Interreligiöses Lernen in der Grundschule

Bedingungen und Grenzen


Thèse de Bachelor, 2011

37 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Interreligiöses Lernen
2.1. Was ist interreligiöses Lernen?
2.2. Ziele interreligiösen Lernens

3. Gesellschaftlicher Wandel und die damit verbundenen Konsequenzen
3.1. Religiöse Pluralität
3.2. Lebenswelt der Kinder und die Situation in der Grundschule
3.3. Aufgaben einer pluralitätsfähigen Religionsdidaktik

4. Kognitive Entwicklungsbedingungen der Kinder und deren Auswirkungen auf interreligiöse Lernprozesse
4.1. Entwicklungspsychologische Modelle
4.1.1. Oser/Gmünder: Der Mensch - Stufen seiner religiösen Entwicklung
4.1.2. Fowler: Stages of faith - Theorie der Glaubensentwicklung
4.2. Interreligiöses Lernen unter entwicklungspsychologischen Voraussetzungen

5. Interreligiöses Lernen in der Grundschule als Beitrag zur religiösen Identitäts- bildung?
5.1. (Beitrag zur) religiöse(n) Identitätsbildung
5.2. Grundschule als Ort religiöser Identitätsbildung?
5.3. Aufgaben eines interreligiös orientierten Religionsunterrichts

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis .

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit behandelt das sehr weitreichende Thema: „Interreligiöses Lernen in der Grundschule - Bedingungen und Grenzen“.

Warum habe ich mich für dieses Thema entschieden?

„Unbestritten befinden wir uns gegenwärtig (wieder einmal) in einer Periode, in der der Religionsunterricht an der Schule auf dem Prüfstand steht. Gesellschaftliche und politi- sche sowie kulturelle Veränderungen setzen den Religionsunterricht unter Druck. […]. In der Kritik steht […] der konfessionelle Religionsunterricht, der nicht nur über Religi- on informiert, sondern in eine bestimmte Religion einführen will.“1 Auf der einen Seite ist dieses Thema für meine berufliche Zukunft als Grundschullehre- rin sehr relevant, da ich als zukünftige Religionslehrerin mit den bestehenden Verände- rungen im Unterricht konfrontiert werde. Auf der anderen Seite leistet es einen Beitrag zu einem Ausweg aus der zurzeit zurecht kritisierten, trotzdem immer noch unveränder- ten und realitätsunangepassten Situation im schulischen Religionsunterricht. Hierzu Dietlind Fischer: „Die gegenwärtige Realität schulischen Religionsunterrichts ist nach wie vor, dass zwar die Schülerschaft einer Klasse konfessionell und religiös gemischt ist, dass der Unterricht jedoch - sei es evangelische oder katholische Religionslehre - darauf nicht einzugehen vermag oder will.“2

Daher wird es höchste Zeit, das Bewusstsein hierfür zu ändern.

Der Aufbau dieser Arbeit sieht wie folgt aus:

Zunächst einmal geht es darum, den Begriff des interreligiösen Lernens zu fassen. Was ist interreligiöses Lernen und welche Ziele sollen dadurch erreicht werden? Anschlie- ßend sollen die heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse genauer in den Blick genom- men werden, um aufzuzeigen, warum interreligiöses Lernen notwendig ist und um hier- durch einen Einblick in die momentane Lebenswelt der Kinder zu ermöglichen. Nachdem diese Gegebenheiten dargelegt wurden, soweit sie in ihrem Ausmaß fassbar und darstellbar sind, rückt die wichtige religionspädagogische Aufgabe der Betrachtung der Thematik des interreligiösen Lernens unter entwicklungspsychologischen Voraus- setzungen in den Vordergrund. Dabei geht es darum, sich auf die wesentlichen religiö- Interreligiöses Lernen in der Grundschule - Bedingungen und Grenzen sen kognitionspsychologischen Modelle zu beziehen, und zwar unter der Fragestellung, inwieweit Kinder im Grundschulalter zu interreligiösem Lernen fähig sind. Abschlie- ßend soll unter Berücksichtigung der entwicklungspsychologischen Befunde die Frage der Beeinflussung der religiösen Identität durch den interreligiösen Religionsunterricht geklärt werden. Hierbei soll die pädagogische Perspektive mehr in den Vordergrund rücken.

Die Arbeit wird von der Frage, welche Bedingungen und Grenzen sich in einem interreligiös konzipierten Religionsunterricht bzw. bei interreligiösen Lernprozessen in der Grundschule ergeben, begleitet.

