Etwa 5000 Kilometer bemaß die Grenze zwischen der Sowjetunion (UdSSR) und der Volksrepublik China im Jahre 1969; die damals weltweit längste Landgrenze zweier Staaten. Diese Grenze trennte zwei Nationen, welche sich beide voll und ganz der Ideologie des Marxismus-Leninismus verschrieben hatten und zwischen denen Mitte des 20. Jahrhundert dennoch ein Konflikt entstehen sollte, der neben anderen Ereignissen wie beispielsweise dem Vietnamkrieg ein Schlüsselereignis des Kalten Krieges werden sollte.
Beide Staaten zeichnen sich heutzutage vornehmlich durch ihre große Wirtschaftskraft aus, doch während sich die UdSSR in den Wirren der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges neben den USA zur zweitstärksten Weltmacht entwickelte, begann in China nach Kriegsende ein Bürgerkrieg. Dieser endete erst 1949 mit der Proklamation der kommunistischen Volksrepublik China durch Mao Zedong. Die UdSSR sah sich im Weltkommunismus „as the central authority of the international movement, both organizationally and ideologically”, doch auch China begann ab der Mitte des 20. Jahrhunderts nach einer größeren internationalen Anerkennung zu streben.
Zahlreiche politische und ideologische Uneinigkeiten führten im Laufe der Jahrzehnte auch zu Konflikten an der langen Landgrenze der beiden kommunistischen Staaten. In erster Linie treten hier die Zwischenfälle im nord-östlichen Asien hervor. Im März 1969 kam es auf der Insel Zhenbao (russisch: Damanskij), im Grenzfluss Ussuri, gelegen, mehrfach zu Gefechten zwischen russischen und chinesischen Grenzsoldaten. Über die Telegrafenagentur der Sowjetunion und die Nachrichtenagentur Neues China sendeten sich die Regierungen Protestnoten zu, in welchen sie einander widersprechende Angaben und Vorwürfe zu den Vorkommnissen am Ussuri machten.
Die Gefechte sorgten auf der ganzen Welt für Schlagzeilen. Auch in der westdeutschen Presse wurde im März 1969 ausgiebig über sie berichtet und zahlreiche Vermutungen wurden angestellt. Oftmals wurde auch über mögliche Folgen des Konfliktes spekuliert. Was waren die Ursachen für diesen Grenzkonflikt, der von der restlichen Welt sowohl mit Interesse als auch mit Argwohn beobachtet wurde? Welche Eigenheiten zeichneten den Konflikt aus? Warum kam es ausgerechnet am Ussuri und gerade im März 1969 zu militärischen Auseinandersetzungen? Was für Konsequenzen könnte ein offen ausgetragener, militärischer Konflikt zwischen den beiden großen kommunistischen Staaten für die Welt im Jahr 1969 haben?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Schüsse am Ussuri
- Fragestellung und weitere Vorgehensweise der Arbeit
- Quellenlage und Forschungsstand zum Thema
- Presseartikel als Quelle
- Vorstellung der Quellenart „Presse“
- Vorstellung der verwendeten Presseorgane in der Arbeit
- Berichterstattung im März 1969 in den acht Presseorganen
- Der Grenzkonflikt am Ussuri im Zusammenhang des sowjetisch-chinesischen Konflikts
- Wie kam es zum Konflikt zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China?
- Die Geschehnisse am Ussuri im März 1969
- Die Auswirkungen des Konflikts am Ussuri
- Untersuchung der Presseartikel
- Vorstellung der Untersuchungskriterien
- Vorstellung der Untersuchungsergebnisse
- Masse und Umfang der Artikel
- Angaben zu den Quellen der Informationen
- Anknüpfung an damals aktuelle weltgeschichtliche Ereignisse?
- Spekulationen und Analysen der Journalisten
- Sachlichkeit der Berichtserstattung oder Dramatisierung der Ereignisse?
- Verwendung von Stereotypen
- (Un-)Genauigkeiten in der Berichtserstattung 1969 im Vergleich mit den heutigen Forschungsergebnissen – ein Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Berichterstattung der westdeutschen Presse im März 1969 über den Grenzkonflikt am Ussuri zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China. Ziel ist es, die Darstellung der Ereignisse in acht großen deutschen Zeitungen und Zeitschriften zu untersuchen, um den Informationsstand der westdeutschen Journalisten zu diesem Thema zu ergründen und die Art und Weise ihrer Berichterstattung zu analysieren.
- Der sowjetisch-chinesische Konflikt und seine historischen Wurzeln
- Die Ereignisse am Ussuri im März 1969 und ihre Darstellung in der westdeutschen Presse
- Die Rolle der Medien im Kalten Krieg und die Konstruktion von Narrativen
- Die Bedeutung von Stereotypen und Vorurteilen in der Berichterstattung
- Die Entwicklung des sowjetisch-chinesischen Konflikts und die Folgen für die Weltpolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Schüsse am Ussuri im März 1969 als Ausgangspunkt für die Untersuchung nimmt und die Fragestellung sowie die Vorgehensweise der Arbeit erläutert. Anschließend werden die Presseartikel als Quelle und die verwendeten Presseorgane vorgestellt. Das dritte Kapitel beleuchtet den Grenzkonflikt im Zusammenhang des sowjetisch-chinesischen Konflikts, wobei die Vorgeschichte, die Geschehnisse am Ussuri im März 1969 und die Auswirkungen des Konflikts dargestellt werden. Das vierte Kapitel widmet sich der Untersuchung der Presseartikel anhand von sechs Kriterien, darunter Masse und Umfang der Artikel, Angaben zu den Quellen, Anknüpfung an aktuelle Ereignisse, Spekulationen, Sachlichkeit und Verwendung von Stereotypen. Abschließend wird im fünften Kapitel die Genauigkeit der Berichterstattung aus dem Jahr 1969 mit dem heutigen Forschungsstand verglichen, um festzustellen, ob es in den letzten 40 Jahren zu einem signifikanten Erkenntnisgewinn über die Vorkommnisse am Ussuri gekommen ist.
Schlüsselwörter
Sowjetisch-chinesischer Konflikt, Grenzkonflikt, Ussuri, Zhenbao Insel, Damanskij, Kalter Krieg, Presse, Berichterstattung, Nachrichtenagenturen, Propaganda, Stereotypen, Forschungsergebnisse, Entstalinisierung, Kulturrevolution, Sino-Amerikanische Annäherung, Weltpolitik.
- Citation du texte
- Ann-Kathrin Bartels (Auteur), 2012, Analyse und/oder Spekulation?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204737