Der Handel mit Emissionszertifikaten, die beste Methode zur Bekämpfung des Klimawandels?


Tesis de Máster, 2009

61 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis:

II. Abbildungsverzeichnis:

0. Einführung

Relevanz der Thematik

Struktur der Arbeit

1. Kapitel: Ökonomische Modelle für den Klimaschutz
1.1 Die Pigou-Steuer
1.2 Das Coase-Theorem
1.3 Das DICE-Modell von William D. Nordhaus
1.4 Verteilungsgerechtigkeit – der Konflikt zwischen Industrie- und Entwicklungsländern

2. Kapitel: Die Umweltsteuer im Wettbewerb der Instrumente
2.1 Umweltsteuern im Praxistest
2.2 Stärken und Schwächen einer CO2-Steuer

3. Kapitel: Moderne Emissionshandelssysteme
3.1 Der UN-Klimagipfel & seine wichtigste Errungenschaft, das Kyoto-Protokoll
3.2 Der Zertifikatehandel in der Europäischen Union
3.3 Stärken und Schwächen des modernen Emissionshandels

4. Kapitel: Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung
4.1 Die Teilnahmebedingungen
4.2 Zusätzlichkeit – der kritischste Faktor des CDM
4.3 Wohlfahrtseffekte des CDM
4.4 CDM in der Praxis
4.5 Stärken und Schwächen des CDM

5. Kapitel: Zertifikate versus Steuern, eine kritische Gegenüberstellung

6. Resümee

Ausblick

III. Literaturverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Kohlendioxid, mit Abstand wichtigstes Treibhausgas

Abbildung 2: Grafische Darstellung der Pigou-Steuer

Abbildung 3: Ökologische Effektivität von Klimasteuern

Abbildung 4: Verteilung der CDM Zertifikate in 2012 nach Ländern

Abbildung 5: Entwicklung des CDM von 2005 bis 2008

Abbildung 6: Beteiligte am Handel von CDM und JI Zertifikaten

0. Einführung

Relevanz der Thematik

Noch nie war die Diskussion um den Klimaschutz auf der globalen Bühne so präsent wie in den vergangenen Jahren. Das Thema Klimawandel, und was getan werden muss um den dadurch drohenden Schaden zu begrenzen, ist in aller Munde. Längst sind es nicht mehr nur Umweltorganisationen, grüne Parteien oder einzelne Idealisten, die dieses Thema akzentuieren. Rings um den Globus, von der Europäischen Union über den Präsidenten der Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen bis hin zur Volksrepublik China, wo sich vor kurzem die Führung der Kommunistischen Partei zu einem stärkeren Engagement gegen die globale Erwärmung bekannt hat (vgl. China-Observer 2009), scheint die Erkenntnis gereift, dass der Klimawandel eines der dringendsten Themen des 21. Jahrhunderts darstellt. Als Hauptursache für die Erderwärmung wurde, durch eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien nachgewiesen, die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen (THG) in der Erdatmosphäre ausgemacht. Diese Erkenntnis ist heute weitestgehend anerkannt. Wie in Abbildung 1 erkennbar, macht CO2 mit 76% den mit Abstand größten Anteil an der Gesamtmenge der THG aus. Da es sich zudem am leichtesten nachweisen lässt, ist i.d.R. CO2 gemeint, wenn die Rede von THG-Emissionen ist. Daran orientiert sich auch diese Arbeit.

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Deutsche Bank Research 2009

Von besonderer Relevanz ist die Erkenntnis der Wissenschaft, dass ein entscheidender Anteil der THG auf die Verbrennung fossiler Rohstoffe zurückzuführen ist. Durch diesen Nachweis ist es heute weitgehend unbestritten, dass der Klimawandel zumindest teilweise anthropogenen Ursprungs ist.

