden Menschen dienen sollte, hatten die Arbeitermassen ein Instrumentarium erhalten, mit dessen Hilfe sie die Veränderungen der vorhandenen Gesellschaftsstruktur. suchten. (7)

2.6. Internationale Arbeiterbewegung

Da in Deutschland Anfang des 19.Jh. die Industrialisierung nicht so weit fortgeschritten war wie in England und Frankreich, waren auch die Arbeiter nicht so erniedrigt und ausgebeutet, wie z.B. besonders in England der Fall war. Deshalb entstand die erste deutsche Arbeiterbewegung im Ausland.

Deutsche Handwerksgesellen gründeten den "Bund den Geächteten" in Paris 1834, der zwei Jahre später in "Bund der Gerechten" umbenannt wurde. Aus diesem ist dann 1847 der "Bund der Kommunisten" (erste kommunistische Partei) entstanden, für den Marx und Engels in Brüssler Exil am Vorabend der Revolution von 1848 das "Kommunistische Manifest" schrieben. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte ist das "Manifest" zur Programmschrift der Arbeiterbewegung in allen Ländern geworden.

2.7. Die Revolution von 1848

Als im Februar 1848 die Revolution der Arbeiterbewegung gemeinsam mit dem liberalen

Bürgertum in Paris ausbrach, die im März auf Deutschland übergriff, gründete Stephan Bron in Leipzig im Juli 1848 die erste deutsche Arbeiterorganisation "Allgemeine deutsche Arbeiterverbrüderung" in Deutschland. Die Revolution musste, trotz gewisser Erfolge der Arbeiterbewegung, als gescheitert erklärt werden, weil sich das liberale Bürgertum aus Angst vor erwachender Arbeiterbewegung in ganz Europa an die Seite der feudalen Reaktion stellte.2.8. Ruf zum proletarischen Internationalismus

Nachdem die soziale und politische Ruhe durch eine erneute Wirtschaftskrise Ende der 50-er Jahre erschüttert wurde und die Arbeiterschaft weit zahlreicher als vor der Revolution 1848 war, so gewannen auch die Aktionen der Arbeiter immer mehr an Bedeutung.

Die internationale Zusammenarbeit der Arbeiterbewegungen hat sich besonders seit 1848 verstärkt und erweitert. Der Ruf "Proletarier aller Länder vereinigt euch" war eine Botschaft, die als internationaler Kampf gegen die bestehende Gesellschafts- und Wirtschaftsform verstanden wurde. Mit der 1864 gegründeten Internationalen Arbeiter-Assoziation "Die I. Internationale“ - schuf sich die Arbeiterbewegung ihre erste europäische Plattform und ein gemeinsames Programm, dass von Marx und Engels wesentlich beeinflusst war. Im Programm der I. internationale stand "die Beseitigung aller Klassenherrschaft" und die "Emanzipation der Arbeiterklasse" im Vordergrund.

2.9. Pariser Kommune

Die erste proletarische Revolution in der Geschichte und der wichtigste Erfolg der Arbeiterbewegung des 19.Jh. war der Aufstand in Paris und die Proklamation der "Pariser Kommune" 1871. Es erscheint hier besonders wichtig, zu erwähnen, dass in der Pariser Kommune zum ersten Mal in der Geschichte die Arbeiterschaft die Verwaltung in der Politik und Wirtschaft übernommen hat.

Trotz ihrer kurzen Dauer von 72 Tagen wurde hierbei auch zum ersten Mal die kollektive Führung in den Betrieben eingeführt und die ersten Arbeiterräte gegründet.

3. Reaktionen in Deutschland nach Aktualisierung des Marxismus

3.0. Gesellschaftspolitische Initiativen

Angesichts der internationalen Arbeiterbewegung, Wirtschaftskrisen und .sozialen

Ungerechtigkeiten, formierten sich in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19.Jh. zahlreiche Gruppierungen der Arbeiterschaft und ihrer Sprecher, zum Ziel der sozialen Reform.

3.1. Sozialistische Organisationen

Der von Ferdinand Losseile 1863 in Leipzig gegründete, "Allgemeine deutsche Arbeiterverein" gilt als erste Partei einer Art sozialistischer Prägung. Sechs Jahre später (1869) gründeten August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach die "Sozialdemokratische Arbeiterpartei" marxistischer Richtung. Trotz mancher politischer Meinungs- Verschiedenheiten der beiden Parteien, wurden sie 1875 in Gotha zur "Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands" (SAP) vereinigt. Die gleiche Partei gründet dann eine selbstständige Organisation deutscher, "freien" Gewerkschaften nach Programmatik und Gesinnung ihrer Mitglieder.

Etwa um die gleiche Zeit (1868) entstanden im Auftrag der liberalen "Deutschen Fortschrittspartei" die nach ihren Gründern Max Hirsch und Franz Duncker benannten "Hirsch - Duncker'schen Gewerkvereine."

Über 30 Jahre später (1900) wird der - "Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften

Deutschlands" - ins leben gerufen, dessen Generalsekretär Adam Stegerwald wird. Nachdem im Jahre 1878 durch Anarchisten zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm verübt wurden, sah sich Kanzler Bismarck veranlasst, das "Sozialisten-Gesetz" zu erlassen, nach dem jegliche politische Betätigung im Sinne der Sozialdemokratischen Partei verboten wird. 12 Jahren später 1890 nach dem Außerkrafttreten des Sozialistengesetzes änderte die Partei 1891 ihren Namen in „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und wurde zur stärksten politischen Fraktion in Deutschland.

3.2. Revisionismus contra Marxismus

Nach der Wiederherstellung der Legalität und dem zahlenmäßigen Aufschwung der Sozialdemokraten nach 1890, stellte sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen revolutionärem und reformatorisch legalem Verhalten. Bevor die seit 1891 als "SPD“ bezeichnete Partei auf dem Parteitag von Erfurt das Marxistische Programm mit revolutionären Akzenten annahm, meldeten sich die so genannten Revisionisten (Vollmar, Bernstein, Schmidt, Renner, u.a.) zu Wort, die das marxistische System nach Inhalt und Methode einer weitgehenden Kritik unterzogen. Nach der Auffassung der Revisionisten lässt sich die Notwendigkeit einer sozialistischen Gesellschaft nur aus ethischen Gesichtspunkten begründen und die von Marx gewonnenen Erkenntnisse halten einer Analyse der empirischen Tatsachen nicht Stand. Sie verweisen auf die notwendige Revision des Marxismus mittels der Zusammenarbeit mit dem kapitalistischen Staat, indem die Sozialreform des Systems revolutionär-parlamentarisch durchgeführt werden sollen. Von nun an blieb die SPD programmatisch und theoretisch auf der marxistischen Linie, praktisch jedoch verhält sie sich, auch heute noch, revisionistisch. Eine ähnliche Prägung galt für die sozialistischen Gewerkschaften und gilt auch heute für den DGB.

3.3. Initiativen des Staates im 19. Jahrhundert

Erst nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 kam es unter der Einfluss der sozialistischen Arbeiterbewegung und auf Drängen der Kirchen, aber auch auf Grund von Reformforderungen der im "Verein für Sozialpolitik" führenden Nationalökonomen ("Kathedersozialisten": Schmoller, Herner, Wagner, Bernonto) kam es zu sozialpolitischen Initiativen des Staates. Einige von den Initiativen die durch den Staat durchgeführt wurden, die vor allem als Mittel gegen Beeinflussung der Arbeiterschaft durch den Sozialismus zustande kamen, waren die erfolgreichsten Sozialschritten der Welt dieser Epoche. Das sind z.B.: Krankenversicherung 1883, Unfallversicherung 1884, Invaliden- und Alterversicherung 1889, sowie Schaffung von Berufsgenossenschaften, Volkswirtschaftsräten usw.

Vorschläge des Handelsministerium, nach denen eine "Arbeiter Mitbestimmung" in den Betrieben eingeführt werden sollte, scheiterten am energischen Widerstand Bismarcks. Der Staat verkündete aber auch den Grundsatz, dass die innere Ordnung der Betriebe nicht mehr allein von Willen des Unternehmers abhänge, sondern sowohl Arbeitsverhältnisse als auch innerbetriebliche Verhältnisse der allgemeinen Rechtsordnung unterworfen wurden.

Da der Staat mit den Gesetzen die Unternehmer zwang, mit den Arbeitern zu verhandeln, sie anzuhören oder gar ihre Zustimmung einzuholen, z.B. bei gewissen Teilen der Arbeitsordnung, kam es zu heftigem Widerstand. der Unternehmer. Als die Massenstreikbewegung 1905 die Frage der Revolution wieder auf die Tagesordnung setzte, wurden doch Streikforderungen und damit der Anstoß zum Ausbau der Betriebsverfassung verwirklicht.

3.4. Betriebsgesetze und Arbeitsnehmerrechte von 1918 bis 1945

a. Rätedemokratie

Als der Erste Weltkrieg (1914-1918) für Deutschland verloren war, zwangen die Arbeiter und Soldaten durch eine Revolution im Oktober 1918 die Regierung und den Kaiser zum Rücktritt. Die Versäumnisse der Regierung und der führenden Persönlichkeiten aus Militär und Wirtschaft waren nicht mehr zu beseitigen. Die Arbeiter und Soldaten wollten einen neuen Staat. Sie bildeten die so genannten Arbeiter- und Soldatenräten, die im ganzen Reich die Macht übernahmen und proklamierten die "Rätedemokratie· ".

Sie übertrugen die Regierungsgeschäfte einer provisorischen Regierung den beiden sozialdemokratischen Parteien (SPD und USPO). Im Gegensatz zur SPD und den Gewerkschaften, die das Ziel des Sozialismus durch Reformen am Kapitalismus verfolgten wollten die anderen sozialistischen Gruppen einen sozialistischen Staat errichten. So entstanden Unruhen und Aufstände, die blutig niedergeschlagen wurden. Dabei fand auch die Rätedemokratie ihr Ende. nachdem die wichtigsten Kämpfer für Demokratie wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet wurden. (8)

b. Das Betriebsrätegesetz von 1920

Unter den gegebenen politischen Bedingungen fand der Rätegedanke mit völlig veränderten Inhalten seinen Niederschlag im Betriebsrätegesetz vom 4. Februar 1920. Entgegen der Zielsetzung der Räte die sich als Selbstverwaltungsorgane der Arbeiterschaft begriffen, wurden die Betriebsräte nun als Arbeitsnehmervertretung innerhalb kapitalistisch verfasster Betriebe eingerichtet und ihre Aufgabe gesetzlich vorgeschrieben.

Dem Betriebsrat wurde ein Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten zugesprochen. In wirtschaftlichen Bereichen dagegen hatte er nur Informations- und Beratungsrechte. Die Rolle der Gewerkschaften in den Betrieben wurde damals folgendermaßen kommentiert:

"Die Eingliederung der Räte in die Gewerkschaftsbewegung die noch schwerwiegende Kämpfe in folgenden Jahren durchzufechten hatte, ist das soziale Meisterstück der deutschen GewerkschaftsBewegung der Nachkriegszeit. Es besteht nicht mehr jene ursprüngliche Gegnerschaft zwischen der Betriebsräte-Bewegung und der Gewerkschaft. Die Betriebsräte sind vielmehr, wie Georg Flaton es einmal plastisch ausdrückte, zu dem verlängerten Arm der Gewerkschaften innerhalb des Betriebes geworden; die Betriebsräte werden von der Gewerkschaften aufgestellt, geschult und kontrolliert, es sind Vertrauensleute der Organisation." (9)

c. Gesetze zur Ordnung der nationalen Arbeit

Mit der Übernahme der Regierung durch Hitler und seinen Mitstreiter im Januar 1934, wurde das "Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" geschaffen, nach dem vor allem folgendes zum Ausdruck kam:

- Unternehmer und Arbeitnehmer sind nicht mehr Vertragsgegner mit gegensätzlichen Interessen , sondern Träger und Glieder einer Gemeinschaft zum Aufbau des Nationalismus;
- die Eingliederung der Arbeit im Betrieb in das Leben der Nation d.h. Wertung jeder Arbeit als Dienst an Volk und Staat;
- die Übertragung des Prinzips von Führer Gefolgschaft auf den Betrieb. (10)

4. Wichtigste Entscheidungen in der Gründungszeit in Deutschland

4.0 Wirtschaftsordnung und Grundgesetz

Nach dem Zweiten Weltkrieg war sich der große Teil des deutschen Volkes einig. dass die kapitalistische Wirtschaftsordnung versagt hatte und dass der Kapitalismus und Faschismus ein Bündnis eingegangen war. Der Missbrauch wirtschaftlicher Macht sollte deshalb mittels Sozialisierung. zumindest der großen Konzerne und der Banken durch Mitbestimmung der Arbeiter in allen Fragen erschwert werden. Die politische Demokratie sollte durch Demokratisierung der Wirtschaft ergänzt und erst verwirklicht werden.

Der Entwurf des heute noch gültigen Grundgesetzes, das von den drei westlichen Besatzungsmächten als provisorische Verfassung beauftragt wurde, bildete die Arbeitsgrundlage für den Parlamentarischen Rat.

"Schon vor der Ausarbeitung des Grundgesetzes und der Gründung der Bundesrepublik war die Entscheidung über die Gesellschaftsordnung des westdeutschen Staates gefallen. Die USA verlangten ein kapitalistisches Wirtschaftssystem. dass ihrer 'eigenen Wirtschaftsordnung entsprach und die besten Voraussetzungen für intensive Wirtschaftsbeziehungen bot." Im Grundgesetz wurde zwar ein Artikel aufgenommen, die eine Sozialisierung ( mit Gesetzen ) ermögliche ( Art.15 ), dagegen kein soziales Grundrecht der Arbeitnehmer auf Mitbestimmung. (11)

4.1 Parteipolitische Orientierungen

Das Parteiensystem und die Zahl der Parteien wurden ebenfalls durch die Besatzungsmächte festgelegt. Hier wird die Grundhaltung zur Gesellschaftsordnung der heute im Bundestag vertretenen Parteien erläutert;

Die Sozialdemokraten (SPD), wollten einen Neuaufbau Deutschlands, wobei eine feste Verbindung zwischen parlamentarischer Demokratie und Sozialismus im Vordergrund stand. Für die SPD war damals Sozialismus und damit volle Beteiligung der Arbeitnehmer an allen Entscheidungen der Wirtschaft und der Politik die einzige Alternative der Demokratie. Die Vereinigungstendenz von SPD und KPD wurde von der SPD abgelehnt, nachdem die KPD als eine von der Sowjetunion abhängige fremde Staatspartei angesehen wurde (Kurt Schumacher.(12)

In der der CDU plädierte man vor allem für einen "Christlichen Sozialismus" als Grundsatz der Partei. Im Parteiprogramm von der CDU der britischen Zone in Ahlen hieß es: "Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Interessen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden." (13)

Es wurde eine Art Sozialisierung gefordert und zwar; - Entflechtung der Konzerne, Vergesellschaftung des Bergbaus und der Stahlindustrie, Ausbau von Genossenschaftswesen, Arbeitermitbestimmung, langfristige Planung und Lenkung der Wirtschaft. All diese Forderungen wurden dann relativ schnell abgelehnt, nachdem die Gruppe aus dem Zentrum - Partei, (Leo Schwerin, Konrad Adenauer, Robert Lehr u. a.), die als konservativ galten, sowie Großbesitzer, das Steuerrad der Christdemokraten übernahmen.

Im Dezember 1945 hat man sich für den Partei-Namen "Christlich-Demokratische Union" aber auch für eine gesellschaftlich konservative und antisozialistische Politik entschieden. (13)

Die CSU wurde ebenfalls 1945. vorwiegend aus den Funktonären der früheren konservativen bayerischen Volkspartei (BVP) gegründet. (14)

Die FDP entstand aus, unter verschiedenen Namen schon gegründeten, liberalen Parteien erst 1948. Das Problem der unterschiedlichen politischen Richtungen In der FDP war von Anfang an deutlich. Zusammengehalten wurde sie aber vor allem durch das Bekenntnis zum Liberalismus, sowie der Ablehnung von jeglichem Sozialismus und jeder Planwirtschaft. (15)

4.2 Politische Entscheidungen

Bei der Bundestagswahl 1949 kam zwar die SPD als stärkste Partei hervor, aber die Koalition der "bürgerlichen" Parteien, CDU/CSU, FDP und DP bildeten die Mehrheit von nur einer Stimme im Bundestag, und damit wurde die politische Entscheidung getroffen. In der CDU setzten sich die "Rechten und die "Mitte unter Führung von Konrad Adenauer gegenüber den Linken durch. Das wichtigste Ziel der Adenauer'schen Politik war:

Entwicklung eines starken westdeutschen Staates in enger Anlehnung an den Westen. Die soziale Marktwirtschaft wurde wichtigster Bestandteil des innenpolitischen Programms der Bundesregierung. Die amerikanische Kapitalshilfe - Marschallplan - und die Beendigung der Demontage, waren die günstigsten Voraussetzungen für einen raschen Aufbau der westdeutschen Wirtschaft.

Angebot der Sowjetunion 1952 zur Wiedervereinigung, aber auch Neutralisierung Deutschlands, wurde scharf verurteilt. Nach der Außenminister-Konferenz der Westmächte 1954 wurde betont:

"Die Wiedervereinigung sollte mit der Politik der Stärke ereicht und die. Sowjetunion .und ihre Verbündeten zum Nachgeben gezwungen werden."(16)

Nach diesem' Gesichtspunkt wurde auch die Wiederaufrüstung und der Eintritt der Bundesrepublik ·in die NATO hergeleitet.

Von der Bundesregierung wurde jeder offizielle Kontakt mit den DDR-Behörden konsequent abgelehnt. (16)

Dreißig Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik stellte eine Gruppe von bundesdeutschen Professoren folgendes fest:

"Das Berlin-Ultimatum der Sowjetunion 1958, die starke wirtschaftliche Entwicklung der DDR, ihr weltweiter Handel, ihre de facto Anerkennung durch viele Staaten und schließlich der Bau der Mauer 1961 zeigten, dass .der Allein-Vertretungsanspruch" die Hallstein-Doktrin und die "Politik der Stärke" in Europa die politischen Probleme und besonders die deutsche Frage nicht lösen können."(16)

4.3. Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb

In der Nachkriegszeit entstanden in vielen Großbetrieben auf freiwilliger Basis Formen der paritätischen Mitbestimmung. Die Konzerne dachten daran, um der Demontage durch die Besatzungsmächte zu entgehen, indem sie ihre Aufsichtsräte zur Hälfte mit Gewerkschaftsvertretern besetzten. (17)

Zusammen mit den Amerikanern gelang es den Unternehmern aber doch, noch vor der Gründung der Bundesrepublik 1949, die alte Wirtschaftsordnung einer kapitalistischen Gesellschaft beizubehalten. (17)

4.4. Die Mitbestimmung in der Montan-Industrie

Nach dem " •••• sich die Regierung Adenauers anschickte, die bescheidene Mitbestimmung, die die Besatzungsmächte angeordnet oder zugelassen hatten, wieder aufzuheben ….." war eine Stimmung der Arbeiter in der Montan-Industrie und dem Bergbau 1950 geschaffen, die zu unausweichlichem Streik führen sollte. (16}

In der darauf folgenden Urabstimmung sprachen sich 97,9% der Metallarbeiter und 92,8% der Bergarbeiter für den Streik aus. Auf dieser Grundlage einigten sich die Bundesregierung, Arbeitgeber und die Gewerkschaften auf die Mitbestimmung in der Montan-Industrie. Die Forderung der Gewerkschaften, die Mitbestimmung auch auf andere Bereiche der Wirtschaft auszudehnen „•••• scheiterte am Widerstand der CDU/CSU und der FDP, die außerparlamentarisch von den Unternehmer-Verbänden Unterstützung erhielten." (18)

Das - "Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen- und Stahl- erzeugenden Industrie" (Montan- Mitbestimmungsgesetz) vom 21.5.51 schreibt vor, dass die Aktiengesellschaften mit mehr als 1000 Beschäftigten zu einer paritätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten verpflichtet sind.

4.5. Aufsichtsrats-Konstituierung

Der aus 11 Mitgliedern bestehende Aufsichtsrat ist mit 4 Vertretern der Aktionäre und 4 Vertreter der Arbeitnehmer zu besetzen. Dazu haben beide Seiten je eine weitere Person zu benennen, die um Unternehmen oder dem Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer-Organisation in keiner Beziehung stehen darf. Die 4 Arbeitnehmer-Vertreter setzen sich Zusammen aus einem Arbeiter und einem Angestellten des Unternehmens, die vom Betriebsrat gewählt werden und Zwei von der zuständigen Gewerkschaft vorgeschlagenen Vertretern.

Ferner ist nach dem gleichen Gesetz in den Vorstand des Unternehmens ein Arbeitsdirektor als gleichberechtigtes Mitglied dieses Organs zu berufen. Seine Bestellung, sowie auch der Widerruf, sind nicht gegen die Mehrheit der Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat möglich. Der Arbeitsdirektor soll vor allem die sozialen Interessen der Arbeitnehmer vertreten. (19)

4.6. Betriebsverfassungsgesetz von 1952

Im Jahre 1945 wurde das „Gesetz der nationalen Arbeit" durch das Kontrollratsgesetz Nr. 40 aufgehoben. Zur Regelung der betrieblichen Mitbestimmung erließen die Besatzungsmächte das Kontrollratgesetz Nr. 20, dass lediglich die wichtigsten Vorschriften über die Bildung von Betriebsräten und ihren allgemeinen Befugnissen umschrieb.

Die einzelnen Bundesländer sorgten dann für die Regelung der Betriebsverfassung, je nach den politischen Konstellationen in den gesetzgebenden Körperschaften. Um ein bundeseinheitliches Betriebsverfassungs-Gesetz zu erlassen, kam es 1950 sowohl von der CDU-Fraktion als auch von der SPD-Fraktion zu Gesetzesvorlagen. Am 31.10.1950 erfolgte eine Gesetzesvorlage der Bundesregierung, die vom Bundesrat erst am 19.7.1952 verabschiedet wurde und am 14.11.1952 als Betriebsverfassungsgesetz in Kraft trat.

Der von der Belegschaft gewählte Betriebsrat eines Unternehmens, konnte praktisch nur in sozialen Angelegenheiten mitbestimmen (z.B. bei Fragen der Ordnung des Betriebes, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit usw. Vor der Entlassung eines Arbeitnehmers war der Betriebsrat zu hören. Im wirtschaftlichen Bereich hatte er keinerlei Zuständigkeit. Die Teilung des Betriebsrates in einen Arbeiterrat und einen Angestelltenrat, die aus dem Betriebsrätegesetz von 1920 stammt, blieb weiterhin geltend. Dies bedeutet, dass nach dem geltenden Gesetz die Arbeiter und Angestellten ihre Betriebsratsmitglieder getrennt zu wählen haben. Wollen sie dagegen eine gemeinsame Wahl, müssen sie in einer Vorabstimmung mehrheitlich entscheiden.

5. Betriebsverfassungs- und Mitbestimmungsgesetze in Deutschland

5.0. Forderungen nach mehr Mitbestimmung im Betrieb

Nachdem das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 soviel wie Überhaupt keinen Einfluss der Arbeitnehmer auf das betriebliche Geschehen eingeräumt hatte, forderten vor allem die Gewerkschaften, eine Änderung des Gesetzes.

Das Grundsatzprogramm des DGB zur Mitbestimmung hieß: "Mitbestimmung der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, im Betrieb, im Unternehmen und in der gesamten Wirtschaft muss die politische Demokratie ergänzen. Betriebsräte und Personalräte müssen bei allen wirtschaftlichen, sozialen und personellen Entscheidungen mitbestimmen."

Der Rat der Evangelischen Kirche bringt eine Studie der Kammer für soziale Ordnung, in der es u. a. heißt: "Eine persönliche Mitverantwortung der Arbeitnehmer kann nur erwartet werden, wenn die Arbeitnehmer in dem Umkreis ihrer unmittelbaren Einsichten und Verantwortung mehr als bisher an den Überlegungen und Entscheidungen über den Ablauf ihrer Arbeit beteiligt werden. Der Begriff des Eigentums schließt nicht das Recht zur Herrschaft über Menschen ein. Wo die Rechte der Kapitaleigner und der Arbeitnehmer aufeinander angewiesen sind, stehen beiden Seiten Mitbestimmungsrechte zu••••"

Der 73 Deutsche Katholikentag in einer Entschließung u. a. kritisiert und empfiehlt: „Das bisherige Wirtschaftsrecht war zu sehr den Dingen und zu wenig den Menschen zugewandt. Es muss durch ein Betriebsrecht ersetzt werden» dass den Menschen in seinen Rechten und Pflichten in den Vordergrund rückt. Die katholischen Arbeiter und Unternehmer stimmen darin überein, dass das Mitbestimmungsrecht aller mitarbeitenden bei sozialen, personellen und wirtschaftlichen Fragen ein natürliches Recht in gottgewollter Ordnung ist …..“

Die Enzyklika "Mater et Magistrat" der Katholischen Kirche enthält zum Beispiel folgendes:

"Zweifellos muss ein Unternehmen, das der Würde des Menschen gerecht werden will, auch eine wirksame Einheitlichkeit der Leitung wahren; aber daraus folgt keineswegs, dass wer Tag für Tag arbeitet, als bloßer Untertan zu betrachten ist, dazu bestimmt, stummer Befehlempfänger zu sein, ohne das Recht, eigene Wünsche und Erfahrungen anzubringen."

Die Arbeitgeber lehnten die vom DGB im Jahre 1967 unterbreiteten Änderungsvorschläge zum BetrVG entschieden ab! "Im Kern ihrer Argumentation wiesen sie immer wieder auf die Unantastbarkeit des Privateigentums und die Notwendigkeit der vollen Verfügbarkeit über dieses Eigentum hin. Sie widersetzten sich einem Ausbau der Mitbestimmung. Nach ihrer Meinung kommt es auf die Beteiligung und Mitwirkung der einzelnen Arbeitnehmer am Betriebsgeschehen an." (20)

5.1. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972

Zu Beginn der Koalitionsregierung von SPD/FDP versprach der Bundeskanzler Willy Brandt in seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 eine Novellierung des BetrVG. Im Januar 1971 brachten die Regierung und die Opposition (CDU/CSU) eigene Gesetzentwürfe in das Parlament ein. Während die beiden Gesetzvorlagen mehrere Monate im Bundestagausschuss beraten wurden, nahmen die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gegenüber einander kritisch Stellung. An dem Regierungsentwurf wurden erhebliche Änderungen durch Übernahme verschiedener Bestimmungen der CDU/CSU vorgenommen. Das Gesetz wurde am 10. November 1971 mit der Mehrheit der SPD/FDP - Koalition und mit 21 Stimmen der CDU verabschiedet.

5.2. Grundlagen des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972

Vom Gesetzgeber sind die Begriffe Betrieb, Unternehmen und Arbeitgeber nicht definiert. Dietz - Richardie - Betriebsverfassungsgesetz 5.Aufl. 1973 - definiert die genannten Begriffe wie folgt:

Betrieb ist die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe ein Unternehmen allein oder mit seinen Mitarbeitern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt.

Unternehmen als Begriff enthält alle Merkmale eines Betriebs, jedoch wird erwähnt, dass ein Unternehmen mehrere Betriebe umfassen kann. Dies ist dort von Bedeutung, wo sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebes und des Gesamtbetriebsrates unterscheidet.

