Vor- und Nachteile der chinesischen Wechselkursanbindung


Term Paper, 2003

16 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

A Einleitung

B Hauptteil
1. Die zwei währungspolitischen Grundmodelle
2. Vorteile des Flex- und Fixkurssystems
3.Die Ostasienkrise – Scheitern von Zwischenlösungen
4. Rückbesinnung auf die „two corner solutions“
4.1. Argentinien – Ecke der festen Wechselkurse
4.2. Osteuropa und Lateinamerika – Ecke der flexiblen Wechselkurse
5.Chinas Währungsoptionen aus der Sicht der Theorie optimaler Währungsräume
5.1. Arbeitsmobilität und Reallohnflexibilität
5.2. Größe und Offenheit der Volkswirtschaft
5.3. Der Diversifikationsgrad des Außenhandelssektors
6. Der Entwicklungsstand des nat. Finanzmarktes und die internat. Integration
6.1 Das chinesische Finanzsystem

C Fazit

A Einleitung

In einem sind sich der amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan und ehemalige EZB-Präsident Wim Duisenberg derzeit einig: Der Dollar muss abwerten. Nicht gegenüber dem Euro, da ist schon genügend getan. Jetzt ist die chinesische Währung dran. Diese „Währung des Volkes“, wie der Renminbi übersetzt heißt, soll endlich aufwerten. Seit 1994 wird sie faktisch von der chinesischen Zentralbank in einem schmalen Band von 8,276 bis 8,28 Yuan zum Dollar gehalten – und das auch durch turbulente Zeiten: während der asiatischen Finanzkrise 1998 hielt Peking dem Abwertungsdruck der Region stand und verhinderte damit die Ausweitung der Abwärtsspirale. Dafür erntete China viel Lob aus dem Westen[1]. Zuletzt hat die People’s Bank of China jedoch bis zu 600 Mio. Dollar täglich aufkaufen müssen, um das Verhältnis der Währungen im angestrebten Band zu halten. Devisenmarktinterventionen in einer derartigen Größenordnung gehen weit über das Maß hinaus, welches zur Glättung von täglichen Kursschwankungen aufgewandt wird[2]. Ohne Zweifel würde das freie Walten der Märkte, wie es der amerikanische Finanzminister Snow jüngst forderte, zu einer Aufwertung der chinesischen Währung führen[3].

Doch so bewertet der ehemalige EZB-Präsident die Wechselkurspolitik Chinas als eine der größten Gefahren für die wirtschaftliche Erholung in Europa, EU-Kommissionschef Romano Prodi sprach sogar schon von einer „neuen Welle des Protektionismus“. Das konstatierte Problem besteht darin, dass der globale Devisenhandel zurzeit quasi „bipolarer Natur“ ist. Auf der einen Seite steht der Dollar, in dessen Schlepptau sich die manipulierten Währungen Asiens befinden, vom chinesischen Yuan über den japanischen Yen bis zum koreanischen Won. Diese versuchen durch Interventionen, die eigene Währung billig zu machen und dadurch Exportvorteile zu erlangen[4]. Die andere Seite dieser bipolaren Welt verkörpert der Euro, dessen Kurs weitgehend dem Spiel der Marktkräfte überlassen wird. Der vom Dollar ausgehende Abwertungsdruck entlädt sich denn auch vor allem auf der europäischen Gemeinschaftswährung, wie die vergangenen zwei Jahre zeigen[5].

Peking beharrt jedoch darauf, dass es noch nicht reif für eine Liberalisierung des Kapitalverkehrs und einen flexibles Wechselkurssystem sei. Es wird in dieser Position vom Internationalen Währungsfonds bestärkt. Und auch zahlreiche Experten warnen, dass eine Abkehr von der Dollar-Bindung wegen der Schwäche des chinesischen Finanzsystems gefährlich wäre[6]. Hinzu käme die Tatsache, dass auch westliche Firmen massiv in China investiert wären und daher ebenfalls von der festen Wechselkursanbindung profitieren würden[7].

