Die wirtschaftspolitische Konzeption der SED nach dem Mauerbau bis Ende der sechziger Jahre


Dossier / Travail de Séminaire, 2003

23 Pages, Note: 1.5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Fragestellung / Vorbemerkung

2. Wirtschaftliche Vorbedingungen und Entwicklungen der SBZ / DDR bis 1961

3. Ulbrichts wirtschaftliche Modellversuche in den 60`er Jahren
3.1. Situation Anfang der 60`er Jahre
3.2. Das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ ( NÖSPL )
3.2.1. „Erste Etappe“ des NÖSPL
3.2.2. „Zweite Etappe“ des NÖSPL
3.2.3. Das Scheitern

4. Fazit

5. Anhang
5.1. Literaturverzeichnis
5.2. Abkürzungen

1. Fragestellung/Vorbemerkung

Wenn man sich mit der wirtschaftspolitischen Konzeption der SED nach dem Mauerbau auseinandersetzen will kommt man nicht umhin die ökonomischen Ausgangspositionen und politischen Entwicklungen in der SBZ bzw. in der frühen DDR bis 1961 zu beleuchten.

Die Ausgangsbedingungen, welche in den verschiedenen Besatzungszonen ja erheblich differierten, sind mit ein Gesichtspunkt der in die Betrachtungsweise eingebunden werden muß.

Wie waren diese für die DDR?

Selbstverständlich spielte die SED die dominierende Rolle bei der Entwicklung der DDR-Wirtschaft.

Wie wirkte sich dies konkret aus?

Es sollen aber auch kurz die verschiedenen „Kursrichtungen“ in der Politik der SED beschrieben werden.

Was waren die Zielsetzungen und was wurde erreicht?

Hauptmotivation war unter anderem die Erreichung eines ähnlichen Lebensstandards wie in der Bundesrepublik. Ulbricht faßte dies in der Losung „Überholen ohne Einzuholen“ zusammen. Wie wurde versucht dies in die Praxis umzusetzen?

Die Historiographie über „das weite Feld“ der DDR erlebte natürlich nach 1990 und mit der Öffnung der Archive einen qualitativen Schub. Stellvertretend für viele Autoren, die sich vor und nach der „Wende" mit diesem Thema beschäftigten, sollen hier Hermann Weber, Stephan Wolle und nicht zuletzt Jörg Rösler Erwähnung finden.

2. Die wirtschaftlichen Vorbedingungen und Entwicklungen in der SBZ/DDR bis 1961

Die wirtschaftliche Ausgangslage in der SBZ ist als ungünstig zu bezeichnen. Nicht nur, daß eine schmale schwerindustrielle Basis und kaum Bodenschätze vorhanden waren, so schlugen »die Mißverhältnisse zwischen der relativ starken, spezialisierten metallverarbeitenden Industrie und der schwach entwickelten Grundstoffindustrie, sowie die unausgewogene Struktur der übrigen Industrie- der hohe Anteil der Leichtindustrie gegenüber den anderen Zweigen«[1] schwer zu Buche. Zusätzlich zu den Kriegsschäden wurde durch die Reparationszahlung an die SU die Wirtschaft geschwächt. Vor allem Betriebe des Maschinenbaus, der chemischen und optischen Industrie wurden bis Ende 1946 demontiert, was die Zahl von 1000 Objekten weit überschritt.[2] Mit dem Abbau des zweiten Gleises fast aller Bahnstrecken, und der damit verbundenen weiteren Schwächung des kaum noch leistungsfähigen Verkehrsnetzes, tat sich mit das größte Problem beim Wiederaufbau auf.

Die DDR wurde durch ihre RGW-Mitgliedschaft im September 1950 voll in den durch die UdSSR geführten Wirtschaftsblock einbezogen.

Das Signal zum „Aufbau des Sozialismus“ in der DDR gab die 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952. Mit der Zielsetzung des Ausbaus der Macht der SED wurden im gleichen Jahr die staatlichen Strukturen geändert(Auflösung der Länder, neues Gerichtsverfassungsgesetz).[3] Auf der gleichen Parteikonferenz wurde die zentrale Stellung der Schwerindustrie noch mehr hervorgehoben, was weitere Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern zur Folge hatte. Trotzdem gelang es der DDR unter großen Anstrengungen und erheblichen Entbehrungen der Mehrheit der Bevölkerung bis 1952/53 ohne äußere Hilfe die kaputte Wirtschaft wieder aufzubauen.[4]