Arbeitgeber ist jeder, der mindestens einen Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes beschäftigt. Wenn das Betriebsverfassungsgesetz den Begriff "Arbeitgeber" verwendet, dann wird damit vor allem der Inhaber des Betriebes und Verhandlungspartner des Betriebsrats angesprochen. Der Begriff Unternehmer ist in seiner Eigenschaft auch als Arbeitgeber anzusehen.

Arbeitnehmer sind nach §5 Arbeiter und Angestellte, sowie die zu ihrer Berufsausübung

Beschäftigte. Als Nicht-Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes (§5, Abs.2) gelten Personen wie z.B. Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, Geschäftsführer einer GmbH, der Ehegatte, Verwandte ersten Grases, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

Leitende Eingestellte (§5, Abs3) sind die Angehörigen des Betriebs, die z.B. zur selbstständigen Einstellung und Entlassung der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer berechtigt sind, Generalvollmacht oder Prokura haben und andere, die im Wesentlichen eigenverantwortliche Aufgaben wahrnehmen. )

Arbeiter im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die eine arbeiterrenten- versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, auch wenn sie nicht versicherungspflichtig sind (§6 Abs.1).

Angestellte sind wieder im Sinne dieses Gesetzes, Arbeitnehmer die nach Vorschriften über die Versicherungspflicht als Angestelltentätigkeit bezeichnete Beschäftigung ausüben (§6 Abs.2).

5.3. Der Betriebsrat und seine Wahl

In Betrieben mit mindestens 5 Wahlberechtigten Arbeitnehmer, von denen 3 wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. (21)

Wählbar ist jeder wahlberechtigte Arbeitnehmer, der in einem Betrieb oder in mehreren Betrieben, die zum gleichen Unternehmen gehören, mindestens 6 Monate im Arbeitsverhältnis stehen. (23)

Zahl der Mitglieder des Betriebsrates ist durch den Gesetzgeber, entsprechend der Anzahl von Arbeitnehmer des Betriebs festgelegt.

Der Betriebsrat besteht z.B. in Betrieben mit 5 bis 20 Arbeitnehmern aus einer Person; bei 7001 bis 9000 Arbeitnehmer aus 31 Mitgliedern und bei mehr als 9000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder für je weitere 3000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder. (24)

Arbeiter und Angestellte müssen entsprechend dem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein.(25)

Auch hier gilt nach §14 Abs.2, - die Arbeiter und Angestellten wählen ihre Vertreter für den Betriebsrat in getrennten Wahlgängen. Wollen sie dagegen eine gemeinsame Wahl, müssen sie in einer Vorabstimmung mehrheitlich entscheiden.

Die Kandidaten für den Betriebsrat können durch die Betriebsräte und durch wahlberechtigte Arbeitnehmer vorgeschlagen werden.

Jeder Vorschlag der Arbeitnehmer aber muss mindestens von einem Zehntel der wahlberechtigten Gruppenangehörigen von Arbeiter und Angestellten unterzeichnet werden. In Betrieben mit mehr als 1000 wahlberechtigten Gruppenangehörigen genügt die Unterzeichnung von 100 Wahlberechtigten der jeweiligen Gruppe (26)

Die Mitglieder des Betriebsrates wählen ihren Vorsitzenden und dessen Stellvertreter aus der eigenen Reihe.(27)

Zur Durchführung der Wahl und Feststellung des Wahlergebnisses muss der bereits vorhandene Betriebsrat spätestens acht Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen Wahlvorstand aus 3 Wahlberechtigten bestellen. (28)

Die Sitzungen des Betriebsrates sind nicht öffentlich und finden in der Regel während der Arbeitszeit statt, wobei der Arbeitgeber vorher zu verständigen ist. (29)

Die Beschlüsse des Betriebsrates werden mit der Mehrheit der Stimmen von den anwesenden Mitgliedern gefasst. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt. (30)

Den Ausschluss eines Mitgliedes oder die Auflösung des Betriebsrates kann mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, eine im Betriebsrat vertretene Gewerkschaft oder selbst der Arbeitgeber wegen Verletzung seiner Pflichten beim Arbeitsgericht beantragen.(31)

5.4. Betriebsausschuss

Wenn ein Betriebsrat mehr als 9 Mitglieder hat, so bildet er einen Betriebsausschuss. Der Betriebsausschuss besteht grundsätzlich aus dem Vorsitzenden des Betriebsrates und dessen Stellvertreter. Die im Betriebsrat vertretenen Gruppen müssen entsprechend ihrer Vertretung im Betriebsrat auch im Betriebsausschuss vertreten werden. Der Betriebsausschuss führt in der Regel die Geschäfte des Betriebsrates, kann aber auch mit Mehrheit des Betriebsrates Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen bekommen.

5.5. Betriebsversammlung

Einmal in jedem Kalenderjahr hat der Betriebsrat eine Betriebsversammlung einzuberufen, um einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Dazu muss der Arbeitgeber eingeladen und von der Tagesordnung unterrichtet werden, wobei er auch zu sprechen berechtigt ist. Wenn die Versammlung aller Arbeitnehmer nicht zum gleichen Zeitpunkt stattfindet, so sind Teilversammlungen durchzuführen. In einer Betriebsversammlung hat der Arbeitgeber über das Personal- und Sozialwesen sowie über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebes zu berichten. (33)

Die erwähnten Betriebsversammlungen sind während der Arbeitszeit abzuhalten. Die Betriebsversammlungen können tarifliche, sozialpolitische und wirtschaftliche Angelegenheiten behandeln. Das Gesetz sagt weiter; eine Betriebsversammlung kann dem Betriebsrat einen Antrag unterbreiten und zu seinem Beschluss Stellung nehmen. (34)

5.6. Gesamtbetriebsrat

Besteht ein Unternehmen aus mehreren Betrieben, so ist neben den Betriebsräten auch ein Gesamtbetriebsrat zu ernennen. Jeder Betriebsrat entsendet aus seinen Reihen einen Vertreter der Arbeiter und einen der Angestellten in den Gesamtbetriebsrat.

Wenn nach den genannten Regeln dem Gesamtbetriebsrat mehr als 40 Mitglieder angehören, so hat der Arbeitgeber mit dem Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Mitgliederzahl zu treffen. Kommt dabei nicht die gewünschte Einigung zustande, so entscheidet hierüber eine für das Gesamtunternahmen zu billigende Einigungsstelle.(35)

5.7. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates

Eine besondere Rolle des Gesamtbetriebsrates ist in dem BetrVG nicht zu erkennbar außer, dass im §50 Abs.1 steht:

Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Er ist dem einzelnen Betriebsrat nicht übergeordnet."

5.8. Konzernbetriebsrat

Für einen Konzern, der aus mehreren Unternehmen besteht, kann nur durch Zustimmung der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden.(36)

6. Rechte und Aufgaben des Betriebsrats

6.0. Definition des Betriebsrats

Der Betriebsrat ist das wichtigste Betriebsverfassungsorgan auf der Arbeitnehmerseite. Bei seiner Tätigkeit ist er verpflichtet mit der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zusammen zu arbeiten. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 gibt dem Betriebsrat zur Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen bestimmte Mitbestimmungsrechte in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten.

6.1. Soziale Angelegenheiten

Zur sozialen Mitbestimmung gehören u. a. folgende Bereiche:

- Fragen der Ordnung des Betriebes
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen
- Festsetzung von Kurz- und Mehrarbeit
- Aufstellung von allgemeinen Urlaubsgrundsätzen und des Urlaubsplans.
- Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen.
- Zuweisung und Kündigung von Werkswohnungen
- Fragen zur Festsetzung von Akkord- und Prämiensätze.

In den genannten Angelegenheiten besteht gleichberechtigte Mitbestimmung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die nur dann entfällt, wenn bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag die Bereiche geregelt sind. (37)

6.2. Personelle Angelegenheiten

Das Gesetz unterscheidet zwischen:

- Allgemeinen personellen Angelegenheiten und
- personellen Einzelmaßnahmen.

Zu den allgemeinen personellen Angelegenheiten gehören:

Personalplanung, innerbetriebliche Stellenausschreibung, Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätze.

Hierbei sind die Beteilungsrechte des Betriebsrates unterschiedlich ausgestaltet und sie reichen von Beratungsrechten bis zur Mitbestimmung.

Bei den personellen Einzelmaßnahmen ist das Betriebsverfassungsgesetz etwas konkreter, wobei die Rolle des Betriebsrats in Fragen von Einstellung und Kündigung folgendes definiert ist:

- Vor jeder Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat umfassend Auskunft zu geben und dessen Zustimmung einzuholen. Wird sie verweigert, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht die Zustimmung ersuchen.
- Vor jeder Kündigung ist der Betriebsrat unter Angabe der Gründe zu hören. Der Betriebsrat kann einer ordentlichen Kündigung aus bestimmten Gründen widersprechen, nicht aber verhindern. Im Widerspruchsfall bleibt der Gekündigte, - sofern er Kündigungsschutzklage erhoben hat, - bis zum Abschluss des Rechtsstreites weiter im Arbeitsverhältnis.

Bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung hat der Betriebsrat das Recht mitzubestimmen. (38)

6.3. Wirtschaftliche Angelegenheiten.

Vor geplanten Betriebsenderungen hat der Unternehmer den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Dazu zählen:

- Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation und des Betriebszwecks
- Einführung grundlegender neuer Arbeitsmethoden
- Stilllegung oder Verlegung wesentlicher Betriebsteile oder des Betriebs. Unternehmer und Betriebsrat haben bei solchen Betriebsenderungen eine Einigung zu erzielen, wie dis dem Arbeitnehmer entstehenden Nachteile ausgeglichen oder gemildert werden können. (39)

6.4. Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat

Arbeitgeber und Betriebsrat sollten mindestens einmal im Monat zusammentreten, und dabei über strittige Fragen zu verhandeln und Vorschläge zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu unterbreiten.

Sie dürfen keine gegenseitigen Arbeitskämpfe organisieren, den Arbeitsablauf oder Frieden des Betriebes stören oder parteipolitische Betätigungen im Betrieb unternehmen. (40)

Die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer, unabhängig von ihrer Herkunft, Nationalität oder Religion, ist von beiden Seiten zu schützen und zu fordern. Zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten, die nicht durch Arbeitgeber und Betriebsrat beigelegt werden können, wird eine Einigungsstelle gebildet oder durch Betriebsvereinbarung eine ständige Einigungsstelle errichtet.

Die Einigungsstelle besteht aus gleicher Anzahl von Vertreter beider Seiten und einem Unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen.

6.5. Vorschriften zum Schutz von Vertreter der Arbeitnehmer

Nach §78 sind Schutzbestimmungen für Mitglieder des Betriebsrates und andere Vertreter der Arbeitnehmer vorgesehen, wobei folgendes zu entnehmen ist:

Die Mitglieder des Betriebsrates und andere Vertreter der Arbeitnehmer •••• dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Als weiteres gilt:

Den Mitgliedern des Betriebsrates wird das Arbeitsentgelt während und ein Jahr nach ihrer Amtszeit auf der gleichen Höhe vergleichbarer Berufskollegen gewährleistet. (41)

Die Mitglieder des Wahlvorstandes und die Wahlbewerber zur Betriebsratswahl genießen vom Zeitpunkt ihrer Bestellung bzw. ihrer Aufstellung zur Wahl den besonderen Kündigungsschutz des §15 KSCHG. Der Kündigungsschutz dauert bei ordentlicher Kündigung über die Betriebswahl hinaus und endet 6 Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses

Eine ordentliche Kündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied ist grundsätzlich während und ein Jahr nach seiner Amtszeit nicht möglich. Jedoch im Falle einer Stilllegung des Betriebs oder einer Betriebsabteilung ist für dessen Vertreter die Kündigung zulässig. (42)

.Außerordentliche Kündigung ist möglich, bedarf aber der Zustimmung des Betriebsrats; verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen. (43)

(Ordentliche Kündigung bedeutet eine gesetzlich befristete Kündigung.

Außerordentliche Kündigung heißt eine fristlose Kündigung, die im Falle, dass der Arbeitnehmer die betrieblichen Vorschriften verletzt, erhalten kann.)

7. Mitbestimmungsgesetz von 1976

7.0. Erfasste Unternehmen durch Mitbestimmungsgesetze

Das Gesetz über Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen- und Stahlerzeugenden Industrie von 1951, genannt, - Montan - Mitbestimmungsgesetz - ist weiterhin für den Bereich der Montanindustrie in Kraft.

Ebenfalls ist weiterhin in Kraft die Ergänzung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes vom 7.8.56 - Mitbestimmungsergänzungsgesetz -. das die so genannten Holdinggesellschaften erfasst = (Dachgesellschaften ohne eigene Produktionstätigkeit, die nur durch eigene Kapitalbeteiligung an anderen Unternehmungen ihren Geschäftstätigkeit behaupten.)

Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 wird in den Unternehmen angewandt, die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen und in der Rechtsform nach einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder einer Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden.

7.1. Aufsichtsrat und dessen Zusammensetzung

Bei den Unternehmen, die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, ist ein Aufsichtsrat zu bilden.

Der Aufsichtsrat wird je zur Hälfte von den Anteilseignern:

(= Kapitalbesitzer /Eigentümer/Aktionäre) und den Arbeitnehmern des Unternehmens wie folgt gestellt:

- In Unternehmen bis 10 000 Beschäftigte 6 : 6
- In Unternehmen von 10 000 bis 20 000 Beschäftigte 8 : 8
- In Unternehmen über 20 000 Beschäftigte 10:10

Im Aufsichtsrat mit sechs bzw. acht Mitgliedern der Arbeitnehmer sind zwei Vertreter der Gewerkschaften und die übrigen 4 bzw. 6 müssen Beauftragte der leitenden Angestellten, NichtLeitenden Angestellten und Arbeiter, entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis sein. (46) Auf jeden Fall müssen dem Aufsichtsrat mindestens ein Arbeiter, ein leitender Angestellter und ein Nicht-Leitender Angestellter angehören (§15,Abs.2).

Gehören dem Aufsichtsrat 10 Mitglieder der Arbeitnehmer an, so sind 3 Vertreter der

Gewerkschaften und die übrigen 7 sind wie vorgenannt den einzelnen Gruppen zuzuordnen.

7.2. Wahl der Aufsichtsratmitglieder

Das Mitbestimmungsgesetz sieht zwei Alternativen für die Wahl der Aufsichtsratmitglieder der Arbeitnehmer vor:

- bei Unternehmen mit bis zu 8 000 Arbeitnehmer erfolgt die unmittelbare Wahl durch Arbeitnehmer
- bei Unternehmen mit mehr als 8 000 Arbeitnehmern ist eine Wahl durch "Wahlmänner" vorgesehen. (47)

Ob die Wahlen durch Wahlmänner oder unmittelbar erfolgen soll - sowohl bei der einen als auch bei der anderen Alternative - können die Arbeiter und Angestellten des Betriebes in geheimen Abstimmungen beschließen. (48)

Erfolgt die Wahl durch Wahlmänner, wählen die Arbeiter und die jeweiligen Angestellten in getrennter Wahl, entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis, je eine Gruppe der Wahlmänner. (49)

Danach werden die Aufsichtsratmitglieder der Arbeiter von den Wahlmännern der Arbeiter und die Aufsichtsratmitglieder der Nicht-Leitenden bzw. leitenden Angestellten gewählt. (50) Die von der Gewerkschaft vorgeschlagenen Bewerber für den Aufsichtsrat sowie ihre Vertreter, wählen die Wahlmänner aller drei Gruppen in geheimer Wahl. (51)

Die Bewerber für die Wahlmänner und Aufsichtsratmitglieder werden auf Grund der Wahlvorschläge aufgestellt. Jeder Wahlvorschlag für die Wahlmänner, sowohl die der Arbeiter als auch die der leitenden Angestellten, muss von einem Zehntel oder 100 der

Jeder Wahlvorschlag für Aufsichtsratmitglieder der Arbeiter und der Nicht-Leitenden wahlberechtigten Arbeitnehmer der betreffenden Gruppe unterzeichnet sein. (52) Angestellten Mus von einem Fünftel oder von 100 Wahlberechtigten der betreffenden Gruppe unterzeichnet sein. (53) Das Aufsichtsratmitglied der leitenden Angestellten bedarf dagegen ein Zwanzigstel oder 50 unterzeichneten Vorschläge dieser Gruppe.

7.3 Aufgaben des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat soll mit einer Mehrheit von zwei Drittel seiner Mitglieder, einen Vorsitzenden und seinen Stellvertreter aus eigenen Reihen wählen. Dies sieht §27,Abs.1 MitbG vor und im Abs.2 steht zu lesen. Wenn die genannte Mehrheit nicht erreicht wird so muss die Wahl ein zweites Mal stattfinden wie folgt:

In diesem Wahlgang wählen die Aufsichtsrat-Mitglieder der Anteilseigner den Aufsichtsrat- Vorsitzenden und die Aufsichtsrats-Mitglieder der Arbeitnehmer den Stellvertreter jeweils mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Im Falle einer Stimmengleichheit bei der Abstimmung der Beschlüsse im Aufsichtsrat, hat der Vorsitzende bei einer erneuten Abstimmung zwei Stimmen. (54) Unmittelbar nach der Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreter, bildet der Aufsichtsrat einen Ausschuss. Zum Ausschuss gehören grundsätzlich der Aufsichtsrats-Vorsitzende und sein Stellvertreter, sowie je ein von den Aufsichtsrat-Mitgliedern der Anteilseigner gewähltes Mitglied. (55)

Als weitere Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens Organ (d.h. Vorstand) zu bestellen. Diese Bestellung soll wieder mit einer Mehrheit von zwei Drittel der Stimmen erfolgen; kommt die Zweidrittel Mehrheit nicht zustande, so hat der Ausschuss des Aufsichtsrats einen Vorschlag zur erneuten Bestellung des Vorstands vorzulegen. Bei der zweiten Abstimmung genügt es, mit der einfachen Mehrheit den Vorstand zu bestellen. Wird auch diese Mehrheit nicht erreicht, so hat bei der dritten Abstimmung der Aufsichtsrats Vorsitzende zwei Stimmen. (56)

Nach (§33,Abs.1 MitbG) heißt es, der Arbeitsdirektor wird als Gleichberechtigter Mitglied des Vorstandes bestellt.

Wer der Arbeitsdirektor sein soll, von wem er vorgeschlagen wird, ist aus dem MitbG nicht zu entnehmen. Es ist jedoch anzunehmen, dass er aus den Reihen der Anteilseigner stammen muss. Über das Vorschlagsrecht für die übrigen Mitglieder des Vorstandes ist im Gesetz auch nichts gesagt worden. Hiermit befasste sich Prof. Dr. Norbert Reich (Luchterhand Verlag) in seiner Beschreibung über die Stellung des Aufsichtsrats und meint dabei: "Es ist davon auszugehen, dass jedes Mitglied des Aufsichtsrates

Vorschlags berechtigt ist ••• " Irgendwelche Weiteren Aufgaben bzw. Rechte und Pflichten des

Aufsichtsrats sind durch das MitbG nicht näher bestimmt worden. Im Allgemeinen ist bekannt, dass der Aufsichtsrat die Funktion hat, die Geschäftsführung des Vorstandes zu überwachen, sowie dessen Mitglieder zu bestellen und abzuberufen.

7.4. Abberufung und Schutz der Aufsichtsrat-Mitglieder

Ein Aufsichtsrat-Mitglied der Arbeitnehmer, - egal ob Arbeiter, Nichtleitender oder Leitender Angestellter - kann vor Ablauf der Amtszeit auf Antrag seiner durch ihn vertretenen Gruppe abberufen werden. Jeder Antrag auf Berufung muss aber Dreiviertel wahlberechtigte Arbeitnehmer der bestimmten Gruppe hinter sich haben. (57)

Der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat kann von der Gewerkschaft, die ihn vorgeschlagen hat, abberufen werden. (57)

Für den Schutz von Aufsichtsrats-Mitglieder der Arbeitnehmer ist §26 vorgesehen, in dem es heißt, dass in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert bzw. wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden dürfen.

Ein Kündigungsschutz für Aufsichtsrats-Mitglieder - wie z.B. für Betriebsräte nach dem KSchG (§15) - ist im MitbG nicht vorgesehen worden. Mit dieser Frage befasst sich Dr. Udo Mayer -MitbG und BetrVG -und stellt fest: "Damit stellt sich eine untragbare Situation für die Arbeitnehmer- Vertreter im Aufsichtsrat••••• nämlich Entlassungen von Funktionsträgern zu verhindern, die sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit den Unwillen des Arbeitgebers zuziehen können."

7.5. Zusammenfassung der Arbeitnehmerrechte in Betrieben

A) Neben den bisher dargestellten Möglichkeitsformen der Mitbestimmung und Mitentscheidung der Arbeitnehmer, ist hier eine weitere Vorschrift für bestimmte Unternehmen zu erwähnen. Nach dem BetrVG von 1952 bzw. 1972 und zuletzt geändert durch MitbG vom 4.5.1976 (§76), muss der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. Diese so genannte "Drittel-Parität" gilt nur bei Aktiengesellschaften, die mehr als 500 und weniger als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen. In den genannten Unternehmen gibt es etwa 1 Million Arbeitnehmer, die hierdurch Mitwirkungsrechte haben.

B) Das neue Mitbestimmungsrecht von 1976 gilt für ca. 4 Millionen Arbeitnehmer.

C) Nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 1972, wählen ca. 10,3 Mill. Arbeitnehmer die Betriebsräte zur Vertretung ihrer Interessen.

D) Im öffentlichen Dienst werden etwa 3, 4 Millionen Arbeitnehmer durch den Personalrat vertreten

E) Die Montanmitbestimmung gilt für 0,6 Millionen Arbeitnehmer.

F) Für 3,4 Millionen Arbeitnehmer, die in Kleinbetrieben mit weniger als 5 Beschäftigten arbeiten, gibt es keine Mitbestimmung und Mitwirkung.

7.6. Betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben der Gewerkschaften im Betrieb

Das Gesetz schreibt nach §2, Abs.1 BetrVG, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat gemeinsam mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zusammen zu arbeiten haben. Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden können unter Voraussetzungen der §§ 29, 31 und 46 an Betriebsratssitzungen und Betriebsversammlungen teilnehmen. Weitere Aufgaben und Befugnisse der Gewerkschaften u. a. … sind z. B:

- das Recht, die Bewerber für den Betriebsrat vorzuschlagen, wenn kein Betriebsrat besteht. (§14,Abs.7 ),
- ein Antragsrecht beim Arbeitsgericht ; auf Bestellung eines Wahlvorstandes (§16,Abs.2, §17,Abs.3 ) , auf Ersetzung des Wahlvorstandes (§18,Abs.1 ) zur Anfechtung der Betriebsratswahl (§19,Abs.2 ) auf Auflösung des Betriebsrats oder Ausschluss eines Betriebsrats-Mitglieds aus dem Betriebsrat (§23,Abs.1 )
- ein Antragsrecht beim Betriebsrat auf Einberufung einer Betriebsversammlung (§43,Abs.4 )
- ein Strafantragsrecht wegen Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane (§119,Abs.2 ) .

Die den Gewerkschaften zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse sind auf die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beschränkt. Zur Wahrnehmung der genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, ist deren Beauftragten, nach Unterrichtung des Arbeitgebers, Zugang zum Betrieb zu gewähren (§ 2, Abs.2 ). Die Gewerkschaft muss dem Arbeitgeber den Besuch des Gewerkschaftsbeauftragten in angemessener Zeit vorher anmelden, sowie die Person des Besuchers und den Zweck des Besuches konkret bezeichnen.

7.7. Parteipolitische Eskalation über des Mitbestimmungsgesetzes

In der Zeit während der Vorbereitung des Gesetzes, gab es jahrelange Auseinandersetzungen zwischen den Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden über die Ausgestaltung der Mitbestimmung. Insbesondere über die Parität, die Position der Gewerkschaften im Aufsichtsrat, die Sonderstellung der leitenden Angestellten, die zwei Stimmrechte des Aufsichtsratsvorsitzenden und über das Wahlverfahren war keine Einigkeit zu finden.

Die SPD und die DGB traten für die paritätische Mitbestimmung ein, gegen die Sonderstellung der leitenden Angestellten und für die Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat auch durch die Gewerkschaftsfunktionäre. Die FDP dagegen bot ein Modell an, wonach dem Aufsichtsrat 6 Vertreter der Kapitalseite, gegenüber 4 Vertreter der Arbeitnehmer und 2 Vertreter der leitenden Angestellten angehören sollten.

Die CDU als Gesamtpartei lehnte die paritätische Mitbestimmung ab; während die

Sozialausschüsse der CDU, einige Landesverbände der Jungen Union und eine Gruppe der CSU für die paritätische Mitbestimmung eintraten. Zum Schluss konnte sich die sozial-liberale Koalition nur auf den Kompromiss des Gesetzes einigen, dass in der Tat keine besondere Bedeutung für die Arbeitnehmer in der Bundesrepublik hat, aber immerhin besser als in vielen anderen Länder des Westens.

Z W E I T E R T E I L - J U G O S L A W I E N

8. Historische Grundlagen jugoslawischer Entwicklung

8.0. Vorfahren der jugoslawischen (= südslawischen) Völker

Gegen Ende des 5. Jahrhunderts erfolgt die Einwanderung einer Gruppe der Slawen auf der Balkanhalbinsel. Sie haben sich zunächst als einheitlicher Komplex der Slawen herauskristallisiert, und erst von dem Historiker A.L. Schlözer (1735 bis1809) wurden sie im geografischen Sinn als Südslawen bezeichnet.

In jahrhundertlang dauernden Unterwerfung unter Byzanz, fränkischen Reich, Venedig, Ungarn, Osmanen und Habsburger gründeten die Südslawen, also Vorfahren heutiger Völker Jugoslawiens, ihre eigenen Staaten, die sich, je nach dem Willen der benachbarten Großmächte, kurz oder lang gehalten haben.

Am Anfang des 16. Jahrhunderts befanden sich alle Länder der jugoslawischen Völker unter der Besatzung der Habsburger (Österreich-Ungarn), der Osmanen und Venedig. Slawischer Völker die Jugoslawien gegründet haben sind: Serben, Kroaten und Slowenen.

8.1. Die Völker im einzelnen

Die Slowenen oder Alpenslawen: Im 7. Jahrhundert n. Chr. entstand ein slawisches Fürstentum auf dem Gebiet des heutigen Kärnten, genant Karantanien (slowenisch Karantanija). Im Jahre 743 wandte sich Borouth, Herzog der Karantanerslawen (heute Slowenen), an Herzog Odilo von Bayern um Hilfe gegen die Awaren.

Diese wurde auch gewährt, allerdings gegen Anerkennung der bayerischen bzw. fränkischen Oberhoheit. So war es auch und im Jahre 822, unterstellten sich die heutigen Slowenen als Herzogtum Karantanien endgültig bayrischem Schutz. Sie fielen dann bis zum Jahr 1918 abwechselnd unter deutsche bzw. österreichische und zum Teil italienische Herrschaft. (1)

Die Kroaten: Ursprünglich bildeten Serben und Kroaten ein Volk und wurden nur Slawen genannt. Im 9. Jahrhundert entstand das erste kroatische Fürstentum unter dem Fürst Branimir. 843 n. Chr wird im Vertrag von Verdun Kroatien zwischen Italien und dem Frankenreich geteilt. Erst im 10. Jahrhundert wird Kroatien wieder vereinigt und 925 wurde Tomislav König von Kroatien.