Diese Arbeit wird sich mit der Frage beschäftigen, ob eine Abkehr vom Festkurssystem in der jetzigen Situation für China sinnvoll wäre. Durch die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen und die Finanzsystemliberalisierung im Rahmen des WTO-Beitritts wird die entscheidende Herausforderung der Zukunft sein, eine geldpolitische Konzeption zu finden, die sowohl eine interne als auch eine externe wirtschafts- und geldpolitische Stabilität ermöglicht. Daher werden zunächst Vor- und Nachteile der währungspolitischen Grundmodelle erarbeitet und mit den strukturellen Gegebenheiten der chinesischen Wirtschaft abgeglichen. Anhand einer kurzen Analyse jüngster Krisen, insbesondere der Ostasienkrise, sollen mögliche Ursachen für Fehlentwicklungen in anderen Transformationsländern aufgezeigt werden, um daraus „ex negativo“ den richtigen Weg für China abzuleiten.

B Hauptteil

1. Die zwei währungspolitischen Grundmodelle

Der Ausgangspunkt für alle geld- und währungspolitischen Strategien in einer offenen Volkswirtschaft ist die grundsätzliche Frage, wie die beiden zentralen geldpolitischen

Steuerungsgrößen gehandhabt werden sollen:

- der kurzfristige Zins, der von der Notenbank mit ihren geldpolitischen Instrumenten am Geldmarkt gesteuert wird,
- der Wechselkurs, der von der Notenbank (und in manchen Ländern vom Finanzministerium) durch den An- und Verkauf von Devisen am Devisenmarkt gesteuert wird.

Viele renommierte Ökonomen behaupten, dass sich bei freiem Kapitalverkehr nur eine dieser

beiden Größen steuern lasse. Der Renminbi ist bisher zwar nicht frei konvertierbar, sondern unterliegt strengen Kapitalverkehrskontrollen. Die mit der Ausweitung des Handels und der zunehmenden Kapitalverflechtung verbundene stärkere Integration Chinas in die Weltwirtschaft nach dem Beitritt zur WTO im Jahre 2001 sowie die als Beitrittsbedingung akzeptierte Liberalisierung des Handels mit Finanzdienstleistungen dürfte jedoch aller Voraussicht nach, die Effektivität der derzeitig bestehenden Kapitalverkehrskontrollen nachhaltig unterminieren. Es bestehe dann ein „Inkonsistenz-Dreieck“, dass bei quasi freiem Kapitalverkehr (als eine Ecke) zu zwei geld- und währungspolitischen Ecklösungen führe, den sogenannte „two corner solutions“[8]:

1) der Strategie frei-flexibler Kurse, bei der ganz auf Devisenmarkt-Interventionen verzichtet wird – dafür kann jedoch der Zins autonom gesteuert werden[9] ;
2) der Strategie absolut fester Kurse, bei der sich die Geld- und Währungspolitik ganz auf die Stabilisierung des Wechselkurses konzentriert, wobei der inländische Zins nicht mehr aktiv gesteuert werden kann[10].

Um jedoch das für ein Land angemessene Währungsregime bestimmen zu können, erscheint es sinnvoll, sich zunächst Vor- und Nachteile der beiden Randlösungen, d.h. vollständig fester bzw. voll flexibler Wechselkurse zu betrachten.

2. Vorteile des Fixkurs- und Flexkurssystems

Ein Festkurssystem zeichnet sich dadurch aus, dass die Notenbank durch Interventionen auf dem Devisenmarkt versucht, einen bestimmten festgesetzten Wechselkurs zu realisieren. Droht auf dem Devisenmarkt eine Aufwertung, wird die Notenbank verstärkt ausländische Devisen nachfragen. Steht die inländische Währung vor einem Abwertungsdruck, wird die Notenbank ausländische Devisen anbieten und im Gegenzug inländische Devisen nachfragen. Als Hauptargumente für feste Wechselkurse findet man in der Literatur insbesondere:

- Spekulationen und die daraus folgende, hohe Volatilität bei flexiblen Wechselkursen wirken destabilisierend und wären somit schädlich für den Handel. Anstatt einen Ausgleich für divergierende fundamentale Entwicklungen zu leisten, könnten flexible Wechselkurse selbst die Ursache für Allokationsstörungen sein, die Investition, Wachstum und Beschäftigung beeinträchtigen würden[11]. Feste Wechselkurse würde hingegen hohe Sicherheit für Finanztransaktionen bieten. Wechselkursunsicherheit auf Investitionen und Außenhandel ließen sich vollständig vermeiden; folglich entfielen Transaktionskosten (insbesondere Kurssicherungskosten) und Informationskosten (Nicht-Fundamentalistische Wechselkurstheorie)[12].
- Befürworter des Festkurssystems führen weiter an, dass dieses System zur internationalen Integration der Güter- und Kapitalmärkte beitrage und dadurch die weltweite Effizienz der Ressourcenallokation erhöhe, da sich die Gewinnmaximierungsrechnung von Importeuren und Exporteuren vereinfachen würde[13].
- Die feste Wechselkursanbindung an ein stabileres Land zwänge zur geldpolitischen Disziplinierung, da höhere Inflationsraten erst zum Abbau der Devisenreserven und schließlich zur Währungsabwertung führen würden. Der Abwertung und dem damit verbundenen wirtschaftspolitischen Misserfolg könne jedoch durch unpopuläre, aber notwendige wirtschaftspolitischen Maßnahmen entgegen gewirkt werden (Disziplinierungszwangs-Hypothese)[14].

Gegen feste und für freie Wechselkurse spräche indes:

- Die Festlegung des festen Gleichgewichtskurs erscheine durch die Vielzahl einwirkender Faktoren (Änderung Rohstoffpreise durch Entdeckungen neuer Vorkommen, Veränderung der Struktur handelbarer/nicht-handelbarer Güter, Produktivitätswachstum) äußerst schwierig. Bei falschem Fixkurs sei dann eine Entlohnung des Kapitals nach seiner wahren Grenzproduktivität nicht mehr gegeben, was zu einer ineffizienten Ressourcenallokation führe[15]. Bei flexiblem Wechselkurssystem nähere sich der Kurs durch Marktkräfte ohne Einsatz wirtschaftspolitischer Instrumente –quasi automatisch- seinem langfristigen Gleichgewichtswert an (Fundamentalistische Wechselkurstheorie). Dies fördere die effiziente Ressourcenallokation.
- Flexible Wechselkurse würden ständig wiederkehrende Währungskrisen und größere Wechselkurssprünge ausschließen, da erfolgreiche Spekulanten eine Währung bei niedrigem Kurs kaufen und bei hohem Kurs verkaufen und dadurch potentielle Kursausschläge abgeschwächt würden (These der „stabilisierenden Spekulation)[16].
- Reale und monetäre Schocks des Auslands würden durch flexible Wechselkurse besser abgeschirmt. Begründet wird dies vor allem mit der Quantitätstheorie und der Kaufkraftparitätentheorie[17], wonach gerade die Wechselkursänderung die Übertragung der Störung auf das Inland verhindere. Dies würde verstärkt durch die Möglichkeit, eine unabhängige Geldpolitik zu betreiben[18] und somit insbesondere das Risiko einer importierten Inflation auszuschließen. Die Möglichkeit der Abschirmung ist jedoch von den Kritikern des Flexkurssystems hart umstritten[19].
- Da der Zahlungsbilanzausgleich über die Wechselkurse ablaufe, sei die Tendenz zum Protektionismus bei flexiblen Wechselkursen geringer. Als Grund wird angegeben, dass flexible Wechselkurse nicht nur jederzeit das Gleichgewicht der Gesamtzahlungsbilanz herstellen, sondern mittel- und längerfristig auch für einen Ausgleich der Handelsbilanz sorgen. Folglich sind protektionistische Maßnahmen, die auf eine Exportsteigerung und Importsenkung zielen weder notwendig noch lohnenswert.

[...]