Aber im Vergleich zur BRD war der Lebensstandart sichtbar niedriger. Dieser Umstand und die Durchsetzung von stalinistischen Praktiken in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens führte allein in den Jahren 1949-`55 zur Flucht von 1,4 Mill. Menschen in die Bundesrepublik Deutschland.[5]

Nach dem Tode Stalins(5. März 1953) und der Machtübernahme Chrutschows wurde von der SED- Führung durch die KPdSU in Anbetracht der Flüchtlingszahlen(in den ersten 4 Monaten des Jahres 1953 sogar 2700 SED-Mitglieder) ein Kurswechsel verlangt. Ulbricht, Grothewohl und Oelßner, welche diesen Befehl im Juni `53 in Moskau erhielten, konnten nur noch ihre »fehlerhafte politische Linie« eingestehen.[6]

Die Einsicht bzw. der Versuch eines „ Neuen Kurses“ kam zu spät und die Beibehaltung der Normerhöhung führten dann schließlich zum Aufstand der Arbeiterschaft am 17. Juni 1953.[7]

Der DDR-Bevölkerung wurden, nach Niederschlagung des Arbeiteraufstandes, Reformen und die Fortsetzung des neuen Kurses versprochen, was aber parallel mit einer Verschärfung der Verfolgung von oppositionellen Kräften(Verhaftungen und Verurteilungen aus politischen Gründen) einherging.

Was waren die Maßnahmen des „neuen Kurses“? Besser gefragt, was war eigentlich die Zielsetzung?

Grothewohl erklärte hierzu die » rasche Verbesserung der Lebenslage der Arbeiterklasse und der gesamten werktätigen Bevölkerung der DDR«[8].

Immerhin wurden die Preise für Lebens- und Genussmittel gesenkt, eine Amnestie bescherte 3000 Menschen eine vorzeitige Entlassung aus den Haftanstalten(oft auch aus polt. Haft), die Konsumgüterproduktion wurde erhöht und im Gegenzug die Produktion der Schwerindustrie gesenkt (Normherab-

setzung). Trotz der relativen Verbesserung der Lebensverhältnisse stiegen die Flüchtlingszahlen bis 1955 wieder auf 252000 an.[9]

Zu diesem Zeitpunkt, 10 Jahre nach Kriegsende, kann von einer Festigung der SED- Herrschaft in der DDR, natürlich nur mit Hilfe der SU, gesprochen werden.

Aber vom soziologischen Begriff der „legitimen Herrschaft“, also auf Zustimmung der Bevölkerung basierend, kann keine Rede sein.

Jedoch erschien es in den Jahren 1958/59 so, als wäre es der SED- Führung ge- lungen, große Teile der DDR-Bevölkerung politisch zu neutralisieren.

1958 sanken die Flüchtlingszahlen und viele Menschen arrangierten sich mit den gegebenen Verhältnissen und eine gewisse Stabilisierung des Systems trat ein. Dies war vor allen Dingen ein Resultat der konsumfreundlicheren Wirtschaftspo-

litik, welche mehr Rücksicht auf die persönlichen Bedürfnisse und Wünsche der Menschen nahm.[10]

Ausdruck fand dieser Tatbestand in der 1958 durchgeführten Reform der Wirtschaftsverwaltung. Im Lehrbuch der DDR-Geschichte heißt es hierzu, dient »der Entwicklung zeitgemäßer und wirksamer Formen und Methoden der Leitung und Planung der Volkswirtschaft, übertrug dem Ministerrat und der staatlichen Plankommission die Verantwortung für die straffe, wissenschaftlich fundierte zentrale Leitung und Planung und verband diese mit der größeren Eigenverantwortung der Betriebe und der Territorien sowie der stärkeren Teilnahme der Werktätigen«.[11]

Im Herbst 1959 wurde der Fünfjahrplan eingestellt und an seiner Stelle trat nun

mehr ein Siebenjahrplan. Ulbricht begründet diese Umstellung vor der Volkskammer mit der Notwendigkeit, angesichts der »aggressiven Pläne des westdeutschen Militarismus und der NATO« die Lösung der »ökonomischen Hauptaufgabe« bis 1961 für alle östlichen Verbündeten ins Auge zu fassen.[12]

Was so aussieht, als wäre es ein Vorschlag der SED-Chefs, entpuppt sich als Zwang zur Anpassung, des im Jahre 1959 in der Sowjetunion veränderten Planungsrhythmus auf einen Siebenjahrplan.[13]

Die Erwartungen in diese neue Planstruktur waren in den kommunistischen Führungen schon sehr hoch, so daß Chruschtschow die Behauptung aufstellte, im Jahre 1966 sei die Industrieproduktion »der sozialistischen Staaten« größer als die aller kapitalistischen Länder.[14]

