Marx und Locke über den Staat


Hausarbeit, 2011

16 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Das Theoriemodell von Karl Marx
a. Marx – mehr als nur ein politischer Theoretiker
b. vom Urzustand zum Klassenkampf
c. Der Staat im Dienste der Bourgeoisie
d. Die Industrialisierung als Chance zur „Überwindung“ des Staates

3. Das Theoriemodell von John Locke
a. Der Vater des Liberalismus und der Naturrechte
b. Der Urzustand bei Locke – Freiheit, Eigentum und die Gefahr der Ungleichheit
c. Der Staat als Garant des Eigentums nach Innen und Außen

4. Kurzvergleich zwischen Kommunismus und Liberalismus

5. Kritik/Abwägung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Welche Rolle und Funktion hat der Staat?

Diese zentrale politische Frage wird noch heute zwischen Staaten mit divergierenden Systemen sowie von Anhängern unterschiedlicher politischer Lager und Parteien durchaus kontrovers diskutiert, nicht zuletzt in plötzlich und heftig eintretenden Krisensituationen wie der Weltwirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre.[1]

Und auch in der Geschichte und in der politischen Theorie haben sich immer wieder berühmte Personen – gleichwohl ob Philosophen, Wirtschaftsexperten oder Politikwissenschaftler - mit der Frage auseinandergesetzt, worin die eigentliche Kernaufgabe des Staates besteht, wie es dafür um seinen Aufbau beschaffen sein soll und aus welchen Beweggründen sich Menschen überhaupt in staatliche Ordnungen begeben – ob aus Freiwilligkeit, Zwang oder gar aus überlebenssichernder Angst.[2]

Bis zum 19. Jahrhunderts wurde hierbei vor allem zwischen zwei großen Konzeptionen[3], die dabei grundsätzlich eher als Idealtypen im Weberschen Sinne[4] zu verstehen sind und differenzierten Mischformen, die ihrerseits auch tatsächlich bis heute in politischen Systemen Verwendung finden, unterschieden.

Der Liberalismus, als wohl bekannteste und gerade in den modernen, demokratischen Staaten der westlichen Welt äußerst wohlwollend rezipierte politische Großtheorie, besitzt als Kernelement einen eher schwachen Staat, dessen Hauptaufgabe mit der sogenannten „Nachtwächterfunktion“ umschrieben werden kann. (Nohlen 2005: 320) Er garantiert Rahmenbedingungen und Schutz der Bürger, überlässt den wirtschaftlichen Sektor dabei jedoch völlig frei den Marktkräften und gewährt seinen Bürgern überdies ein Höchstmaß an individuellen Freiheiten und Verantwortungen. (Schmidt 2010: 63)

Der Kommunismus als Modell sieht hingegen die Lösung der bestehenden politischen und wirtschaftlichen Probleme in einem möglichst starken Staat.[5] Dieses „Gespenst des Kommunismus“ (Marx/Engels 1995: 1), ist jedoch aufgrund seiner, erst in historisch jüngster Zeit sichtbar gewordenen, Fehler und totalitären Auswirkungen gleichsam deutlich negativer besetzt und rezipiert. (Pearce 1991: 102-114)

Die Funktionen und Befugnisse des Staates umfassen hier gerade auch den wirtschaftlichen Bereich und individuelle Rechte und Freiheiten der Bürger müssen hinter diesem Primat der Politik zurückstehen. Insbesondere das Privateigentum wird gar als schädlich betrachtet und stark eingeschränkt beziehungsweise zielgerichtet in staatliche Obhut übertragen. (Schmidt 2010: 148-155) Allerdings stellt diese Staatskonzeption im Marxschen Sinne selbst nur eine Übergangsphase dar, da in einer idealen, klassenlosen Gesellschaft, in der das Privateigentum, sowie die Reichtumsunterschiede und andere Faktoren letztlich beseitigt wurden, der Staat als Regulativ nicht mehr benötigt wird und als Ordnungssystem gänzlich entfällt.

(Müller 1991: 301)

In der Tat stellen diese Großtheorien aber, wie bereits eingehend erwähnt, eher Idealtypen dar und die tatsächlich existierenden politischen Systeme verorten sich in einem Merkmalsraum zwischen beiden Extremen.[6]

Zu diesen Mischformen zählt so unter anderem auch das System der Bundesrepublik Deutschland, die soziale Marktwirtschaft. Sie versucht beispielhaft – gerade auch aus historischer Erfahrung heraus[7] - die liberalen Aspekte der größtmöglichen individuellen und wirtschaftlichen Freiheit mit jenen der sozialen Absicherung und dem Gebot der Gemeinwohlorientierung von Eigentum als eher sozialistischen Tendenzen zu vereinen. (Ismayr 2009: 515-518)

Doch woher kommen diese unterschiedlichen politischen Modelle, die real existierende staatliche Systeme bis heute so intensiv prägen und deren individuelle Vorzüge nebst gleichsam vorhandener Schwächen bis heute keine ideale Lösung hervorgebracht haben.[8]

Mit exakt jener Frage vier des vorgegebenen Aufgabenkatalogs wird sich vorliegende Arbeit auseinandersetzen.