Als dann König Zvonimir I., der mit einer ungarischen Prinzessin verheiratet war, ohne Nachkommen starb, erhob Ungarn Erbansprüche. Als der ungarische König Koloman im Jahre 1102 den kroatischen König Savcic im Krieg besiegte, wurde Kroatien gezwungen in Personalunion mit Ungarn einzugehen und so von ungarischem König bis zum Jahr 1918, also über 800 Jahre, verwaltet.

Die Serben: Die Geschichte der Serben unterscheidet sich von der anderer Slawen insofern, als sie viel länger unabhängig blieben. Die waren die größte Gruppe der slawischen Stämme, die Richtung Balkan aufbrach. Sie stellten sich teilweiße unter fränkischen Schutz, kämpften gegen Byzanz und Ungarn und suchten auch bei denen Schutz, schlossen Bündnisse mit Bosnien, Bulgarien, Griechenland usw.

Erstmalige urkundliche Erwähnung findet ein Staat Serbien 822 bei Einhard, dem Biographen Karl des Großen. Zu dieser Zeit regierte in Serben Zupan (Stammesanführer) Strojimir, der Enkel des früheren Zupan Voislav. Im Laufe der Zeit wird Serbien zu einer großen militärischen und wirtschaftlichen Macht. 1217 lässt sich der Groß Zupan Stefan Nemanja vom Papst Honorius III zum König krönen.

Damit bekam Stefan den Beinamen der Erstgekrönte, und die von seinem Vater begründete Dynastie der Nemanjiden war bestätigt und gestärkt.

Die größte wirtschaftliche und politische Blüte erreicht Serbien im 13. und 14. Jahrhundert. Ein Teil der Serben lebte auch in Bosnien. Dort bildeten sie ein eigenes Fürstentum, das sich hin und wieder an Serbien durch Personalunion anschließt.

Die relativ kurze Zeit im 14. Jahrhundert, in der die serbischen Zaren einen großen Feudalstaat beherrschten, der sich von der Donau bis an die Küsten der Adria und der Ägäis ausdehnte, wurde im nachhinein als Großserbisches Reich bezeichnet (3)

Als die osmanischen Türken, zuerst Anatolien eroberten, und dann im Jahre 1371 in der Schlacht an der Fluss Marica die Serben besiegten, waren sie auf ihren Marsch nach Europa nicht mehr aufzuhalten.

Am 28. Juni 1389 kam die, durch Legenden verklärte große Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo polje). Die übermächtigen Türken standen den Verbänden der Serben aus Serbien und Bosniern und Bulgaren, unter der Führung des Fürsten Lazar von Serbien gegenüber. Die Schlacht endete mit der Niederlage der Serben und so trat das Ende der serbischen Eigenstaatlichkeit ein.

Die Serben mussten zunächst die Oberhoheit der osmanischen Pforte anerkennen und nach dem Fall Konstantinopels war auch Serbien bedroht. In einem mehrjährigen Feldzug unterwarfen die Osmanen 1459 Serbien endgültig. Für dreieinhalb Jahrhunderte blieb die serbische Nation unter der Osmanen unfrei.

8.2. Befreiung von Osmanischen Herrschaft

Mehrere Jahrhunderte erstreckte sich das Osmanische Reich über das Balkangebiet, und die Balkanländer waren dadurch vom zivilisatorischen Fortschritt des Westens abgeschnitten. Die Serben versuchten dann in mehreren Aufständen, sich von der osmanischen Herrschaft zu befreien.

1804 unternahmen die Serben einen neuen Aufstandsversuch. Es gelang, weite Teile Serbiens zu befreien und eine eigene Regierung zu bilden. 1815 brach der Zweite Serbische Aufstand aus und 1833 wurden Serbien von Sultan Mahmud II mit einer Urkunde Autonomierechte des Fürstentums zuerkannt. Serbien hatte damit wieder ein eigenes Staatswesen, das durch den Berliner Kongress von 1878 auch völkerrechtlich als unabhängig anerkannt wurde

8.3. Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen

Anfang des 20. Jh. und insbesondere nach der zunehmenden Stärkung des Serbischen Staates kam es zu intensiven gegenseitigen Annäherungen der jugoslawischen Völker. Dies aber, wie auch die serbische Annäherung an Russland, entsprach nicht den Deutschen und Österreich-Ungarischen Machthabern. Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajevo im Jahre 1914 diente der Habsburger Monarchie als Anlass Serbien den Krieg zu erklären. das zu dem ersten Weltkrieg führte.

Die Südslawischen Völker in der Habsburger Monarchie und in anderen Ländern, unterstützten die Verteidigung Serbiens sowohl durch politische Hilfe als auch durch Aufstellung von freiwilligen Einheiten. Namhafte politische Emigranten aus den unter der Macht Österreich-Ungarn stehenden jugoslawischen Ländern, gründeten 1915 in Landon den jugoslawischen Ausschuss, der eine Aktivität für die Befreiung und Realisierung der Rechte der Südslawischen Völker entwickelte. Am 1.2.1918 wurde das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (später genannt Jugoslawien) verkündet.

8.4. Königreich Jugoslawien bis zum 2. Weltkrieg

Schon am Anfang der parlamentarischen Arbeit war allen klar, dass in dem neuen Südslawischen Staat sehr schwierig zu regieren sein wird. Dieser Staat war von seiner Entstehung an von starken ethnischen Spannungen geprägt. Die zentralistisch bestimmten Vorstellungen der serbischen Parteien stießen immer wieder mit den föderalistisch geprägten Vorstellungen vor allem der Kroaten zusammen. (9)

Die serbische Demokratische Partei (DS), die sich für ein Zusammenwachsen zu einer jugoslawischen Nation einsetzt, stellte mit 92 von 419 Sitzen ganz knapp die stärkste Fraktion. Die Kroatische Bauernpartei unter Radic lehnte die monarchische Staatsform als solche ab, boykottierte das Parlament in Belgrad und gründet in Zagreb eine "kroatische Volksbewegung". Die Zentralistische Verfassung wurde im Juni 1921 mit den Stimmen der Serben, Slowenen und Moslem gegen die Kroaten und Kommunisten angenommen.

Nachdem am 20.6. 1928 ein montenegrinischer Abgeordneter im Streit mit den Abgeordneten der kroatischen Bauernpartei, drei deren Parlamentarier im Belgrader Parlament erschossen hatte, setzte König Alexander die Verfassung außer Kraft und löste das Parlament auf.

Im Jahr 1929 wurde der Staat in Königreich Jugoslawien umbenannt.

Im gleichen Jahr, 1929 gründete der Kroate Ante Paveli , vorher Vorsitzender einer kroatischen nationalistischen Splitterpartei, im italienischen Exil die Ustascha -Bewegung und rief zum gewaltsamen Umsturz in Jugoslawien auf. Er wurde dabei vom italienischen Diktator Mussolini aktiv unterstützt und auch von anderen revanchistischen Länder wie Ungarn, Bulgarien, Österreich und Deutschland, die von Anfang an gegen der Gründung von Jugoslawien waren. . Die Ustascha -Bewegung unter Ante Paveli plante in der Zusammenarbeit mit der mazedonischen VMRO und mit Unterstützung des italienischen Geheimdienstes die Ermordung Königs Alexander. Zu diesem Zweck entsandten sie mehrere Mordkommandos nach Frankreich, wo Alexander zu einem Staatsbesuch erwartet wurde. Bei dem Attentat wurden König Alexander und der französische Außenminister Louis Barthou am 9. Oktober 1934 in Marseille ermordet. (9)

8.5. Der Zweite Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg blieb Jugoslawien zunächst neutral und weigerte sich, dem Dreimächtepakt unter deutscher Führung beizutreten. Erst nach offenen Kriegsdrohungen wurde das Abkommen am 25. März 1941 von der Regierung Cvetkovi Ma ek und Prinzregent Pavle unterzeichnet. Infolge dessen kam es in Serbien zu Demonstrationen, die schließlich am 27. März 1941 zu einem, von britischen Offizieren organisierten, Putsch serbischer Offiziere gegen den Regenten Pavle führte. Obwohl die neue jugoslawische Regierung versuchte, sich mit dem Deutschen Reich zu verständigen, reagiert Deutschland mit einem Überfall auf Jugoslawien.

Schon am 6. April 1941 wurde Belgrad ohne Kriegserklärung bombardiert und dabei: „kamen, laut Schätzungen bis zu 20 000 Menschen, ums Leben. Die Verluste der jugoslawischen Armee hielten sich sonst in Grenzen. Die Deutschen machten eine große Anzahl Kriegsgefangene, etwa 300.000, von denen sie die meisten aber wieder frei ließen. So waren letztendlich im Juni 1941 noch 180 000 jugoslawische Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft, und zwar vor allem Serben.“(10) Das jugoslawische Territorium wurde unter Deutschland und deren Satelliten; Italien, Ungarn,

Bulgarien, Albanien und Kroatien aufgeteilt. Der größte Teil Serbiens unterstand der deutschen Militärverwaltung. So wurde Erstes Jugoslawien vernichtet!

8.6. Das neues Jugoslawien

Nach dem zweiten Weltkrieg, vor allem nach dem Willen britischer Regierung (Churchill wollte es so haben), gewannen Titos Partisanen (Kommunisten) die Oberhand im Land. Und zwar nur deshalb, weil man sicher war, dass Tito wieder Jugoslawien im Ganzen aufbauen wollte, während die Königstreuen Tschetniks nicht mehr dazu neigten. Jugoslawien musste also. Deutschland zum Trotz weiter existiert.

Am 11.11.1945 wurden angeblich freie Wahlen für die verfassungsgebende Versammlung abgehalten, an denen die Liste der Volksfront (Partisanen) die absolute Mehrheit erhielt und damit war der Weg für den jugoslawischen Sozialismus frei.

Am 29.11.1945 wurde die “Föderative Volksrepublik Jugoslawien” ausgerufen, die aus den Republiken; Serbien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro besteht. Demnach bekamen Mazedonien und Montenegro, die zuvor Teile Serbiens waren, Republik-Status. Dazu wurden innerhalb Serbiens noch zwei autonome Gebiete; Vojvodina und Kosovo, gegründet, so dass Serbien sehr geschwächt wurde. Serbien wurde territorial verkleinert, was dem Ziel diente, eine „Hegemonie“ eines einzelnen Volkes zu verhindern, - das war Titos Parole.

Ein autonomes Gebiet in Kroatien für die Krajina-Serben, wo sie die Mehrheit ausmachten, hat Tito abgelehnt. Sie erhielten jedoch die konstitutionellen Rechte innerhalb der Sozialistischen Republik Kroatien. Das bedeutet, die Serben waren mit Kroaten als zweites Staatsvolk gleichgestellt. (13)

9. Jugoslawische Sozialismus und Demokratie

9.0. Strukturelle Merkmale Jugoslawiens

Jugoslawien, wie wir schon gesehen haben, besteht aus 6 sozialistischen Republiken und zwei autonome Provinzen und ist durch eine Vielvölkerstruktur gekennzeichnet.

Bei der Volkszählung 1971 gab es in Millionen: Montenegrinern 0,5, Kroaten 4,6, Makedonier 1,2, Muselmanen 1,8, Slowenen 1,7 und Serben 8,2. Deren, die sich für keine Nationalität erklärten gab es 0,3 Mill. Von den Angehörigen der Völkerschaften nationaler Minderheiten gab es 1,4 Mill. Albaner, 478 000 Ungarn, 128 000 Türken, 84 000 Slowaken, 78 000 Romi, 59 000 Bulgaren, 58 000 Rumänen, 25 000 Tschechen, 22 000 Italiener, 14 000 Ukrainer und 13 000 Deutsche sowie andere kleinere Gruppen wie z.B. Juden, Griechen usw.

In Jugoslawien gibt es 4 Religionen, das sind: die Römischkatholische, die Orthodoxe, die Mohammedanische und die Jüdische.

Anerkannt sind 5 gleichberechtigte Amtssprachen: Serbokroatisch (Kroato-serbisch) Makedonisch, Slowenisch, Albanisch und Ungarisch. Im westlichen Teil Jugoslawiens dominiert das lateinische, im östlichen Teil das kyrillische Alphabet.

Mit den so zahlreichen und verschiedenartigen elementaren Widersprüchen der: Nationalitäten, Sprachen, Kulturen, Religionen, Sitten und Gebräuchen begannen die jugoslawischen Ideologen und Politiker ein neues Jugoslawien auf der Basis der proklamierten sozialistischen Gesellschaftsordnung aufzubauen.

9.1. Der administrative Sozialismus

In den ersten Nachkriegsjahren 1946 wurde in Jugoslawien eine Reihe von Gesetzen erlassen, die zu grundlegenden, gesellschaftlichen Veränderungen führten. Eine der drastischen Maßnahmen war die Verstaatlichung der Privatunternehmer. Davon waren die wichtigsten Wirtschaftszweige betroffen. Die Eigentümer erhielten, wenn überhaupt nur eine pro forma Entschädigung. Zwei Jahre später im Jahre 1948 wurden auch Wohngebäude und Bauland verstaatlicht. Die Unternehmen wurden ausschließlich von staatlichen Organen geleitet. Die wichtigsten Fragen wurden zentral entschieden, so z.B. die Gründung und Auflösung von Unternehmen, die Produktionspläne, die Verteilung der Rohstoffe und Fertigungsprodukte, die Löhne der Beschäftigten, die Kreditpolitik und andere.

9.2. Konflikt mit der Sowjetunion 1948

Die zentrale Planwirtschaft oder der administrative Sozialismus wie ihn heute die Jugoslawen nennen, war im Wesentlichen nach sowjetischem Vorbild orientiert. Diese aber dauerte nur bis 1948 als es zu zunehmenden Spannungen zwischen Jugoslawien und der Sowjetunion kam. Wie dieser administrative Sozialismus aussah, und weshalb man ihn aufgehoben hat, schildert in seinem Buch, ein hoher Funktionär, Milojko Drulovic;

"Der Verwaltungsapparat blähte sich auf, für die Arbeiter bestanden keine Leistungsanreize, sie waren nicht im ausreichenden Maße' an der Produktion interessiert, so dass sie langsam und nicht wirtschaftlich arbeiteten.

Der Aufbau der Gesellschaft nach 'dem Modell der UdSSR worauf Stalin bestanden hatte, entsprach sicherlich nicht unseren besonderen Gegebenheiten. Es ist schwer zu sagen, in wieweit die damals führenden Politiker sich dieses politischen Dilemmas bewusst waren. Sollte man die bekennten Wege einschlagen oder einen eigenen Weg gehen? Man kann nicht abschätzen, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt hätte, wenn im Jahre 1948 der Konflikt mit Stalin vermieden worden wäre.

Jeder Versuch den Staat gegen den Willen des Volkes blindlings' der kommunistischen Partei und Staat zu unterwerfen, vor allem einer fremden Macht, hätte zu einem Konflikt zwischen den Massen und den führenden Revolutionären geführt. Wir mussten also eigene Wege suchen, um sicher zu stellen, dass die Arbeitermassen auch nach dem Sieg der Revolution aktiv an ihrem Schicksal mitwirken.

Die Exkommunizierung Jugoslawiens durch Stalin und den Komiform, der militärische und politische Druck, und die schwerwiegenden wirtschaftlichen Sanktionen, dies alles war für Jugoslawien eine echte, unerwartete Katastrophe. Mehr als ein Jahr drohte Hungersnot, und das Land war um des Über Lebenswillen gezwungen, Hilfe bei kapitalistischen Ländern zu suchen." (1)

9.3. Forderung nach Initiativen des Volkes

Im Jahre 1949 sagte Edward KardeI (der bis zum Tode 1969 als Hauptideologe der ASV gelt) im Parlament noch vor der Einführung der ASV: "Es ist nicht möglich, dass ein noch so vollkommener bürokratischer Apparat, auch wenn in ihm geniale Leute sind, den Sozialismus aufzubauen.

Der Sozialismus kann sich nur auf Grund von Millionen Initiativen unter der Führung der kommunistischen Partei entwickeln. Das heißt also, dass die Entwicklung des Sozialismus auf keinem anderen Weg erfolgen kann, als durch ständige Verbesserung der sozialistischen Demokratie im Hinblick auf Vergrößerung der Verwaltungsrechte der arbeitenden Bevölkerung." (2)

9.4. Die Einführung der Arbeiter-Selbstverwaltung (ASV)

Mit Titos Worten: "Die Fabriken den Arbeiter" die .bereits in die Geschichte mit dem Prädikat des Legendären eingegangen sind, wurde die Geburt der ASV in Jugoslawien eingeleitet. Wie es jedoch im Einzelnen, und unter dessen Mitwirkung bzw. Gedanken das Vorhaben zu Stande kam, ist heute noch nicht genau bekannt.

Nach Untersuchungen der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (Arb. Heft 6) ist die Initiative der ASV und deren Durchsetzung von einem dynamischen Prozess in der jugoslawischen Führungsspitze eingeleitet worden. (3)

Diese Auffassung ist durchaus realistisch und würde dafür sprechen, dass die ASV in ihrem Entwurf das Produkt eines Kollektivs ist.

Bemerkung:

Laut gesetzlicher Definition, der Begriff - Arbeite r - entspricht den deutschen Begriff - Arbeitnehmer.

9.5. Versuchsmodell der Arbeiterräte (Arbeitnehmerräte)

Übereinstimmend zeigt die jugoslawische Literatur, dass sich die Partei hauptsächlich auf die Erfahrungen der Pariser Kommune und ihre Analyse durch Marx gestützt habe. Nach der Darstellung von Drulovi , wurde zunächst ein Versuch für die Einführung der ASV vorgenommen, der folgendermaßen aussah:

"Im November 1949 erhielten 215 große Unternehmen, Vorsitzende der Gewerkschaft Jugoslawiens und Boris Kidri , damaliger Wirtschaftsminister, eine Direktive über die Funktion von Arbeiterräten. Diese ersten erdachten Arbeiterräte (im weiteren Text) Arbeitnehmerräte sollten für folgende Bereiche zuständig sein:

Ausarbeitung der Unternehmungspläne, Vorschläge für Produktionsausweitung, Anhebung der Produktivität und Qualität, Aufstellung von Fachkadern, Arbeitsdisziplin, Aufstellung von Vorschlägen über Arbeitsnormen und Arbeitsplatzsystematisierung. Die Arbeiterräte sollen in geheimen Wahlen von allen Beschäftigten gewählt werden.

Der Direktor war automatisch Mitglied des Arbeitnehmerrates. In Fragen, in denen der Direktor nicht mit dem Arbeitnehmerrat übereinstimmte, sollte ein höheres Organ der staatlichen Verwaltung entscheiden. Die Mitglieder des Arbeitnehmerrates, aber auch die gesamten Arbeitnehmerräte konnten von Arbeitnehmern vor dem Ablauf ihres Mandates abberufen werden." (2)

Nachdem die zum Versuch eingeführten Arbeitnehmerräte in 215 Unternehmen einige Sitzungen und Beschlüsse durchgeführt hatten, sandten sie ihre Protokolle nach Belgrad. Das Material wurde als positiv beurteilt.

Damit war es auch den anderen Unternehmen, die dazu veranlasst waren, erlaubt, die Arbeitnehmerräte einzuführen. Es soll schon ca. 500 Unternehmen gegeben haben, die die Arbeitnehmerräte noch vor Inkrafttreten des Gesetzes über ASV eingeführt hatten.

9.6. Proklamation des Gesetzes über Arbeiter-Selbstverwaltung (ASV)

Am 27 Juni 1950 sagte Präsident Tito im Parlament: "Die Parole, Fabriken den Arbeitern - das Land den Bauern - ist kein abstrakter Propaganda Satz, sondern trägt in sich einen tiefgehenden Sinn ••• Im Hinblick auf das gesellschaftliche Eigentum, im Hinblick auf Rechte und Pflichten der Arbeiter-, deswegen kann und muss sie in der Praxis verwirklicht werden, wenn wir tatsächlich den Sozialismus aufbauen wollen."

Das frühere Versuchskonzept hat man jetzt durch das erlassene Gesetz folgendermaßen geändert:

Der durch geheime Wahlen gewählte Arbeitnehmerrat soll aus eigenen Reihen einen Verwaltungsausschuss wählen. Ein Mitglied des Arbeiterrates kann nur auf zwei Jahre gewählt werden, und eine unmittelbare Wiederwahl war ausgeschlossen. Die Zahl der Mitglieder des Arbeitnehmerrates war je nach der Zahl der Beschäftigten eines Unternehmens, auf 15 bis 120 Personen beschränkt. Unternehmen, die weniger als 30 Arbeitnehmer beschäftigten, wählen keinen Arbeitnehmerrat, sondern die Rolle des Arbeitnehmerrates wird durch das gestammte Kollektiv ausgeübt. (5)

Neben den durch das Versuchskonzept erteilten Aufgaben des Arbeitnehmerrates wurde ihm jetzt auch das Recht auf Verfügen und Verteilen eines Teils des erwirtschafteten Gewinns zugesprochen. Weiterhin soll der Arbeitnehmerrat mit den zuständigen Organen das Unternehmensstatut ( Betriebsordnungsgesetz ) erarbeiten und beschließen.

Der Direktor des Unternehmens war für die Einführung der gesetzlichen Verpflichtungen und der Pläne verantwortlich. Er war nicht mehr Mitglied des Arbeitnehmerrates, sondern als Mitglied des Verwaltungsausschusses führte er die Beschlüsse des Arbeitnehmerrates aus. An der Wahl des Direktors waren Arbeitnehmerrat und Gemeindevertreter mit dem gleichen Stimmenverhältnis beteiligt. (5)

Die Gemeinde konnte somit über die Wahl des Direktors die Betriebsführung sowie die

Geschäftspolitik des Unternehmens beeinflussen, und sogar auch steuern. Die ASV war damals nur auf dem Bereich der Wirtschaft beschränkt.

10. Entwicklung und Störfaktoren der Selbstverwaltung

10.0 Beginn neuer Demokratie am Arbeitsplatz

In der ersten Phase der ASV spielte der Staat weiterhin eine wichtige Rolle. Der Staat setzte nämlich die rechtlichen und wirtschaftlichen Grenzen, in deren Rahmen die Arbeitnehmerräte wirkten, erhob die verschiedenen Steuern und setzte die Löhne und Preise fest.

Um den Organen der Selbstverwaltung einen größeren Raum an Selbstständigkeit zu erlauben, musste man ein neues Wirtschaftssystem aufbauen. Dafür war es notwendig, das Planungssystem, die Einkommensverteilung und Entlohnung zu verändern, sowie die Beziehungen zwischen dem Staat und den Unternehmen auf eine neue Ebene zu bringen. Nachdem diese Bedingungen erfüllt wurden, hat der Staat nur noch in wichtigsten Industriebereichen die Investitionen ausgeführt, und es wurde den Unternehmen nicht mehr vorgeschrieben, was sie und zu welchen Preisen produzieren müssen. (6)

Die Unternehmen mussten, je nach der Wirtschaftslage, an den Staat einen bestimmten Betrag als Steuer abgeben. Die Funktion der Banken wurde so verändert, dass ihre Aufgabe hauptsächlich war, der Wirtschaft Kredite zu gewährleisten, und deren erworbenes Kapital anzulegen. Im Bereich der Basisindustrie, der Energie, im Transport und bei Getreide wurden die Preise weiterhin administrativ kontrolliert. (6)

Einige Jahre nach der Proklamierung des Gesetzes über ASV in den Wirtschaftsbetrieben, wurde sie auch bei der Eisenbahn, Post, Wasserversorgung, städtischen Verkehr und anderen Dienstleistungsbetrieben eingeführt. Im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens, Schulen, Universitäten, Banken, Ämtern u.a. Anstalten gab es damals noch keine ausreichenden Ideen, um die ASV einzuführen. (7)

Damit begannen die jugoslawischen Kommunisten ein in der Geschichte des Proletariats häufig angestrebtes, jedoch immer wieder gescheitertes Experiment über: "Demokratie am Arbeitsplatz" zu konstituieren, mit anderen Worten, die Werktätigen sollen, zumindest beginnen, die Verwaltung, die Kontrolle, aber auch die Verantwortung an sich zu übernehmen.

10.1. Reaktionen und Begeisterungen

Die Idee war sehr gut, sogar fantastisch, aber selbst bei der Entscheidung die ASV einzuführen, gab es sogar bei den Politikern keine Einigung. Zu dieser Erkenntnis kommt man aus den Erinnerungen von Svetozar Vukmanovic genannt Tempo, damaliger Spitzenfunktionär, als er schrieb: (8)

"Es kam damals zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der kommunistischen Partei." aber auch anderswo, und innerhalb des Volkes hat man verschiedene Fragestellungen zu hören bekommen: "Ist die Zeit dafür reif? Wird die Ideologie nicht versagen? Ist der Träger (die Arbeiter) der ASV ausreichend fähig? Sind die politischen Institutionen bzw. Gemeinden fachlich, ideologisch und moralisch dafür ausgerüstet?"

Zweifellos ist es schwierig solche Fragen heute zu beantworten, ob die Einführung der ASV für jugoslawische Verhältnisse zu früh oder rechtzeitig war, sicher ist aber, dass der Schritt den .jugoslawischen Arbeitern ein hohes Maß an Demokratie brachte. Die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung war von der Idee der ASV begeistert, mit der Vorstellung: "Wir werden das im kurzen schaffen, was die UdSSR seit nun mehr als 30 Jahren nicht wollte und nicht kannte." Zu dieser Vorstellung haben auch zahlreiche Manifeste und programmatische Reden der führenden Politiker beigetragen.

10.2. Misserfolge der Kommunisten als Manager

Im Laufe der Zeit hat sich aber herausgestellt, dass die Vorstellung der Masse nicht so einfach zu verwirklichen war, und dass die Differenzen zwischen Ideen der führenden Politiker und dem Verhalten der für die Durchführung der ASV verantwortlichen Organe oft zu groß waren. Die Ursache dieser Differenzen lag vor allem an dem bürokratischen und egoistischen Verhalten, sowie am mangelnden fachlichen Wissen mancher Funktionäre.

Die meisten Unternehmen wurden von Direktoren geführt, die keine hohe oder höhere Ausbildung hatten, sondern als führende Persönlichkeiten des Krieges und der Revolution durch starken Einfluss der Gemeinden bevorzugt wurden. (9)

Die Hoffnung von Treue und Moral der Kommunisten war insbesondere enttäuschend, während man gegenüber den Fachleuten, die nicht der Partei angehörten, misstrauisch war. Selbst der damalige Minister Vukmanovi -Tempo schreibt heute:

"Als ich Minister wurde, besetzte ich die führenden Stellen im Ministerium, in den Verwaltungsräten, und Bergwerkbetrieben mit Kommunisten. Ob es sich bei ihnen um Fachleute handelte, war dabei von zweitrangiger Bedeutung •••• Leider erwies sich diese, meine Politik schon bald als Fehlschlag ••• • Um ein guter Manager zu sein, reichte es nicht aus, dass man ein guter Kommunist war. Immer mehr Kommunisten wechselten von ihrem Arbeitsplatz in der Fabrik in die Verwaltung über, gleichzeitig wuchsen aber auch die Privilegien der Büroangestellten. Fast alle Zweige der Verwaltung besaßen ihre eigenen Güter, von denen sie Lebensmittel zu herabgesetzten Preisen bezogen. Sie besaßen Villen am Meer oder in den Bergen, wo die Verwaltung ihre Ferien verbrachte." (10)

10.3. Rollen-Reorganisation der Kommunisten und Funktionäre

Aus dieser Aussage von Vukmanovi kann man eindeutig erkennen, dass die ASV unter solchen Voraussetzungen keinerlei Erfolge an sich messen konnte. Es war also notwendig, vieles zu ändern, was auch getan wurde, wie z.B. neue Reformen, neue Verfassungen und Verfassungsänderungen und vieles mehr, um etwas nach vorne zu kommen. Die Verfassung von 1963 und die Umstrukturierung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) 1966 waren von besonderer Bedeutung.

