Verantwortung in Gesellschaft und Sozialarbeit


Studienarbeit, 2011

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1. Einleitung

Verantwortung ist in unserer Gesellschaft ein häufig angesprochenes und viel diskutiertes Thema. Menschen sind in allen Lebenslagen für bestimmte Ereignisse oder andere Menschen verantwortlich, egal ob in Familie, Freizeit oder Beruf. Soziale Arbeit ist ein Beruf, welcher geprägt ist von der Interaktion zwischen Sozialarbeiter und Klient. Innerhalb dieser Interaktion obliegt dem Sozialarbeiter eine Pflicht zur Verantwortungsübernahme gegenüber dem Klienten. Die vorliegende Studienarbeit hat das Ziel, Sozialarbeiter für das Thema der Verantwortung zu sensibilisieren, damit sie in ihrer täglichen Arbeit bewusst ihre enorme Verantwortung erkennen und reflektieren.

Um dies zu erreichen, wird zu Beginn auf Grundsätze der Verantwortung eingegangen. Dabei werden sowohl die Herkunft, als auch die unterschiedlichen Begrifflichkeiten von Verantwortung erläutert. Anschließend wird auf die Notwendigkeit von Moral eingegangen. In diesem Gliederungspunkt wird untersucht, warum ein Sozialarbeiter bestimmte moralische Vorstellungen haben sollte. Die darauf folgende Auseinandersetzung mit der Verantwortung in der beruflichen Praxis des Sozialarbeiters stellt den Schwerpunkt der Studienarbeit dar. Es wird geklärt, wer in der Sozialen Arbeit für wen verantwortlich ist und vor wem er sich verantworten muss. In diesem Konsens wird untersucht, aus welchem Grund Verantwortung übernommen wird. Als praxisnahes Beispiel wird abschließend auf die Verantwortung von Sozialarbeitern in der Kinder- und Jugendhilfe eingegangen.

Während der Ausarbeitung verwendete der Autor vorwiegend die Zeitschriftenbeiträge von Heinz J. Kersting und Eric Mührel, welche sich intensiv mit dem Thema der Verantwortung in der Sozialen Arbeit auseinandersetzten. Folgend wird ausschließlich der Begriff „Sozialarbeiter“ verwendet, welcher als Synonym für männliche und weibliche Sozialarbeiter steht.

2. Herkunft der Verantwortung

Die intensive Auseinandersetzung mit dem Ausdruck “Verantwortung” ist erst seit etwas mehr als einem Jahrhundert in der Gesellschaft populär geworden, der reine Begriff der Verantwortung ist dagegen bis zum Ende der 15. Jahrhunderts zurückzuverfolgen (vgl. Bayertz 1995, S.3). Besonders nach dem 1. und 2. Weltkrieg wurde über Verantwortung diskutiert. Wer ist für was vor wem verantwortlich? Im Anschluss an die Diskussionen wurde Verantwortung “zum Grundprinzip einer unserem Zeitalter angemessenen Philosophie der Moral erklärt” (Bayertz 1995, S.4). Verantwortung steht damit in direktem Zusammenhang zur Moral, welche eine Position zur Orientierung an Gut und Böse einnimmt (Thiersch 1995, S.13). Entscheidend ist dabei das Gewissen, welches die Handlungen innerhalb des Menschen kontrolliert und urteilt. Somit müssen wir uns für jede Handlung vor unserem Gewissen verantworten, eine Art Selbstverantwortung (vgl. Bayertz 1995, S.18).

Um einen Einblick in die Herkunft der Verantwortung in der Sozialen Arbeit zu erhalten, muss auf die Ursprünge der Sozialen Arbeit zurückgegangen werden. Seit jeher sind Menschen darauf bedacht, anderen Menschen in Not zu helfen. Soziale Handlungen beruhten lange Zeit auf freiwilliger Basis. Niemand führte diese Hilfe beruflich aus und bekam dafür Geld. Eher war der Grund für soziales Handeln eine Art „mütterliche Haltung“ (Kersting 2005, S.296). Die Soziale Arbeit, welche professionelle Hilfe auf beruflicher Grundlage anbietet, wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung erfunden (vgl. Kersting 2005, S.296). Diese Frauen „definierten ihr ethisches Ideal als Mütterlichkeit“ (Kersting 2005, S.296). Mütter sind immer für ihre Kinder da und übernehmen in jeglicher Hinsicht Verantwortung für sie. Dieser Grundsatz wurde auf den Sozialarbeiter übertragen, welcher ebenso für seine Klienten da ist. Brauchen die Klienten Hilfe, ist der Sozialarbeiter mit seinem verantwortungsvollen Handeln zur Stelle.

Die “klassische” Verantwortung geht in das 18. Jahrhundert, in die Zeit der Industrialisierung, zurück. Zu groß war bei ständiger Arbeitsteilung und der Zunahme der Technik die Entfernung einer Handlung und der entsprechenden Folge. Darüber hinaus waren in dieser Handlungsfolge mehrere Schritte eingeschoben, so dass eine direkte Verantwortung nicht möglich war (vgl. Bayertz 1995, S.25). Bei dieser neuen Dimension von Verantwortung wurden nicht mehr Schäden bei einem Individuum, sondern gesellschaftliche Schäden hervorgehoben (vgl. Bayertz 1995, S.26).