Sicher sind die großen Theoretiker Karl Marx[9] und John Locke in Biographie und historischer Einordnung sowie ihre bis heute rezipierten Theorien und Werke dabei bereits bestens analysierte und aufbereitete Themenfelder[10], jedoch stellt nach meinem Dafürhalten gerade die Auseinandersetzung mit der Thematik in der gebotenen Kürze einer Seminararbeit einen wünschenswerten Fortschritt dar.

Folgende Arbeit wird sich dazu zunächst mit der Staatstheorie von Karl Marx auseinandersetzen. Warum gründen Menschen Staaten, welchen Zweck und welche Funktion nimmt ein staatliches System ein und wie kann Staatlichkeit am Ende der Klassenunterschiede und Kämpfe letztlich sogar gänzlich überwunden werden?

In der Folge wird sich die Arbeit weiter mit John Lockes Argumentationen beschäftigen. Welche Unterschiede gibt es hierbei im Vergleich zu anderen liberalen Theoretikern, welche Gemeinsamkeiten bestehen und wo sieht Locke seinerseits letztlich Ursache, Zweck und Aufgabe des modernen Staates?[11]

Am Ende der Arbeit werde ich nach eingehender Betrachtung sowie einem zusammenfassenden kurzen Vergleich beider Modelle schließlich ihre Projektionsfähigkeit in die heutige Zeit hinein und damit ihre Möglichkeit auch aktuell bestehende Probleme und Krisen erklären zu können, untersuchen.

2. Das Theoriemodell von Karl Marx

a) Marx – mehr als nur ein politischer Theoretiker

Der am 5. Mai 1818 in Trier geborene Philosoph und Gesellschaftstheoretiker Karl Marx stellt – geprägt durch die Eindrücke der industriellen Revolution[12] - in seinen Theorien vor allem die Position und Rolle der Arbeiterklasse in den Vordergrund. Geprägt und beeinflusst auch durch die Arbeiten Hegels und seinerzeit moderner linkshegelianischer Kreise möchte er damit die Interessen dieser Klasse und dadurch sogleich einen Großteil der modernen Gesellschaft selbst vorantreiben. (Blumenberg 2000: 16-46)

[...]


[1] Gemeint ist hier die Wirtschafts-, Banken- und Finanzkrise seit 2007, deren Folgen bis dato nicht überstanden zu sein scheinen. Exemplarisch beschäftigen sich mit den möglichen Folgen der Krise die Salzburger Nachrichten vom 22.04.09 auf Seite 15.

[2] Wie allein die später behandelten Beispiele von Marx und Locke zeigen werden, gehen die Theoretiker dabei von stark unterschiedlichen „Naturzuständen“ vor der Staatsgründung aus.

[3] Der Anarchismus als herrschafts- und damit staatsfreie Theorie dieser Zeit soll an dieser Stelle unbeachtet bleiben.

[4] Max Weber benutzt den Begriff Idealtyp für eine konstruierte Anhäufung von in der Realität so nicht auftretenden Merkmalsausprägungen.

[5] Das trifft zumindest auf die realtypischen Anwendungen des Marxismus zu, Marx Theorie selbst kulminiert ja in einer Staatenlosigkeit.

[6] Für die Beantwortung der Frage wie liberal, sozial oder gar kommunistisch ein Staat tatsächlich ist, bieten sich diverse Indikatoren an. Beispielsweise die Anzahl staatlicher Unternehmen, der Grad der sozialen Absicherung, durchgeführte Verstaatlichungen/Privatisierungen etc.

[7] Deutschland hatte binnen eines Jahrhunderts eine konstitutionelle Monarchie, eine präsidentielle Demokratie, eine nationalsozialistische Diktatur sowie bis 1990 ein realsozialistisches System parallel zur bestehenden BRD.

[8] Die Vielfalt existierender politischer Systeme kann meiner Meinung nach als ein Indiz dafür betrachtet werden, dass es jenes perfekte System bis heute nicht gibt.

[9] Der Name von Karl Marx ist durch die vielschichtigen Verflechtungen und Kooperationen in seiner Betrachtung normalerweise kaum von Friedrich Engels zu trennen. Der Einfachheit halber, werde ich ihn in Folge dennoch meist allein nennen.

[10] Neben den jüngst erschienenen Biographien Karl Marx – Eine Biographie (2010) von Rolf Hosfeld und John Locke (2007) von Rainer Specht beschäftigen sich bereits zahlreiche Zeitschriftenartikel und wissenschaftliche Publikationen dieses Jahres mit beiden Autoren.

[11] Hierbei werde ich ebenfalls – wenngleich nicht explizit zur Aufgabe gehörend – auf Unterschiede zu Hobbes als zweitem „Vater der Liberalismus“ eingehen.

[12] Egal ob Marx – wie vielfach behauptet - nie eine Fabrik selbst von innen sah, so war er sich durch Berichte und Erzählungen von Bekannten, allen voran von Friedrich Engels, sicher über die Zustände der Arbeiter im Klaren.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Marx und Locke über den Staat
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
gut
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V204875
ISBN (eBook)
9783656314158
ISBN (Buch)
9783668398160
Dateigröße
546 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
marx, locke, staat
Arbeit zitieren
Maik Kretschmar (Autor:in), 2011, Marx und Locke über den Staat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204875

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