Doernberg stellt, Bezug nehmend auf die Siebenjahrplanumstellung, fest; da die UdSSR der größte Handelspartner der DDR war, musste eine Angleichung der DDR-Wirtschaft an die sowjetische Planung erfolgen, da »die kontinuierliche Versorgung mit sowjetischen Rohstoffen, Materialien und anderen wichtigen Erzeugnissen eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung der Volkswirtschaft in der DDR darstellte«[15]

Aber selbstverständlich muß hier auch, und das nicht zuletzt, erwähnt werden, daß die Sowjetunion die DDR-Wirtschaft in ihre Planperspektive einbezogen hatte.[16]

Trotz des Abbruchs des Siebenjahrplanes, wie davor schon des Fünfjahrplanes, kam es zu einem beträchtlichen Aufschwung in der Wirtschaft der DDR, obwohl die ursprünglich gesteckte Zielsetzung nicht erreicht wurde. Zu sagen ist hier aber auch, daß diese in mancherlei Hinsicht sehr utopisch waren. Zitat W. Ulbricht »Hauptaufgabe, Westdeutschland in bezug auf den durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch der Bevölkerung an wichtigsten Gütern zu übertreffen«.[17] So beabsichtigte die DDR bis 1961 die BRD einzuholen, die AP bis 1965 um 85% zu steigern, die Konsumgüterproduktion auf 177% zu erhöhen und vor allem die Energiewirtschaft, die chemische Industrie und die Elektrotechnik schnellst möglichst voranzubringen.[18]

[...]


[1] Staritz, Dietrich, Sozialismus in einem halben Lande. Zur Programmatik und Politik der KPD/SED in der Phase der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung in der DDR. Berlin(West) 1976, S.13.

[2] Vgl. Weber, Hermann, Geschichte der DDR. München 1999, S. 53.

[3] Vgl. Weber, Hermann (Hrsg.), DDR. Dokumente zur Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik 1945-1985. München 1986, S. 153 f.

[4] Vgl. Weber, Hermann, Geschichte der DDR. S.149.

[5] Vgl. Die Tabelle in Hermann Weber, Kleine Geschichte der DDR. Köln 1980.

[6] Vgl. Armin Mitter und Stefan Wolle, Untergang auf Raten. Unbekannte Kapitel der DDR-Geschichte. München 1993, S. 55 ff.

[7] Vgl. Baring, Arnulf, Der 17. Juni 1953. Köln, Berlin 1965, S. 33 f.

[8] Dokumente der SED, Bd. IV. Berlin(Ost) 1954, S. 441.

[9] Vgl. Weber, Hermann, Geschichte der DDR. S. 171.

[10] Vgl. Kleßmann, Christoph, Zwei Staaten, eine Nation. Bonn 1988, S. 311 f.

[11] Badstübner, Rolf, Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin(Ost) 1981,

S. 189.

[12] Zitat bei Doernberg, Stefan, Kurze Geschichte der DDR. Berlin(Ost) 1968, S. 382.

[13] Vgl. Weber, Hermann, Von der SBZ zur DDR, 1945-1968. Hannover 1968, S. 299 f.

[14] Neues Deutschland, Nr. 28 vom 28.01.1959.

[15] Doernberg, Stefan, Kurze Geschichte der DDR. 2. Aufl. , Berlin(Ost) 1965, S. 374.

[16] Vgl. Weber, Hermann, Geschichte der DDR. S. 202 f.

[17] So Walter Ulbricht in einem Artikel: Des deutschen Volkes Weg und Ziel. Einheit 14 (1959) Heft 9, S. 1241.

[18] Neues Deutschland, Nr. 271 vom 2.10. 1959.

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Die wirtschaftspolitische Konzeption der SED nach dem Mauerbau bis Ende der sechziger Jahre
Université
University of Rostock  (Histoprisches Institut)
Cours
Wirtschafts und Sozialentwicklung in der DDR
Note
1.5
Auteur
Année
2003
Pages
23
N° de catalogue
V20426
ISBN (ebook)
9783638243018
ISBN (Livre)
9783638835060
Taille d'un fichier
396 KB
Langue
allemand
Mots clés
Konzeption, Mauerbau, Ende, Jahre, Wirtschafts, Sozialentwicklung
Citation du texte
Christian Zarend (Auteur), 2003, Die wirtschaftspolitische Konzeption der SED nach dem Mauerbau bis Ende der sechziger Jahre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20426

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