Abschließend ist anzumerken, dass Bedingungen und Grenzen eines interreligiösen Lernprozesses in der Grundschule durchaus über diese Arbeit hinaus reichen. Daher kann es sich hier nur um einen Ausschnitt dessen Handeln, was den Umfang dieses Themas betrifft.

2. Interreligiöses Lernen

In diesem Kapitel geht es darum, interreligiöses Lernen zu definieren und seine Inhalte darzulegen. Hierbei soll zunächst allgemein die Frage beantwortet werden, was interre- ligiöses Lernen ist. In einem zweiten Schritt werden anschließend die Ziele interreligiö- sen Lernens formuliert und dabei vor allem der schulische Kontext berücksichtigt.

2.1 Was ist interreligiöses Lernen?

Um es zunächst einmal allgemein und an den Worten Tworuschkas angelehnt auszudrü- cken: „Interreligiöses Lernen“bzw. „interreligiöser Dialog“meinen im eigentlichen Sinne die Begegnung von unterschiedlichen religiösen Traditionen.3

Der Begriff „interreligiös“ist zu verstehen als „zwischen den Religionen bestehend“oder auch „unter Beteiligung von Vertretern verschiedener Religionen stattfindend“.4 „Interreligiöses Lernen“kann somit als ein zwischen den Religionen bestehender Lern- prozess verstanden werden. Es geht folglich um einen Dialog zwischen Religionen, bei Interreligiöses Lernen in der Grundschule - Bedingungen und Grenzen dem der religiöse Mensch als Subjekt im Vordergrund steht und vor allen Dingen Lern- prozesse, die zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen stattfinden.

In der Religionspädagogik taucht der Begriff „interreligiöses Lernen“als solcher in den 1990er Jahren zum ersten Mal auf.5 Erst in diesen Jahren fand ein regelrechter „Boom“auf diesem Gebiet statt. Interreligiöses Lernen ist zunehmend als eine zu integrierende Gesamtaufgabe für den Religionsunterricht in Kooperation mit anderen Fächern und dem Schulleben überhaupt verstanden worden.6 Eine allgemeine Entwicklung in Rich- tung eines Dialoges zwischen Religionen wurde bereits durch das II. Vatikanum ausge- löst. Dementsprechend gab es erste Versuche in den frühen 1970er Jahren „Religions- kunde“in den Unterricht einzuführen. Diese blieben jedoch erfolglos.7 Schließlich fand ein Wandel statt, der von einem „Lernen über“zum „Begegnungslernen“geführt hat.8 Weshalb es nun in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu diesem „Boom“der For- derung nach interreligiösem Lernen und den unzähligen Diskussionen hierüber kam, scheint mehrere Ursachen zu haben. Ein sehr gewichtiger Auslöser war, Lähnemann zu Folge, die globale Auswirkung der islamischen Revolution 1979 und die religiös- ethnisch mitbedingten Konflikte in den 90ern.9 Nipkow sieht den Grund für seine Be- schäftigung mit interreligiösem Lernen im weltweiten religiösen Pluralismus, der sich „zunehmend auch innergesellschaftlich ausbreitet“; „aus christlich geprägten Gesell- schaften werden multikulturell und multireligiös gemischte Gesellschaften“.10 Zuletzt, so Lähnemann, habe der 11. September 2001 „eine direkte Hektik in der Auseinander- setzung um den Dialog der Religionen“ausgelöst.

Interreligiöses Lernen nimmt die durch die Entwicklung zur Weltgesellschaft erkennbar werdende religiöse Heterogenität von Gesellschaften und zwischen den Gesellschaften zum Ausgangspunkt,11 wie es Nipkow bereits angedeutet hat. Das heißt, dass der inter- religiöse Lernprozess zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen eine Anpas- sung des religiösen Lernens an die heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse, die Zeichen der Zeit, darstellt.

Konkret ist interreligiöses Lernen „Begegnungslernen, und die stärkste Tiefendimension haben Direktbegegnungen mit authentischen Vertreterinnen und Vertretern einer Reli- gion.“12 Menschen unterschiedlicher Religiosität treten miteinander in Kontakt und füh- ren einen Dialog, wobei sie sich gegenseitig zuhören und gewillt sind, voneinander zu lernen.