Die weltweit wahrscheinlich wichtigste Einrichtung für die Klimaforschung ist das Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC), das 1988 durch die Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde. Hauptaufgabe des IPCC ist es:

“to provide the world with a clear scientific view on the current state of climate change and its potential environmental and socio-economic consequences (IPCC 2009).“

Die Gründung des IPCC bedeutete einen großen Schritt für die Vorantreibung und die Koordination des Klimaschutzes auf internationaler Ebene. Die Forschungsergebnisse und Statistiken des IPCC gehören heute zu den wichtigsten international beachteten und allgemein anerkannten Grundlagen für die Berechnungen der Folgen des Klimawandels (vgl. Lafeld 2007, S.31). Studien des IPCC belegen, dass die Temperaturanstiege der letzten Jahrzehnte mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% anthropogen bedingt sind. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass es für die globale Erwärmung irrelevant ist, wo auf der Erde die Emissionen emittiert werden. Konkret geht das IPCC davon aus, dass sich die globale Durchschnittstemperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts um 1,1° bis 6,4° Celsius erwärmen wird, abhängig davon, welche Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden. Allerdings wird angenommen, dass ein Temperaturanstieg von mehr als 2° Celsius zu schweren Naturkatastrophen und irreparablen Umweltschäden führen würde (vgl. Reuters, 07.2009). Die Summe dieser Erkenntnisse hat international das Bewusstsein dafür geschärft, dass die Welt nur durch gemeinsames Handeln die Erderwärmung, und insbesondere die dadurch drohenden Umweltkatastrophen, auf ein „erträgliches Maß“ beschränken kann. So weit der vermeintliche Konsens.

Uneinig ist man sich jedoch weiterhin in vielen entscheidenden Punkten. Dabei geht es um elementare Fragen wie z.B.: Wie verheerend werden die Folgen des Klimawandels tatsächlich ausfallen? Wie soll eine effektive Bekämpfung der Erderwärmung überhaupt aussehen? Und, als wahrscheinlich schwierigste Frage, wer soll die Kosten tragen für die zu treffende Maßnahmen? Zwar besteht großer Konsens darin, dass die Industrienationen den Löwenanteil tragen müssen, da sie, im Gegensatz zu den Entwicklungs- und Schwellenländern, seit der industriellen Revolution bereits gigantische Mengen an THG in die Atmosphäre emittiert haben und auch ihr aktueller jährlicher Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 ein Vielfaches von dem der Entwicklungsländer beträgt.[1] Aber wie die entstehenden Lasten innerhalb der Industriestaaten aufgeteilt werden sollten, ist weitgehend ungeklärt. Viele Entwicklungsländer, insbesondere die afrikanischen- sowie einige kleine Inselstaaten erheben Anspruch auf finanzielle und technische Unterstützung durch die Industrienationen, da sie diese als Verursacher des Klimawandels in der Verantwortung sehen. Zudem wollen sie ihr natürliches Recht auf Fortschritt und Entwicklung wahren, das sich ohne eine zumindest temporäre Erhöhung des THG-Ausstoßes nur schwer umsetzen lässt.

Bei der Wahl der Mittel gilt die Einführung handelbarer Emissionsreduktionszertifikate unter vielen Ökonomen und Politikern seit langem als eine der effektivsten Methoden, um den Ausstoß klimaschädlicher THG dauerhaft zu senken. Aufgrund der beschriebenen globalen Folgen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass die angestrebten Lösungen unter größtmöglichem internationalem Konsens zustande kommen und umgesetzt werden. Der Handel mit verbrieften Luftverschmutzungsrechten (den sogenannten Zertifikaten) bietet nach Meinung vieler Experten dafür die eleganteste Methode, um den CO2-Ausstoß ohne zu große staatliche Eingriffe entscheidend zu verringern.