Durch erwähnte Verfassung wurde ein Rotationsprinzip für Funktionäre in allen öffentlichen Ämtern und leitenden Positionen eingeführt. Dies gilt auch für Direktoren der Unternehmen, die seitdem von den Arbeitern nur auf bestimmte Zeit zu wählen sind.

Die Umstrukturierung der KPJ brachte eine Trennung zwischen Partei- und Regierungsämtern, d.h. ein Funktionär der KPJ kann nicht gleichzeitig ein Funktionär der Regierung bzw. 'der Verwaltung sein. (11)

All diese und viele andere zahlreiche Neuerungen Öffneten dem jugoslawischen Volk neue Wege zur Demokratie und vor allem zum weiteren Aufbau der ASV.

Verfolgt man die bisherigen Gesetzesänderungen und Initiativen, die zum Zwecke des weiteren Aufbaus der ASV in Jugoslawien dienten, so könnte man die erste lebendige ASV als ein Spektrum von Versuchen bezeichnen, die den Aufbau eines erfolgreichen Prototyps vorausgesetzt haben

10.4. Korrektur der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung

a) Verfassungs- Änderungen:

Nachdem die Verfassung von 1946 keine langfristigen Ziele der Neuorientierten Gesellschaftspolitik beinhaltet hatte, war es notwendig nach der Einführung der ASV, ein zweites Verfassungsgesetz zu entwerfen, das 1953 in Kraft trat. Diesem folgten dann eine dritte im Jahre 1963 und schließlich die vierte Verfassung von 1974 in der Entwicklung des sozialistischen Jugoslawiens. An der erwähnten Verfassung von 1963 wurden im Jahre '967, 1968 und '971 Verfassungsänderungen durchgeführt, die vorwiegend in de neue Verfassung einbezogen wurden.

b) Wirtschafts-Reformen:

Ebenso häufige Veränderungen sind an der Entwicklung des jugoslawischen Wirtschaftssystems vorgenommen worden. Es wurden fünf umfassende Wirtschaftsreformen durchgeführt: Die Transformation des Wirtschaftssystems 1950-1952, die Einführung des Gewinnprinzips 1954, die Wirtschaftsreform 1961 und Wirtschafts- und Gesellschaftsreform 1966.

Die Zahl der erlassenen rechtlichen Vorschriften (auf Bundesebene), die in den Wirtschaftsprotzes eingegriffen haben, in der Zeit von 1950 bis 1965 beträgt 1798, d. h. im Durchschnitt wurden ca. 129 Vorschriften pro Jahr erlassen. (13)

Mit der Reform von 1965, der Verfassung von 1974 und dem Gesetz über assoziierte (vereinigte) Arbeit von 1976 soll der Aufbau des jugoslawischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zumindest vorübergehend abgeschlossen sein.

11. Resultate neuer Demokratie am Arbeitsplatz in Jugoslawien

11.0. Gesellschaftliche Selbstverwaltung

Nach Theorie und bisher erreichtem praktischen Niveau, wird die jugoslawische

Wirtschaftsordnung als "Sozialistische Marktwirtschaft" bezeichnet, die auf der freien assoziierten (vereinten) Arbeit und auf der Selbstverwaltung der arbeitenden Menschen beruht.

Das Prinzip der Selbstverwaltung (SV) wurde inzwischen in allen Bereichen der gesellschaftlichen Organisationen eingeführt und infolge dessen wird das jugoslawische System auch Gesellschaftliche Selbstverwaltung genannt. Die jugoslawische Verfassung sagt schon 1963:

"Das Recht des Bürgers auf Selbstverwaltung ist unverletzlich." Demnach gilt die SV in der Wirtschaft und in den Dienstleistungsbereichen als Grundlage der gesellschafts-wirtschaftlichen Ordnung in Jugoslawien. (14)

Unter Dienstleistungen sind folgende Instanzen zu verstehen:

Ausbildung, Gesundheit, Versicherung, soziale Fürsorge, Kunst und Wissenschaft, Banken, gesellschaftlicher Buchführungsdienst usw.

11.1. Grundbegriffe der gesellschaftlichen Selbstverwaltung

Das gesellschaftliche Eigentum ist die Ausgangsgrundlage der assoziierten Arbeit und der Selbstverwaltungsgesellschaft. Unter gesellschaftlichem Eigentum versteht man, dass alle Produktionsmittel, geschaffenen Güter und Werte sowie Naturreichtümer keinen Einzelpersonen gehören, keiner Gruppe und auch nicht dem Staat, sondern dass sie direkt und selbständig von dem vereinten Arbeitnehmer verwaltet und genutzt werden. (15)

Arbeiter im Sinne des Gesetzes über assoziierte (vereinte) Arbeit sind alle Personen, die mit gesellschaftlichen Mitteln arbeiten, also unabhängig davon, welche Funktion sie ausüben. (16)

Bemerkung: Hiernach der Begriff Arbeiter entspricht dem deutschen Begriff Arbeitnehme r und die Formulierung Arbeiter-Selbstverwaltung entspricht Arbeitnehmer-Selbstverwaltung.

Die gesellschaftliche und materielle Stellung der Menschen wird allein durch die Arbeit und Resultate der Arbeit bestimmt. (17)

Durch den Eintritt eines Arbeitnehmers in die vereinte Arbeit, z.B. in ein Unternehmen, erlangt er das Recht, frei und gleichberechtigt mit anderen Arbeitnehmern die Arbeit, Geschäftstätigkeit und Produktionsmittel zu verwalten, sowie über Verteilung und Nutzung des realisierten Einkommens zu entscheiden. (18)

Die menschliche Arbeit wird eingeleitet in; vergangene, vergegenständliche Arbeit (Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstände) und laufende, lebende Arbeit (unmittelbarer Aufwand menschlicher Arbeitskraft). (19)

Eine Verbindung von vergangener und laufender Arbeit wird aber gefordert vor allem, damit die Arbeitnehmer das entscheidende Wort über die Mittel der gesellschaftlichen Reproduktion haben, und an den Früchten der gesteigerten Produktivität teilnehmen können. (19)

Das Einkommen (Erfolg) eines Unternehmens ist ein Teil der lebenden menschlichen Arbeit bzw. ein neuer im Produktionsprozess geschaffener Wert.

Bemerkung: Unter den Verhältnissen der BR-Deutschland, wo die Kapitaleigentümer die

Unternehmensträger sind, ergibt sich die Erfolgsdefinition, die auch Gewinnprinzip genannt wird, wie folgt: (20)

Erfolg (Gewinn) = Ertrag minus Aufwand

Hierbei sind im Aufwand neben den Materialkosten und Amortisation, auch die Löhne und Gehälter enthalten.

In der jugoslawischen Wirtschaft, in der die Beschäftigten (Arbeitskollektiv) die Unternehmensträger sind, gilt die Erfolgsdefinition bzw. Einkommensprinzip folgendermaßen: Erfolg (Einkommen) = Ertrag minus Aufwand Der Unterschied liegt darin, dass im Aufwand die Materialkosten und Amortisation nicht, aber die persönlichen Einkommen (Löhne und Geh ä lter) inbegriffen sind.

Das Einkommen wird wie folgt gebildet:

Von oben definiertem Einkommen wird ein Teil für persönliches Einkommen. ein Teil für erweiterte Reproduktion (Akkumulation), und ein dritter Teil zu Befriedigung der allgemeinen, gesellschaftlichen Bedürfnisse; Ausbildung, Gesundheit, Sozialschutz, Staatsverwaltung, Verteidigung u.a.) abgezweigt. (21)

Selbstverwaltungsabkommen ist die grundlegende und Hauptform der unmittelbaren Verständigung von Grundorganisationen (Betriebseinheiten) assoziierter (vereinter) Arbeit, Arbeiterorganisationen (Unternehmen) und dgl. zur Festlegung ihrer gegenseitigen Beziehungen im Bereich der Verteilung, Akkumulation und Koordinierung gemeinschaftlicher Interessen. (19)

Dasselbe gilt, jeweils ohne politische Vertreter, auch bei der Regelung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Beziehungen zwischen Arbeitsorganisationen in den Bereichen von Wirtschaft und gesellschaftlichen Dienstleistungen. (19)

Selbstverwaltungsabkommen haben den Charakter von Verträgen, die zwischen den Grundorganisationen und Arbeitsgemeinschaften eines Unternehmens, sowie zwischen einzelnen Unternehmen und gesellschaftlichen Dienstleistungen abgeschlossen werden. Das Wesentliche der Abkommen, die zwischen Grundorganisationen und Arbeitsgemeinschaften erfolgen, wird bei der Beschreibung dieser beiden Betriebseinheiten erläutert.

Privateigentum: Im Zusammenhang der gesellschafts-wirtschaftlichen Beziehungen erscheint es als wichtig zu erwähnen, dass in Jugoslawien neben dem gesellschaftlichen Eigentum auch Privateigentum bzw. Eigentumsrecht in bestimmten Bereichen vorhanden ist. Vor allem in der Landwirtschaft werden über 80% des bebauten Bodens von Bauern im privaten Besitz bewirtschaftet. (22)

Das Eigentumsrecht ist jedoch bis zu höchstens 10ha je Hauswirtschaft garantiert. (23)

Im Handwerk spielt der private Sektor auch eine beachtliche Rolle; mit einem Anteil von über 60%, im Gaststättengewerbe. 18%, im Straßenverkehr 15%, im Baugewerbe 14%. (24)

Die Zahl der Beschäftigten in Privatbetrieben darf nach geltendem Recht fünf Personen nicht überschreiten. Die Beschäftigung einer fremden Arbeitskraft zwecks Erwerbs von eigenem Einkommen ist verboten. (23

11.2. Struktureller Aufbau der jugoslawischen Unternehmen

Eine der wichtigsten Grundlagen für die tatsächliche Ausübung der Selbstverwaltungsrechte aller Beschäftigten ist die Überschaubarkeit einzelner Unternehmensbereiche, die nur durch besondere Formen des strukturellen Aufbaus der Unternehmen zu erreichen ist.

Diese Aufbauformen können verschiedenartig sein, jedoch das Recht auf unmittelbare Entscheidungen über alle Fragen, die in einem Arbeitsprozess auftreten, müssen den Beschäftigten in dem Arbeitsprozess gewährleistet werden.

11.3. Grundorganisationen vereinter Arbeit (= GOVA) (s. Artikel 14 unten)

Die grundlegende Form solcher Selbstverwaltungsbereiche, in denen die arbeitenden Menschen selbst die Produzenten, Verwalter und Planer sind, ist die so genannte Grundorganisation der vereinten Arbeit (etwas wie Zweigbetrieb oder Zweigniederlassung)Der Artikel 14 des Gesetzes über vereinter Arbeit (GüvA) sagt:

"Die Arbeitnehmer in jedem Teilbereich einer Arbeitsorganisation (eines Unternehmen), die eine Arbeitseinheit ausmachen, in der sich das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit selbständig als Wert in der Arbeitsorganisation oder am Markt ausdrücken lässt und in der sie ihre Selbstverwaltungsrechte ausüben können, haben das Recht und die Pflicht einem solchen Teilbereich als Grundorganisation vereinter Arbeit zu organisieren."

Damit bildet die Grundorganisation Vereinter Arbeit (im weiteren Text: Grundorganisation) die Grundlage für die Vereinigung der Arbeit und der Mittel zu einer Arbeitsorganisation (Unternehmen).

Technologisch und organisatorisch sind die Grundorganisationen abgerundete Teilbereiche einer Arbeitsorganisation (d.h. ohne Zusammengehörigkeit der Produktion - Fachdienst - Administration) und als solche können sie nur als Bestandteil einer Arbeitsorganisation bestehen. (25) Das Recht eine Grundorganisation innerhalb einer Arbeitsorganisation (d.h. Unternehmen) bilden zu können, haben die zusammengehörigen Produktionsabteilungen für sich und die jeweiligen Fachdienste des Unternehmens. (31)

Bei den großen Unternehmen ist das meistens der Fall, dass sowohl die bestimmten Produktionsbereiche (z.B. Gießerei, Schlosserei, Dreherei, Montage) als auch Fachdienste (z.B. Entwicklung. Marktforschung, Verkauf, Datenverarbeitung) jeweils für sich eine Grundorganisation vereinter Arbeit organisieren.

Die Grundorganisationen sind verpflichtet ein gegenseitiges Abkommen (d.h. Selbstverwaltungsabkommen) abzuschließen, in deren Rahmen sie ihre Rechte und Pflichten einzuhalten haben.

11.4. Das Wesen des Selbstverwaltungsabkommen der GOVA

Das Selbstverwaltungsabkommen enthält die Grundsätze über Vereinigung der Arbeit und der Mittel zu der Arbeitsorganisation, nach der die Arbeitnehmer der Grundorganisation die .Gesellschaftswirtschaftychen Beziehungen regeln sollen. Insbesondere die Verwaltung und Aufteilung des Einkommens, die Verteilung der Mittel für persönlichen Verbrauch und die Arbeitsverhältnisse werden durch das Abkommen vereinbart. (26)

Jede Grundorganisation ist dann in dem vereinbarten Rahmen vollkommen selbständig in Bezug auf Gewinne und Verluste, hat eigene Verwaltungsorgane, erlässt eigenen Statut (Betriebsordnung), hat eigenes geschäftsführendes Organ (Direktor) und kann den Status einer juristischen Person haben. (27)

Das Reineinkommen einer Grundorganisation wird in Übereinstimmung mit dem Gesetz auf persönliches Einkommen, gemeinsamen Verbrauch (Wohnung, Erholung, Ausbildung u.a.) sowie Investitions- und Reserveschaffung geteilt. (28)

Die Beschäftigten der Grundorganisation erlassen einen Selbstverwaltungsakt nach dem die Maßstäbe für die Verteilung dieses Reineinkommens festgelegt werden. (29)

Das Statut der Grundorganisation enthält, neben den zahlreichen betrieblichen Vorschriften, auch Bestimmung über; Zusammensetzung, Wahl, Abberufung oder Auflösung und Wirkungskreis der Verwaltungs- und Geschäftsorgane, Pflichten und Rechte dieser Organe, sowie Grundgesetze über Arbeitskontrolle, Aufstellung der Produktionspläne, Verwaltung über Produktionsmittel u. a. (30)

11.5. Arbeitsgemeinschaft (= AG) (Administration + Fach- und Hilfsdienste)

Tätigkeiten, die von dem gemeinsamen Interesse für alle Grundorganisationen des Unternehmens sind, werden durch eine Vereinigung von Administrations- und Hilfsdienste, die Arbeitsgemeinschaft genannt wird, verrichtet. (32)

Zu der Arbeitsgemeinschaft gehören grundsätzlich:

- Personalwesen, Buchhandlung, Evidenz .und Statistik,
- Rechtswissenschaftlicher Dienst,
- Steno- und Daktylographie,
- Instandhaltungsdienst,
- Archivarbeiten und andere Hilfsdienste. (32)
- Die Fachdienste; z. B. Einkauf/Verkauf, Entwicklung/Konstruktion, Forschung u.a. wie schon erwähnt, können jeweils eine Grundorganisation bilden, sie können sich aber auch zu der Arbeitsgemeinschaft vereinigen.

Ihre Lage ist vor allem von der Größe und Komplexität, sowie auch von den individuellen Entscheidungen der Beschäftigten eines Unternehmens abhängig. Es können eine oder mehrere solche Arbeitsgemeinschaften in einer Arbeitsorganisation gegründet werden, die wieder nach der Größe des Unternehmens organisiert wird.

Eine Arbeitsgemeinschaft ist weder ökonomisch noch juristisch selbständig, hat aber eigene Selbstverwaltungsorgane und einen Dienstführenden Leiter (Direktor). Ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Grundorganisation werden durch das Selbstverwaltungsabkommen geregelt. ( 33)

11.6. Das Wesen des Selbstverwaltungsabkommen der AG

Durch das Selbstverwaltungsabkommen wird insbesondere festgelegt:

Die Art und Weise der von der Arbeitsgemeinschaft zu erledigenden Arbeit, Maßstäbe für ihren Einkommenserwerb, Befugnisse über Verwaltung und Nutzung der zur Durchführung ihrer Arbeit erforderlichen Mittel, sowie auch Art und Wiese der Koordination zwischen dem geschäftsführenden Organ der Grundorganisation und dem Leiter der Arbeitsgemeinschaft. (34)

11.7. Arbeitsorganisation vereinter Arbeit (= AO) (Gesamtunternehmen oder Konzern)

Die Arbeitsorganisation bildet eine Schale der in ihrem Gefüge durch gemeinsames Interesse zusammengeschlossenen Grundorganisationen (= Konzern). Sie ist eine Selbstverwaltende Wirtschaftseinheit, hat ein eigenes Statut. das von der Mehrheit der Arbeiter aller Grundorganisationen bewilligt wird. sowie einen zentralen Arbeiterrat als Koordinator und das geschäftsführende Organ mit Weisungsbefugnissen.

Organisatorisch gesehen sind in Jugoslawien verschiedene Gestaltungsformen der Arbeitsorganisationen vorhanden.

Die verschiedenen Gestaltungsformen beziehen sich hauptsächlich auf Bildung von Grundorganisationen innerhalb einer Arbeitsorganisation und dies ist von der Größe bzw. Komplexität des Unternehmens abhängig.

11.8. Gestaltungsformen der Arbeitsorganisationen (AO)

Beispiel Gestaltungsform A

Organisationsform eines großen Unternehmens mit einigen Fachdiensten als selbständige Grundorganisation und einer als Arbeitsgemeinschaft. (35)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 1: Arbeitsorganisation Form A

GOVA = Grundorganisation vereinter Arbeit

Beispiel Gestaltungsform B

Bei den mittleren und kleineren Unternehmen sind alle Fachdienste meistens in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. (35)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2: Arbeitsorganisation Form B

GOVA = Grundorganisation vereinter Arbeit

Beispiel Gestaltungsform C

Kleine Betriebe in deren Gefüge keine Grundorganisationen vorhanden sind, stellen auch eine Arbeitsorganisation dar, und die Selbstverwaltungsprinzipien sind die gleichen wie bei der Grundorganisation vereinter Arbeit. (35)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3: Arbeitsorganisation Form C

11.9. Zusammengesetzte Organisationen

Eine Vereinigung der Arbeitsorganisationen zu einer so genannten zusammengesetzten

Organisation der vereinten Arbeit ist ebenfalls erlaubt und wird praktiziert.

Organisatorisch gesehen ist diese Vereinigung der Arbeitsorganisationen mit den westlichen Konzernen ähnlich, d.h. ein Zusammenschluss der aufeinander folgenden Stufen ( Vertikale ) oder der gleichen Produktionsstufe ( Horizontale ). Der Unterschied zu den Konzernen liegt darin, dass alle Entscheidungen von unten (von Grundorganisation) nach oben (bei Konzernen von oben nach unten) geleitet werden. Eine solche Vereinigung ist nur dann möglich, wenn eine Mehrheit der Arbeiter in den Grundorganisationen sich dafür entscheidet.

12. Realisationsformen der Selbstverwaltung

12.0. Unmittelbare Entscheidungen

Die wichtigsten ökonomischen und sozialen Fragen der Beschäftigten werden unmittelbar in der Versammlung der Grundorganisationen diskutiert und entschieden. (36) Die Versammlung des Gesamtunternehmens sowie die Versammlungen der Grundorganisationen sind die Träger des Referendums, d.h. einer geheimen Abstimmung über die in ihren Statuten festgelegten wichtigen Fragen der Entwicklung. (36)

Zu den wichtigsten Entscheidungen der Arbeitnehmer durch das Referendum, die gesetzlich vorgeschrieben sind, zählen;

- Beschlüsse über die Annahme des Statuts, sowie dessen Änderungen und Ergänzungen
- Grundlagen und Maßstäbe des Selbstverwaltungsabkommen,
- Wahl und Abberufung des Verwaltungsorgans (Arbeiterrat),
- Entwicklungsplan des Unternehmens,
- Gründung oder Abspaltung einer Grundorganisation,
- Fusion mit anderen Unternehmen,
- Maßstäbe für die Verteilung der Mittel für persönliches Einkommen (Lohn),
- Beschlüsse über den Reserve- und gemeinsamen Verbrauchsfond, Erweiterungsinvestitionen und andere Belange des Unternehmens.. (37)

Die Vorlage der oben eingeführten Fragen wird durch das geschäftsführende Organ der Grundorganisation vorbereitet, von dem Arbeiterrat wird erörtert, bestätigt und an die Arbeiterversammlung zum Referendum vorgelegt. (38)

Für alle Fragen über die die Arbeitnehmer durch das Referendum zu entscheiden haben, muss eine vorherige Diskussion gewährleistet sein, an der die Arbeiternehmer Stellung nehmen und eigene Vorschläge erläutern können, bevor sie die Entscheidungen treffen.(38)

12.1. Entscheidungen über Delegierten in Verwaltungsorganen

Nach den im Statut und im Selbstverwaltungsabkommen festgelegten Grundlagen, die unmittelbar durch die Arbeitnehmer erlassen wurden, hat das Verwaltungsorgan d.h. der Arbeitnehmerrat das Recht und die Pflicht, die Beschlüsse über die aufgetretenen Fragen zu fassen. (39)

Die Mitglieder des Arbeitnehmerrates sind die Delegierten der Grundorganisationen, deren Wirkungskreis und Verantwortung durch das Statut geregelt wird. (40)

Für alle Entscheidungen sind die Delegierten dem Arbeitnehmer der Grundorganisation verantwortlich und sie sind verpflichtet, die Arbeitnehmer, die sie vertreten, über ihre Beschlüsse zu informieren. (41)

Alle Bestimmungen für Delegierte einer Grundorganisation gelten auch für die Delegierten einer Arbeitsgemeinschaft. (42)

12.2. Die Organe eines Selbstverwalteten Unternehmens und ihre Funktionen

a. Arbeitnehmerrat (=AR) der Grundorganisation

Verwaltungsorgane und ranghöchste legislative Gewalt des Gesamtunternehmens sind die

Arbeitnehmerräte der Grundorganisationen. Jede Grundorganisation ist verpflichtet, einen eigenen Arbeiterrat als Organ für die Verwaltung der Geschäftstätigkeit zu bilden. (43)

In einer Grundorganisation mit weniger als 30 Beschäftigten wird kein Arbeiterrat gebildet, sondern alle Arbeitnehmer üben diese Funktion aus. (43)

Im Art.492 des GüvA steht: "Die Arbeitnehmer einer Grundorganisation wählen die Delegierten für ihren Arbeiterrat unmittelbar, in geheimer Abstimmung. Die Kandidatenaufstellung und das Kandidatenauswahlverfahren führt die Gewerkschaft durch“. Im Arbeiterrat müssen alle Teile des Arbeitsprozesses vertreten sein, und dessen Zusammensetzung muss der Sozialstruktur der Grundorganisation entsprechen.