Es gibt viele verschiedene Kontexte, in denen interreligiöses Lernen stattfinden kann, wie beispielsweise in der Familie, in der Gemeinde oder aber auch in der Schule.13 An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass der Kontext Schule derjenige ist, der die Gesellschaft in ihrer Heterogenität am meisten wiederspiegelt. In der Schule reicht das Spektrum von Angehörigen verschiedener Religionen, Konfessionen bis hin zu nicht-religiös erzogenen Schülerinnen und Schülern, die gemeinsam in einem Klassenverband lernen, außer im Religionsunterricht, indem sie den Konfessionen evangelisch und katholisch entsprechend getrennten Unterricht erhalten.

Barbara Asbrand erwähnt in ihrer Studie zur grundschulpädagogischen Konzeption ei- nes interreligiösen Religionsunterrichts, dass Konzepte des interreligiösen Lernens bzw. eines interreligiösen, dialogischen Religionsunterrichts neben dem Lernbereichsmodell die wichtigsten Ansätze darstellen, den Religionsunterricht als gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Religionszugehörigkeit zu konzipie- ren.14 Der Schwerpunkt interreligiöser Lernprozesse in der Schule liegt demnach auf einem vereinten Lernen von Schülerinnen und Schülern, die aus verschiedenen religiö- sen Kontexten stammen.

Laut Lähnemann geht es bei interreligiösen schulischen Lernprozessen darum, Schüle- rinnen und Schüler für eine Situation der Begegnung auszurüsten, die nicht von Vorur- teilsbarrieren belastet ist, sondern in der ein Hören aufeinander und ein Lernen vonei- nander möglich wird, das zur Entgrenzung und Bereicherung der Horizonte auf beiden Seiten führt.15 Er sieht die Schule somit als Vorbereitungsinstanz für einen interreligiösen Dialog.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass interreligiöses Lernen ein weitreichendes Themenfeld ist, resultierend aus dem gesellschaftlichen Wandel unserer Zeit, welches Lernprozesse dadurch auslösen soll, dass Vertreter verschiedener Religionen einander respektvoll begegnen mit der Absicht, einander zuzuhören und voneinander zu lernen. Die Schule als Spiegel der Gesellschaft mit ihrer Aufgabe, Schülerinnen und Schüler auf die Gesellschaft vorzubereiten, stellt hierfür einen geeigneten Raum dar.

2.2 Ziele interreligiösen Lernens

Nachdem nun geklärt wurde, was interreligiöses Lernen ist, geht es in einem nächsten Schritt darum, die Absicht interreligiösen Lernens vorzustellen. Was kann bzw. soll durch interreligiöses Lernen erreicht werden?

Hierbei ist zunächst einmal darauf aufmerksam zu machen, dass die Ziele eines interre- ligiösen Dialogs und die des interreligiösen Lernens auf Ebene der Wissenschaftler und Theologen von den Zielen im schulischen Kontext zu unterscheiden sind, da es im schu- lischen Kontext zusätzlich immer um erzieherische Ziele geht und die sozialen Bedin- gungen des Kontextes bzw. die kontextuellen Voraussetzungen auf beiden Ebenen ver- schieden sind.16 Jedoch stehen die verschiedenen Ziele gleichzeitig miteinander in Ver- bindung, sodass es in diesem Kapitel zu keiner strikten Trennung kommt. Weiterhin ist anzumerken, dass es keine normativen Zielvorgaben bezüglich interreligiösen Lernens gibt, die man der Reihe nach aufführen kann. Es geht hier vielmehr darum, einen Ein- druck davon zu vermitteln, welche Ziele aus verschiedenen Perspektiven erreicht wer- den können.

Eines der zentralen Ziele eines allgemeinen interreligiösen Dialogs ist die „gemeinsame Suche nach der Wirklichkeit über die empirisch vorfindbare Wirklichkeit“bzw. die Su- che nach dem „Transzendenten, dem Ultimativen, nach Gott“.17 Weiterhin sei das Ziel des Dialogs für pluralistische Religionstheologen die gemeinsame Suche nach Wahr- heit, wobei Angehörige verschiedener Religionen miteinander in einen Dialog treten, um zu lernen und sich gegenseitig zu bereichern, das Eigene zu entdecken, die eigene Religiosität zu vertiefen und zu erweitern.18