„Der Emissionshandel als klimapolitisches Instrument erscheint besonders attraktiv, da er zwei wesentliche Anforderungen an die Klimapolitik zu erfüllen verspricht – ökonomische Effizienz und ökologische Treffsicherheit (Lafeld 2007, S.1).“

Ob der Emissionshandel allerdings tatsächlich das beste Instrument zur Bekämpfung des Klimawandels darstellt, soll im Laufe dieser Arbeit geklärt werden. Als fiskalische Lösung ist die Erhebung von direkten Steuern auf THG-Emissionen eine interessante Alternative. Diese beiden Lösungsansätze befinden sich deshalb in einem ständigen Wettstreit, auf den im weiteren Verlauf noch näher eingegangen wird.

Struktur der Arbeit

Der Kernpunkt der ökonomischen Betrachtungsweise zur Lösung von Umweltproblemen ist die sogenannte Internalisierung negativer externer Effekte, oder einfacher gesagt, die Fragestellung wie es möglich ist, die negativen Auswirkungen der Luft- bzw. Umweltverschmutzung verursachergerecht zuzuordnen. Ein Ziel dieser Arbeit ist es die wichtigsten ökonomischen Konzepte zur Lösung dieser Problematik darzustellen, und einen Überblick darüber zu geben, wie eine Umsetzung dieser Konzepte in der Praxis aussehen kann. Zudem soll analysiert werden, wie erfolgversprechend die verschiedenen Konzepte im Kampf gegen den Klimawandel tatsächlich sind. Schwerpunkt ist der internationale Handel mit Emissionszertifikaten, für den 1997 mit dem Kyoto-Protokoll (KP) auf dem Weltklimagipfel in Japan der Grundstein gelegt wurde. Ein besonderer Fokus liegt auf der Gestaltung der Lastenteilung des Klimaschutzes zwischen Industriestaaten und den Entwicklungs- und Schwellenländern. Dafür wird der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, kurz: CDM) ausführlich dargestellt. Der CDM ist einer von drei Mechanismen des Kyoto-Protokolls, der für die ärmeren Staaten die bisher einzige Möglichkeit darstellt, aktiv am globalen Handel mit Emissionszertifikaten zu partizipieren.

Aufgebaut ist die Arbeit wie folgt: Im ersten Kapitel werden zum allgemeinen Grundverständnis drei der wichtigsten Modelle der Umweltökonomie erläutert. Die ersten beiden Modelle, die Pigou-Steuer und das Coase-Theorem, gehören sozusagen zum Basiswerkzeug der Umweltökonomie, während das dritte, das DICE-Modell von William D. Nordhaus ein modernes Berechnungsmodell für die drohenden Klimaschäden ist, das erst wesentlich später entwickelt und bis heute stetig erweitert wurde, und zu großen Teilen auf den Ersteren beruht. Um die aktuelle Klimadiskussion möglichst vollständig wiederzugeben wird im zweiten Kapitel der ökonomische Lösungsansatz einer Umweltsteuer erklärt und anhand einiger Praxisbeispiele veranschaulicht. Zudem werden die Stärken und Schwächen des steuerlichen Lösungsansatzes kurz analysiert. Das dritte Kapitel widmet sich modernen Emissionshandelssystemen. Im Fokus steht dabei das KP, als wegweisendes internationales Klimaschutzabkommen. Anschließend wird das Europäische Emissionshandelssystem (EU ETS) dargestellt, das zum Teil aus dem KP basiert. Außerdem die Stärken und Schwächen moderner Emissionshandelssysteme beleuchtet. Zur Veranschaulichung der Möglichkeiten, die den Entwicklungs- und Schwellenländern durch das KP eingeräumt wurden, wird im vierten Kapitel der oben bereits erwähnte Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung ausführlich dargestellt und diskutiert. Das fünfte Kapitel vergleicht die zwei Regime des Zertifikatehandels und der Umweltsteuern, und stellt deren wesentliche Stärken und Schwächen noch ein Mal heraus. Abschließend wird ein Resümee gezogen, das mit einem kleinen Ausblick in die Zukunft endet.