Die Arbeitnehmer können unter den Voraussetzungen und nach dem Verfahren, die das Selbstverwaltungsabkommen oder das Statut bestimmt, ihre in dem Arbeitnehmerrat der Grundorganisation gewählten Delegierten abberufen. (44)

Den Vorschlag für eine solche Maßnahme vorzulegen, ist auch die Gewerkschaft berechtigt. (44) Die Delegierten werden auf zwei Jahre gewählt und niemand kann mehr als zweimal unmittelbar nacheinander gewählt werden. (45 )

Für den Arbeitnehmerrat kann jeder wählen und gewählt werden, der im Arbeitsverhältnis des Betriebes steht, außer, dass die geschäftsführenden Organe (z.B. Direktoren) die Leiter einzelner Abteilungen oder andere mit besonderen Befugnissen nicht als Mitglieder des Arbeitnehmerrates gewählt werden dürfen. (45)

Aufgaben des Arbeitnehmerrates (AR)Die Erarbeitung von Regeln und Verordnungen für die betriebliche Geschäftspolitik und dazu gehören zum Beispiel:

- Erarbeitung des Statuts,
- die Verordnung über die Verteilung von Reineinkommen und des persönlichen Einkommens,
- die gesetzliche Regelung der Arbeitsverhältnisse,
- die Ausarbeitung von Arbeitsnormen, Arbeitsschutzmaßnahmen,
- Erstellung von periodischen- und Schlussabrechnung,
- Planungsrichtlinien für Investitionen usw. (46)

Die Sitzungen des Arbeitnehmerrates finden in der Regel außerhalb der achtstündigen Arbeitszeit und ca. einmal im Monat statt, und sie werden von den Vorsitzenden, der aus der eigenen Reihe gewählt wird, geführt. (46)

Der Arbeitnehmerrat wählt bzw. ernennt Organe wie zum Beispiel:

- eigene Exekutivorgane,
- geschäftsführende Organe,
- mehrere Kommissionen
- erteilt ihnen Richtlinien und Weisungen, sowie,
- übt die Kontrolle über ihre Arbeit. (47)

b. Das Exekutivorgan des Arbeitnehmerrates

Zur Vorbereitung verschiedener Fachakte, Durchführung und Konkretisierung seiner Beschlüsse wählt der Arbeiterrat ein bzw. mehrere Exekutivorgane. Die Mitglieder des Exekutivorgans, mit dessen Vorsitzenden und Stellvertretern, wählt der Arbeiterrat in geheimer Abstimmung auf Grund einer Kandidatenliste aus der gesamten Grundorganisation. (48)

Auch die Mitglieder dieses Organs dürfen nicht öfter als zweimal hintereinander, und sie können nicht für eine längere Zeit als zwei Jahre gewählt werden. (48)

Die geschäftsführenden Organe oder andere Personen, die eine gehobene Funktion haben, können nicht Mitglieder des Exekutivorgans sein. (48)

Die Aufgaben des Exekutivorgan sind neben der oben erwähnten auch Erarbeitung des Entwicklungs- und Produktionsplans, Erteilung von Richtlinien an das Geschäftsorgan für die Durchführung der Beschlüsse des Arbeitnehmerrats und Kontrolle der Durchführung dieser Beschlüsse. (49)

Das Exekutivorgan ist dem Arbeitnehmerrat für die auszuführende Tätigkeit verantwortlich, und kann vom Arbeitnehmerrat vor Ablauf der Mandatsdauer Mitgliedsweise oder als ganzes Organ abberufen werden. (48)

c. Das geschäftsführende Organ der Grundorganisation

Jede Grundorganisation hat ein nach der Sprache der Gesetzgebung geschäftsführendes Organ, das dem Status eines Direktors entspricht. Der Direktor wird auf Grund einer öffentlichen Ausschreibung von einer Bewerbungskommission vorgeschlagen, und durch den Beschluss des Arbeitnehmerrates der Grundorganisation ernannt. (50)

Die Bewerbungskommission besteht aus einer bestimmten Anzahl von Vertretern der Grundorganisation, der Gewerkschaft, und der Gemeinde, auf deren Territorium sich das Unternehmen befindet. (50)

Der vorgeschlagene Kandidat muss mindestens 2/3 der Mitglieder dieser Bewerbungskommission hinter sich haben, bevor er von dem Arbeitnehmerrat angenommen wird. Wenn die genannte Mehrheit nicht besteht, dann wird eine neue Zusammensetzung der Bewerbungskommission gebildet. Und im Falle einer wieder unerreichten Mehrheit, wird eine neue Ausschreibung vorgenommen. (51)

Die Ausschreibung für den Direktorposten erfolg grundsätzlich durch den Arbeitnehmerrat. (51) Die Mandatsdauer des Direktors beträgt höchstens 4 Jahre, jedoch kann er danach erneut kandidieren und ernannt werden. (,52)

Im Falle seiner unzureichenden fachlichen Fähigkeit, Verletzung der Vorschriften, die sich auf Selbstverwaltung beziehen, oder eines anderen Verstoßes kann er durch den Arbeitnehmerrat des Amtes vorzeitig enthoben werden. (53)

Der Direktors hat die Aufgaben, vor allem die Geschäfte der Grundorganisation zu ordnen und zu führen, die Vorschläge zur Erstellung des Produktionsplanes vorzulegen und diese mit den anderen Organen zu erörtern, sowie die Maßnahmen zur Durchführung der getroffenen Beschlüsse des Arbeitnehmerrates und der Versammlung zu ergreifen. (54)

Der Direktor entscheidet im Rahmen seines durch Gesetze und Statut festgelegten Wirkungskreises, selbständig über die Führung der Geschäfte und Lösung der Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Planausführung stehen, und als Vorgesetzte der Abteilungsleiter erteilt er ihnen die Anweisungen die zur Erledigung ihrer Aufgaben erforderlich sind. (55)

Direktor der Grundorganisation ist gleichzeitig verpflichtet an der Arbeit des Arbeitnehmerrates mitzuwirken, jedoch ohne Entscheidungsrechte, und auf die gesetzwidrigen Beschlüsse des Arbeitnehmerrates hinzuweisen. (56)

Nach außen hin ist der Direktor, als ein Aufsichtsorgan, für die Gesetzmäßigkeiten und Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften innerhalb der Grundorganisation gegenüber der gesellschaftlichen Gemeinschaft (Gemeinderat) verantwortlich. (57)

d. Der zentrale Arbeitnehmerrat

Neben den Arbeitnehmerräten der Grundorganisationen und Arbeitsgemeinschaften müssen die Beschäftigten des Unternehmens auch einen zentralen Arbeitnehmerrat bzw. Arbeitnehmerrat der Arbeitsorganisation bilden. Die Mitglieder des zentralen Arbeitnehmerrates sind in der Regel Delegierte der Arbeitnehmerräte jeweiliger Grundorganisation (jew. Zweigbetriebs).und sie werden entsprechend der Anzahl der Arbeitnehmer in den Grundorganisationen, bzw. Arbeitsgemeinschaften gewählt. (58)

Die Aufgaben und Beschlüsse des zentralen Arbeitnehmerrates bezieht sich hauptsächlich auf die gemeinsame Zielsetzung und Koordinierung gegenseitiger Interessen aller in Arbeitsorganisationen geschlossener Grundeinheiten. Dazu gehört zum Beispiel:

- der Entwurf des Statuts und des Selbstverwaltungsabkommens,
- Arbeitnehmerrat erlässt den Plan des gesamten Unternehmens,
- verabschiedet die Pläne und Programme aus dem Bereich der Volksverteidigung
- sowie die Festlegung allgemeiner Maßnahmen zur Erfüllung der unternehmerischen und der -- gesellschafts-wirtschaftlichen Erwartungen. (59)

Wie der Arbeitnehmerrat der Grundorganisation, so auch der zentrale Arbeitnehmerrat, wählt sein eigenes Exekutivorgan, ernennt das geschäftsführende Organ der Arbeitsorganisation, gibt ihnen die Richtlinien zu ihren Aufgaben und kontrolliert ihre Arbeit. (59)

Alle anderen Bestimmungen, die für den Arbeitnehmerrat und seine Mitglieder der Grundorganisation gelten, finden auch für den Arbeitnehmerrat der Arbeitsorganisation und seine Mitglieder Anwendung. (60)

e. Das Exekutivorgan des zentralen Arbeitnehmerrates

Die Bestimmungen über das Exekutivorgan des Arbeitnehmerrates einer Grundorganisation gelten auch für das Exekutivorgan des Arbeiterrates einer Arbeitsorganisation. (61)

f. Das geschäftsführende Organ einer Arbeitsorganisation

Dieses Organ hat die Eigenschaft eines Generaldirektors, der an der Spitze der Unternehmensleitung steht. Der Generaldirektor der Arbeitsorganisation leitet die Geschäftstätigkeit des Gesamtunternehmens, führt die Beschlüsse des zentralen Arbeiterrates durch, koordiniert die Arbeit der Direktoren der Grundorganisationen und vertritt das Unternehmen gegenüber den Geschäftspartnern als bevollmächtigter Repräsentant der Arbeitsorganisation. (62)

Generaldirektor steht im Arbeitsverhältnis in dem schon erwähnten Fachdienstbereich

"Arbeitsgemeinschaft" und ist gleichzeitig der Vorgesetzte des Leiters und der Beschäftigten von Arbeitsgemeinschaft. (63)

Die Ernennung des Generaldirektors, seine Auswahl, Mandatsdauer, Erhebung des Amtes,

Rechte und Pflichten sowie andere Bestimmungen haben die gleiche Gültigkeit wie bei Direktoren der Grundorganisation. (64)

g. Die Organe der Arbeitsgemeinschaft

(Administration + Fach- und Hilfsdienste)

Die Arbeitsgemeinschaft hat wie schon erwähnt auch ihr eigenes Verwaltungsorgan, d.h. den Arbeitnehmerrat, und der AR hat auch sein Exekutivorgan. Die gesetzlichen Vorschriften, die sich auf den Arbeitnehmerrat der Grundorganisation und sein Exekutivorgan beziehen, gelten auch für die beiden Organe der Arbeitsgemeinschaft. Etwas anders ist die Lage eines Leiters der Arbeitsgemeinschaft als die vom geschäftsführenden Organ (Direktor) der Grundorganisation.

Der Leiter einer Arbeitsgemeinschaft ist für den Ablauf der Arbeit in ihr zuständig, und er führt die Beschlüsse der Arbeitnehmerräte der Arbeitsgemeinschaft und der Arbeitsorganisation aus. Er wird vom Arbeitnehmerrat der Arbeiterorganisation (des Unternehmen), nach der Zustimmung des Arbeiterrates von Arbeitsgemeinschaft, ernannt oder des Amtes enthoben, und für die Ausübung seiner Rechte und Pflichten ist er dem Arbeitnehmerrat der Arbeitsorganisation verantwortlich. Für seine auszuführende Arbeit ist er, wie auch die anderen Beschäftigten der Arbeitsgemeinschaft, dem Generaldirektor verantwortlich. (65)

12.3. Kontroll-Organe für Schutz der Selbstverwaltung

Jedes jugoslawische Unternehmen, was es auch immer zu verrichten hat, ist verpflichtet, sowohl den Beschäftigten die Selbstverwaltung zu gewährleisten, als auch besondere Organe zur Kontrolle und zum Schutz der Selbstverwaltungsrechte zu bilden.

Die so genannte Selbstverwaltete Arbeitnehmerkontrolle existiert erst seit 1974, die offensichtlich aus der Schlussfolgerung der noch ungenügenden Funktionsfähigkeit der ASV kam. (66) Die Bildung der Arbeitnehmerkontrolle auf Unternehmensebene und auf der Ebene der Grundorganisation wird im Selbstverwaltungsabkommen vereinbart. In der Regel wählen die Beschäftigten der Grundorganisation bzw. der Arbeitsgemeinschaften je einen Ausschuss der Arbeitnehmerkontrolle für die Grundorganisation bzw. für die Arbeitsgemeinschaften. Gleichzeitig wählen sie einem Mitglied für den Ausschuss der Arbeitnehmerkontrolle, auf der Ebene der Arbeitsorganisation. Als Mitglied der Arbeitnehmerkontrolle kann man weder ein Mitglied des Arbeitnehmerrates, ein Mitglied des Exekutivorgans. noch ein geschäftsführendes Organ sein. 67)

Dia Kandidatenliste für die Mitglieder der Arbeitnehmerkontrolle stellt die Gewerkschaft auf (68) Das Mandat der Mitglieder dauert ein Jahr und sie dürfen höchstens zweimal hintereinander gewählt werden.

12.4. Die Kompetenzen des Kontrollorgans

- Kontrolle der Anwendung des Statuts, des Selbstverwaltungsabkommens und anderen normativen Akte der Arbeitsorganisation;
- sie kontrolliert, ob die Durchführung der Beschlüsse der Versammlungen, der Verwaltungsorgane, der Exekutivorgane und der geschäftsführenden Organe mit den Selbstverwaltungsrechten übereinstimmen;
- Kontrolle der Verwirklichung der Selbstverwaltungsrechte der Werktätigen;
- Kontrolle der Verfügung und wirtschaftlichen Nutzung der gesellschaftlichen Mittel;
- Kontrolle der Aufteilung des Reineinkommens und der Verteilung der Mittel für die persönlichen Einkommen;
- Informationskontrolle der Arbeiter über die Fragen, die im Interesse ihrer Entscheidungen liegen;
- Hinweise auf widrige Beschlüsse mancher Organe und Vorschläge von Abhilfemaßnahmen. (69) Wenn die Organe, an die sich der Ausschuss der Arbeitnehmerkontrolle wegen der Beseitigung von Mängeln wendet, diese Mängel nicht rechtzeitig beseitigen, so hat der Ausschuss den zuständigen Arbeitnehmerrat zu unterrichten. (70)

Falls der Arbeiterrat keine Maßnahme zur Beseitigung der Mängel ergreift, dann muss der Ausschuss der Arbeitnehmerkontrolle die Gewerkschaften und die zuständigen Organe der gesellschaftlichen Aufsicht (Gemeinde-Ebene) darüber informieren. (70)

12.5. Die Rolle der Gewerkschaft im Betrieb

Nach der jugoslawischen Verfassung gilt die Gewerkschaft als eine freiwillig organisierte Institution von Arbeitnehmern, die für die Verwirklichung der Selbstverwaltungsrechte, der Gleichberechtigung und der Führungsrolle der arbeitenden Menschen zu sorgen hat.

In diesen Bereichen hat die Gewerkschaft auf die Beseitigung von Konflikten zwischen einzelnen Organen oder zwischen Organen und Arbeitnehmern zu bestehen und dabei vor allem die Interessen der unzureichend informierten Werktätigen zu vertreten.

Als weitere Aufgabe der Gewerkschaft ist es, den Arbeitnehmern bessere Ausbildung und Befähigung hinsichtlich der Ausübung von Verwaltungsfunktionen zu ermöglichen. Die Gewerkschaft wirkt auch beim Verfahren zum Abschluss des Selbstverwaltungsabkommen mit und unterzeichnet dieses Abkommen. Die Organe der Grundorganisationen bzw. Arbeitsorganisationen sind verpflichtet, den Gewerkschaften bei der Erörterung der Fragen, die sich auf Selbstverwaltungsrechte und Arbeitnehmer-Interessen beziehen, zu gestatten. (71)

Wenn die Gewerkschaft ein Selbstverwaltungsabkommen nicht unterzeichnet, hat das Unternehmen das Recht, ein solches Abkommen anzuwenden, während die Gewerkschaft beim Arbeitsgericht ein Verfahren einleiten kann. (72)

m Konfliktsfall zwischen den Arbeitnehmern und den Verwaltungsorganen haben die Arbeitnehmer das Recht und die Pflicht, ihre Forderungen an die Gewerkschaft vorzutragen, damit sie eine Initiative zur Beilegung des Konflikts bei den Betriebsorganen, Arbeitsgericht oder bei der Gemeinde ergreifen kann. (73)

Wie schon erwähnt, von den Gewerkschaften werden u.a. auch die Wahlkandidaten für den Arbeiterrat vorgeschlagen.

13. Arbeitsverhältnis und Einkommens-Bestimmung

13.0. Das Einkommens-Bestimmung

Auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an Produktionsmittel und der Selbstverwaltungspflicht in allen Bereichen der Gesellschaft und Wirtschaft, sind den arbeitenden Menschen aller Schichten die gleichen Voraussetzungen für das Recht auf Arbeit, Stellung und Erfolg oder Misserfolg durch das Gesetz über assoziierte Arbeit und durch die Verfassung geboten.

Nach dem Gesetz haben die Arbeitenden ihre Arbeit, da wo sie in einem Arbeitsverhältnis stehen, selbst zu organisieren und zu verwalten. Das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit ist als gleichberechtigter Erfolg jedes Einzelnen zu betrachten und dabei muss das persönliche Einkommen für jeden nach seiner Arbeit und seinem Beitrag gewährleistet werden. (74)

Die Beschäftigten einer Grundorganisation tragen selbst die Konsequenzen, die sich auf Grund der unzweckmäßigen Verwaltung der Mittel, mangelnder Gewissenhaftigkeit bei der Arbeit oder der Geschäftführung ergeben. (75)

Jedem Einzelnen wird eine Mindesthöhe an Einkommen, die seine materielle und soziale Sicherheit erfordert, garantiert. (76)

Die Höhe des garantierten Einkommens wird selbst von den Beschäftigten der jeweiligen

Grundorganisation nach ihrer Wirtschaftslage und in Absprache mit anderen Grundorganisationen festgelegt, und darf höher als das gesetzlich vorgeschriebene (also nicht niedriger) sein. (76)

Wird das garantierte Einkommen wegen Misserfolge nicht gedeckt, so ist die Differenz aus dem Akkumulationsfond der Grundorganisation oder aus dem gemeinsamen Fond in der Arbeitsorganisation zu decken. (77)

Zur Deckung des gesetzlich vorgeschriebenen, garantierten Einkommens im Falle unzureichender Mittel eines Unternehmens, werden die Mittel aus dem gemeinsamen Akkumulationsfond der Gemeinde angewendet. (78)

13.1. Begründung des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis zwischen einer Person und den Arbeitern in der Grundorganisation, wird als eine Beziehung zwischen Ableitenden Menschen betrachtet die den Zweck gemeinsamer Verrichtung von Arbeit und gemeinsame Nutzung von Früchten ihrer Arbeit hat. Jeder kann frei, gleichberechtigt und unter gleichen Bedingen ein Arbeitsverhältnis begründen, wenn er das 15. Lebensjahr vollendet hat und die Voraussetzung des Arbeitsprozesses in einer Grundorganisation erfüllt. (79)

Laut des Gesetzes sollen die offenen Arbeitsstellen in der Regen durch Anzeige oder Ausschreibung bekannt gemacht werden. (80)

Die Auswahl der Kandidaten, die sich gemeldet haben, trifft der Arbeiterrat bzw. eine Kommission, die er ernennt. (81)

Das Arbeitsverhältnis wird in der Regel auf unbestimmte Zeit begründet (Ausnahmsweise bei Saisonarbeiten auf bestimmte Zeit). (82)

13.2. Folge der Verletzung von Betriebsvorschriften

Wegen Verletzung der Arbeitspflicht, Arbeitsdisziplin oder Ablehnung der Ausführung von Arbeitsaufgaben, kann eine der folgenden Disziplinar-Maßnahmen verhängt werden:

- Ermahnung, - öffentliche Ermahnung, -Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz für bestimmte Zeit, - Geldstrafe, oder Auflösung des Arbeitsverhältnisses, jedoch nur im Falle einer groben Verletzung der gesetzlichen Vorschriften.

Diese Maßnahmen gelten für jeden Beschäftigten, unabhängig von der besonderen Vollmacht und Verantwortung des Betreffenden. (83)

Geldstrafe:

Über folgende schweren Verletzungen kann die Geldstrafe verhängt werden: - nachlässige oder nicht ordnungsgemäße Ausführung von Arbeitsaufgaben, mit der Folge, dass das leben oder die Sicherheit von Menschen oder Güter von großem Wert gefährdet werden

- Verletzung der Geschäftsgeheimnisse
- unzureichende Verordnung von Schutzmassnahmen am Arbeitsplatz durch die dafür - verantwortliche Person
- Verletzung der Selbstverwaltungsrechte (84)

Auflösung des Arbeitsverhältnisses:

Art. 213, Abs. 1 sagt

"Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers darf nicht infolge der Rationalisierungs-Maßnahmen, der Vereinigung von Grundorganisationen oder sonstiger Neuerungen, die zu steigender Produktion und größerem Erfolg führen, beendet werden."

Im Absatz 2 dieses Artikels heißt es weiter: "Die Arbeitnehmer einer Grundorganisation sind verpflichtet, bei der Planung von technologischen und sonstigen Neuerungen auch dem Bedarf an Arbeitnehmern entsprechend dieser Neuerungen im Voraus festzustellen ••••"

Es sind dabei zuerst die Arbeitsplätze der betreffenden Arbeitnehmer zu sichern durch Umschulung für neue Aufgaben, Erweiterung der Tätigkeitsbereiche, oder Versetzung in andere Grundorganisationen entsprechend ihrer Qualifikation usw.

Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers darf beendet werden:

- wegen unentschuldigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz auf Dauer von mindestens 5 Tage hintereinander (85),
- wenn nach Begründung des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird, dass der Neuling über längere Zeit nicht den ihm übertragenen Aufgaben aus mangelnder Fähigkeit nachkommen kann und es dabei ablehnt, andere Tätigkeiten, die seinem Qualifikationsgrad entsprechen, anzunehmen. Für die Feststellung dieser Tatsachen muss der Arbeiterrat eine fachlich entsprechende Kommission bilden.

(86)

- wenn festgestellt wird, dass durch verantwortungsloses Arbeitsverhalten mancher Beschäftigten (z.B. Vorgesetzten) die Grundorganisation in schwierige Wirtschaftslage geraten ist, und auf Grund dessen sich der Bedarf an Arbeitskräften verringert hat, können die Arbeitnehmer beschließen, dem Schuldigen zu kündigen. (87)
- oder wenn jemand wegen einer Gefängnisstrafe oder Erziehungsmaßnahme länger als 6 Monate abwesend sein muss. (88)

13.3. Wer stellt die Verletzung Arbeitsdisziplin fest?

Hierfür soll in der Grundorganisation bzw. Arbeitsorganisation eine Disziplinar-Kommission gebildet werden, deren Mitglieder von den Arbeitnehmern, auf die gleiche Art und Weise sie der Arbeiterrat, gewählt werden. (89)

Die Kommission besteht aus einer ungeraden Zahl und bis 1/4 der Gesamt-Mitgliederzahl werden durch die Vertreter des Rats der assoziierten Arbeit der Gemeinde besetzt.

Die Kandidaten zur Wahl, sowohl die Arbeiter - als auch die Gemeindevertreter, werden von der Gewerkschaft vorgeschlagen. (90)

Das Disziplinar-Verfahren kenn auf Antrag des Arbeiterrats, des geschäftsführenden Organs, des Organs für Selbstverwaltungsschutz oder der Gewerkschaft eingeleitet werden. (91)

Gegen den Beschluss der Disziplinar-Kommission kann der zur Verantwortung herangezogene Arbeitnehmer, bzw. der Antragsteller, beim Arbeiterrat der Grundorganisation und als zweite Instanz beim Gericht der assoziierten Arbeit Einspruch erheben. (92)

14. Arbeitnehmer in politischen Bereichen

14.0. Das Verfassungsgesetz von 1974

Die im Jahre 1974 verabschiedete Verfassung der SFR- Jugoslawiens bietet ein Delegierten-System, dessen Funktion, die Konstituierung der Versammlungen der gesellschafts-politischen Gemeinschaften ( Gemeinde-Republik und Bundesparlament ) mit den Werktätigen und Bürgern, zum Ziel hat. Der Sinn des Delegierten-Systems liegt darin, dass die Interessen der Werktätigen in den Versammlungen vor allem von ihren Delegierten zum Ausdruck gebracht werden, die auch weiterhin auf ihren Arbeitsplätzen bleiben, d.h. in keine professionelle politische Vertreter verwandelt werden.

14.1. Bildung von Delegationen der Arbeitnehmer

Die Werktätigen jeweiliger Selbstverwaltenden Grund bzw. Arbeitsorganisationen, Ortsgemeinschaften und gesellschafts-politischen Organisationen wählen in geheimer Wahl je eine Delegation als ständige Arbeitskörperschaft der einzelnen Einheiten. (93)

Die Grund-Organisationen im Bereich des Bildungswesens (Schulen, Universitäten) bilden ebenfalls ihre Delegationen, in denen Schüler und Studenten vertreten sind. (94)

Die zur Wahl stehenden Kandidaten werden von den Werktätigen der Grundorganisationen als Mitglieder der Gewerkschaft oder des sozialistischen Bundes vorgeschlagen. (95)

(Sozialistischer Bund: Größte politische Organisation in Jugoslawien mit über 8 Mill. Mitglieder, deren Mitglieder alle Bürger sein können. Sie stellt eine Art von Vereinigung sozialistischer Besinnung dar.)

Die Mitglieder des Arbeiterrates oder eines anderen Verwaltungsorgans können nicht gleichzeitig diesen Delegationen angehören. Die Delegationsmitglieder werden auf Dauer von 4 Jahren gewählt, und höchstens zweimal hintereinander. Die Anzahl, Zusammensetzung und Abberufung der Mitglieder, bestimmt jede Grundorganisation durch ihr Statut.

Der Art. 134 der Verfassung besagt weiter, dass die Zusammensetzung der Delegation sichern muss, dass die Arbeitnehmer in sämtlichen Teilen des Arbeitsprozesses und der sozialen Struktur vertreten werden. Bei den letzten Wahlen 1978 wurden z.B. 53.943 Delegationen gewählt, die insgesamt 502.326 Mitglieder betragen.

14.2. Entsendung der Delegierten in die Versammlungen

A) Gemeinde-Versammlung hat 3 Räte:

- Rat der vereinigten Arbeit der Gemeinde
- Rat der Ortsgemeinschaften der Gemeinde
- Rat des gesellschafts-politischen Organisation in der Gemeinde

(Unter gesellschafts- politische Organisationen versteht man: Kommunistische Partei, sozialistische Bund, Bund der Veteranen usw. - die auf der Ebene der Gemeinde aktiv organisiert sind)

Die Delegationen der Arbeitsnehmer aus Grundorganisationen wählen je einen Delegierten aus eigener Reihe für den Rat der vereinigten Arbeit in der Gemeinde.

Die Delegationen der Ortsgemeinschaften und der gesellschaftspolitischen Organisationen wählen ebenfalls ihre Delegierten für die eigenen Räte in der Gemeinde. (96)

B) Die Versammlungen der Republiken und Provinzen haben auch je 3 Räte:

- Rat der vereinigten Arbeit der Republiken bzw. Provinzen
- Rat der Gemeinden der Republiken
- gesellschafts-politischer Rat der Republiken

Die Delegierten in diese Räte werden wie folgt gewählt:

- In den Rat der vereinigten Arbeit der Republiken bzw. Provinzen direkt aus dem Rat der vereinigten Arbeit der Gemeindeversammlung;
- In den Rat der Gemeinden der Republiken , - aus sämtlichen Räten der Gemeindeversammlung;
- In den gesellschafts-politischen Rat, - direkt aus demselben Rat der Gemeindeversammlung. (97)

C) Die Bundesversammlung umfasst 2 Räte:

- Bundesrat; - umfasst die Delegierten der Gemeindenebene
- Rat der Republiken und der Provinzen; umfasst die Delegierte der Republiken bzw.

Provinzen.

Wie schon erwähnt, bleiben die Mitglieder der Delegationen und ihre Delegierten weiterhin an ihren Arbeitsplätzen. Sie erhalten also kein einmaliges und freies Mandat.

Ihnen wird laufend Anweisung von ihrer wahlpolitischen Basis erteilt. d.h. ihre

Entscheidungsbefugnisse sind von denjenigen. die sie gewählt haben, abhängig und sie können von der Basis abberufen werden.

14.3. Konstituierung der Parlamente in Jugoslawien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

D R I T T E R T E I L - V E R G L E I C H

15. Gesellschaftsstrukturen und Arbeitsverhältnisse der beiden Systeme im Vergleich

15.0. Allgemeine sozialpolitische -und psychologische Zusammenhänge

In der Entwicklung der Menschheitsgeschichte gab es neben Sitten, Gebräuchen und Gesetzen unantastbare Regeln, die unbedingt zu beachten waren, um das Leben in einer menschlichen Gesellschaft zu gestalten. Um Menschen richtig zu behandeln, muss man ihrem Selbstwertgefühl gerecht werden, denn jeder braucht Ermutigung und Anerkennung und vor allem Bestätigung seines Selbstbewusstseins. Die leichte Neigung des Menschen, den Beweis des eigenen Erfolgs im Materiellen zu suchen, wurde schon längst erkannt und inzwischen bis auf ein Maximum ausgenutzt.

Die Sozialpsychologie hat aber bewiesen, dass Erfolg und Glück zuerst im Seelischen und dann erst im Materiellen besteht. Alle mitmenschlichen bzw. mitseelischen Beziehungen entstehen erst durch die Wechselbeziehung, die zwischen den Individuellseelen geknüpft werden. Die moderne Psychologie sieht die menschliche Seele bestehend aus einem Individuell -und Sozialpol.

Der Mensch ist also der Struktur seiner Seele heraus ein soziales Wesen. Er ist weiterhin von Natur aus auf ein Gemeinschaftsleben angelegt und angewiesen. Eine Gemeinschaft zeichnet sich dadurch aus, dass das einzelne Individuum seine persönlichen Eigenschaften behalten und seine Freiheit bewahren kann.

In der Isolierung von der Gemeinschaft pflegt der Mensch keine mitmenschlichen Beziehungen zu seinen Mitmenschen. Auf Grund dessen entsteht ein Mangel an menschlichen Kontaktfähigkeiten, die zur psychologischen Krankheit führen kann.

Im Rahmen der Kleingruppen - Forschungen wurde bereits gezeigt, in welchem hohen Maße das Verhalten der Gruppenmitglieder durch gruppenspezifische Werte und Normen sowie durch das Geschehen innerhalb der Gruppe bestimmt wird.

Die Gruppe als Ganzes bringt z.B. bessere Leistungen als die Einzelmitglieder. Die zwischenmenschlichen Beziehungen der Gruppenmitglieder sind besonders auf hohem Niveau und ihr geistiger und psychischer Zustand nimmt eine viel bedeutendere Stellung gegenüber der Einzelmitglieder ein.

Bei der Beobachtung von Gruppen wurde von Sozialpsychologen mit Hilfe des so genannten "Soziogramms" festgestellt, dass sich in Gruppen nicht eine Zweiteilung in "Führer" und "Geführte" entwickelt, sondern vielmehr eine Rangordnung. Dabei bilden sich Spezialisten-Rollen heraus, d.h. einzelne Personen gelten nur in bestimmten Tätigkeiten als die besten der Gruppe. Sofern eine von alle akzeptierte "Zentral-Person" existiert, ist diese oft gar nicht selbst Spezialist, sondern nur Koordinator, und bestimmt wesentlich, was die einzelnen Spezialisten tun.

