In ihrem 1973 erschienenen Text „visuelle Lust und narratives Kino“ geht die feministische Filmtheoretkerin Laura Mulvey davon aus dass die Medien Film und Kino an sich bereits sexistisch konstituiert sind und einer patriarchalen Logik folgen: „Es soll gezeigt werden,
wie das Unbewusste der patriarchalen Gesellschaft die Filmform strukturiert hat.“ Mulvey schreibt ihren Text allerdings im Bewusstsein einer Wende in der Filmgeschichte: Durch neue, zugänglichere Technologien hat Hollywood Konkurrenz bekommen: „Ein alternatives Kino ist entstanden“. In dieses alternative
Kino setz Mulvey große Erwartungen. Sie sieht darin die Möglichkeit, Kino und Film an sich grundlegend zu verändern. „Das alternative Kino […] greift den gängigen Kinofilm in seinen Fundamenten an.“ Der Erfolg des gängigen, patriarchalen Hollywood Kinos liegt lt. Mulvey „in der geschickten und befriedigenden Manipulation der visuellen Lust“. In ihrem Text beschreibt sie die Elemente dieser Manipulation und deren phallische Besetzung. Mittels Analyse macht sie sich an die Dekonstruktion dieser Manipulation. Für diese Analyse bedient sich Mulvey der Psychoanalyse als Werkzeug. Dabei bezeichnet sie die Psychoanalyse zwar selbst als „Sprache des Patriarchats“, wählt sie jedoch mangels Alternative sozusagen als Hilfsmittel auf dem Weg zu neuen Formen und Sprachen. Es ist der Versuch, das Patriarchat mit dem von ihm selbst zur Verfügung gestellten Mitteln zu
bekämpfen.
Ich selbst habe Schwierigkeiten Mulveys Text zu verstehen. Diese Verständnisprobleme führe ich auf die Sprache der Psychoanalyse und den damit einhergehenden Behauptungen wie z.B.: „der tatsächliche Penismangel“ zurück. Viele dieser Behauptungen scheinen mir auch nach wiederholtem Lesen einfach nicht schlüssig, bzw. weigere ich mich offensichtlich, Erklärungsmodelle, die auf solchen, aus heutiger Sicht wohl eher zu hinterfragenden Behauptungen wie dem Penismangel beruhen, zu akzeptieren. Wie bereist erwähnt, beschreibt Mulvey diese Sprache ja außerdem selbst als strategisches und nicht als schlüssiges Werkzeug.
Inhaltsverzeichnis
- Visuelle Lust und narratives Kino
- Pomografische Bilder und die körperliche Dichte des Sehens
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Sexismus im klassischen Kino und analysiert zwei feministische Positionen, die sich mit der Überwindung dieser Perspektive befassen. Sie beleuchtet die Thesen von Laura Mulvey und Linda Williams, die unterschiedliche Ansätze zur Dekonstruktion patriarchaler Strukturen im Film entwickeln.
- Die Konstruktion des männlichen Blicks im klassischen Kino
- Die Rolle der Skopophilie und des Voyeurismus
- Die Bedeutung der Kastrationsdrohung in der filmischen Darstellung
- Die Kritik an der traditionellen Filmtheorie und die Suche nach neuen Formen des Begehrens
- Der Einfluss von pornografischen Bildern und die körperliche Dimension des Sehens
Zusammenfassung der Kapitel
Visuelle Lust und narratives Kino
Laura Mulvey argumentiert, dass Film und Kino von Natur aus sexistisch sind und einer patriarchalen Logik folgen. Sie analysiert die Mechanismen der visuellen Lust im klassischen Hollywood-Kino, die auf der Manipulation des männlichen Blicks beruhen. Mulvey identifiziert die Skopophilie, den Voyeurismus und die Identifikation mit dem männlichen Protagonisten als zentrale Elemente dieser Manipulation. Sie zeigt, wie die Frau als Objekt des männlichen Begehrens und der Kastrationsdrohung dargestellt wird, während der Mann den aktiven, bestimmenden Blick innehat. Mulveys Ziel ist es, diese patriarchalen Strukturen zu dekonstruieren und neue Formen des Begehrens zu ermöglichen.
Pomografische Bilder und die körperliche Dichte des Sehens
Linda Williams greift Mulveys Analyse auf und kritisiert die „Sackgasse" feministischer Filmtheorie, die sich auf die symbolische Ebene des Begehrens beschränkt. Sie argumentiert, dass das klassische Modell des „Camera-Obscura-Sehens" eine passive und entkörperte Perspektive auf das Sehen vermittelt. Williams setzt sich für ein aktives, körperliches Modell des Sehens ein, das die Bedeutung von körperlichen Sensationen und der Interaktion mit Medien betont. Sie untersucht die Rolle von pornografischen Bildern, die oft als obszön betrachtet werden, und zeigt, wie diese Bilder eine neue Form der visuellen Lust ermöglichen, die sich auf die körperliche Dimension des Sehens konzentriert. Williams plädiert für einen offenen BetrachterInnenbegriff, der die unterschiedlichen Formen des Begehrens anerkennt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Sexismus im klassischen Kino, die feministische Filmkritik, die Dekonstruktion patriarchaler Strukturen, die visuelle Lust, die Skopophilie, der Voyeurismus, die Kastrationsdrohung, die Pornografie, die körperliche Dimension des Sehens und das „Camera-Obscura-Modell".
- Citation du texte
- Cornelia Hauer (Auteur), 2008, Welche Sexismen werden im klassischen Kino sichtbar und wie kann diese Perspektive überwunden werden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203125