1. Kapitel: Ökonomische Modelle für den Klimaschutz

Wie ist es möglich die ökologische Zerstörung durch die Verschmutzung unserer Umwelt mit ökonomischen Kategorien zu erfassen und zu bekämpfen? Diese Frage bewegt unzählige Ökonomen auf der ganzen Welt seit vielen Jahrzehnten. Die bisher gefundenen Antworten sind sehr unterschiedlich. Die rational/volkswirtschaftliche Herangehensweise der Ökonomen an diese Fragestellung lässt sich mit den Worten des Klimaökonomen William D. Nordhaus, Ökonomieprofessor der Universität Yale, zusammenfassen:

“in practice, an economic analysis of climate change weighs the costs of slowing climate change against the damages of more rapid climate change“ (Nordhaus 2008, S.5).”

Die Umweltökonomie ist ein relativ junger Teilbereich der Mikroökonomie. Umweltökonomen untersuchen das Zusammenspiel von Ökologie und Wirtschaft, dabei beschäftigen sie sich vor allem mit Ursachen und Lösungsmöglichkeiten von Umweltproblemen. Die Fragestellungen umfassen also auf eine Vielzahl elementarer Fragen unserer Zeit, wie:

- Welche Kosten entstehen einer Volkswirtschaft durch die Zerstörung der Umwelt, bzw. welchen Nutzen bringen umweltschützende Maßnahmen?
- Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Wohlstand in den verschiedenen Regionen der Welt aus?
- Wie könnten geeignete Gegenmaßnahmen aussehen und wie wirken sich diese wirtschaftlich aus?
- Gibt es letztlich einen ökonomisch betrachtet „optimalen Weg“ zur Bekämpfung des Klimawandels?

Zur Beantwortung dieser Fragen, müssen jedoch vorab gesellschaftliche Optimalitätskriterien festgelegt werden, mithilfe derer sich ein Optimum überhaut bestimmen lässt. Erst mithilfe solcher Kriterien wird messbar, ob die angestrebten Lösungen sich tatsächlich zum Optimum bewegen (vgl. Rehdanz 2004, S.6).

Die Anfänge der Umweltökonomie sind sogar schon viel früher, in der klassischen Ökonomie zu finden. Dort hat die für die Umweltökonomen elementare Differenzierung zwischen öffentlichen und privaten Gütern einer Volkswirtschaft ihren Ursprung. Private Güter oder Individualgüter sind in ihrer Nutzung exklusiv auf einzelne Individuen beschränkt und schließen andere von deren Konsum aus. Sie kennzeichnen sich außerdem durch eine Rivalität, da die gleichzeitige Nutzung durch ein weiteres Individuum nicht möglich ist (z.B. die Nutzung eines Schrebergartens oder eines Autos). Öffentliche Güter hingegen können von Jedermann genutzt werden (z.B. öffentliche Parks oder Luft). Sie haben die besondere Eigenschaft, dass man niemanden von ihrer Nutzung ausschließen kann (vgl. Universitiy of Berkley, California 2009). Diese Eigenschaft stellt im Fall des öffentlichen Gutes Luft auch den Kern des Problems dar, mit dessen Lösung sich die Umweltökonomie seit langem beschäftigt: die Internalisierung negativer externer Effekte. Diese in der Ökonomie viel diskutierte Problematik bezieht sich darauf, dass die Aktivität des Einen den Wohlstand bzw. das Wohlbefinden des Anderen negativ beeinflusst. Ohne solche negativen externen Effekte wäre stets eine effiziente Allokation aller Güter durch die Marktmechanismen möglich, durch die externen Effekte werden Preismechanismen jedoch teilweise außer Kraft gesetzt, wodurch die Preise nicht mehr die tatsächlichen Grenzkosten darstellen (vgl. Collignon 2003, S.91). Im Hinblick auf diese Arbeit geht es dabei speziell auf die Frage, wie die Verursacher von Emissionen (was beim öffentlichen Gut Luft den negativen externen Effekten entspricht) für die daraus entstehenden Folgekosten in die Verantwortung gezogen werden können.

