Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Der Autor
III. Die Aeneis
IV. Die Aeneis und Augustus
V. Die Mythologie der Aeneis
VI. Schlussbetrachtung
Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Das Rom des ersten Jahrhunderts vor Christus war gezeichnet durch ein Leiden der Republik, welches dann um die Jahrhundertmitte durch Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.) beendet worden war. Nach den Iden des März 44 v. Chr. begann Augustus den Kampf gegen die Mörder des Adoptivvaters und nach erfolgreicher Beendigung der Vendetta und Wiederherstellung der pietas,1 begann Augustus bedeutende restaurative Maßnahmen in Rom. Er veranlasste große Schenkungen, begann viele Baumaßnahmen und sorgte für seine Veteranen.2 Am 13. Januar 27 v. Chr. legte Augustus sogar seine außerordentlichen Vollmachten nieder und gab dem Senat die Verfügungsgewalt über die res publica zurück.3 Auch wenn man sich in der Forschung einig ist, dass er dies nur tat, um zu vermeiden, dass er die gleichen Fehler wie sein Vater begeht, war er sich dennoch der Tatsache bewusst, dass ihm im Vertrauen des Volkes ähnliche Vollmachten wiedergegeben werden würden, woraus dann auch das Prinzipat entstand.4 Diese allgemeine Schilderung der Situation jener Zeit soll auch die Umstände verständlich machen, welche das Wirken vieler Gelehrter und Schriftsteller beeinflussten. Der Protagonist dieser Arbeit, Vergil (70 – 19 v. Chr.), lebte in dieser Zeit und war ein Zeitgenosse Augustus’. Vergil wurde schon vor den Arbeiten an der Aeneis von Augustus’ Taten inspiriert und beeinflusst. Als Augustus 36 v. Chr. Dem Räuberunwesen in Italien ein Ende bereitete und begann die Verhältnisse zu ordnen, brachte diese Entwicklung Vergil dazu, seinen Friedenshoffnungen bereits in der Georgia Ausdruck zu verleihen.5 In seinem letzten großen Werk, der Aeneis, sollte sogar auftragsgemäß ein Augustuskult verarbeitet werden und in die mythologischen Zusammenhänge eingeflochten werden.
Diese Arbeit soll sich mit der Einbindung eines Augustuskultes in die Aeneis beschäftigen. Zudem soll die mythologische Bedeutung des Werkes und sein Wert für die römische Gesellschaft betrachtet werden. Welche Rolle spielte Augustus in der Aeneis und welcher metaphorischer Vergleich verbirgt sich für die römische Kultur darin?
Hierzu wird zunächst der Autor näher behandelt und sein Verhältnis zu Augustus. Anschließend wird das Werk untersucht, wobei hier weniger Wert auf die Handlung gelegt wird, sondern mehr auf die Bedeutung.
II. Der Autor
Vergilius P. Maro wurde am 15.10.70 v. Chr. geboren und verstarb am 21.09.19 v. Chr..
Er war ein Zeitgenosse Caesars und Augustus’. Er besaß größeren Reichtum und eine Villa in Rom und hatte somit den Sozialstatus eines Ritters inne. Zudem hatte er auch persönliche Bekanntschaft mit Augustus.6 Vergil verfasste drei große Werke: Die Bucolica, die Georgia und die Aeneis. Die Bucolica berichtet von Hirtenliedern, die Georgia erzählt über das Bauerntum und u.a. dem Vorgehen beim Bewirtschaften der Felder, und die Aeneis vom Schicksal des Aeneas, welcher mit den letzten Trojanern aus der von den Griechen zerstörten Stadt floh. Demnach herrscht bei den Schaffungen Vergils eine dreigliedrige Steigerung vor. Seine eigene Grabinschrift in Neapel verrät: „ [...] cecini pascua rura duces“7 Diese Klimax der Werke sollte eine Stufenweise Erfassung verschiedener Daseinskreise sein.8 Allgemein gilt für Vergil folgende Charakterisierung: „ [...] die Sympathie, oft geradezu Besorgtheit für Mensch, Tier und Pflanze; der geradezu schwermütige Ernst und die damit gepaarte Pathetik; das Suchen nach Sinn; die Religiosität; die Liebe zur Heimat; das Gefühl für Farben; das Interesse an Kunstobjekten; die unaufdringliche allseitige Bildung, v.a. Belesenheit, das alexandrinische Streben nach Formvollendung und Intertextualität; die Klarheit, Musikalität und Eleganz der Sprache [und] die Ausgeglichenheit der Metrik“.9
Die bereits genannte Bekanntschaft zwischen Augustus und Vergil, sowie die Tatsache das Vergil Augustus in seinem Werk verewigte, lässt folgern, dass Augustus ein großer Financier des Vergil war und eine Freundschaft bestand. Unser Schriftsteller begleitete den Herrscher auch auf einer Heimreise nach Rom, auf welcher er in Brundisium verstarb.10 Vergil forderte, die unvollendete Aeneis nach seinem Tode zu vernichten. Augustus wusste dies jedoch zu verhindern, wie Plinius d. Ä. (ca. 23 – 79 n. Chr.) berichtet: „Der Divus Augustus verbot, die Werke Vergils, entgegen der in dessen Testament ausgesprochenen geringen Selbsteinschätzung, zu verbrennen, und so ist dem Dichter ein besseres Zeugnis zuteil geworden als er seinen Schriften selbst zuerkannt hätte.“11 Ohne dieser Missachtung des letzten Willens Vergils wäre der Nachwelt dieses wichtige Zeugnis nicht erhalten geblieben.
