Erklärungsansätze für Geschlechterdifferenzen im Sprachgebrauch


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2012

15 Pages, Note: 1.0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

0. EinleitunG

1. Sozialpsychologische Erklärungsansätze
1.1 Theorie der sozialen Rollen
1.2 Statuserwartungstheorie

2. Interaktive Modelle
2.1 Das interaktive Prozessmodell
2.2 Das doing gender-Modell

3. Feministischer Erklärungsansatz nach Trömel-Plötz

4. Fazit

Bibliografie

0. Einleitung

Soziologie, Sozialwissenschaft, Psychologie, Biologie – die Wissenschaft versucht aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln Erklärungen für die vorhandenen Geschlechterdifferenzen im Sprachgebrauch Erwachsener und im Spracherwerb von Jungen und Mädchen zu finden. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf diejenigen Ansätze, welche geschlechts-„spezifisches“ Verhalten auf übergeordnete soziale Bedingungen zurückführen (Klann-Delius 2005: 157). In diesem Rahmen wird auch Bezug genommen auf die Grundannahme der Gender Studies, welche besagt, das Geschlecht keine „überdauernde, in allen Situationen und Konstellationen relevante Kategorie“ ist (Klann-Delius 2005: 161), sondern individuell durch situative und kontextuelle Faktoren bedingt wird. Die feministische Theorie der Sprachwissenschaftlerin Senta Trömel-Plötz geht davon aus, dass Frauen und Männer aufgrund einer gesellschaftlichen Ungleichbehandlung keine andere Wahl haben, als unterschiedlich zu kommunizieren. Trömel-Plötz geht sogar so weit, dass sie von einer „Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen“ (1984) spricht. Auch wenn ihre Erkenntnisse beinahe dreißig Jahre zurückliegen, so wird diese Arbeit aufzeigen, dass sie gegenwärtig noch stets über eine Relevanz verfügen. Zum Ende der Betrachtungen folgen ein Fazit sowie eine Bibliografie der genutzten Quellen und weiterführender Literatur.

1. Sozialpsychologische Erklärungsansätze

Die zwei im Folgenden erläuterten Theorien betrachten „weiblich“ und „männlich“ als makrosoziologische Faktoren, die auf das Kommunikationsverhalten einzelner Individuen einer Gesellschaft durch die Entwicklung von Stereotypendenken einwirken (Klann-Delius 2005: 154). Sie stellen somit das Pendant zu evolutionsbiologischen Herangehensweisen dar, welche das menschliche Verhalten als „naturbedingte“ Konsequenz menschlicher Dispositionen betrachten.

1.1 Theorie der sozialen Rollen

In ihrer 1987 erschienenen sozialen Rollentheorie konstatiert Eagly, dass Geschlechtsstereotype auf die geschlechtsspezifische Verteilung von Arbeit in der Gesellschaft zurückgehen. Diese Ungleichverteilung beeinflusst geschlechtsbezogene Überzeugungen, und zwar einerseits die Erwartungen, die Menschen gegenüber Verhaltensweisen, Eigenschaften und Meinungen männlicher und weiblicher Personen haben und andererseits die Selbstwahrnehmung männlicher und weiblicher Personen, welche Fähig- und Fertigkeiten sie entwickeln können oder sollten. Belege für Eaglys Theorie stammen aus einer Studie von Eagly und Steffen von 1984 (Eagly nach Bierhoff 2006: 355). Die geschlechtsbezogenen Tätigkeiten, die die Arbeitsteilung hervorbringt, sind mit unterschiedlicher Macht und unterschiedlichem Status zugunsten der Männer ausgestattet (Eagly nach Klann-Delius 2005: 155). Das Patriachat als herrschende Geschlechterhierarchie und die Heteronormativität als geltende Weltanschauung tragen bis heute zur Erhaltung ebendieser Ungleichheit bei. Die aus den Geschlechtsstereotypen resultierenden Erwartungen stellen Männern und Frauen daher einen relativ begrenzten Raum zur Verfügung, eine gesellschaftlich akzeptierte Rolle einzunehmen. Indem unangemessenes Verhalten gesellschaftlich oder individuell sanktioniert wird und angemessenes unterstützt, erwerben Frauen und Männer die ihren Rollen zugeordneten Eigenschaften und Fähigkeiten schon im Kindheitsalter und fördern somit das gesellschaftliche Stereotypenbild (Larrow/Wiener nach Klann-Delius 2005: 155). Physische Unterschiede zwischen Frauen und Männern, welche häufig als Grund für die (vormalig) geschlechtsdifferente Arbeitsteilung betrachtet werden, können durch die modernen Technologien heutzutage kaum noch ausschlaggebendes Kriterium für die Befähigung zu bestimmten Berufen darstellen. Sie haben aber nach wie vor Relevanz, wenn die Ökonomie beispielsweise durch höhere Gehälter im Vergleich zu Frauen die Machtposition des Mannes stärkt (Eagly nach Klann-Delius 2005: 155). Daraus ergibt sich, dass Frauen sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext häufiger von der Macht der Männer abhängig sind, als dies umgekehrt der Fall ist (Yoder/Kahn, 1992). Wie in diversen Studien gezeigt werden konnte, verändern sich soziale Rollen in dem Maße wie gleich oder ungleich Geschlechter behandelt werden. Solche Veränderungen bringen unterschiedliche Verhaltensweisen und Persönlichkeiten hervor. Es konnte zum Beispiel herausgefunden werden, dass sich Frauen in vergangenen Kriegszeiten während der Abwesenheit ihrer Männer selbstbewusster verhielten. Die gesellschaftlichen Umstände boten ihnen die Chance, vielfältigeren Tätigkeiten nachzugehen als sich einzig dem Haushalt und der Kindererziehung zu widmen, wie es der Ehealltag von ihnen verlangte (Arronson/Wilson/Akert 2008: 278). Da die Gesellschaft den Geschlechtern Verhaltensattribute wie zum Beispiel Dominanz (männlich) und Konfliktvermeidung (weiblich) zuschreibt, kann darauf geschlossen werden, dass sich auch die Sprache dementsprechend unterschiedlich, nahezu gegensätzlich ausbildet. Die daraus entstehenden und von den Medien so oft diskutierten Kommunikationsprobleme zwischen den Geschlechterrollen (vor allem in gegengeschlechtlichen Beziehungen) werden somit, der Theorie der sozialen Rollen nach, durch die Gesellschaft selbst konstruiert.