„Bei externen Effekten handelt es sich um Wirkungen, die nicht über das Preissystem erfasst werden. Diese führen zu einem Allokationsversagen des Marktes, da – im Kontext der Klimaproblematik – die Nutzer des Schadstoffempfängers Atmosphäre nicht mit den tatsächlichen Kosten ihrer Handlungen konfrontiert werden. Im marktwirtschaftlichen System sollen idealtypischerweise die privaten und die volkswirtschaftlichen Kosten identisch sein, bei öffentlich im Kollektiv genutzten Gütern ist dies jedoch nicht der Fall – Es kommt […] zum Externalisieren der Kosten (Lafeld 2007, S.36).“

Ziel der Umweltökonomie ist es, dieses Allokationsversagen des Marktes mithilfe ökonomischer Prinzipien zu beseitigen, um so eine (soziale) Optimalität zu erreichen, in der den Verursachern die negativen Folgen ihres, vom Markt bisher nicht erfassten Handelns, finanziell angelastet wird (vgl. Endres 2007, 22ff).

Als Vater der Theorie der negativen externen Effekte gilt Arthur Cecil Pigou, der bereits in den 20er Jahren die Pigou-Steuer entwickelte. Die Pigou-Steuer zählt bis heute zu den wichtigsten Bausteinen der modernen Umweltökonomie und wird aus diesem Grunde im folgenden Unterkapitel noch ein Mal ausführlicher dargestellt.

Betrachtet man die Luft als reines öffentliches Gut, kann niemand von ihrem Nutzen ausgeschlossen werden. Um diesem Problem zu begegnen, haben sich die Umweltökonomen beholfen indem sie die Luft stattdessen als sogenanntes Klub- oder Allmendegut[2] betrachten, dadurch wird sie aus ökonomischer Sicht zur knappe Ressource, um deren Nutzung verschiedene Ansprüche konkurrieren. Auf der einen Seite stehen die Firmen, die die Luft für die Aufnahme ihrer Emissionen nutzen möchten, während auf der anderen Seite jeder Mensch saubere Luft zum Atmen braucht. Werden zu viele Emissionen ausgestoßen, entsteht eine Konkurrenz, für deren Regulierung es Allokationsmechanismen bedarf. Einer der wichtigsten Allokationsmechanismen der Umweltökonomie entstammt der Theorie der Verfügungsrechte (Property-Rights-Theory).[3] Diese Theorie besagt, dass durch die Ausweisung privater Verfügungs- oder Eigentumsrechte auch für öffentliche Güter marktwirtschaftliche Lösungsansätze anwendbar werden (vgl. Ptak 2008, S.38). Im Fall von THG-Emissionen wird die Luft mit Eigentums- bzw. Nutzungsrechten, den sogenannten Zertifikaten, versehen, wodurch ihre Nutzung, bzw. ihre Verschmutzung einen Preis bekommt. Da es kaum möglich ist, die Verursacher von Emissionen von der Nutzung des allgemeinen Gutes Luft auszuschließen, wird statt dessen durch die Einführung von Verschmutzungszertifikaten eine preisliche Bewertungsgrundlage für dessen Nutzung geschaffen. Hauptziel des Zertifikatehandels ist es, ein Anreizmechanismus zu schaffen, der mithilfe regulärer Marktmechanismen, also durch Angebot und Nachfrage, zu einer Senkung des Emissionsausstoßes führt. Um das zu erreichen gibt i.d.R. der Staat jedem Emittenten ein Gesamtlimit an Emissionen vor, welches später nach und nach von ihm weiter reduziert werden kann. Die Emittenten müssen von nun an für „ihr Recht auf Verschmutzung“ eine ausreichende Menge an Zertifikaten vorweisen können. Wenn sie mehr von emittieren als ihnen zuteilt wurde, müssen sie für die zusätzlich ausgestoßene Menge in äquivalente Anzahl von Zertifikaten erwerben. Der im englischen Sprachraum oft als Cap-and-Trade (CAT) bezeichnete Handel mit Emissionsrechten basiert u.a. auf dem Coase-Theorem, einer Theorie des Ökonomen R. Coase, der in den 60er Jahren an diesem Problem forschte. Das Coase-Theorem wird deshalb im Laufe dieses Kapitels noch ausführlicher dargestellt.