[1] Financial Times Deutschland, 18.07.2003, „China lehnt Yuan-Aufwertung vorerst ab“

[2] Damit sind allein im ersten Halbjahr 2003 die Währungsreserven der Bank um weitere 60 Mrd. Dollar auf 346 Mrd. Dollar gestiegen. DER SPIEGEL Nr. 35, 25.08.2003, 61

[3] Derzeitige Schätzungen bewegen sich zwischen 15 und 40%. DER SPIEGEL Nr. 35, 25.08.2003, 62

[4] Financial Times Deutschland, 29.08.2003, „IWF kritisiert asiatische Devisenmanöver“

[5] Der handelsgewichtete Dollar-Wechselkurs, der die ausländischen Währungen nach ihrer Bedeutung für den amerikanischen Außenhandel gewichtet, ist seit Anfang 2002 nur um knapp 7 Prozent gefallen. Während der gleichen Zeit wertete jedoch der Euro, der in diesem breiten Dollar-Index mit gut 17 Prozent gewichtet ist, um 27 Prozent auf. Demgegenüber stieg der Yen nur um rund 10 Prozent und der Yuan behielt seine Bindung an den Dollar bei., FAZ Nr. 215, 16.09.2003, 25, „Der Aufwertungsdruck auf Asiens Währungen wird stärker“

[6] Financial Times Deutschland, 18.07.2003, „China lehnt Yuan-Aufwertung vorerst ab“

[7] Financial Times Deutschland, 18.09.2003, „Streit um asiatische Währungen eskaliert“

[8] Bofinger, Politik zur Verhinderung von Finanzkrisen und zur Stabilisierung des Finanzsystems“, 2. April 2003

[9] Ausländische Zinssenkung (-erhöhung) führt zu Kapitalimport (-export). Dies führt zur Aufwertung (Abwertung) der heimischen Währung gegenüber der ausländischen Währung

[10] Ausländische Zinssenkung (-erhöhung) führt zu Kapitalimport (-export), die einheimische Geldmenge nimmt folglich solange zu (ab) bis der heimische Zins das Niveau des ausländischen Zins erreicht hat

[11] Ursache für schwankende Wechselkurse sind Ineffizienzen der Devisenmärkte und Spekulation, sog. misalignments, Wagner, Einführung in die Weltwirtschaftspolitik, 162ff.

[12] Wagner, Einführung in die Weltwirtschaft, 158, Sommer Vor- und Nachteile einer Wechselkursanbindung, 133

[13] Park, Die Variabilität des realen Wechselkurses, 27f.

[14] Park, Die Variabilität des realen Wechselkurses, 30f.

[15] Park, Die Variabilität des realen Wechselkurses, 29

[16] Wagner, Einführung in die Weltwirtschaft, 161

[17] Wagner, Einführung in die Weltwirtschaft, 161, 188

[18] s. o. währungspolitische Grundmodelle, Sommer, Vor- und Nachteile einer Wechselkursanbindung, 134f.

[19] Park, Die Variabilität des realen Wechselkurses, 33ff.

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Vor- und Nachteile der chinesischen Wechselkursanbindung
College
University of Applied Sciences Berlin
Course
Wirtschaftsentwicklung und Investition in China
Grade
1,0
Author
Year
2003
Pages
16
Catalog Number
V20366
ISBN (eBook)
9783638242561
File size
523 KB
Language
German
Notes
Die Arbeit versucht zunächst allgemein Vor- und Nachteile flexibler und fester Wechselkurse mit Hilfe der zwei währungspolitischen Grundmodelle herauszuarbeiten. Anhand jüngster Krisen (insbesondere Ostasienkrise) werden mögliche Ursachen für Fehlentwicklungen anderer Transformationsländer aufgezeigt. Schließlich wird unter Bezug auf die &amp,quot,Theorie des optimalen Währungsraumes&amp,quot, der geeignete währungspolitische Weg Chinas infolge des WTO-Beitritts ermittelt.
Keywords
Vor-, Nachteile, Wechselkursanbindung, Wirtschaftsentwicklung, Investition, China
Quote paper
Martin Köhler (Author), 2003, Vor- und Nachteile der chinesischen Wechselkursanbindung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20366

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