Wirft man nun den Blick auf den interreligiösen Dialog und seine Umsetzung in der Schule, so richtet er sich, nach Ziebertz, auch in der Schule an Schülerinnen und Schü- ler, die die Frage zumindest nicht für überflüssig halten, „in und mit sich selbst die Er- fahrung einer anthropologischen Verwiesenheit auf Transzendenz zu entdecken“.19 Weiterhin soll der Dialog dazu beitragen die christliche Religion selbst zu erkunden, sowie Kenntnisse über nicht-christliche Religionen in Erfahrung zu bringen. Für ihn sind Ziele des interreligiösen Lernens der Dialog mit anderen Religionen, ein wechsel- seitiges Kennen- und Verstehen-Lernen, eine Anbahnung von Toleranz, die Entdeckung von Gott und die Begegnung miteinander. Fähigkeiten wie das Aufdecken-können von Differenz, mit ihr umzugehen, sie generell zu erfahren und das Wechseln-können von Perspektiven sollen durch interreligiöses Lernen entstehen.20

In diesem Zusammenhang hebt Ziebertz vor allen Dingen die Fähigkeit, Perspektiven zu wechseln, hervor, die „ein entscheidendes Prinzip interreligiösen Lernens (ist), um Differenzen zu bearbeiten“.21 Einerseits gehe es darum eine „Ich-Perspektive“zu entwi- ckeln, was zugleich Basisaufgabe des Unterrichts ist, und andererseits soll durch das Bemühen um ein Verständnis der Religionen eine „Es-Perspektive“mit eingeschlossen werden. Er erwähnt zuletzt, dass es in einem interreligiösen Lernprozess um gegenseiti- ges Verstehen, Toleranz und Respekt geht. Gleichzeitig aber auch um Selbst-Reflexion und Selbstkritik.22

Neben Ziebertz betont auch Nipkow bezüglich der Ziele interreligiösen Lernens, dass das bekannte Bildungsziel, zu mehrseitiger ‚Perspektivenübernahme‘ zu befähigen, für die Ausbildung interreligiösen Urteilsvermögens unerlässlich ist.23 Weiterhin formuliert Nipkow das Bildungsziel der religiösen Selbstständigkeit, welches es anzustreben gilt.24 Es geht bei interreligiösem Lernen darum, zu ‚Verstehen‘. Zusätzlich muss, so Nipkow, das Gemeinsame inmitten der Differenz gestärkt werden. Für das bereits von Zieberts formulierte Ziel, die christliche Religion selbst zu erkunden, liefert Nipkow die Begrün- dung, dass ein Resonanzboden geschaffen werden muss, um „das Fremde im Eigenen anzubahnen“.25 Andere Leit- bzw. Bildungsziele sieht er in der „Anerkennung des An- deren durch Erziehung zur Aufmerksamkeit und Achtung“, in der Ausbildung einer, von Ziebertz bereits angesprochenen „starken, aktiven Toleranz“. Zudem sieht er Ziele in Verhaltensänderungen und anzubahnenden Handlungsbereitschaften, die in seinen Augen am schwierigsten zu erreichen sind, und in einer entwicklungsgemäßen Abstim- mung von Vertrautmachen und Distanznahme, Selbst- und Fremdreferenz.26

Die oben angesprochenen Gedanken der „Ich-Perspektive“und der Ausbildung von Selbstständigkeit können insofern als ein vereintes Ziel zusammengefasst werden, als das Ziel interreligiösen Lernens in der Entwicklung von Identität und Mündigkeit gese- hen wird, sowohl in der eigenen, als auch in der fremden Religion, wie es bei Richard Schlüter der Fall ist.27

Die bisher angesprochenen Ziele interreligiösen Lernens beziehen sich zwar größten- teils auf den schulischen Kontext, können aber nicht gleichzeitig für alle Schulformen realisierbar sein. „Ziele interreligiösen Lernens sind entwicklungspsychologisch zu durchdenken“,28 heißt es bei Ziebertz. Er deutet damit an, dass Kinder in der Grund- schule aufgrund ihrer Entwicklungsvoraussetzungen nicht dieselben Ziele interreligiö- sen Lernens erreichen können, wie Schülerinnen und Schüler weiterführender Schul- formen.