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde Verantwortung zu einem immer größer werdenden Bestandteil der Gesellschaft. Jeder sollte sich selbst gegenüber seinen Mitmenschen verantwortlich fühlen. Dies wurde durch moralische und rechtliche Bestimmungen geregelt (vgl. Bayertz 1995, S.44). Der klassische Verantwortungsbegriff, welcher einen Schuldigen für ein vorangegangenes Ereignis sucht, wendet sich und schaut nach einem Verantwortlichen für zukünftige Ereignisse. Dabei wird nicht allein auf negative, sondern auch auf positive Ereignisse geschaut (vgl. Bayertz 1995, S.45). In der klassischen Verantwortung wurde man für die Folgen seiner Handlungen verantwortlich gemacht. Dazu kam nun die Verantwortung für unterlassene Handlungen. Es wurde irrelevant, ob ein Ereignis auf Grund von Handlung oder Unterlassung eingetreten war (vgl. Bayertz 1995, S.46).

Je komplexer unsere Gesellschaft wird, desto mehr Verantwortung trägt sie. Es bildet sich eine Metaverantwortung heraus. Wenn durch eine Handlung negative Folgen hervorgerufen wurden, muss man nicht mehr allein das Handlungssubjekt zur Verantwortung ziehen, sondern auch den Grund des Handelns in Frage stellen (vgl. Bayertz 1995, S.62-63). Nach der Überzeugung des christlichen Abendlandes, aber auch aus Naturgesetzen heraus, ist jeder Mensch für seine Umwelt verantwortlich und muss sich für die Konsequenzen seiner Handlungen verantworten (vgl. Bayertz 1995, S.68).

3. Begriffe von Verantwortung

Verantwortung ist ein prosozialer Beziehungsfaktor, welcher als Leitbild für unsere Gesellschaft verstanden wird (vgl. Mührel 2003, S.30). Der Begriff der Verantwortung taucht in vielen Teilbereichen der Gesellschaft auf (z.B. im Recht). Die moralische Verantwortung ist für die direkte Interaktion, als auch für die Soziale Arbeit besonders bedeutsam. Moralische Verantwortung bezeichnet dabei sowohl die „Eigenverantwortung, [sowie] das Verantworten des Wohles anderer“ (Mührel 2003, S.30). Beispiel hierfür ist das verantwortungsvolle Handeln eines Menschen mit einer ansteckenden Krankheit bei der Kontaktaufnahme mit anderen Menschen, um das Wohl derer nicht zu gefährden und Ansteckung zu vermeiden. Anderes Beispiel ist ein verletzter Mensch auf der Straße. Vorübergehende Passanten stehen in der moralischen Verantwortung diesem Mensch zu helfen.

Der Begriff Verantwortung wird in vielen Situationen gebraucht, sowohl für Menschen, als auch für Tiere und Gegenstände. So wird z.B. ein Fuchs für den Tod einer Henne “verantwortlich” gemacht, oder ein defekter Herd für den Brand eines Hauses. Es ist jedoch wichtig zu unterscheiden, wer letztlich Verantwortung hat. Nach Aristoteles ist nur ein Subjekt verantwortlich, welches “die Handlung gewollt hat” (Bayertz 1995, S.10). Kant dagegen unterscheidet zwischen Zuschreibung und Zurechnung. Bei der Zuschreibung wird die reine Handlung dargelegt, im Gegensatz dazu wird bei der Zurechnung die freie Handlung der Person, in Verbindung mit einem Gesetz, beurteilt (vgl. Bayertz 1995, S.14). Handlungen, für welche man zur Verantwortung gezogen wird, hatten meist negative Auswirkungen auf die Umwelt und stehen damit im direkten Zusammenhang mit dem Begriff der Schuld (vgl. Bayertz 1995, S.16). Verantwortung steht damit in engem Zusammenhang mit dem Gericht, welches mit Hilfe des Gesetzes zur Verantwortung zieht. Ziel ist dabei, “ein definitives Urteil über die Tat abzugeben” (Bayertz 1995, S.17). Daraus lässt sich schließen, dass Verantwortung sich auf direkt folgende Konsequenzen einer Handlung bezieht, welche sofort kontrolliert werden können.

Seit einigen Jahren ist der Begriff der Ex-ante- Verantwortung immer mehr in den Mittelpunkt gerückt. Der Zeitpunkt der Situation für die Verantwortungsübernahme “für bestimmte Personen, Tiere oder Sachen … oder dafür, dass bestimmte Ereignisse oder Zustände realisiert oder nicht realisiert werden” (Birnbacher 1995, S.146), liegt aus Sicht des Handlungssubjektes in der Zukunft, jedoch wird schon im Vorfeld dafür Verantwortung übernommen. Jedoch kann niemand schon im Voraus für Personen oder Ereignisse Verantwortung übernehmen, da er durch Grenzen menschlicher Voraussicht begrenzt ist (vgl. Birnbacher 1995, S.152). Das Handlungssubjekt ist nur für seine Handlungen, welche das bestimmte Ereignis herbeiführen sollen, verantwortlich, nicht für das Ereignis an sich (vgl. Birnbacher 1995, S.150). Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel belegen: Eine Mutter ist für ihr Neugeborenes verantwortlich. Die Mutter kann nicht gewährleisten, dass dem Baby nichts passiert, da zahlreiche andere Faktoren, wie Vater, Ärzte…, Einfluss auf das Baby haben. Somit kann die Mutter nicht für das Baby verantwortlich gemacht werden, sondern nur für die Handlungen, welche sie im Bezug auf das Kind durchführt.

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Verantwortung in Gesellschaft und Sozialarbeit
Hochschule
Duale Hochschule Gera-Eisenach (ehem. Berufsakademie Thürigen in Gera)
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V203100
ISBN (eBook)
9783656290902
ISBN (Buch)
9783656294320
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
moral, soziale arbeit, verantwortung
Arbeit zitieren
Samuel Rohn (Autor:in), 2011, Verantwortung in Gesellschaft und Sozialarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203100

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