1.2 Statuserwartungstheorie

Diese Theorie von Berger (1997) schließt unmittelbar an die vorhergehende an, geht jedoch noch einen Schritt weiter, indem sie davon ausgeht, das Geschlecht ein Statuskriterium ist, das Menschen in interpersonellen Situationen als Ausgangsbasis für die Erwartungen an ihr Gegenüber dient (Klann-Delius 2005: 158). Diese Erwartungen beziehen sich in erster Linie darauf, wie kompetent der Kommunikationspartner vermutlich ist und wie er sich dementsprechend verhalten wird. Fehlen spezifische Informationen über Können und Kompetenz, werden Frauen eher als statusniedrig eingestuft als Männer. In Studien (z.B. von Wood und Karten, 1986) konnte gezeigt werden, dass Versuchspersonen andere Gruppenmitglieder, von denen sie lediglich die Namen kannten, für weniger kompetent hielten, wenn sie einen weiblichen Vornamen statt eines männlichen Vornamen hatten. Geschlecht ist somit offenbar eine Variable, aus der Status erschlossen wird. Klann-Delius spricht in diesem Zusammenhang von einer Self-fulfilling-prophecy: Der, dem in der Kommunikation mehr Kompetenz zugetraut wird, hat auch mehr Chancen, sie zu zeigen (2005: 159). Gräßel hat in einer 1997 veröffentlichten Untersuchung verschiedener Fernsehdiskussionen herausfinden können, wie etablierte Geschlechterrollen und sich selbsterfüllende Prophezeiungen in der Praxis zusammenwirken können: Hier hat sich gezeigt, dass sowohl Expertinnen als auch Experten ihr Wort vorrangig an Experten richten und deren Statements gewichtiger werten als die der weiblichen Kolleginnen. Expertinnen neigten in den Gesprächsrunden auch stärker dazu, ihren eigenen Status abzuwerten als Experten. Bei ihnen konnte dagegen beobachtet werden, dass sie den von ihnen erwarteten Status eher annahmen und repräsentierten, auch wenn sie real eine statusniedrigere Position hatten als ihre GesprächspartnerInnen. Frauen und Männer tragen vor dem Hintergrund der Statuserwartungstheorie also gleichermaßen zu einer Dominanzkonstruktion zugunsten der Männer bei, erhöhen damit deren öffentliche Präsenz und erhalten deren höheren Status aufrecht.

[...]

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Erklärungsansätze für Geschlechterdifferenzen im Sprachgebrauch
Université
Technical University of Berlin
Note
1.0
Auteur
Année
2012
Pages
15
N° de catalogue
V204701
ISBN (ebook)
9783656307174
ISBN (Livre)
9783656311140
Taille d'un fichier
467 KB
Langue
allemand
Mots clés
erklärungsansätze, geschlechterdifferenzen, sprachgebrauch
Citation du texte
Ena Weiss (Auteur), 2012, Erklärungsansätze für Geschlechterdifferenzen im Sprachgebrauch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204701

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