Eine besondere Problematik entsteht, wenn sich nicht genügend Staaten am Zertifikatehandel beteiligen. Das liegt daran, dass die Länder, die sich gegen die Einführung eines solchen Systems entscheiden im Zweifel davon profitieren, dass andere Staaten sich der Problematik annehmen und dementsprechend auch die entstehenden Kosten tragen. Dadurch erlangen sie einen Wettbewerbsvorteil, weil vom Klimaschutz profitieren, ohne selbst Ressourcen zur Verfügung stellen zu müssen. Ökonomen bezeichnen dies als Trittbrettfahrerproblem.

Ein alternativer ökonomischer Lösungsansatz, der die Lösung der Umweltprobleme nicht den Marktmechanismen überlässt, ist die Regulierung des Schadstoffausstoßes durch Steuern. Durch sogenannte „Klimasteuern“ können gezielt klimaschädliche Prozesse oder Produkte mit Steuern belegt werden. Dieser, auf die Pigou-Steuer zurückzuführende Ansatz, setzt im Gegensatz zum Zertifikatehandel auf eine direkte Beeinflussung der Preise, statt diese dem Markt zu überlassen. So hat z.B. die Einführung einer Steuer auf fossile Brennstoffe eine direkte Auswirkung auf den Preis von Kohle, Erdöl und Gas. Die Verteuerung letzterer würde den Ausstieg aus besonders emissionsstarken Technologien beschleunigen und gleichzeitig den emissionsarmen Energieträgern einen direkten Vorteil bringen. Viele Ökonomen ziehen den steuerlichen Ansatz dem Zertifikatehandel vor. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem Zertifikatehandel, gleichwohl wird der steuerliche Ansatz im zweiten Kapitel noch einmal ausführlicher dargestellt, da eine der Grundsatzfragen in der aktuellen wissenschaftlich-politischen Diskussion lautet, ob nun der Zertifikatehandel oder eine Klimasteuer die effizientere Lösung für den Kampf gegen den Klimawandel bieten.