Vergil fand zudem in der gesamten römischen Welt hohe Anerkennung und Wertschätzung. So wird er als größter Dichter nach Homer gefeiert und Quintilian (35 – 96 n. Chr.) ist sich z. B. sicher, dass Vergil mindestens noch zum ersten Rang avancieren würde: „Vergile, dit-il, est le second, mais plus prés du premier rang que du troisème.“12 Properz (ca. 48 v. Chr. – ca. 15 v. Chr.) setzt jedoch Vergil und seine Aeneis über alles was je da gewesen war und noch kommen würde: „Preise Virgil mit dem Aktischen Strand, wo Phoebus die Wacht hält, Caesars Geschwader im Sang, das sich so tapfer bewährt; Treibt er doch jetzt schon das Heer des Troers Aeneas zum Kampfe, Kündet die Gründung der Stadt an dem Lavinischen Strand. Weicht nun, ihr Dichter von Rom, und weicht auch ihr, die von Hellas, etwas Größres ersteht, als es die Ilias ist.“13 Hieraus wird ersichtlich welche Kompetenz dem Vergil zugerechnet wird und welche Hoffnungen man in ihm setzt, in seinem neuen Werk ein lebendiges Schauspiel der schon lange bekannten Sage14 zu erhalten. Properz macht uns damit auch deutlich, dass die Aeneis sich noch im Kopf des Dichters befindet und noch nicht (völlig) zu Papier gebracht worden ist. Demnach war es durchaus bekannt das Vergil an einem solchen Projekt arbeitete. Man könnte diesen Gedanken weiterführen und vermuten, dass diese Popularität des im entstehen begriffenen Werkes nicht allein der Beliebtheit des Autors zuzurechnen ist, sondern wohl auch der Größe seines Auftraggebers und Unterstützers Augustus.
III. Die Aeneis
Die Aeneis beschreibt die Flucht der Trojaner aus ihrer Stadt, welche von den Griechen zerstört wurde. Der Protagonist heißt Aeneas, nach welchem das Werk benannt wurde. Die Trojaner befinden sich auf der Suche nach einer in Orakeln und Prodigien verheißenen neuen Heimat, Latium am Tiber.15 Wie zuvor von Augustus berichtet wurde, welcher die pietas wiederhergestellt hat, ist auch das Pflichtgefühl des Aeneas eine wichtige charakteristische Eigenschaft, denn seine Verpflichtung ist es den fata zu dienen, welche ein weltbeherrschendes Rom wollen.16 Aeneas und seine Gefolgsleute geraten auf eine langandauernde Irrfahrt und müssen in ihrem Ablauf viele Abenteuer bestehen. Insgesamt irren sie 12 Jahre durch das Mittelmeer.
[...]
1 pflichtgemäßes Verhalten gegenüber Göttern, Familie und Ahnen.
2 KIENAST, Dietmar: "Augustus."Der Neue Pauly. Herausgegeben von: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte) . Brill, 2010. Brill Online. UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG. 13 March 2010
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Ebd.
6 CANCIK / SCHNEIDER: Der Neue Pauly. Art.: Vergilius Maro, P.. (2003). S. 42.
7 BAYER, Karl: Suetons Vergilvita. Versuch einer Rekonstruktion. Tübingen (2002). S. 272: „Ossa eius Neapolim translata sunt tumuloque condita, qui est via Puteolana intra lapidem secundum, in quo distichon fecit tale: Mantua me genuit, Calabri rapuere, tenet nunc Parthenope, cecini pascua rura duces.”
8 CANCIK / SCHNEIDER: Der Neue Pauly. Art.: Vergilius Maro, P.. (2003). S. 43 f..
9 Ebd.
10 KIENAST: "Augustus."Der Neue Pauly. Brill Online 2010.
11 Plin. Nat. 7, 114.
12 Qunit. Inst. 10,1,86.
13 Prop. 2,34,65.
14 CANCIK / SCHNEIDER: Der Neue Pauly. Art.: Vergilius Maro, P.. (2003). S. 50: „Da die variantenreiche Aeneas-Sage schon lange vor V. fest zur histor. Trad. Für die Vorgeschichte Roms gehörte.“
15 Ebd. S. 49.
16 Ebd. S. 50.