Dietlind Fischer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es auf der Hand liege, dass Kinder in der Grundschule nicht den ‚Dialog der Religionen‘ führen und dann je- weils als Experten ihrer eigenen Religion diskursiv-argumentative Auseinandersetzun- gen um Wahrheitsansprüche führen können. Ziele für die Grundschule werden, so Fi- scher, in der Regel als vorbereitende, anbahnende oder tendenziell zu erreichende Ziele formuliert.29

Für die Grundschule werden in dieser Form folgende Ziele genannt: Beitrag zur Tole- ranz, zur Friedenserziehung, zur Begegnung mit dem Anderen, zum vergleichenden Austausch zwischen dem Eigenen und dem Fremden, zum Dialog und zur Konvivenz der Religionen. Die zu erreichenden Kompetenzen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Ein- stellungen wurden bisher eher zurückhaltend formuliert. Fischer sieht weitere Ziele in- terreligiösen Lernens in der Grundschule darin, aus Erfahrung und Begegnung mit Per- sonen der verschiedenen Konfessionen und Religionen im Unterricht zu lernen, mit re- ligiöser Differenz im Alltag umzugehen, sich in Verständigung und Deutung zu üben und die Bedeutsamkeiten der religiösen Orientierung zu begreifen.30 Abschließend lassen sich folgende Stichworte festhalten, die bei dem Versuch, Ziele interreligiösen Lernens zu definierten, aufgetaucht sind: Kontextabhängigkeit, Suche nach Wahrheit, das Eigene und das Fremde, Differenz, Begegnung, Verstehen, Tole- ranz, Respekt/ Achtung/ Anerkennung, Perspektivenwechsel und Identität.

3. Gesellschaftlicher Wandel und die damit verbundenen Konsequen- zen

Nachdem der Gehalt interreligiösen Lernens aufgezeigt wurde, geht es nun darum dar- zulegen, warum interreligiöses Lernen in der Schule notwendig ist. Dabei steht in die- sem Kapitel der Gedanke im Mittelpunkt, den Blick intensiver auf die Grundschule zu werfen, indem aufgezeigt wird, welche Bedeutung und Auswirkungen der gesellschaft- liche Wandel hin zu einer religiösen Pluralität auf die Lebenswelt der Kinder hat und was das für die Situation in der Grundschule bedeutet. Es soll zudem dargelegt werden, welche religionsdidaktischen Aufgaben sich aus dem Wandel ergeben.

3.1 Religiöse Pluralität

Religiöse Pluralität wird „wesentlich durch die Präsenz von nicht-christlichen Religionen und Religionsgemeinschaften in Deutschland bestimmt“31 und ist ein „wesentliches Charakteristikum unserer religiösen Gegenwartssituation“.32

Wirft man den Blick ein paar Jahrzehnte zurück, so lässt sich feststellen, dass die einst religiös sehr homogene christliche Gesellschaft längst nicht mehr so homogen ist, wie sie einmal war. Martin Affolderbach verweist darauf, dass sich in den zurückliegenden Jahrzehnten insbesondere durch die verstärkten Migrationsbewegungen eine neue reli- giöse Vielfalt in Deutschland herausgebildet hat. Vor allem der Islam wird als eine „neue […] zugewanderte Religion in Deutschland wahrgenommen“.33 Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn die Muslime stellen, so Barbara Asbrand, „die größte der nicht-christlichen Religionsgemeinschaften dar.“34

[...]


1 ZIEBERTZ, Hans-Georg: Interreligiöses Lernen und die Pluralität der Religionen. In: SCHWEITZER, Friedrich u. a. (Hrsg.): Entwürfe einer Pluralitätsfähigen Religionspädagogik. Religionspädagogik in pluraler Gesellschaft. Band 1. Freiburg 2002, 121-143, hier: 123.

2 FISCHER, Dietlind: Interreligiöses Lernen in der Grundschule. In: SCHREINER, Peter/ SIEG, Ursula/ ELSENBRAST, Volker (Hrsg.): Handbuch Interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, 453-464, hier:461.

3 Vgl. TWORUSCHKA, Udo: Weltreligionen im Unterricht oder Interreligiöses Lernen? In: VAN DER VEN, Johannes A./ZIEBERTZ, Hans-Georg (Hrsg.): Religiöser Pluralismus und Interreligiöses Lernen. Weinheim 1994, 171-196, hier: 179.

4 Vgl. Duden: „interreligiös“, http://www.duden.de/rechtschreibung/interreligioes (Stand: 27.05.2011).

5 Vgl. RÖTTING, Martin: Interreligiöses Lernen im buddhistisch-christlichen Dialog. München 2006, 21.

6 Vgl. LÄHNEMANN, Johannes: Religionsunterricht und interreligiöses Lernen. 2008, http://www.theo- web.de/zeitschrift/ausgabe-2008-02/4.pdf (Stand: 27.05.2011), 36.