1.1 Die Pigou-Steuer

Als einer der ersten Ökonomen setzte sich Arthur Cecil Pigou intensiv mit der Fehlallokation aus der Divergenz privater und sozialer Kosten auseinander. Die später als Pigou-Steuer bekannt gewordene Theorie wurde 1920 in seinem Werk The Economics of Welfare veröffentlicht. Pigou vertrat hierin die Ansicht, dass es die Aufgabe des Staates sei, die Verursacher negativer externer Effekte, sprich dem Verschmutzen der Umwelt bzw. der Luft, dafür mit Steuern zu belasten, während gleichzeitig positives Verhalten, also umweltschonende- und erhaltende Maßnahmen, mit Subventionen honoriert werden sollten. Ziel dieses Ansatzes ist es die Verursacher dadurch anzuhalten ihr Verhalten im eigenen Interesse auf einem sozial optimalen Niveau auszuüben. Pigou geht davon aus, dass sich das Verhalten der Verursacher automatisch zum Optimum bewegen würde, wenn der marginale Grenznutzen der sozialen Effekte, also der Subventionen, größer ist, als der Grenznutzen der privaten Effekte, also der zu zahlenden Verschmutzungs- oder Pigou-Steuer. Die Steuer muss allerdings genau den externen Grenzkosten entsprechen um ihren optimalen Wirkungsgrad entfalten zu können. Abbildung 2 auf der folgenden Seite stellt dar, wie die Pigou-Steuer funktioniert. Pigou geht davon aus, dass es eine volkswirtschaftlich optimale Emissionsmenge gibt, diese liegt in der Grafik bei x**. Ohne die Existenz einer Emissionssteuer emittiert die Verursacherfirma jedoch Schadstoffe in Höhe von x*. Mit Einführung der Pigou-Steuer muss sie für jede emittierte Schadstoffeinheit eine Steuer in Höhe von t** zahlen, dadurch entstehen ihr Mehrkosten in Höhe von x*·t**. Um Kosten zu sparen wird die Firma deshalb so lange auf eine Verminderung ihrer Emissionen hinarbeiten, bis die durch diese Anpassung entstehenden Grenzvermeidungskosten (GVK) die mögliche Steuerersparnis nicht mehr aufwiegen kann. Durch die Steuer bekommt sie einen Anreiz, ihren Schadstoffausstoß so lange zu reduzieren, bis die GVK genau dem Steuersatz entsprechen, was in der Grafik mit P1 dargestellt wird. In diesem Fall könnte die Verursacherfirma ihre Kosten um einen Betrag senken, der der Fläche x* P1 P2 entspricht. Der Steuersatz wiederum entspricht, laut Pigou’s Theorie, genau den Grenzschäden (GS) im sozialen Optimum. Dadurch gilt im neuen Gleichgewicht GVK = GS. Für die jeweilige Verursacherfirma entspricht das Gleichgewicht nun dem optimalen Emissionsniveau, womit die Internalisierung externer Effekte gelungen wäre.

In der Praxis liegt eine der größten Schwierigkeit bei der Einführung einer Emissionssteuer darin, dass es für den Staat sehr schwierig ist, den tatsächlichen Schaden von Emissionen und somit die realen Grenzkosten zu ermitteln. Diese, als Pigou-Steuer bekanntgewordene, Theorie zur Internalisierung externer Effekte, bildet eine der wichtigsten Grundlagen der Umweltökonomie, die bis heute stark präzisiert und erweitert wurde (vgl. Endres 2007, S.94-100).

Abbildung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Endres 2007, S. 95

(X = Schadstoffausstoß; GS = Grenzschaden; GVK = Grenzvermeidungskosten; t = Steuerniveau)

1.2 Das Coase-Theorem

Im Jahr 1960 veröffentlichte der Ökonom R. Coase in seiner Arbeit The Problem of Social Cost eine Theorie zur Beseitigung von Fehlallokationen externer Effekte, die später als Coase-Theorem bekannt wurde, und als Grundstein für den Emissionszertifikatehandel betrachtet werden kann. Die Idee des Coase-Theorems ist es, dass der Staat als Vermittler zwischen den Betroffenen auftritt, also zwischen Schadstoffverursachern und den davon Geschädigten, indem er der Ressource über die die externen Effekte vermittelt werden, Eigentumsrechte zuweist. Dadurch, dass bisher rein öffentliche Güter mit Eigentumsrechten versehen werden, müssen nun einerseits die Verursacher von Emissionen erst Verschmutzungsrechte in der Höhe ihrer Emissionen erwerben. Andersherum können die Geschädigten aber auch dem Verursacher Verschmutzungsrechte (bzw. das Recht zur freien Verfügung einer bestimmten Menge des öffentlichen Gutes Luft) abkaufen, um so den Gesamtemissionsausstoß zu vermindern. Die Verteilung zu Beginn, also die Frage welche Menge an Verschmutzungsrechten die Verursacher erhalten, oder ob diese auch direkt an die Geschädigten vergeben werden, ist im Coase-Theorem nicht festgelegt. Eine mögliche Variante ist, dass z. B. alle Rechte ausschließlich an die Geschädigten verteilt werden, und ihnen damit das Recht auf völlige Nichtbeeinträchtigung zugesprochen würde. Dieses Recht müssten die Verursacher den Geschädigten dann erst wieder abkaufen, um überhaupt Emissionen ausstoßen zu dürfen. Eine solche Regelung wird in der umweltpolitischen Diskussion als Verursacherprinzip oder Verursacherregel bezeichnet (vgl. Endres 2007, S.35-41). Das Coase-Theorem internalisiert somit die externen Effekte der Luftverschmutzung, indem diese durch die Vergabe von Eigentumsrechten zu einem marktfähigen Gut gemacht werden. Der Staat ist lediglich für die Spielregeln verantwortlich, womit seine Rolle auf die reine ordnungspolitische Funktion beschränkt ist, und die Allokation komplett den Marktteilnehmern überlassen wird.

Interessanterweise sah Coase seine Theorie nie als direkte Umweltschutzmaßnahme. Vielmehr vermied er es dahingehend Stellung zu beziehen, in wie weit die Verschmutzungsrechte an Verursacher oder Geschädigte verteilt werden sollten. Coase geht in seinem Theorem sogar noch weiter, indem er die Annahme trifft, das soziale Optimum könne auch unter Anwendung des Laissez-Faire Prinzips, also ganz ohne staatliche Eigentumsrechte, erreicht werden. Dieser Ansatz beruht auf der Hypothese, dass eine Art natürliches Interesse an sauberer Luft besteht, weshalb die Konsumenten dieses Gutes bereit sind, ein gewisses Premium zu zahlen. Der Verursacher würde in diesem Fall seine Emissionen schon deshalb senken, weil ihm sonst die Kompensationszahlungen von Seiten des Geschädigten entgingen. Das Ergebnis wäre nach Coase Theorie am Ende dasselbe, als wenn der Staat regulierend eingreifen würde. Diese Schlussfolgerung des Coas’schen Theorems ist jedoch seit ehedem heftig umstritten (vgl. Endres 2007, S.84ff).

[...]


[1] Dies lässt sich für das Jahr 2007 an folgendem Beispiel verdeutlichen: Hier lag der CO2 Ausstoß pro Kopf beim Spitzenreiter USA bei 19,1 Tonnen, in Deutschland bei 9,7 t und in Indonesien lediglich bei 1,7 t. (vgl. SZ, 16.11.2009, S.2).

[2] Als Klub- oder Allmendegüter bezeichnet man „unreine“ öffentliche Güter, um deren Nutzung Rivalität besteht, wie z.B. um die Fischbestände der Weltmeere oder öffentliche Straßen. Der Ausschluss Einzelner von der Nutzung dieser Güter ist i.d.R. nur mit sehr hohem Aufwand möglich (hier z.B. durch Fangquoten und Mautgebühren)

[3] Die Property-Rights-Theorie ist u.a. auf Demsetz Aufsatz “Towards a Theory of Property Rights” der 1967 in Chicago veröffentlich wurde, zurückzuführen. Darin beschreibt Demsetz, wie bei öffentlichen Gütern durch die Vergabe von Verfügungsrechten externe Effekte internalisiert werden können.

Final del extracto de 61 páginas

Detalles

Título
Der Handel mit Emissionszertifikaten, die beste Methode zur Bekämpfung des Klimawandels?
Universidad
University of Hamburg  (Department für Wirtschaft und Politik)
Calificación
1,0
Autor
Año
2009
Páginas
61
No. de catálogo
V202977
ISBN (Ebook)
9783656354581
ISBN (Libro)
9783656355373
Tamaño de fichero
1184 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Klimawandel, Emissionszertifikate, CO2, Zertifikatehandel, Imissionszertifikate;, Umweltsteuer, Pigou Steuer, Coase Theorem, DICE Modell, CDM, Kyoto Protokoll
Citar trabajo
Georg Neubauer (Autor), 2009, Der Handel mit Emissionszertifikaten, die beste Methode zur Bekämpfung des Klimawandels?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202977

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