15.1. Sozialverhältnisse des Kapitalismus

In unserer Zeit-Epoche unterscheiden sich die Menschen vor allem im Besitz von Dingen, die für erstrebenswert gehalten werden: Geld, Bildung, berufliche Chancen, Einfluss und Ansehen. Diejenigen, die davon mehr als der Durchschnitt besitzen, weisen gerne darauf hin, dass Menschen eben "von Natur aus " verschieden begabt seien und sich diese Begabung dann in Erfolg umsetzt. Die Sozialwissenschaft zeigt aber, dass es nicht so einfach ist; man kann sich kaum vorstellen, dass zwei Menschen so verschieden begabt und tüchtig sein können, dass der eine auf Grund dieser Tatsache eine Million und der andere eintausend Mark im Monat verdient. Wenn das Einkommen eines Menschen nur von dessen "Tüchtigkeit" abhinge, müsste es sich dann in der Gesamtbevölkerung symmetrisch verteilen, wie andere Fähigkeiten auch. Die Tatsache, z.B. in der BRD, sieht aber etwas anders aus: 3 % der reichsten Bürger verfügen über 40 % des Gesamtvermögens, während 30 % der Ärmsten nur über 1,5 % desgleichen besitzen. (1)

Ein Scherz unter Bankangestellten ist wohl jedem bekannt:

Kredit bekommt nur, wer nachweisen kann, dass er ihn nicht braucht." Der Besitz von Geld ist also erst die Voraussetzung, Geld zu bekommen. Kinder aus besser gestellten Familien erhalten auch eine bessere Ausbildung, und sie haben Eltern mit guten Verbindungen. Statusunterschiede werden so von Generation zu Generation immer größer. Es entwickeln sich dadurch innerhalb einer Bevölkerung Untergruppen, Randgruppen und herrschende Klasse, die sich erheblich voneinander unterscheiden.

In westlichen Industrie-Nationen, in denen zum Großteil ein Hierarchie-System herrscht, laufen einige Vorstellungen zuwider, die oft als selbstverständlich hingestellt werden, nämlich in ihnen herrsche schlicht "Demokratie", d.h. dass alle Macht vom Volke ausgehe, jeder die gleichen Chancen habe und die Macht eines jeden nur nach dem Leistungsprinzip verteilt werde.

In der Tat jedoch bestehen sehr große Unterschiede zwischen Individuen nach Besitz und Privilegien. Die Macht von einigen Gruppen wird fast als von Gott gewollt dargestellt, die Kinder aus verschiedenen Schichten der Bevölkerung wachsen immer wieder in die angehörenden Schichten hinein. Hierarchie-Befürworter und Machthaber führen meistens an, dass auch im Tierreich eine Machtordnung herrsche und stützen sich dabei nicht selten auf die gewisse Nachordnung der Hühner.

Sie vergessen aber, dass die Menschen vieles, was im Tierreich die Regel ist, im Laufe ihrer Entwicklung fallengelassen haben, besonders jedoch, dass in keinem Tierreich menschenvergleichbare Klassenunterschiede bzw. Vermögensunterschiede gibt oder dass kein freies Tier, wie stark es auch sein mag, ohne eigene Leistung existieren kann.

15.2. Gesellschaftsdemokratie -Was ist das?

Unter dem Begriff "Demokratie" verstehe die Sozialwissenschaft eine Gesellschaftsstruktur, in der diejenigen, die die Gesellschaft ausmachen, hinter allen lebenswichtigen Entscheidungen über die Allgemeinheit selbst stehen. Es stellt sich zunächst die Frage, wer wird unter dem Begriff "Gesellschaft" subsumiert?

Historisch meint der Begriff "Gesellschaft" ausschließlich die bürgerliche Klasse, wobei die Zugehörigkeit nur durch Besitz und Bildung möglich war. Diese Definition von "Gesellschaft" wurde durch den aufkommenden Widerstand des entstehenden Proletariats in Frage gestellt und durch den Begriff "Klassengesellschaft" ersetzt.

Die heutige Soziologie definiert die Gesellschaft als: Alle Sozialbeziehungen innerhalb eines Aggregats von Menschen beiderlei Geschlechts und aller Altersstufen, das territorial und politisch von anderen abgegrenzt ist. Dies würde bedeuten, dass alle Macht, die hinter Entscheidungen steht, vor der Allgemeinheit gerechtfertigt ( legitimiert ) sein muss, und dass diejenigen, die Entscheidungen treffen, von der Allgemeinheit zur Rechenschaft ( Kontrolle ) gezogen werden können. Im Gegensatz zu den Wissenschaftlern der Soziologie und Psychologie, die auf der Basis der Naturgesetze und der menschlichen Psyche arbeiten und unter einer Demokratie das vorgenannte verstehen, weisen die Machthaber der Politik und der Wirtschaft auch hierzulande immer wieder darauf hin, dass die parlamentarische Demokratie, so wie sie heute existiert, die einzige wahre "Demokratie" sei.

15.3. Parlamentarische Demokratie in der BR-Deutschland

Die Existenz eines Parlaments sagt nichts über die Verwirklichung der Demokratie in einem Staate aus. Die Geschichte zeigt, dass Parlamente mehr Herrschaftsinstrumente bestimmter Schichten und Klassen waren und auch heute vielfach den autoritären oder diktatorischen Regimes als Schutzbunker dienen. Das parlamentarische System der Mehr-Parteien entstand in der Bourgeoisie, vor allem als gesellschaftlicher und politischer Bedarf der herrschenden Klasse.

Das heutige System stellt zwar einen großen Schritt vorwärts in der historischen Entwicklung dar, insbesondere hinsichtlich der Forderung von humanitären Rechten des Mensachens. Es entfaltet die Rechte aber niemals so sehr wegen des Menschen selbst, sondern wegen des politischen Bedarfs der führenden Gruppen. Es ist gleich wie ein parlamentarisches System demokratisch ist und welche Reform bzw. soziale Maßnahmen es verabschieden mag, es bleibt die Tatsache bestehen, dass in ihm im besten Falle nur der abstrakte politische Gedanke frei ist. Das konkrete, lebenswichtige Arbeitsinteresse der Arbeitnehmer liegt aber mehr oder weniger in der Sphäre der Rechtlosigkeit und Unterordnung in der Produktionsweise der kapitalistischen Gesellschaft. in die sich das parlamentarische System in der Regel nicht einmischt, sie jedoch schützt.

Wünsche und Kontrollbefugnisse werden nicht von den Abgeordneten getragen, der nur seinem Gewissen, nicht aber seinem Wähler gegenüber verantwortlich ist, und der Wähler selbst nur einmal in 4 Jahren des Recht auf die Abgabe seiner Stimme hat.

Wenn die, zwischen den Oligarchien der Regierungsparteien, Interessenverbänden und der Regierung ausgehandelten Gesetzeskompromisse ins Parlament kommen, werden nur noch unwesentliche Änderungen in Ausschüssen vorgenommen und der Abgeordnete muss sich bei der Abstimmung dem Willen seiner Parteiführung unterordnen. Die Diskussion im Parlament ist mehr ein öffentliches "Schauspiel", das für die Wähler gedacht ist, als ein Versuch der Überzeugung von politisch Andersdenkenden Abgeordneten.

- Manipulation in Bereichen der Wirtschaft und Politik in Form von Werbung und der an die Wähler gerichteten Propaganda. Dabei kann der Konsument zwar zwischen einem großen Warenangebot wählen, nicht aber selbst das Warenangebot beeinflussen. Die Masse der Wähler kann zwar eine der politischen Parteien wählen, besitzt jedoch keinerlei Einfluss auf die Entscheidungen dieser Partei.
- Politische Apathie bzw. politisches Desinteresse, Hilflosigkeit und Ohnmacht-Gefühl gegenüber dem politischen Machtgefüge.

Die meisten Menschen stehen den bürokratischen und technischen Apparaturen,

Interessenverbänden wie fremden Mächten gegenüber. Politische Alternativen stehen kaum zur Debatte und wenn gelegentlich Gruppen von Bürgern außerhalb der Parteien aktiv werden, dann werden sie meistens von vornherein ignoriert, verurteilt oder als verfassungsfeindlich bezeichnet. Der wirkliche Zustand des Menschen entspricht dem von der Sozialpsychologie herausgestellten Charaktertyp des "Außengeleiteten" Menschen.

15.4. Einparteien-System oder Anarchismus in Jugoslawien

Wenn eine politische Bewegung nicht das Ziel der realen Selbstverwaltung der Menschen einer Gesellschaft verfolgt, dann ist das auch keine Bewegung, die Freiheit, Demokratie und sichere Existenz jedes einzelnen Menschen des Volkes im Auge hat. Für eine große Zahl der heutigen Sozialdemokratischen Parteien und der Gewerkschaften, mit ihrer Zielvorstellung vom "Wohlfahrtsstaat", ist die Selbstverwaltung (SV) immer noch eine fast indiskutable Frage.

Im Gegensatz hierzu proklamierte das Einparteien-System bzw. der Bund der Kommunisten Jugoslawiens zunächst die Arbeitnehmer-Selbstverwaltung (ASV) und erweiterte diese später auf alle Bereiche der Gesellschaft, was heute gesellschaftliche (politische) Selbstverwaltung genannt wird.

Somit besitzt das jugoslawische Selbstverwaltung -System zwei unterschiedlich entwickelte, nicht selten aneinander vorbeiströmende Bereiche der Selbstverwaltung: die Arbeitnehmer Selbstverwaltung und die politische SV. Die ASV ist weiter entwickelt als die politische SV. Diese Tatsache ist auch den jugoslawischen Politikern bewusst, trotzdem ist es nicht selten, dass von verschiedenen Funktionären, wenn es um Misserfolge des SV-Systems geht, die Schuld der ASV zugeschoben wird.

15.5. Reibstellen der politischen Selbstverwaltung und die Rolle der Partei

Die Gemeinden und zahlreiche Ämter der Gemeinden, der Republiken und des Bundes sowie selbst die kommunistische Partei scheint nicht ausreichend für die Selbstverwaltung bereit zu sein. Eben hier in der hoch entwickelten Bürokratie der Ämter und dem verantwortungslosen Verhalten mancher Kommunisten liegen die Probleme des Selbstverwaltungs-Systems

Eine große Zahl der Kommunisten hat viel zu spät angefangen, an sich selbst zu arbeiten bzw. sich selbst für die SV vorzubereiten, und plädieren dann auf Grund dieser Tatsache viel zu früh für Ideen wie: noch stärkere Dezentralisierung des Staates und der kommunistischen Partei, für das Aussterben des Staates, für freie Marktwirtschaft usw. Es gibt auch solche, die beeinflusst durch den westlichen Konsum, sogar eine Art von Mehrparteiensystem für erforderlich halten.

Zur Rolle der kommunistischen Partei schrieb E. Kardelj:

"Es wurde der entschlossene Standpunkt eingenommen, dass der Bund der Kommunisten als Avantgarde der Arbeiterklasse die Position der führenden ideologischen und politischen Kraft in der Gesellschaft nicht erwirbt und nicht durch die Übernahme der Rolle der staatlichen Exekutivorgane erwerben kann, sondern als schöpferische Kraft im System der sozialistischen Selbstverwaltung und im Delegiertensystem wirkt.

Damit verlor der Bund der Kommunisten auch den Charakter der klassischen politischen Partei, die um das eigene politische Monopol durch die Konkurrenz mit den anderen politischen Kräften kämpft." (2)

Er bezeichnet das jugoslawische SV-System als demokratischen Pluralismus und betont dabei, dass dieses weder ein Mehrparteien noch ein Einparteiensystem sei, sondern nur die Selbstverwaltung der arbeitenden Menschen

15.6. Ist die Dezentralisierung verfrüht?

Edward Kardelj ist einer der wichtigsten Schöpfer des jugoslawischen Systems und seine Vorstellungen und Taten sind zweifellos von historischer Bedeutung.

Die Frage ist aber, ob ein so radikales, demokratisches System (Anarchismus) in einer so tief gespalteten Welt erfolgreich existieren kann. Dieses ist besonders für die allgemeinen jugoslawischen Verhältnisse bzw. im Hinblick auf die ordentlich ungünstige geographische Lage Jugoslawiens fraglich, weil es sich zwischen zwei, so stark Entgegengesetzten politischen Fronten ( West -Ost ) befindet, und sich gegenüber beiden zur Wehr setzen muss.

Angesichts der noch unbewältigten inneren Probleme wie z.B. Bürokratie. Separatismus, mangelnde Solidarität, ungleichmäßig entwickelte Teilgebiete und sich daraus ergebenden hohe Einkommensunterschiede und schließlich auch Arbeitslosigkeit, sollten der Statt und die Partei im Bereich der zentralen Koordinierung mehr Einfluss ausüben. Dies soll nicht bedeuten, dass der Staat und die Partei die SV kontrollieren, sonder der Staat muss vor allem einen Wirtschaftsplan auf der Bundesebene erstellen und damit für eine ausgewogene Produktion und Beschäftigung sorgen.

16. Mitbestimmung und Selbstverwaltung im Vergleich

16.0. Vorbetrachtung der Grundbedingungen

Zunächst erscheint es sehr wichtig zu erwähnen, dass sich Jugoslawien und die Bundesrepublik Deutschland in der historischen Entwicklung gewaltig voneinander unterscheiden. Im Hinblick auf diese Tatsache, erfordert der Vergleich zwischen der Selbstverwaltung in Jugoslawien und der Mitbestimmung in der BRD eine umfassende Darstellung, sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart der beiden Länder.

Aus diesem Grund wurden auch verschiedene Materien bei der Einführung in die beiden Systeme behandelt. Während jugoslawische Völker über Jahrhunderte durch Kolonial Herrschaft unterdrückt wurden und bis zum Ende des Ersten Weltkrieges weder für die geistige und kulturelle noch für die materielle Entwicklung Chancen hatten. war Deutschland in dieser Zeit selbst eine Kolonial-Macht und ein von den ersten entwickelten Industrieländern.

Daraus ist abzuleiten, welche Vorbedingungen die beiden Länder für die Gestaltung einer menschenwürdigen Gesellschaft zur Verfügung hatten. Betrachtet man die gegenwärtige Gesellschaftsordnungen, Wirtschaftsstrukturen und Zielvorstellungen der beiden Systeme so stellt man fest, dass kaum vergleichbare Zusammenhänge bzw. Tendenzen in Erscheinung treten.

Selbst die Auffassung der Menschen beider Nationen über den Sinn der Arbeit, des Lebens und der menschlichen Beziehungen steht weit auseinander. Deshalb ergibt es sich als sehr schwierig, die beiden Materien so in Einklang zu bringen, dass dem Leser alle Gesichtspunkte zur Verfügung gestellt werden.

In den hierzu folgenden Tabellen werden die wesentlichen Merkmale der beiden Betriebsstrukturen zusammengefasst und die wichtigsten Betriebsinstanzen mit deren Entscheidungs-Kompetenzen gegenübergestellt.

16.1. Grundlegende Unterschiede der Arbeits-Verhältnisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

16.2. Gegenüberstellung der Betriebsinstanzen und deren Entscheidungs-Kompetenzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

16.3. Der Mensch und sein Bedürfnis nach Arbeit

Betrachtet man die grundlegenden Unterschiede der Arbeitsverhältnisse in der BRD und in Jugoslawien, so bekommt man den Eindruck als ob es sich um zwei, voneinander weit entfernten Zeitepochen handelt. Es ist kein Geheimnis, dass die strukturellen Verhältnisse der Arbeitswelt in der BRD sehr viele Ähnlichkeiten mit dem 18. Jahrhundert haben (als der Kapitalismus zu blühen begann) und an sich beibehalten worden sind. Die in der Tabelle aufgestellten Merkmale werden hier nicht im Einzelnen erläutert, jedoch erweist es sich als erforderlich z.B. auf die Statusunterschiede der Menschen in der BRD hinzuweisen. Insbesondere aber die Notwendigkeit von Gewährleistung der Arbeit für jeden bzw. die Sicherung des Arbeitsplatzes als grundlegenden Bedarf jedes Menschen hervorzuheben.

Denken wir einmal an die Situation, in der ein Mensch 10 oder 20 Jahre seinen Beruf auf dem gleichen Arbeitsplatz, an dem selben Ort, der gleichen Gesellschaft und dem gleichen Staat ausübt; den Sinn und die Substanz seines Lebens in der Behauptung seiner Selbst durch Wissen und Können an seinem eigenen (jeder von uns sagt mein Arbeitsplatz) Arbeitsplatz erkennt, und plötzlich erhält er ein Stück Papier, auf dem steht: Leider ••• wir haben keine Arbeit mehr für Sie. Diese Tatsache ist nicht nur zu bedauern, sondern muss hervorgehoben werden, denn sie greift den Nerv der Menschlichkeit an und führt zur Zerstörung.

In der Erklärung der Menschenrechte durch die UN wurde der Grundsatz aufgenommen: "Jeder hat das Recht auf Arbeit." Im der BRD ist dieses Grundrecht nicht vertreten. Als Begründung dafür wird oft angeführt, dass die Eigentumsgarantie und die Entscheidungsfreiheit der Unternehmer nicht geschmälert werden dürfen, sowie das Recht auf Arbeit mit der sozialen Marktwirtschaft nicht zu vereinbaren sei. In der Tat, in kapitalistischen Gesellschaften scheitert das Recht auf Arbeit an den zyklisch wiederkehrenden Krisen. Diejenigen, die ihre Arbeit auf dem Markt anbieten, sind praktisch ständig von Arbeitslosigkeit bedroht und mit Angstgefühlen geladen.

Denn es ist für einen Arbeitsnehmer ein gravierender Unterschied, ob er 1000 DM für seine Arbeitsleistung in "seinem" Unternehmen oder die gleiche Summe als Arbeitslosenunterstutzung über eine anonyme Körperschaft erhält." (3)

Die Situation Jugoslawien in Bezug auf Arbeitssuchende ist ebenfalls ein menschenunwürdiger Zustand und dieser ist mit der sozialistischen Denkensweise unvereinbar. Bedenkt man aber, dass 1939 in Jugoslawien 74 % der Gesamtbevölkerung zu der landwirtschaftlichen Bevölkerung zählten und 1975 nur noch 34 % waren, stellt man fest, dass die jugoslawische Industrie eine bemerkenswerte Entwicklung erfahren hat. (Über die Entwicklung von Industrie, Produktion und Beschäftigung in Jugoslawien.

Es ergibt sich jedoch als widersprüchlich, wenn in der jugoslawischen Verfassung steht, dass' jeder Bürger das gleiche Recht auf Arbeit hat, und trotzdem gibt es so viele Arbeitslose. Die Kommunisten sagen, - die primäre Arbeitslosigkeit liegt vor allem an dem zu starren Zufluss der ländlichen Bevölkerung in die Städte, diese liegt aber an der unzureichenden Förderung der Landwirtschaft in der 50 er und 60er Jahren.

Immerhin ist einer der wichtigsten Grundsätze der menschlichen Rechte in Jugoslawien gesichert, es darf nämlich niemand von seinem Arbeitsplatz entfernt werden (Im Sinne von Kündigung), sofern er keine grobe Verletzung der Arbeitsdisziplin verursacht hat. Wie hier schon erläutert wurde, darf eine Kündigung weder auf Grund der Rationalisierung noch wegen Geschäftsmangel erfolgen.

Anderseits aber, bei solchen Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten kann man selbstverständlich keine ständige Arbeits-Rentabilität erwarten, es ist aber sehr viel wichtiger und logischer, dass sowohl positive als auch negative Ergebnisse nicht von einer Gruppe, sondern von allen Mitwirkenden in einem Unternehmen getragen werden

17. Mitbestimmung als Vormacht der Gewerkschaften in Deutschland

17.0. Kritik an dem Mitbestimmungsgesetz

Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 könnte man angesichts der wirtschafts-politischen

Verhältnisse in der BRD als einen Schritt nach Vorne bezeichnen, ein Durchbruch im Rahmen der Selbstverwaltung, ist es aber noch lange nicht. Im Gegensatz zur Gewerkschaft, von der die Mitbestimmung oft als eigener Erfolg dargestellt und dabei die Wirklichkeit überschätzt wird, wird selbst von Freunden der Gewerkschaft die Kritik an der Mitbestimmung geübt. Besonders negative Erscheinungen des Mitbestimmungsgesetzes sind z. B.: Wahlverfahren, d.h. Trennung von Arbeiter und Angestellten sowie die Sonderstellung von leitenden Angestellten bei Wahlen, zwei Stimmrechte des Aufsichtsratsvorsitzenden ( er ist in der Regel Anteilseigner) , fehlender Kündungsschutz für Mitglieder des Aufsichtsrats u.a.

Der Vorwurf ist berechtigt, wenn die Kritiker behaupten, dass die Mitbestimmung, die nicht der erste Schritt in Richtung zur Selbstverwaltung sei, die Eingliederung der Arbeitnehmer in das kapitalistische Wirtschaftssystem nur beschleunigen und die Gewerkschaften ihren eigentlichen Aufgaben entfremden wird. Die anderen westeuropäischen Gewerkschaften lehnen deshalb die Mitbestimmung als Weg zu mehr Demokratie grundsätzlich ab.

17.1. Bewusstsein der Arbeiterschaft in Deutschland

Für Arbeiter und Angestellte in der BRD steht die materielle Seite: höherer Lohn, Vermögensbildung, Konsumwunsch, weit vor der Forderung nach mehr Mitbestimmung und mehr Demokratie am Arbeitsplatz. Die Ursachen dieser Einstellung der Bürger liegen in allgemeiner politischer Apathie, die wiederum durch politische Sozialisation verursacht wurde, - "Wirtschaftswunder, Remilitarisierung, Kalter Krieg, Antikommunismus, die Ideologie der Partnerschaft, die Kanzlerdemokratie unter Adenauer und falsch angelegte politische Bildung behinderten die Entwicklung eines politischen Bewusstseins und damit die Emanzipation der arbeitenden Bevölkerung." (4)

Hierzu haben besonders die Umstände der kapitalistischen Gesellschaft beigetragen, in der die Wünsche der Verbraucher und Bürger nicht in der ersten Linie von eigenen Bedürfnissen und Interessen bestimmt werden, sondern durch Massenmedien, Werbung und politische Propaganda künstlich geweckt werden und damit den Bürger in einen maßlosen Konsumenten verwandelt.

Im Zusammenhang mit Vorstellungen und Wirklichkeit des Zivilisationsprozesses schrieb am 22. Dezember 1979 die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

"Als vor zehn Jahren die Philosophie der Lebensqualität aus Amerika herübergebracht wurde, plädierten selbstverständlich auch die Gewerkschaften für solche Qualität. Die Metall-Gewerkschaft veranstaltete 1972 sogar einen großen Kongress unter dieser Parole. -•• Eugen Loderer brachte indessen in Erinnerung: Qualität des Lebens hat auch etwas mit Quantität an Kaufkraft zu tun, das wollen wir nicht vergessen."

17.2. Die Macht der Gewerkschaften

Die Forderungen der Gewerkschaften nach Verwirklichung einer demokratischen Betriebsverfassung, besseren Arbeitsbedingungen, Erhaltung von Arbeitsplätzen sind natürlich Worte, die gerne zu hören sind, in der Praxis aber schaffen sie weder eine "demokratischere" und "humanere" Arbeitswelt, noch tragen sie zur Arbeitsplatzsicherung bei.

Bedenkt man nur, dass der DGB selbst Unternehmer und Arbeitgeber für mehr als 100 000 Beschäftigte in der BRD ist, und dass das Eigenkapital der gewerkschaftseigenen Unternehmen einen Wert von über 2,3 Milliarden DM beträgt, dabei aber keinerlei Eigeninitiativen zur demokratischen Konstruierung der Arbeitswelt ( in Richtung der Selbstverwaltung ) in eigenen Unternehmen ergriffen wurden, so ist es eine Illusion, zu erwarten, dass die Gewerkschaften tatsächlich die Selbstverwaltung der arbeitenden Menschen im Vordergrund sehen. (5)

17.3. Gewerkschafts-Desinteresse an der Selbstverwaltung

Die gesamte Aktivität des DGB ist in erster Linie auf die Erhöhung von Löhnen und Gehälter konzentriert, denn dies ist das beste Mittel, den Arbeitsnehmern die scheinbar wichtige Rolle der Gewerkschaft zu vermitteln; die daraus ergebenden Konsequenzen müssen aber die arbeitenden Menschen selbst tragen. Diese Konsequenzen spiegeln sich vor allem in;

- zunehmender Leistungsforderung an Arbeitnehmer
- Rationalisierung des Arbeitsplatzes und die dadurch sich ergebende Arbeitslosigkeit, und nicht zuletzt führt es zu höherem Konsumbedarf und psychischen Belastungen jedes einzelnen.

Wenn von betrieblichen Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmer gesprochen wird, dann denkt man zuerst an die Rechte der Gewerkschaft an den Entscheidungen im Unternehmen, bzw. an die Besetzung des Betriebsrats, Aufsichtsrats oder einer anderen Funktion mit Gewerkschaftsleuten; und dabei wird behauptet, dass die Arbeitnehmer nicht ausreichend qualifiziert seien, um die Verantwortungen selbst zu tragen. Hieraus ist zu erkennen, dass es der Gewerkschaft nicht so sehr um die freie Hand der Arbeiterschaft in Betrieben, sondern vielmehr um die eigene Macht innerhalb den Betrieben und der Gesellschaft geht. Jede in Richtung der Selbstverwaltung der Arbeitenden würde die Rolle und die Macht der Gewerkschaften und der Parteien in Bedeutungslosigkeit drängen, und gerade das wollen die Funktionäre nicht haben.

Es ist auch kein Wunder, wenn der DGB zusammen mit der SPD eine oft verwirrende Politik, die These des "Revisionismus", führt. Um für eine wirklich erforderliche Demokratie am Arbeitsplatz glaubwürdig wirken zu können, müssen die beiden erwähnten Organisationen in ihrem gesellschaftspolitischen Denken sehr viel korrigiert werden. Es wäre total falsch zu behaupten, dass alle Gewerkschaftsfreunde und alle SPD-Politiker den angeblichen "Revisionismus" verfolgen und dabei sich mit der USA-Strategie, wie die meisten, umarmen.

Politische Alternative, die für die BRD notwendig ist, bietet ein Teil der SPD-Politiker, zu denen z.B. Erhard Eppler zählt, und die zur Zeit in der Entwicklungsphase stehenden "Grünen"; inwieweit ihnen die Möglichkeit zur Entfaltung ihrer Gedanken gegeben wird, ist allerdings sehr fraglich. Auch bei den Gewerkschaften gibt es viele aktive Mitglieder, die das Mitbestimmungsgesetz als eine Täuschung der Arbeitnehmer bezeichnen und an Stelle dessen zumindest die paritätische Mitbestimmung (= Arbeit gleichberechtigt zu Produktionsmitteln) für notwendig halten. Bedenkt man auch, dass die Gewerkschaft die einzige treibende Kraft bei der Humanisierung der Arbeitsverhältnisse ist und, dass in dieser Richtung sehr viel erreicht wurde, so ist der allgemeine Einsatz der Gewerkschaft für die Arbeitnehmer nicht zu unterschätzen. Der Einsatz von FDP und CDU/CSU-Parteien für Mitbestimmung oder Selbstverwaltung der Arbeitenden ist bedeutungslos, denn diese Partien sind die treibende Kraft des Kapitalismus.

