Peter Singer und der Wert des Lebens


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2011

14 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

A) Einleitung

B) Euthanasie und die Differenz der Werte des Lebens
I. Peter Singer und die Verteidigung der Euthanasie
1. Der Präferenz-Utilitarismus
2. Die Beseitigung des Leids
II. Die Differenz der Werte menschlichen Lebens
1. Selbstbestimmung als Wert des Lebens
2. Entwicklung und Individualität
3. Heterogenität und der Umgang mit Leid
4. Gleichheit und Gleichberechtigung
5. Des Lebens Wert

C) Resümee

D) Literaturverzeichnis

A) Einleitung

Im Rahmen des Seminars „Normative Referenzen pädagogischen Handelns unter Bedingungen von Differenz“ habe ich mich für die Bearbeitung des Themas Euthanasie und die Werte des Lebens entschieden. Um die moderne Euthanasiedebatte zu skizzieren, werde ich im ersten Teil die Position des australischen Philosophen Peter Singer erläutern. Der zweite Teil der Arbeit wird eine Gegenargumentation umfassen, wobei ich mich auf verschiedene Werte des Lebens konzentrieren werde, die den Menschen sowohl gesellschaftlich und zum Teil auch verfassungsrechtlich zugesichert sind.

Zur Ausarbeitung Singers Position habe ich wesentlich die Diplomarbeit von Bettina Rainer als Quelle genutzt und für die Gegenargumentation den Aufsatz „Pädagogik ohne Ausgrenzung“ von Georg Feuser in dem Buch „Des Lebens Wert“ von Ute Daub und Michael Wunder und das Buch „Geschätztes Leben“ von Oliver Tolmein. Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Beiträge versuche ich hier, eigene Gedanken zu Gegenargumenten zu verfassen und sie mit den Thesen von Feuser und Tolmein zu verbinden.

Peter Singer wurde 1989 nach Österreich eingeladen, um dort an einem Symposion zum Thema Sterbehilfe und Euthanasie teilzunehmen. Aufgrund der vehementen Proteste von Behinderten und Menschenrechtsaktivisten wurde dieses jedoch abgesagt. Die umstrittenen Thesen von Singer legen einen Bezug zu den Aktivitäten der Nationalsozialisten im zweiten Weltkrieg nahe, der eine öffentliche Akzeptanz von Peter Singers Thesen in einer demokratischen und liberalen Gesellschaft unmöglich macht. Er selbst distanziert sich zumindest verbal von den Machenschaften der Nationalsozialisten.

Euthanasie bedeutet „guter Tod“ und ist für Peter Singer die ideale Lösung, um das Leid in der Welt zu beseitigen. Behinderte und schwer kranke Menschen sollen getötet werden, um die Gesamtsumme an Glück in der Welt zu erhöhen.

Unter „Werte des Lebens“ verstehe ich hier Werte, die für alle Menschen und Gesellschaften gelten bzw. gelten sollten, weil sie dem Menschen ein freies und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Ihre Existenz bildet die Gegenargumentation zu Peter Singers Theorie.

Die Fragen, die die beiden Teile meiner Arbeit zusammenführen, lauten: Wann kann man ein Leben als lebenswert oder nicht lebenswert bezeichnen? Was ist der Maßstab? Gibt es bestimmte Bedingungen, die erfüllt sein müssen und wenn ja, welche?

B) Euthanasie und die Differenz der Werte des Lebens

B) I. Peter Singer und die Verteidigung der Euthanasie

Peter Singer wurde 1946 in Australien geboren und arbeitet als Philosoph und Autor. Er ist Leiter des „Centre for Human Bioethics“ in Melbourne, in dem Reagenzglas-Befruchtungen und humangenetische Forschung betrieben werden und entwickelt vor diesem Hintergrund seine Theorien. Bekannt wurde er durch seine Bücher „Praktische Ethik“ und „Soll das Baby leben?“, die in hohem Maße zur modernen Euthanasiedebatte beigetragen haben.

(vgl. Köble 2003: S.24)

1. Der Präferenz-Utilitarismus

Singer ist ein Vertreter des Präferenz-Utilitarismus. Das höchste Gut dieser philosophischen Denkströmung ist das Glück, das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen. Das heißt, Entscheidungen werden nach dem größten Nutzen für alle getroffen. Dies impliziert die Voraussetzung, dass man ohne explizite Äußerung von anderen weiß, was für diese nützlich ist, also was Lust bringt und was Unlust oder Leid erzeugt. Die Entscheidung wird von der unbestechlich objektiven Vernunft aus gefällt, die beurteilen kann, was am Besten für alle ist. Daraus ergibt sich eine Rangfolge der verschiedensten Interessen. Von der Vernunft als „niedere“ angesehene Interessen werden ignoriert und müssen sich zugunsten des Gemeinwohls unterordnen.

Singer setzt dabei die Begriffe Ethik und Moral gleich. Für ihn bedeutet Ethik bzw. ethisches Handeln, dass eine Person ihr Handeln rational begründen und rechtfertigen kann, ohne dabei die eventuellen negativen Konsequenzen zu bedenken.