7 Vgl. TWORUSCHKA, Udo: Weltreligionen im Unterricht oder Interreligiöses Lernen, 172.

8 Vgl. LÄHNEMANN, Johannes: Religionsunterricht und interreligiöses Lernen, 36.

9 Ebd.

10 NIPKOW, Karl Ernst: Ziele Interreligiösen Lernens als mehrdimensionales Problem. In: VAN DER VEN, Johannes A./Ziebertz, Hans-Georg (Hrsg.), Religiöser Pluralismus und Interreligiöses Lernen. Weinheim 1994, 197-232, hier: 197.

11 Vgl. ASBRAND, Barbara/ SCHEUNPFLUG, Annette: Zum Verhältnis zwischen interreligiösem, interkulturellem, ökomenischem und globalem Lernen. In: SCHREINER, Peter/ SIEG, Ursula/ ELSENBRAST, Volker (Hrsg.): Handbuch Interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, 269-278, hier: 274.

12 BAUMANN, Ulrike: Akteure interreligiösen Lernens. In: SCHREINER, Peter/ SIEG, Ursula/ ELSENBRAST, Volker (Hrsg.): Handbuch Interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, 398-408, hier: 204.

13 Vgl. WEIßE, Wolfram: Interreligiöses Lernen in unterschiedlichen religionspädagogischen Kontexten. In: SCHREINER, Peter/ SIEG, Ursula/ ELSENBRAST, Volker (Hrsg.): Handbuch Interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, 424-433.

14 Vgl. ASBRAND, Barbara: Zusammen leben und lernen im Religionsunterricht. Eine empirische Studie zur grundschulpädagogischen Konzeption eines interreligiösen Religionsunterrichts im Klassenverband der Grundschule. Frankfurt (Main) 1999, 154.

15 Vgl. SCHLÜTER, Richard: Methoden des interreligiösen Lernens: Grundsätzliche Überlegungen. In:
SCHREINER, Peter/ SIEG, Ursula/ ELSENBRAST, Volker (Hrsg.): Handbuch Interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, 556-566, hier: 560.

16 Vgl. ASBRAND, Barbara: Zusammen leben und lernen im Religionsunterricht, 197.

17 ZIEBERTZ, Hans-Georg: Interreligiöses Lernen und die Pluralität der Religionen, 143.

18 Vgl. ASBRAND, Barbara: Zusammen leben und lernen im Religionsunterricht, 155.

19 ZIEBERTZ, Hans-Georg: Interreligiöses Lernen und die Pluralität der Religionen, 128.

20 Vgl. ebd., 128ff.

21 Ebd., 136.

22 Vgl. ebd., 137.

23 Vgl. NIPKOW, Karl Ernst: Ziele Interreligiösen Lernens als mehrdimensionales Problem, 371.

24 Vgl. ebd., 367.

25 Ebd., 372.

26 Vgl. ebd., 372ff.

27 Vgl. SCHLÜTER, Richard: Methoden des interreligiösen Lernens, 560.

28 NIPKOW, Karl Ernst: Ziele Interreligiösen Lernens als mehrdimensionales Problem, 375.

29 Vgl. FISCHER, Dietlind: Interreligiöses Lernen in der Grundschule, 460.

30 Vgl. ebd.

31 ASBRAND, Barbara: Zusammen leben und lernen im Religionsunterricht, 10.

32 ENGLERT, Rudolf: Dimensionen religiöser Pluralität. In: SCHWEITZER, Friedrich: Entwürfe einer Plura- litätsfähigen Religionspädagogik. Religionspädagogik in pluraler Gesellschaft. Band 1. Freiburg 2002, 17-50, hier: 17.

33 Vgl. AFFOLDERBACH, Martin: Migration, Religion und Bildung – national und international. In: SCHREINER, Peter/ SIEG, Ursula/ ELSENBRAST, Volker (Hrsg.): Handbuch Interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, 70-84, hier: 73.

34 ASBRAND, Barbara: Zusammen leben und lernen im Religionsunterricht, 11.

Fin de l'extrait de 37 pages

Résumé des informations

Titre
Interreligiöses Lernen in der Grundschule
Sous-titre
Bedingungen und Grenzen
Université
University of Münster
Note
1,7
Auteur
Année
2011
Pages
37
N° de catalogue
V205075
ISBN (ebook)
9783656314813
ISBN (Livre)
9783656316527
Taille d'un fichier
587 KB
Langue
allemand
Mots clés
interreligiöses, lernen, grundschule, bedingungen, grenzen
Citation du texte
Mareike Janßen (Auteur), 2011, Interreligiöses Lernen in der Grundschule , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205075

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