18. Vor -und Nachteile der Selbstverwaltung in Jugoslawien

18.0. Lob und Kritik an Arbeiterselbstverwaltung

Um das Wesen der jugoslawischen ASV in objektiven Maßen zu erläutern, erscheint es hier als brauchbar, die Eindrücke einiger deutscher Autoren, die sich damit befasst haben, zu zitieren. In dem von dar "Europäischen Verlagsanstalt" Frankfurt-Köln herausgegebenem Buch -Das jugoslawische Model- von Gudrun Lemän, steht folgender Kommentar: "Jugoslawien hat m it seinem System der ASV den bisher konsequentesten Versuch unternommen, die Macht -und Herrschaftsstrukturen in den Wirtschaftsstrukturen zu verändern. Damit wurde auf Betriebsebene der institutionelle Rahmen für eine weitgehende Demokratie geschaffen. Es entstand eine

Unternehmensordnung, in der die wesentlichen Entscheidungen durch den Konsensus aller Belegschaftsmitglieder zustande kommen und in der die Leistungsposition von der Basis her legitimiert wird." (7)

Die stellvertretende Leiterin der "Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Systeme" der Universität Marburg, Hannelore Hammel, schreibt in dem von ihr herausgegebenen Buch: "Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien" folgendes:

"Diese Ordnungsformen ermöglichen, - so glaubt man nicht nur in Jugoslawien - eine weitestgehende Selbstverwaltung der arbeitenden Menschen. Es gebe keine Ausbeutung mehr von abhängigen Beschäftigten durch Kapitalisten oder Staat, da die BeschäftigtenArbeitnehmer und Arbeitgeber zugleich seien. Sie bestimmen selbst den Einsatz ihrer Arbeitskraft und die Höhe ihrer Einkommen; das mit Hilfe der gesellschaftlichen Produktionsmittel und der Arbeitskraft der Beschäftigten, erwirtschaftete Unternehmenseinkommen werden von diesen (bzw. dem Arbeiterrat) nach individuellen und betrieblichen Erfolgsinteressen auf persönliche Einkommen (Konsum) und betriebliche Investition (Akkumulation) aufgeteilt“ (8)

An einer anderen Stelle schreibt Gudrun Lemän über die Humanität des Systems:

"Der Wirtschaftsablauf ist in den jugoslawischen Betrieben humaner, Solidarität und Fürsorge der Arbeitskollektive für ihre leistungsschwächeren Kollegen sind sehr viel weiter entwickelt als in anderen Wirtschaftsordnungen. Es ist natürlich eine Grundsatzfrage, auf welcher Ebene die Gesellschaft am zweckmäßigsten ihre Hilfe für die sozial Schwachen organisiert. ( •••) Humanitäre Ziele haben in der jugoslawischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert.

Humanität erschöpft sich nicht in der Sicherung des Existenzminimums, sondern umfasst auch die Vermeidung gesellschaftlicher Diffamierung schwächerer Gruppen wie z. B. der Alten, der Alkoholiker und der Arbeitslosen." (9)

18.1. Negative Seiten als Folge der Verantwortungslosigkeit

Es wäre aber ein absoluter Irrtum, eine Vorstellung zu bilden, dass im jugoslawischen System alle Probleme der Arbeitenden Menschen gelöst bzw. Unmenschlichkeit beseitigt wurden. Sicher ist, dass dieser einer der menschenwürdigsten Versuche, die in Richtung freier Entfaltung und naturgemäßer Gestaltung der Menschlichkeit führt, das Ziel, das man erreichen will, ist aber noch weit davon entfernt. Sicher ist auch, dass die heutige Gestaltung jugoslawischer Gesellschaft sowohl dem Kapitalismus im Westen als auch der Planwirtschaft im Osten bezüglich menschenbedürftiger Demokratie weit voraus steht. Nun entsprechen aber die radikale Demokratie und übermäßige Dezentralisierung der

Funktionsbefugnisse nicht so sehr den jugoslawischen Gegebenheiten, die an sich auch negative Erscheinungen zum Ausdruck bringen.

Zur Erklärung der nicht immer erwartungsgemäß funktionierenden ASV werden in Jugoslawien angeführt: "Vorindustrielle Mentalität" der Bevölkerung, unzureichende Bildung der Arbeiter, die Unterschiede zwischen jugoslawischen Nationalitäten usw. Hierbei spielt auch der Einfluss des westlichen Konsums auf die jugoslawische Bevölkerung eine wesentliche Rolle, wobei die Grenzen des Erforderlichen und des Möglichen oft überschritten werden. Daraus resultierende negative Erscheinungen sind nicht selten und spiegeln sich vor allem in dem Mangel an Ordnung und Disziplin, Überschneidungen von Kompetenzen, Verantwortungslosigkeit und unzureichendes Engagement. Hierbei ist zu erwähnen, dass besonders ein großer Teil der gebildeten Bevölkerung in ihrem Engagement für die Weiterentwicklung der Selbstverwaltung versagt hat.

18.2. Nachteile freier Marktwirtschaft

Wie die Erfahrungen gezeigt haben, gibt es objektive Schwierigkeiten, die man überall mit bestem Willen zu lösen versucht, die aber vorwiegend in der unzureichenden Gesamtentwicklung des Landes und der sozialen Struktur wurzeln und sich oft als schwer überwindbar ergeben. Um den Forderungen der Leistungsfähigkeit, höherer Produktivität und Gesamtentwicklung der Wirtschaft nachzukommen, wird behauptet, dass diese die Selbständigkeit der Betriebe, bzw. die freie Marktwirtschaft erfordert.

Die existierende freie Marktwirtschaft ist aber eines der zentralen Probleme des Systems, in dem die ganze Wirtschaft auf der Jagd nach Gewinn und gegenseitiger Konkurrenz ruht Völlige Autonomie der Betriebe bei der Festsetzung des Einkommens, schafft z.B.

Einkommensunterschiede zwischen gleichen Betrieben, gleichen Berufen und gleichen Leistungen. Das Einkommensprinzip schafft auch Arbeitslosigkeit. Denn die Beschäftigten eines Betriebes übernehmen selbst die steigende Produktion durch Überstunden und Mehrarbeiten, während draußen Arbeitslose auf den Arbeitsplatz warten. Die absolute Selbstständigkeit der Betriebe hat also für die Gesamtgesellschaft auch negative Auswirkungen. Das Entscheidende dabei ist, dass sich innerhalb den Betrieben und anderen Gesellschaftsorganisationen vorherrschende Gruppen bilden, die die vorhandenen Möglichkeiten zu ihren Vorteilen nutzen und den unzureichend informierten Bürger unterwerfen, manipulieren und damit dessen Rechte entfremden. Deshalb muss auch hier darauf hingewiesen werden, dass die freie Marktwirtschaft, in der die einzelnen Unternehmen maßlos produzieren und Markt beherrschen, ( Kennzeichen des Kapitalismus ) nicht dem Sozialismus entspricht, noch weniger der Selbstverwaltung in Jugoslawien mit ihrer territorial- ungleichmäßig entwickelten Wirtschaft • .

19. Wirtschaftsstruktur und deren Folgen in Deutschland

19.0. Erfolgsreiche Kapitalismus

Obwohl sich der große Teil des deutschen Volkes nach dem Zweiten Weltkrieg einig war, dass die Katastrophe des Krieges größtenteils in der Kapitalhilfe der Großunternehmer wurzelt, und dass die Sozialisierung des Großkapitals dringende Notwendigkeit sei, gelang es doch den Unternehmern und konservativen Politikern, zusammen mit der USA, das kapitalistische System beizubehalten und zu stabilisieren. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände übernahmen die Wirtschaftssteuerung und regeln ihre Tarifverträge autonom. Zwischen ihnen besteht trotz gelegentlicher verbaler Auseinandersetzungen, eine grundsätzliche Gemeinsamkeit über das westdeutsche Wirtschaftssystem. Die "soziale Marktwirtschaft" erwies sich als eine gute Grundlage für die Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft, ungeeignet aber, um der Forderung des Grundgesetzes nach einem Sozialstaat gerecht zu werden. Die engen Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Wirtschaftsverbänden ermöglichen große Profite den Unternehmen und das Produktionsvermögen sammelte sich in den Händen relativ weniger Bürger an.

19.1. Verhältnis der Vermögensbildung

Die Professoren Föhl, Gleitze und Kelle stellten unabhängig voneinander fest, dass 1950 das Vermögen der Gruppe der Selbständigen nur das 1,16-fache der Gruppe der Unselbständigen betrug, während 1971 sogar 75 % des in Industrie und Handel investierten Kapitals und 35 % des Gesamtprivatvermögens nur 1,7 % Bürgern des gesamten bundesdeutschen Bevölkerung gehörte. Weiter wurde ermittelt, dass sich das in jedem Jahr Neuentstandene Privatvermögen im Verhältnis 7 : 3 auf die 1,7 % Reichen und die 98,7 % auf die übrige Bevölkerung verteilt.(10) Das Problem dieser Verteilung liegt nicht darin, dass die einen mehr und die anderen weniger haben, sondern dass die Macht einer Gruppe immer deutlicher die Ohnmacht und Einflusslosigkeit der Masse verursacht. Die Machtlosigkeit der Masse bzw. die fehlende Einflussmöglichkeit des Einzelnen auf die Entscheidungen einer Gesellschaft führen den Bürger zur Aggressivität, kriminellem Verhalten, Entfremdung, Resignation und anderen Erscheinungen die z.B. in der BRD deutlich zu .erkennen sind.

Ein Zitat aus dem Buch dreier renommierter Sozialwissenschaftler (s. Quellenverzeichnis) kann vielleicht die Position der Kapitalmacht verdeutlichen "Unmittelbar vor der Bundestagswahl 1972 warb ein bekannter Verleger in einer ganzen Reihe von Publikationsorganen - nicht nur in seinen eigenen - mit ganzseitigen persönlichen Anzeigen massiv für eine der beiden großen Parteien. Allein ein Inserat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kostete ihn rund 20 000.- DM mehr, als damals das Jahreseinkommen eines Durchschnittsbürgers betrug." (11)

19.2. Die freie Marktwirtschaft

Abgesehen von Betrieben der öffentlichen Hand sind die Unternehmungen rechtlich autonom. Sie stellen ihre Produktions-, Beschaffungs-, Absatz-, Investitions- und Finanzierungspläne in eigener Verantwortlichkeit und unabhängig von direkter staatlicher Beeinflussung auf. Der Markt stellt ein Mittel dar, um die Einzelentscheidungen der Produzenten, sowie der Konsumenten und Investoren (Nachfrager) zu koordinieren.

Die Produzenten (Unternehmer) produzieren aufgrund ihrer Erwartungen über die Nachfrage zunächst eine bestimmte Produktionsmenge, die sie zu einem bestimmten Preis verkaufen wollen. Wenn der Absatz nicht nach den Vorstellungen abläuft, dann müssen die Unternehmer entweder die Produktionspläne ändern, Preise herabsetzen oder sie versuchen die Nachfrage nach ihren Erzeugnissen durch Werbung, d.h. durch Weckung von bisher nicht vorhandenen Bedürfnissen zu erhöhen. I

Ist die Nachfrage dagegen groß genug, so wird in unbegrenzte Masse produziert, um damit rechtzeitig den Verbraucher zu versorgen und möglichst großen Gewinn zu erreichen. Diese Zusammenhänge mit bekannten Begriffen; ständige Produktionssteigerung, daraus ergebene Absatznotwendigkeit also, erfinden von neuen Konsumenten, Konkurrenzfähigkeit u.a., bilden die Grundlage der "freien Marktwirtschaft", die oft als Heiligtum in der BRD und anderen kapitalistischen Ländern angesehen wird. Die meisten wagen es zu behaupten, dass eben dies, das so genannte Wirtschaftswunder dem deutschen Volk gebracht hat.

Sicher ist aber, dass sich die freie Marktwirtschaft in den 50er Jahren, also kurz nach dem Krieg, als nicht nach der Qualität des Lebens, sondern nach Überleben gefragt wurde, als erfolgreich erwiesen hat.

Sicher ist auch, dass die bundesdeutsche Wirtschaft in sehr kurzer Zeit einen starken Aufschwung gefunden hat. Dieser Aufschwung konnte sich aber nicht als Krisen los behaupten, sondern erwies sich als typisches Merkmal des Kapitalismus, in dem die zyklischen Krisen unausweichlich sind.

19.3. Ursachen der Wirtschaftskrisen

Der fast regelmäßig auftretende Konjunkturwechsel in der kapitalistischen Wirtschaft, wird vorwiegend durch die Konkurrenz aller Kapitalverwerter um die höchstmögliche Rendite verursacht. In Zeiten steigender Gewinne beschleunigt sich die Kapitalbildung und führt zu Erweiterung von Produktionsanlagen, steigenden Löhnen und Vollbeschäftigung. Schließlich kommt es zu einem Warenüberschuss auf dem Markt, da die Kaufkraft der Verbraucher nicht in selbem Maße steigt, wie die Warenproduktion zunimmt. Dabei werden die Produktionskapazitäten nicht mehr voll ausgenutzt, die Investitionen lassen nach, die Arbeitskräfte werden entlassen und die erneute Krise bzw. Rezession ist wieder vorhanden.

Dieser Verlauf des Auf und Ab der wirtschaftlichen Aktivität hat auch in der BRD stattgefunden. Dabei hat aber die Wirtschaftskraft einen besonders hohen Stellungswert eingenommen. Den Preis dieser Wirtschaftsstärke haben die Arbeitnehmer bezahlt, durch verschiedene Belastungen, die sich heute an ihren Gesichtern, Verhalten und inneren Zuständen spiegeln.

19.4. Angst und Resignation als Folge der Wirtschaftskrisen

Das Konkurrenz- und Leistungsstreben, das die Menschen in hohem Grade verinnerlicht haben, ist eine Erscheinung der Natur. Sicher ist, dass die spezifische Dynamik der Produktions- und Verteilungsprozesse in einer Gesellschaft zum Entstehen einer allgemeinen Konkurrenz- und Leistunksphäre in erheblichem Umfang beiträgt.

Gegen diese Atmosphäre opponieren in der BRD seit einigen Jahren in verstärktem Maße Gruppen junger Menschen. Teils tun sie es dadurch, dass sie bewusst aus den als Zwänge angesehene Lebensweisen dieser Gesellschaft heraustreten, teils versuchen sie auch auf politischem Wege, die gesellschaftlichen Strukturen und Prozesse radikal umzugestalten. Auch derjenige aber, der organisiertem Eskapismus und radikaler Opposition skeptisch gegenüber steht, muss zugeben, dass die Bedingungen der Produktion und der fast verlangte Konsum die Menschen in Leistungszwänge drängt, die oftmals ihre psychische Stabilität übersteigen und zu Leidenszuständen und Fehlverhalten führen.

Die Angst, den Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht mehr gewachsen zu sein und damit im Konsumbereich nicht voll mithalten zu können, und insbesondere die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren, ist für viele Menschen zu einem beherrschenden Moment ihres Lebens geworden. Ein großer Teil ihrer psychischen Energie muss von ihnen auf die Auseinandersetzung mit dieser Angst verwendet werden. Die Gefahren dieser Zustände haben schon längst viele politische Gruppen, Psychologen, Pädagogen und Theologen erkannt, und dazu kritische Stellung genommen, durch Kritik allein können sie es aber nicht ändern. Schon 1968 gelang H. Stotzka bei der Einschätzung der Gesamtzahl der behandlungsbedürftigen psychisch Kranken bei einen äußerst zurückhaltenden Beurteilung zu einem Anteil von 15 % an der Gesamtbevölkerung. (12)

Die Stuttgarter Zeitung brachte am 6.10.1978 einen Bericht von einer Tagung in Heidelberg über psychisch Kranke in der BRD, darin stand:

"Die Zahl der Menschen, die sich aufgrund verschärfter Lebensbedingungen in Wirtschaft, Schule oder Universität, in der Arbeitswelt nicht mehr behaupten können oder die gleich gar keinen Zugang zu einem Beruf finden, nimmt von Jahr zu Jahr "erschreckend" zu". Weiter schrieb die Zeitung, dass nicht nur die Arbeitslosigkeit verheerende Auswirkungen für die seelische Gesundheit eines Menschen haben kann, sondern dass diese auch oft die Ursache des Arbeitsplatzverlustes ist ••

»Zigtausende, schätzt Niels Pärksen (Ltndeburg), stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für soziale Psychiatrie ••• sind es, die innerhalb der Betriebe gefährdet sind. 23 000 Menschen würden jährlich aufgrund seelischer Behinderungen, die von Schlafstörungen bis zu Wahnvorstellungen reichen, zu Frühinvaliden."

Die besonders hohe Zahl von Drogenabhängigen und die "Drogen- Toten, Selbstmorde und Ausgestiegener aus der Gesellschaft sind ebenfalls erschreckende Probleme unserer Zeit. Die Situation betrifft natürlich nicht nur die BRD, sondern umfasst die ganze westliche Welt, die Wurzeln dieser menschlichen Tragödie stehen aber grundsätzlich in den USA.

Die amerikanischen Politiker und Multis sind sich ihres Schreckens bewusst, den Schuldigen dafür wollen sie aber nicht an eigener Herrschaft erkennen, sondern sie versuchen durch ultimative Erpressungen anderer Nationen und durch Kriegsdrohungen die Vernichtung ihrer selbst zu verhindern. Den katastrophalen Verhältnissen nach, ist ein Krieg von dem amerikanischen Boden aus, fast unvermeidbar, ob dieser auch Europa betrifft, hängt zu großem Teil von den bundesdeutschen Entscheidungen ab.

19.5. Die Sozialleistungen als Besonderheit der BR-Deutschland

Hohe Leistungsbereitschaft jedes einzelnen Bürgers, Arbeitsdisziplin und Arbeitsmoral sowie das Geschick bei der Organisation der Arbeit sind die bekannten Merkmale des Deutschen Volkes, die als wichtigste Grundlage der heute leistungsfähigsten Wirtschaft der Welt gelten. Die Entstehung einer so stabilen Wirtschaft hat neben der im Pkt. 19.4 erwähnten negativen Erscheinungen auch zahlreiche Vorteile für die breite Schicht der Bevölkerung mitgebracht.

Hierzu sind vor allem der hohe Wohlstand und insbesondere jedoch die beispielhaften Sozialleistungen für die materiell Schwachen und für solche mit besonders niedrigem Einkommen zu erwähnen. In diesem Bereich steht die BRD schätzungsweise an der 2. Stelle hinter Schweden - innerhalb der gesamten westlichen Welt.

Es erscheint hier besonders wichtig zu erwähnen, dass die bundesdeutsche Sozialpolitik im Rahmen der menschlichen Fürsorge z.B. mit der fast katastrophalen Sozialverhältnisse in den USA überhaupt nicht zu vergleichen ist. Deshalb wäre es absurd anzunehmen, dass sich die soziale Fürsorge allein aus der Wirtschaftsstärke von selbst ergibt, sondern es ist vielmehr die Bereitschaft der politischen Kräfte dazu erforderlich.

In der BRO ist diese Bereitschaft bei allen politischen Strömungen zu erkennen, eine besondere Einsatz-Bereitschaft für die soziale Gerechtigkeit hat jedoch die SPO-Partei ständig gezeigt und dabei auch vieles erreicht. Es bestehen keine Zweifel daran, dass eine große Zahl der SPO-Politiker sich in diesem Bereich noch stärker einsetzen und noch viel mehr erreichen möchten, die Wege in dieser Richtungen sind aber sehr dornig. Zu den wichtigsten bisher erreichten Sozialleistungen zählen:

- Renten -und Krankenversicherung
- Kindergeldförderung
- Arbeitslosenversicherung -Lohnfortzahlung im Krankheitsfall der Arbeitnehmer
- Ausbildungsförderung
- Sozialwohnungen und Wohngeld
- verschiedene Steuerermäßigungen usw.

All diese Leistungen scheinen selbstverständlich zu sein, bedenkt man aber, dass manche von ihnen erst seit viele Jahren als gesetzliche Vorschrift existieren und, dass in vielen kapitalistischen Länder solche Vorschriften immer noch keinen Platz im Gesetzbuch gefunden haben, so ist die Sozialpolitik in der BRO, also in einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung, doch vorbildlich.

20. Leistungsschwächen jugoslawischer Wirtschaft mit Arbeiterselbstverwaltung

20.0. Bevölkerungs- Struktur

Die jugoslawische Wirtschaft erlebte in den letzten fünfunddreißig Jahren mehrere Entwicklungsphasen, die vor allem durch zahlreiche Besonderheiten der wirtschaftlichen und politischen Reformen gekennzeichnet war. Wie schon in der Einführung zu der Selbstverwaltung erläutert wurde, dass jugoslawische Völker seit dem Mittelalter bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter der fremden Herrschaft blieben, so ist auch zu verstehen, dass die grundlegende Wirtschaftsentwicklung erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich wurde.

Als nach dem Krieg das sozialistische Gesellschaftssystem eingeführt wurde, war Jugoslawien eines der ärmsten Länder Europas. Die durch den Krieg verursachten Verluste an dem Gesamtvermögen des relativ niedrig Vorhandenem betrug: 24 % der Landwirtschaft, 36 % der Industrie und 11 % der Einwohner bzw. 1,7 Mill. Menschen sind im Krieg gefallen.

Da 74 % der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebten und nur 44 % des Nationaleinkommens erwirtschafteten, war Jugoslawien vor dem Kriege auch ein sehr rückständiges Agrarland. (13) Das Ziel des Wiederaufbaus und des Fünfjahresplanes war es, die wirtschaftliche Rückständigkeit des Landes zu beseitigen, sowie die Wirtschaftsstruktur gemäß der marxistischen Konzeption zu verändern.

20.1. Erfolge und Misserfolg der Wirtschaft

Die erste Hälfte des Fünfjahresplanes von 1947 -1951 verlief sehr günstig, dann aber in den darauf folgenden vier Jahren erlitt die jugoslawische Wirtschaft einen großen Rückschlag. Dieser folgte aufgrund der Wirtschaftsblockade seitens dar osteuropäischen Länder (Konflikt mit der UdSSR), nachdem die ganze Wirtschaftsentwicklung Jugoslawiens auf die Zusammenarbeit mit diesen Ländern gestützt war.

Die Erhöhung der Verteidigungsausgaben (bis 20 % des Nationaleinkommens) und große Nahrungsmittelimporte, entzogen die Kapitalbildung, und der Fünfjahresplan konnte nicht erfüllt werden. Die industrielle Produktion war aber immerhin im Jahre 1952 um 64 % größer als im Jahre 1939 vor Beginn des Krieges. (13)

Mit der Einführung der Arbeiterselbstverwaltung und der dessen bewusten Planung betrat Jugoslawien seinen eigenen Weg zur Schaffung einer sozialistischen Demokratie und sozialistischer Marktwirtschaft.

Inwieweit die Wirtschaft mit Arbeiterselbstverwaltung leistungsfähig ist, kann am Beispiel der wirtschaftlichen Entwicklung in Jugoslawien überprüft werden.

Das reale Wachstum des Volkseinkommens pro Kopf der Bevölkerung gibt die Rate an, mit der die reale Kaufkraft durchschnittlich ansteigt. Die entsprechenden Daten der Vereinten Nationen (für 74 Länder außerhalb des Ostblocks) wurde hierfür die Zeitspanne 1952 bis 1964 zum Vergleich der Wachstumsraten mit der übrigen Welt in Betracht genommen. (14)

Danach ergibt sich, dass von 1952 bis 1964 das jugoslawische Volkseinkommen pro Kopf jährlich um 8 % wuchs. Nur Japan hatte ein noch größeres Wachstum mit 8,6 %, während alle übrigen Länder - außer Israel - weit unter dem jugoslawischen Durchschnitt blieben. In der gleichen Zeitspanne lagen die realen Wachstumsraten in den USA bei rund 2 % und in der BRD bei 6,8 % im Durchschnitt. In der Periode von 1950 bis 1964 gehörte die jugoslawische jährliche Investitionsrate mit 28 % des Sozialprodukts zu den höchsten auf der Welt. (15) Diese ist insofern beachtlich, als sie nicht in einer Planwirtschaft, sondern durch die selbständigen Unternehmen erreicht wurde.

Im Zeitraum 1952 bis 1975 wurde die Produktion der Industrie um das 8,5 fache erhöht bzw. die jährliche Zuwachsrate um 10,4 %. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Durchschnitt von 562 000 im Jahre 1952 (in der Industrie) auf 1.85 Millionen im Jahr 1975. Die Arbeitsproduktivität wuchs in der ganzen Periode mit einer durchschnittlichen Zuwachsrate von 6 % jährlich.(16)

20.2. Misserfolge durch Reformen der Wirtschaftsstruktur

Angesichts der Tatsache, dass die ASV in Jugoslawien als erstes Experiment in der Weltgeschichte gilt und dass hierzu keinerlei Erfahrungen oder Orientierungsmodelle vorhanden waren, so mussten in der Zwischenzeit mehrere Reformen der Wirtschaftsstruktur unternommen werden. Wie negativ die Reformen auf die Wirtschaftsfähigkeit gewirkt haben, kann durch folgendes Beispiel verdeutlicht werden. Die Wirtschaftsreform von 1955 hatte das Ziel, bessere wirtschaftliche und soziale Konsolidierung der Selbstverwaltung zu erreichen.

Folgende wichtige Neuerungen wurden dabei eingeführt:

- Das Unternehmen teilt selbständig sein Gesamteinkommen auf Lohnfond und Reproduktions- bzw. Reservefond.
- Der Verdienst jeder Werktätigen hängt von der Produktivität seiner Arbeitseinheit ab.
- Das Einkommen der gesellschaftlich-politischen Gemeinschaften ( Gemeinden, Republiken, Bund usw. ) wird nicht mehr durch steuerliche Abgaben der Unternehmen gesichert sondern ist ebenfalls von den Geschäftsergebnissen der Unternehmen abhängig.
- Wirtschaftlichkeit und Rentabilität sind Maßstäbe für Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens.
- Alle Beschäftigten müssen für ihren Arbeitsplatz erforderliche Qualifikationen haben bzw. ist es dringend notwendig, die Fachausbildung für jeden zu gestalten (1947 waren 25,4 % der jugoslawischen Bevölkerung Analphabeten).

Diese Maßnahmen führten zunächst zu einem Einstellungsstopp weiterer Arbeitnehmer. Die Zahl der Beschäftigten ging von 1955 bis 1967 um über 100 000 zurück. Die Missstände der Landwirtschaft bewegten bis zu 1 Million ungelernter Arbeiter, die Beschäftigung in den Fabriken zu suchen. Dazu kam es, dass bis zu 100 000 Schulabgänger einen Arbeitsplatz suchten. Die Reform war ein notwendiger Schritt zur Festigung der Selbstverwaltung, die Folge aber ist auch heute noch das traurigste Ereignis in der Geschichte der jugoslawischen Selbstverwaltung

Nämlich, hier ist die Antwort der Migration der Jugoslawen in die westlichen Industrieländer und hier wurzelt das Schicksal jugoslawischer Gastarbeiter in der BR-Deutschland. Es muss hier noch erwähnt werden, dass zu dieser Entwicklung auch die unzureichende Funktion der politischen Selbstverwaltung bzw. das verantwortungslose Verhalten vieler Funktionäre beigetragen haben und auch heute noch beitragen.