Glück bedeutet für Singer vor allem die psychische Gesundheit. Geistig Behinderten spricht er die Fähigkeit rational handeln und begründen zu können ab und bezeichnet sie als „human vegetable“ (Rainer 1994: S.23).

Der Körper ist für ihn nur eine leere Hülle, der Geist ist das, was den Menschen als Person tatsächlich kennzeichnet. Dazu gehören Eigenschaften wie Autonomie, Selbstbewusstsein, Rationalität, Zukunftsorientiertheit, Wahrnehmungsfähigkeit, Bewusstsein, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit. Diese bilden die Kriterien zur Beurteilung des „Lebenswertes“ eines Individuums. Je weniger Freude er im Leben bewusst erfahren kann, desto lebensunwerter ist die Existenz des Menschen.

(vgl. Rainer 1994: S.16-24)

2. Die Beseitigung des Leids

Singers Ziel ist es, das Leid aller Menschen auf der Welt zu lindern, indem er durch Euthanasie den Schmerz von der Welt nimmt. Alte, kranke und behinderte Menschen sollen getötet werden, damit der Gesamtschmerz auf der Welt weniger wird.

Um dieses Argument zu untermauern, zieht Singer eine Kosten-Nutzen-Rechnung heran und versucht daran, die erheblichen Kosten für die Pflege und Versorgung von alten, kranken und behinderten Menschen als Verschwendung darzustellen, weil sie der Gemeinschaft nicht von Nutzen sein können und an ihrem Leben ohnehin keine Freude empfinden können. Er greift unter anderem auf die Brauchtümer der Griechen und Spartaner zurück, missgestaltete Kinder auszusetzen und zu töten, um seine Ansichten zu rechtfertigen und seine Theorien zu begründen.

Die „'Grenze der Empfindungsfähigkeit'“ (Singer 1984: S.73 in Rainer 1994: S.110) gilt als einzige Richtlinie für die Berücksichtigung und die Einbeziehung der Interessen anderer. Auch hierfür stellt Singer wieder eine Rechnung an: Die Lust oder die Freude, die ein Mensch in seinem Leben empfinden kann oder empfinden können wird, muss den wahrscheinlich zu erwartenden Schmerz aufwiegen, sonst handelt sich ebenfalls um ein „unwertes“ Leben.

Zur Argumentation für die Euthanasie verwendet Singer erfundene Beispiele von behinderten Neugeborenen und schreibt den ÄrztInnen und der Medizin die Macht zu, beurteilen und entscheiden zu können, welche „Fälle“ nur von Leid bestimmt, unheilbar und deshalb besser getötet werden sollten. Die Entscheidung und Beurteilung, wann es sich um eine unheilbare Krankheit oder Ähnliches handelt, überlässt Singer vollkommen den ÄrztInnen. Ihre scheinbare Unfehlbarkeit zweifelt er kaum an bzw. erklärt die erhaltene Leidensvermeidung und Glücksvermehrung für das lohnende Ergebnis, auch wenn dafür Opfer gebracht werden müssen.

Falls ein Mensch durch die Euthanasie getötet wird, der möglicherweise doch ein freudvolles Leben hätte führen können, also zu Unrecht getötet wurde, so sei dies als „Kollateralschaden“ zu verbuchen. Die Vorteile für die Gesellschaft würden diese Opfer in jedem Fall aufwiegen.

Singer setzt sich dafür ein, dass die Euthanasie zum Standardverfahren wird, gegen das man sich schriftlich aussprechen muss, um nicht davon erfasst zu werden.

„Falls man nicht, solange man noch dazu 'fähig' war, daran gedacht hat, schriftlich zu hinterlegen, dass man unter keinen Umständen getötet zu werden wünsche, ist man nach Singers Vorstellung de facto zur Tötung freigegeben.“ (Rainer 1994: S.120)

Man muss also in schriftlicher Form beweisen, dass man leben will, um nicht getötet zu werden. Eine nichtfreiwillige Euthanasie beträfe somit Unfallopfer, Komapatienten oder schwerkranke alte Menschen.

Um eine „unfreiwillige“ Euthanasie handelt es sich nur dann, wenn man der Person, die nicht zugestimmt hat, Leid ersparen möchte.

Bei diesen Ausführungen lassen sich Parallelen zwischen Singers „freiwilliger“ Euthanasie, also einem konkret geäußerten Sterbewunsch einer Person und der Sterbehilfe, wie sie in der Schweiz oder in Frankreich praktiziert wird, herauslesen.

[...]

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Peter Singer und der Wert des Lebens
Université
University of Innsbruck  (Erziehungswissenschaften)
Cours
Seminar
Note
2,0
Auteur
Année
2011
Pages
14
N° de catalogue
V203093
ISBN (ebook)
9783656290926
ISBN (Livre)
9783656292838
Taille d'un fichier
413 KB
Langue
allemand
Mots clés
peter, singer, wert, lebens
Citation du texte
Sabrina Zehentmair (Auteur), 2011, Peter Singer und der Wert des Lebens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203093

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