20.3. Bekenntnis jugoslawischer Völker zur Selbstverwaltung

Der Kommentar von Gudrun Lemän zu dem Endeffekt der SV in Jugoslawien ist an sich realistisch und vermittelt ungefähr die Lage der Arbeitenden an ihren Arbeitsplätzen.

Hier das Zitat: "In Teilaspekten ist die wirtschaftliche Demokratie in Jugoslawien bereits verwirklicht; die menschliche Arbeitskraft hat ihren wahren Charakter verloren. Der Arbeitende ist nicht mehr Objekt sondern handelndes Subjekt. In den jugoslawischen Betrieben ist eine menschlich erträgliche Arbeitsklima hergestellt worden. Dort wo es technisch möglich ist, wurden Herrschaftspositionen, die lediglich der Überwachung der Arbeiter diente, abgebaut. An ihrer Stelle ist die freiwillige Kooperation getreten. Der Mensch hat im System der Selbstverwaltung seinen instrumentellen Charakter verloren. Selbstverwaltung und Selbstentfaltung sind die obersten Ziele der Entwicklung. Sie können nur in einer demokratischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erreicht werden."( 17 )

Dieser Tatsache ist sich das jugoslawische Volk vielmehr bewusst, als man sich das in der westlichen Welt überhaupt vorstellen könnte. Selbst die breite Schicht der Bevölkerung in der BRD, die meist unzureichend, und wenn überhaupt .dann selten objektiv, informiert ist, sieht in der Selbstverwaltung der Arbeitenden eher eine Illusion als die Wirklichkeit. Diese Vorstellung kommt nicht von selbst, sondern durch unaufhörliche Propaganda der Politiker, deren Devise ist: alles was mit dem Kommunismus zu tun hat, ist Diktatur und die Menschen glauben das.

Die Selbstverwaltenden Bürger und Politiker Jugoslawiens denken darüber ganz anders, sie können sehr wohl den Kapitalismus vom Kommunismus unterscheiden und sie wissen besonders die Rolle der Selbstverwaltung und des Sozialismus zu schätzen. Diese Erkenntnis ist insbesondere deutlich geworden, seit dem sie in die westlichen Länder arbeiten gegangen sind, wo sie gesehen und erlebt haben wie anstrengend dort gearbeitet wird. Aus jeder Gegend Jugoslawiens und fast aus jeder Familie ist jemand im Westen zum arbeiten gewesen, oder arbeitet er noch immer dort. Über 300 000 von ihnen sind inzwischen zurückgekehrt und kaum einer von denen, die noch im Ausland arbeiten, kann sich vorstellen im Westen für immer zu bleiben, - aber bis zum Ruhestand bestimmt. Denn sie haben zwar etwas mehr Geld als sie in Jugoslawien hätten, sie fühlen sich aber wie zerschlagen, sie haben das gewünschte Auto erreicht, das Fahren macht ihnen aber nicht mehr Spaß. Die Erfahrungen im Westen sind eine Lehre geworden und fast jeder ist auf die jugoslawische Demokratie stolz.

Überall in Jugoslawien, wo man hinkommt hört man: wir Jugoslawen, wir können auf alles in begrenzten Maßen verzichten - nur auf Jugoslawien und auf die Selbstverwaltung auf keinen Fall. Diese Einstellung spricht für sich, für deren Sozialismus und für Demokratie -und hier liegt die potenzielle Kraft Jugoslawiens.

Die ununterbrochenen Mutmaßungen im Westen: -" was wird aus Jugoslawien nach Tito?" finden keinerlei Platz im Rahmen der Realität, sie dienen nur zur provokativen Angstmacherei um damit Jugoslawien für eigene Zwecke zu gewinnen. - Tito war nur ein Mensch wie jeder Andere, seine Gedanken waren jedoch eine Besonderheit, er wusste aber seine Besonderheit an Andere zu übertragen und er tat es auch an alle Jugoslawen und an seine zahlreichen Sympathisanten außerhalb Jugoslawiens. Tito starb vor kurzem (4.5.8O), seine Ideen und Errungenschaften aber werden mit Sicherheit die Grundlage der Zukunft sein.

Die Jugoslawen brauchen weder Westeuropa noch die NATO viel weniger noch die USA als Schutzmacht, sie werden solche Angebote nie in Anspruch nehmen, denn ihr Schutz ist ihre Demokratie.

21. Grundlegende Kennzeichen heutiger Gesellschaftssysteme

21.0. Kapitalismus - Sozialismus

Eine der wichtigsten Charakteristiken unserer Zeit ist der Ideologiekampf zwischen dem Kapitalismus und Sozialismus. Dieser Kampf beherrsche die ganze Welt und stellt sich als bedrohliche Erscheinung für die Menschheit dar. Ein wesentlicher Beitrag hierzu trägt auch die Zerspaltung der Ideologen, wenn es um die Vorstellung bzw. Gestaltung des Sozialismus geht.

Betrachtet man aber die Grundelemente des Kapitalismus und des so genannten realen Sozialismus in Osteuropa, so stellt man meistens fest, dass beide Systeme an sich Vorteile und Nachteile für die Menschen beinhalten. Dabei ist nicht selten, dass man das Maß aus den Augen verliert, wenn der Sinn des Endeffekts dieser oder jener Gesellschaftsordnung beurteilt werden soll. In der Regel verwechselt man den Menschen mit dem Staat bzw. mit der Macht und Kapitalkraft des Staates oder sogar mit der Vision der Technik. Diese Verwechslung wird besonders in der kapitalistischen Welt geprägt, in der die Politiker und die Unternehmer ihr ganzes Denken und Handeln auf eigenen Erfolg, sowie auf Wirtschaft und Staatsmacht konzentrieren. Um der Macht des Kapitalismus entgegenzuwirken, machen die sozialistischen Staaten offenbar den Fehler, indem der Staatskapitalismus ständig zunimmt, während der Gedanke von Sozialismus in vielen Bereichen vernachlässigt wird.

In der kapitalistischen Gesellschaftsordnung spiegelt sich der Mensch in dem Ketten-Monopol nur noch als Randerscheinung und nach ihm wird nur dann gefragt, wenn er zu der Weiterbildung des Monopols gebraucht wird. In den sozialistischen Länder jedoch, gesicherte Existenz jedes Einzelnen sowie Bewahrung der Menschlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen sind die Grundsteine der Gesellschaft.

21.1. Politische Gedankenfreiheit

In den Gesellschaften, die auch durch so genannte parlamentarische Demokratie gekennzeichnet sind, existieren verschiedene politische Parteien als Grundlage der politischen Freiheit. Dabei kann jede Partei eigene Vorstellungen der Politik verfolgen, die Angehörigen der Partei dürfen sich im Rammen des Parteiprogramms frei äußern, die Alternative zu den gegnerischen Parteien anbieten und dabei müssen sie bei jeder Gelegenheit versuchen, die Andersdenkenden abzuqualifizieren, wenn sie selbst als fähiger erscheinen wollen. Die Masse des Volkes bzw. die einzelnen Bürger dürfen ebenfalls laut Denken, politische Veranstaltungen und Proteste organisieren, die herrschende Politik aber bleibt unberührt. Die öffentlichen Medien - Funk und Presse -und andere Anstalten sind fast unbegrenzt frei, in der Regel den bestimmten Parteien zugeordnet und dabei ist nicht selten, dass die Qualität ihres Echos der Quantität an Strapazierung des Bürgers unterliegt.

In den sozialistischen Ländern dagegen, existiert nur eine - kommunistische - Partei und damit ist auch kein parlamentarischer Status der kapitalistischen Welt vorhanden. Eine Opposition ist nicht erlaubt und die Kritik innerhalb der Partei ist etwa mit der Praxis der innerparteilichen Konstellation einer Partei kapitalistischer Länder zu vergleichen.

Öffentliche Medien, Literatur und verschiedene Veranstaltungen müssen sich vorwiegend in den Rahmen des Programms der kommunistischen Partei halten. Die Politiker selbst sind in ihrem öffentlichen Auftreten sehr zurückhaltender als z.B. ihre Kollegen im Westen. Innerpolitische Polemisierungen sind fast ausgeschlossen und die politische Alternativen werden nicht öffentlich plädiert, sondern im Parteipräsidium hinter den geschlossenen Türen erörtert.

Die Bürger außerhalb der Partei haben wenig Einflussmöglichkeiten auf die politische Entwicklung im Lande, jedoch können sie vielmehr als die Bürger der kapitalistischen Länder, im Rahmen ihres Wirkungskreises, z.B. am Arbeitsplatz, in der Gemeinde und anderen Organisationen, die elementaren Ereignisse beeinflussen und bestimmen.

21.2. Arbeitsplatz- und Existenzsicherheit

Aus der vorherigen Schilderung über die politische Gedankenfreiheit in den beiden Systemen lässt sich erkennen, dass diese kaum zu vergleichen sind. Während im Westen mehrere Parteien um die Macht kämpfen, oft miteinander koalieren und dabei Kompromiss-Politik regeln, verfolgen fast alle sozialistischen Staaten den politischen Kurs ihrer Partei. Betrachtet man dabei die lebenswichtigen Komponenten der Menschen:

Arbeitsplatz und Existenzsicherheit - in den beiden Systemen, so fällt es nicht schwer, festzustellen, dass die Vorteile hierüber überwiegend in den sozialistischen Ländern liegen.

Wenn es um die Sicherheit der einzelnen Bürger geht; ob auf der Straße oder am Arbeitsplatz, in der Familie oder in der Gesellschaft, dann nimmt dies einen deutlich höheren Stellenwert im Osten als im Westen ein.

Es ist sicher wichtig zu erwähnen, dass sich die Menschen in Osteuropa kaum in vergleichbarem Maße an dem Konsum, wie die Bürger westlicher Welt, beteiligen können, nun gibt es aber auch hier manche Leute, die "Gott sei Dank" dazu sagen. Das Sprichwort: "Es ist nicht alles Gold, was glänzt", könnte auch hier angewendet werden, - es macht nicht alles glücklich, was in Anspruch genommen werden kann. Das Entscheidende für einen Menschen ist, seine Gesundheit, Verstand und die zwischenmenschlichen Beziehungen zu bewahren. Gerade diese Merkmale scheinen in Osteuropa viel stärker als im Westen verwirklicht zu sein.

Dagegen sind aber die geschlossenen Grenzen und Ausreise-Verhinderungen in den osteuropäischen Ländern für die dortigen Menschen eine bittere Frucht des Ideologiekampfes zwischen dem Kapitalismus und dem Sozialismus.

21.3. Die Verhältnisse der Arbeitswelt

Die Forderung nach einer menschlicheren Arbeitswelt - Humanisierung der Arbeit - steht seit geraumer Zeit im Mittelpunkt der menschlichen Bedürfnisse. Technischer Fortschritt, Automatisierung und Rationalisierung stoppten nicht den Entfremdungsprozess der menschlichen Arbeit, im Gegenteil: Die Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung, zur Erhöhung des Profits unter verfeinerter Arbeitsteilung rufen nicht nur bei Arbeitern, sondern auch bei Angestellten das Gefühl hervor, der Welt, in der sie tätig sind, nicht mehr angehören zu können.

Die in den sozialistischen Ländern Ost-Europas geforderte "Arbeitsmoral" und "Arbeitsdisziplin" unterscheidet sich nicht sehr von kapitalistischen Methoden zur Steigerung der Arbeitsproduktivität. Somit ist sowohl in kapitalistischen als auch in sozialistischen Gesellschaften die Arbeit mehr ein notwendiges Übel" als der Bedarf menschlicher Behauptung geworden. Diese Aussage betrifft besonders die Arbeitsverhältnisse der kapitalistischen Länder, in denen die Arbeitnehmer ihre Rechte in der Arbeitssphäre ausschließlich durch Streik zu erreichen versuchen können.

Wie die Erfahrung aber gezeigt hat, haben sich diese Mittel nur im Bereich der Einkommenserhöhung als wirksam erwiesen, während die Forderungen nach mehr Mitentscheidungsrecht oder Selbstverwaltung der Arbeitenden fast unberührt geblieben sind. Dies bedeutet, dass die grundlegende Antriebskraft bzw. die unmittelbaren Träger der Produktion von den Eigenentscheidungen über ihre Arbeitsverhältnisse und damit über sich selbst am Arbeitsplatz völlig ausgeschlossen sind.

Über die Folge dieser Verhältnisse bzw. über Demoralisierung, Hilflosigkeit und Ängste, die die menschliche Psyche zerbrechen, wurde hier in gewissen Maßen schon erläutert. Was kann aber getan werden, um die Menschen von der Resignation und Entfremdung abzuhalten, menschliche Gefühle, den Geist und die Gesundheit zu bewahren bleibt offen.

21.4. Selbstverwaltung als historische Alternative der Menschheit

Um die vorherige Frage zu beantworten, muss man sich zunächst darüber Gedanken machen; was steht den Menschen im Vordergrund im Leben?

Gesunde Psyche und klarer Verstand zu haben, gute zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz zu pflegen, bescheidener Maßen konsumieren und sich durch menschenwürdigen Taten zu behaupten

oder

- Gegenseitige Bekämpfung der Arbeitskollegen durch Konkurrenzkampf, Unterordnung dem oftmals befehlfreudigen Vorgesetzten, Maßlosekonsumierung, Schaffen- Schaffen Häusle bauen und ständig unter dem Stress zu leben.

Die Alternativen vermitteln ungefähr die Verhältnisse der Selbstverwaltung und der

Mitbestimmung am Arbeitsplatz, - was ist davon zu empfehlen ist heutzutage relativ zu sehen.

Denn, die Menschen sind von der Natur aus Konsumfreudig und die Meisten würden sich für die Mitbestimmung entscheiden, die Frage ist jedoch wie lange ist es möglich ständig mehr zu produzieren und mehr zu konsumieren. Das ständige Wachstum geht irgendwann aus und übrig bleiben resignierte und womöglich kranke Menschen.

Deshalb müssen die Menschen endlich erkennen, dass sie an den falschen Bahngleisen stehen und, dass es die letzte Zeit gekommen ist, in der die Menschen ihre Gedanken umschalten und neue Wege suchen müssen.

Jugoslawien hat den neuen Weg angenommen, auf dem sich etwas langsam, aber mit gesunder Logik bewegt, inwieweit das Ziel erreicht wird, hängt zu größten Teil von anderen zumindest europäischen Ländern ab.

Eine Bewegung anderer europäischer Länder in Richtung Selbstverwaltung würde nicht nur den Völkern dieser Länder helfen, und sie von den Kriegen und der Zerstörung retten, sondern auch ein besonders hoher Beitrag zu der Weiterentwicklung jugoslawischer Selbstverwaltung beitragen.

Denn so lange die jugoslawische Wirtschaft von der kapitalistischen Wirtschaft abhängig ist, wird auch die Selbstverwaltung nicht einwandfrei funktionieren können. Wenn der Gedanke der Selbstverwaltung z.B. allein in der BR-Deutschland den realistischen Platz einnehmen würde, so wäre das schon ein Beginn von Humanisierung der Welt und für Jugoslawien eine Sicherheit zur Bewahrung seiner Errungenschaften.

Dabei soll es nicht heißen, dass das jugoslawische Modell zu übernehmen oder als einzige Alternative anzusehen ist, jedoch als ein Orientierungsmodell und Erfahrungsquelle sicherlich brauchbar ist.

21.5. Grundaussagen über Selbstverwaltung

Die Erfahrungen in Jugoslawien haben gezeigt, dass die Selbstverwaltung kein Wunder an sich ist, sondern nur ein gemeinsames Denken, Handeln und Entscheiden aller Beteiligten eines Arbeitsprozesses, einer Gemeinschaft oder einer Organisation.

Dabei ist keine Besonderheit zu sehen, wenn den Menschen, dort wo sie ihre Tage verbringen, wo von ihnen Leistung abverlangt wird, d.h. am Arbeitsplatz erlaubt wird, selbst über die Zusammenhänge der Arbeit zu sprechen und zu entscheiden. Sinn der gemeinsamen Entscheidungen ist vor allem der Erfahrungsaustausch, informative und personelle Rückkopplung und Diskussion als neue, geistige Form der Konfliktaustragung, wodurch das künftig untaugliche Schema von Befehl und Gehorsam sich selbst überflüssig macht.

Solche Art von Demokratie am Arbeitsplatz ist nicht nur menschlicher und stabiler, sondern auch friedlicher. Die Arbeitnehmer sind außerdem leistungsfähiger als unter den heutigen Umständen, weil Konfliktaustragung auf Zusammenarbeit hin organisiert wird, anstatt auf gegenseitiges Unterdrücken und Hass.

Durch den Gedankenaustausch werden die Menschen intelligenter, freier und bewusster, - nicht nur weil sie mehr sagen dürfen, sondern weil sie dadurch ihre Intelligenz entfalten können, und weil ihre Minderwertigkeitsgefühle allmählich abgebaut werden, was die volle Entfaltung der Intelligenz herausfordert.

Das Recht auf Selbstbestimmung, das in allen Verfassungen verankert ist, bleibt unwirksam und unglaubwürdig, solange der Mensch nicht die Möglichkeit hat, an der Gestaltung seiner Arbeitsverhältnisse eigenverantwortlich mitzuwirken. Mit der Selbstverwaltung würde man nicht nur Ängste, Ohnmachtgefühle und sonstige Unwürdigkeiten der Menschen beseitigen, sondern ein Volk das selbst über eigene Wünsche und Ansprüche bestimmen darf, würde sich nie für einen Krieg entscheiden, denn das Volk muss letzten Endes die Folgen tragen, nicht jedoch die Befehlshaber.

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellenverzeichnis: Erster Teil

1) - H. Seidel, W. Schneider, Der Betrieb und seine Verfassung, Wiesbaden, 1976, Seite 19

(2) - ebenda S. 20

(3) - ebenda S. 23

(4) - ebenda S. 24

(5) - ebenda S. 32

(7) - Koepke , Sozialismus in Deutschland, München - Wien 1970, S. 29

(8) - H. Drechsler, W. Hilligen, F. Neumann, Gesellschaft und Staat, Baden-Baden, 1979, Seite 569

(9) - N. Leiss, Rationelle Betriebsratarbeit, Darmstadt 1979, S.12

(10) - wie in (1), S. 56

(11) - wie in (8), S. 253

(12) - ebenda S. 505

(13) - ebenda S. 86

(14) - ebenda S. 118

(15) - ebenda S. 203

(16) - ebenda S. 87

(17) - ebenda S. 378

(18) - ebenda S. 380

(19) - Montan - Mitbestimmungsgesetz §4

(20) - wie in (1), S. 77

(21) - BetrVG, 1972, § 1

(22) - ebenda § 7

(23) - ebenda § 8 Abs. 1

(24) - ebenda § 9

(25) - ebenda §10 Abs. 1

(26) - ebenda § 14 Abs. 5

(27) - ebenda § 26 Abs. 1

(28) - ebenda § 16 und 18

(29) - ebenda § 30

(30) - ebenda § 33 Abs. 1

(31) - ebenda § 23 Abs. 1

(32) - ebenda § 27 Abs. 1

(33) - ebenda § 43 Abs. 1 und 2

(34) - ebenda § 45

(35) - ebenda § 47 Abs. 1, 2, 5 und 6

(36) - ebenda § 54 Abs. 1

(37) - ebenda § 87

(38) - ebenda § 92 bis 104

(39) - ebenda § 111

(40) - ebenda § 74 bis 76

(41) - ebenda § 37 Abs. 4

(42) - K5chG, § 15 Abs. 1 und 4-5

(43) - BetrVG 1972, § 103

(44) - BGBl, § 1 Abs. 1

(45) - MitbG 1976, § 1 Abs.

46) - ebenda § 7

(47) - ebenda § 9 Abs. 1 und 2

(48) - ebenda § 9 Abs. 3

(49) - ebenda § 10 Abs. 1

(50) - ebenda § 15 Abs. 3

(51) - ebenda § 16 Abs. 1

(52) - ebenda § 12 Abs. 1

(53) - ebenda § 15 Abs. 4

(54) - ebenda § 29 Abs.

(55) - ebenda § 77 Abs.

(56) - ebenda. § 31 Abs. 1, 2, und 3

(57) - ebenda § 23 Abs. 1

Quellenverzeichnis: - Zweiter Teil

(1) - M. Drulovic, Arbeiterselbstverwaltung auf dem Prüfstand - Erfahrungen in Jugoslawien, Berlin, Bonn - Bad Godesberg 1976, S. 39 und 40

(2) - ebenda S. 43

(3) - H.-E. Gramatzki, Theorie und Praxis der jugoslawischen Arbeiterselbstverwaltung Arbeitshefte 6, Wiesbaden 1972. 5.21 und 22

(4) - wie in (1), S. 44

(5) - ebenda S. 45

(6) - ebenda S. 46

(7) - ebenda S. 47

(8) - Gudrun Lemän, Das jugoslawische Modell, Frankfurt am Main - Köln, S.14

(9) - wie in (1), S.50 und 51

(10) - Svetozar Vukmanovic Mein Weg mit Tito, München/Zürich 1972, S. 216

(11) - wie in (3), S. 24

(12) - Jugoslawien Tatsachen, Belgrad 1976

(13) - Branko Horvat, Die Arbeiterselbstverwaltung - Das jugoslawische Wirtschaftsmodel, Belgrad 1977, S. 87

(14) - wie in (1), S. 75 und 76

(15) - Gesetz über assoziierte Arbeit (Verfassungsgesetz), Belgrad 1977, Art 10

(16) ebenda Art. 6

(17) - ebenda Art. 7

(18) - ebenda Art. 13

(19) - E. Kardelj, Zu einem neuen Typ der sozialistischen Demokratie, Belgrad,

S.37 und 38

(20) - H. Leipold, Betriebsdemokratie - ökonomische Systemrationalität, Stuttgart 1974, Seite 28

(21) - wie in (15) Art. 53

(22) - wie in 5.19

(23) - Verfassung des 5FR-Jugoslawiens von 1963

(24) - wie in 5.172

(25) - wie in Art. 14

(26) - ebenda Art. 336

(27) - wie in (8), 5.35

(28) - wie in (15), Art. 114

(29) - ebenda Art. 115

(30) - ebenda Art. 337

(31) - ebenda Art. 403

(32) - ebenda Art. 400

(33) - ebenda Art. 542

(34) - ebenda Art. 404

(35) - N. Ferisak (Organizacija). Vergl.. dazu (1), S.68

(36) - wie in (8). S.45 und 46

(37) - wie in (15), Art. 46

(38) - ebenda Art. 462

(39) - ebenda Art. 472

(40) - ebenda Art. 476

(41) - ebenda Art. 475

(42) - ebenda Art. 484

(43) - ebenda Art. 490

(44) - wie in (15), Art. 449

(45) - ebenda Art. 492 und 493

(46) - wie in (8), S. 49

(47) - wie in (15), Art. 495

(48) - ebenda Art. 499, vergl. dazu (1) S. 54

(49) - wie in (15), Art. 500

(50) - ebenda Art. 504

(51) - ebenda Art. 5

(52) - ebenda Art. 512

(53) - ebenda Art. 520

(54) - ebenda Art. 513

(55) - ebenda Art. 515

(56) - ebenda Art. 514

(57) - ebenda Art. 518

(58) - ebenda Art. 524

(59) - ebenda Art. 527

(60) - ebenda Art. 530

(61) - ebenda Art. 531

(62) - ebenda Art. 534

(63) - ebenda Art. 536

(64) - ebenda Art. 538

(65) - ebenda Art. 534

(66) - wie in(8), S. 55

(67) - wie in (15), Art. 563

(68) - ebenda Art. 558

(69) - ebenda Art. 556

(70) - ebenda Art. 562

(71) - ebenda Art. 36

(72) - ebenda Art. 590

(73) - ebenda Art. 6

(74) - ebenda Art. 126

(75) - ebenda Att1 19

(76) - ebenda Art. 131 und 132

(77) - ebenda Art. 133 Abs. 2

(78) - ebenda Art. 133 Abs. 3

(79) - ebenda Art 167 und 168

(80) - ebenda Art. 170

(81) - ebenda Art. 172

(82) - ebenda Art. 174

(83) - ebenda Art. 195

(84) - ebenda Art. 196

(85) - ebenda Art. 197

(86) - ebenda Art. 215

(87) - ebenda Art. 212

(88) - ebenda Art. 216

(89) - ebenda Art. 199

(90) - ebenda Art. 200 -

(91) - ebenda Art. 202

(92) - ebenda art. 204

(93} - Verfassung des SFR-Jugoslawiens von 1974, Art. 133 Abs.

(94) - ebenda Art. 133 Abs. 2

(95) - ebenda Art. 135

(96) - M. Zecevic, Das delegierten System, Belgrad 1977, S. 43

(97) - ebenda S. 45

(98) - ebenda S. 46

(99) - ebenda S. 68

Quellenverzeichnis: - Dritter Teil

(1) - ARD -Fernsehbericht 1979

(2) - E. Kardelj, Die Wege der Demokratie in der sozial. Gesellschaft, Beograd 1978, Seite 90 und 91

(3) - Gehrecke - Arbeiterselbstverwaltung, S. 672

(4) - H. Drechsler, W. Hilligen, F. Neumann, Gesellschaft und Staat, Baden-Baden 1979, S.381

(5) - H.U. Niedenhoff, - Die unbekannte Macht, Köln 1975, S. 13

(6) - ebenda S. 202

(7) - Gudrun Lemän, Das jugoslawische Model, Frankfurt am Main-Köln 1976, S.7

(8) - H. Hammel, Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien, München 1974,S. 9

(9) - wie in (7), 5.233

(10) - F.F. Wurm, Wirtschaft und Gesellschaft heute, 3. Auflage, Opladen 1976 ,

(11) - K. Bolz, H. Clement, D. Lösch, Wirtschaftssysteme, München 1978, S. 16

(12) - H. Strotzka, Psychiatrie und soziale Sicherheit, Bern/Stuttgart/Wien 1968, S.14

(13) - Vergl. T. Globokar, - Die Wirtschaft Osteuropas zu Beginn der 70er Jahre, S. 241

(14) - wie in (7), S. 218

(15) - ebenda S. 218

(16) - ebenda S. 219

(17) - wie in (7), S. 36

[...]


Fin de l'extrait de 74 pages

Résumé des informations

Titre
Selbstverwaltung in Jugoslawien und Mitbestimmung in Deutschland im Vergleich
Sous-titre
Selbstverwaltung und Mitbestimmung im Vergleich
Université
University of Applied Sciences Esslingen
Note
1,2
Auteur
Année
1980
Pages
74
N° de catalogue
V202928
ISBN (ebook)
9783656289661
ISBN (Livre)
9783656290834
Taille d'un fichier
728 KB
Langue
allemand
Annotations
Mein Mentor Prof. Dr. Roland Wenzel, nachdem er die Arbeit gelesen hat sagte: „Ich bin fasziniert von Ihrem Werk, aller Achtung was Sie in relativ kurzer Zeit geleistet haben.“
Mots clés
selbstverwaltung, jugoslawien, mitbestimmung, deutschland, vergleich
Citation du texte
Petar Mladjenovic (Auteur), 1980, Selbstverwaltung in Jugoslawien und Mitbestimmung in Deutschland im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202928

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Selbstverwaltung in Jugoslawien und Mitbestimmung  in Deutschland im Vergleich



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur