Die Darstellung des Gnaeus Pompeius Magnus in Caesars "bellum civile"

Propaganda oder Geschichtsschreibung?


Trabajo, 2012

33 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Gliederung

1. Vom meisterhaften Heerführer Roms zum Auslaufmodell der Republik. Eine Hinführung zur Darstellung des Gnaeus Pompeius Magnus in Caesars bellum civile

2. Caesars Beschreibung des Pompeius vor Kriegsbeginn
2.1 Caesars Beantwortung der Kriegsschuldfrage zu Beginn des bellum civile
und einleitende Charakterisierung des Pompeius
2.2 Die Kriegsschuldfrage aus Sicht der modernen Geschichtswissenschaft

3. Zwei wesentliche Leitmotive der Darstellung
3.1 Die Friedensbemühungen Caesars als Leitmotiv der Erzählung
3.2 Pompeius’ Vermeidung einer Entscheidungsschlacht als Leitmotiv der Erzäh- lung

4. Die Darstellung der militärischen, charakterlichen und diplomatischen Fähigkeiten
4.1 Pompeius im Schlachtfeld: Caesars Darstellung der militärischen Erfolge des Pompeius: Schlachtenglück und feldherrliche Fähigkeiten
4.2 Pompeius in zivil: Caesars Darstellung des Charakters und der diplomatischen Fähigkeiten des Pompeius

5. Caesars Methode der historischen Deformation

6. Propaganda oder historische Wahrheit? Eine abschließende Betrachtung zur Darstellung des Pompeius Magnus in Caesars Kommentaren vom Bürgerkrieg

1. Vom meisterhaften Heerführer Roms zum Auslaufmodell der Republik - Eine Hinführung zur Darstellung des Gnaeus Pompeius Magnus in Caesars „ bellum civile “

Durch seine großen Verdienste um das römische Reich wie den Siegen in den Kriegen gegen die Piraten im Mittelmeer, gegen die Parther, gegen Mithridates oder zusammen mit Crassus gegen Spartacus errang sich Gnaeus Pompeius Magnus (106-48 v. Chr.) den Ruf eines meisterhaften, wenn nicht des fähigsten Heerführers seiner Zeit. Doch im letzten seiner zahlreichen Kriege, als Befehlshaber einiger Legionen des Senats im Bürgerkrieg gegen Caesar, erwies sich der ehemals größte aller römischen Feldherren in Caesars Darstellung „Commentarii Belli Civilis“ eher als Schatten seiner selbst, bestenfalls noch als „Auslaufmodell“[1]. Betrachtet man diese negative, ja geradezu ins Gegenteil des bis dato vorherrschenden Bildes verkehrte Darstellung des Pompeius und bedenkt man, dass Caesar als Sieger dieses Konflikts das Geschichtsbild entscheidend prägte, so muss Caesars Darstellung des Pompeius mit Vorsicht genossen werden. Durchaus betrieben Caesar und Pompeius gleichermaßen neben dem bewaffneten Konflikt auch einen Propagandakrieg[2], und die drei Bücher über den Bürgerkrieg sind unter anderem die Ausführungen der caesarischen Propaganda. Propaganda bezeichnet, im Gegensatz zum militärischen Krieg, den Kampf mit Worten, die Beeinflussung mittels aggressiver, nicht zwingend wahrheitsgemäßer politisch motivierter Agitation. Doch handelt es sich beim bellum civile tatsächlich um eine reine Propagandaschrift? Nicht zu leugnen ist jedenfalls die besondere Aufmerksamkeit, die Pompeius im bellum civile zuteil wird: Keiner der beschriebenen Akteure wird derart facettenreich charakterisiert wie Pompeius, der von Caesar neben seiner eigenen überdies zur Hauptfigur stilisiert wird, zum Oberfeldherrn des Senats erklärt. Doch existierte eine solche Position überhaupt? Diese Frage und die nach dem Wesen der Kommentarien werden durch die vorliegende Arbeit leiten. Die Berücksichtigung dieser übergeordneten Fragen wird dabei helfen, Caesars Charakterisierung des Pompeius sowie dessen Stilisierung zum Alleinschuldigen am Kriegsausbruch zu begreifen und auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Aufbauend auf die Kriegsschuldfrage und die Darlegung der Leitmotive in der Darstellung des Pompeius werden Caesars Bewertungen der militärischen und diplomatischen Aktionen des Pompeius dargestellt. Schließlich werden diese zusammen mit der Durchdringung der von Caesar genutzten propagandistischen und historisch-deformierenden Methoden dabei helfen, ein umfassendes Bild des Pompeius in Caesars Kommentarien zu erlangen, welches die Fragen beantwortet, inwieweit Caesar in seinen Kommentarien der Person des Pompeius gerecht wird und ob Pompeius von Caesar propagandistisch oder historisch akkurat präsentiert wird.

Caesars Darstellung des Pompeius wird fast ausschließlich auf Grundlage der Quelle präsentiert. Für tiefergehende moderne Interpretationen liegen ein umfassender Forschungsstand und damit eine umfangreiche Auswahl an klassischer wie moderner Literatur vor. Als Grundlage der modernen Interpretation dienen die Kommentare des Herausgebers in der Textfassung der Primärquelle von Schönberger. Einen Einstieg in eine tiefergehende Interpretation bieten die aktuellen und thematisch mit der vorliegenden Hausarbeit eng verwandten Arbeiten von Heller und von Graé. Des Weiteren werden vor allem die Thesen der renommierten Althistoriker Barwick, Gelzer und Raaflaub kritisch überprüft.

Die Arbeit thematisiert schwerpunktmäßig die Herleitung der Darstellung des Pompeius aus den politischen Zielen Caesars und dokumentiert deren Umsetzung anhand der literarischen und inhaltlichen Methoden, die im bellum civile zur Anwendung kommen.

2. Die Involvierung des Pompeius in die Kriegsschuldfrage

2.1 Caesars Beantwortung der Kriegsschuldfrage zu Beginn des bellum civile und einleitende Charakterisierung des Pompeius

Obwohl Caesar dies im bellum civile nie explizit erwähnt[3], ist gerade die Frage nach der Schuld am Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen Caesar und dem Senat eine der zentralen, wenn nicht die Kernfrage des bellum civile, auf die in gewisser Weise sämtliche Schilderungen Caesars zugeschnitten sind. Ottmer bezeichnet es als das zentrale Hauptanliegen Caesars, sich im bellum civile von der Schuld, den katastrophalen Bürgerkrieg ausgelöst zu haben, freizusprechen[4]. Es war das Hauptziel Caesars, zu zeigen, dass er im Gegensatz zu seinen unrömisch agierenden Gegnern im Recht und das seine Sache die bessere sei.[5] Wohl aus diesem Grund widmet sich Caesar gleich von Beginn an in den ersten Kapiteln des ersten Buches ausführlich mit dieser Frage und kommt nach etwa zehn Kapiteln zu einer aus seiner Sicht eindeutigen Antwort. Die Beantwortung der Kriegsschuldfrage durch Caesar sowie die Vorstellung und einleitende Charakterisierung seines Hauptwidersachers Pompeius fallen somit inhaltlich zusammen. Caesar wirft Pompeius vor, den Senat am 1.1.49 mit Waffengewalt dazu zu drängen und auf diesen terror[6] auszuüben, um eine sententia des Scipio, die Caesar als Kriegserklärung an ihn wertet, zu billigen, denn Pompeius habe im Umland von Rom Truppen stationiert.[7] Pompeius wird somit gleich zum Eingang als eine Art Besatzer Roms vorgestellt. Als „infamia[8] und „iniqua[9] bezeichnet Caesar diese in seinen Augen herrschsüchtigen Pläne und Handlungen des Pompeius im Januar. Pompeius selbst hat an den Senatssitzungen übrigens nicht teilnehmen können, da er sich als Feldherr außerhalb des pomerium aufhalten musste[10], doch dafür lud er nach Sonnenuntergang den Senat zu sich in sein Haus ein, um auf illegal anmutende Weise selbst am Verhandlungstisch Platz nehmen zu können. Am Folgetag verhandelte der Senat sogar zwar rechtmäßig, aber ungewöhnlicherweise außerhalb der Stadt, damit Pompeius an der Sitzung teilnehmen konnte.[11] Caesar kritisiert die große Zahl persönlicher Freunde, die Pompeius zu dieser okkulten Sitzung eingeladen habe und welche durch ihr Geschrei den Senat in Angst und Schrecken versetzten.[12] Als Grund für Pompeius' Verhalten nennt Caesar dessen Eitelkeit, niemand solle an Ansehen mit ihm auf einer Stufe stehen: „neminem dignitate secum exaequari volebat[13]. Laut dieser Textstelle sei es der treulose Pompeius gewesen, der die jahrelange Freundschaft mit Caesar aufgekündigt habe, um sich mit ehemals gemeinsamen Feinden auszusöhnen. Als schließlich beschlossen wurde, zur Finanzierung von Pompeius' Rüstungen gegen Caesar die Staatskasse zu öffnen, und die dagegen protestierenden Volkstribunen mit Waffengewalt vertrieben wurden[14], sah Caesar sich nach eigener Aussage gezwungen, gegen die „iniuria[15] der optimatischen Minderheit im Senat und insbesondere gegen das Unrecht des Pompeius' vorzugehen. Aus einem Streit zwischen Caesar und Pompeius bzw. den Optimaten um persönliche dignitas entstand durch diese Darstellung ein staatsbedeutender Konflikt um die Libertas der res publica.[16] In einem Vergleich zeigt Caesar auf, dass Pompeius und die Optimaten in ihren Maßnahmen gegen die Volkstribunen das Recht noch heftiger gebogen haben als derzeit Sulla[17], mit diesem zu vergleichen sich Konsul Lentulus rühmt[18], wodurch das Bild einer optimatischen Militärdiktatur unter Führung des Pompeius gezeichnet wird. So verbinde Pompeius seine Person mit dem Staatswesen.[19] In der Lektüre scheint einem, Caesar sei der Verlust seiner zwei Legionen für den Partherkrieg an Pompeius, also der persönliche Aspekt des Streites, weit weniger tragisch als die Verletzung der sakrosankten Rechte der Volkstribunen. Zwar betont Caesar, Pompeius sei von den halblegal agierenden Optimaten verdorben und auf den falschen Weg[20] verführt worden[21], durch „invidia atque obtrectatione[22] sei er zu den Waffen gerufen worden, doch macht er ebenso deutlich, dass Pompeius durch die Aufkündigung der engen Beziehung zu Caesar die Eskalation des Konflikts billigend in Kauf genommen habe.[23] Pompeius trägt damit in zweifacher Hinsicht die Schuld an der Katastrophe: Sowohl auf der persönlichen Ebene, indem er Caesar in einer für diesen aussichtlosen Situation mit dem Rücken an die Wand gestellt habe, und als Politiker durch die Frevel an den Volkstribunen. Caesar selbst wird in seiner Darstellung somit von der Schuld am Waffengang freigesprochen, er habe als aufrechter Staatsbürger kaum anders auf diese himmelschreienden Ungerechtigkeiten reagieren können.[24] Auch durch die Ablehnungen aller Friedensangebote, Vier-Augen-Gespräche und Vergleiche, mit denen Caesar die controversiae beilegen will und die er daher in großer Zahl an Pompeius sendet[25], untermauert Caesar seine Position und unterstellt Pompeius durch seine Ablösung von Caesar eine gewisse Eigensucht[26] und Kriegslüsternheit.[27] Sogar die übrigen Mitglieder des Kriegsrates soll Pompeius durch einen wutentbrannten Ausruf an der Aufnahme von Friedensverhandlungen gehindert haben.[28] Gewissermaßen als Kronzeuge, da eigentlich aus dem Lager des Pompeius stammend, lässt Caesar Cato auftreten, der Pompeius vorwirft, einen vollkommen unnötigen Streit mutwillig vom Zaun gebrochen zu haben.[29] Man beachte: Ist der Waffengang der Optimaten gegen Caesar unnötig (was in dieser Stelle ein Optimat selbst zugibt), so kann Caesar auch kaum als Staatsfeind bezeichnet werden![30] Der Gesamtheit der Optimaten gibt Caesar also allenfalls die Teilschuld, den ersten Impuls zum Kriegsausbruch gegeben zu haben, wobei er vor allem Metellus Scipio für das Ultimatum gegen Caesar im Senat und damit effektiv für eine Kriegserklärung verantwortlich sieht.[31] Pompeius hingegen habe, obwohl von den Optimaten verführt, maßgeblich und in Eigeninitiative die entscheidenden Handlungen zur Mobilisierung vorangetrieben, sich dazu durch persönliche Teilnahme an den Senatssitzungen die nötigen Befugnisse beschafft.[32] Inwieweit diese einseitige und daher gewiss propagandistisch motivierte Darstellung der Lage zu Kriegsbeginn unter Berücksichtigung der heutigen Forschungslage relativiert werden muss oder ob die Frage sogar komplett anders zu beantworten ist, ist Gegenstand des folgenden Teilkapitels.

2.2 Die Kriegsschuldfrage aus Sicht der modernen Geschichtswissenschaft

Eigentliches Ziel dieser Arbeit ist es, die Darstellung des Pompeius in Caesars bellum civile aufzuzeigen. Die in diesem Werk so zentrale Frage nach der Schuld am Ausbruch des Bürgerkrieges macht es allerdings unumgänglich, diese in einem eigenen Kapitel kritisch und unter Berücksichtigung und Bewertung weiterer Darstellungen zu hinterfragen. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen guten Einblick in den Aufbau caesarischer Propaganda.

Betrachtet man alleine schon Caesars Bemühen, gegen römisches Wahlrecht eine Teilnahme an der Konsulwahl des Jahres 50 v. Chr. zu erwirken[33], um sich seiner Verantwortung für sein gesetzeswidriges Handeln in seinem letzen Konsulat 59 v. Chr. zu entziehen, so kann der Ausbruch des Bürgerkrieges wohl kaum die Schuld eines einzigen Mannes sein, der auf die Einhaltung des mos maiorum pocht. Vielmehr handelt es sich beim römischen Bürgerkrieg zwischen Caesar und dem Senat um den Angriff eines putschenden Prokonsuls[34] gegen die Rechtsordnung des römischen Reiches. Die moderne Geschichtswissenschaft sieht im Brief Caesars an den Senat[35] quasi eine Art Ultimatum, beanspruchte Caesar damit doch eine Gleichstellung seiner Person mit der des Pompeius.[36] Caesar indes war sich sehr wohl bewusst, wie er auch schreibt, dass Pompeius an Würde und Ansehen niemanden neben sich dulden werde[37]: Die Weise der Verhandlungen zu Beginn des Jahres 49 zeigt, dass es für Caesar nur darauf ankam, ohne weiteren Ehrverlust den Krieg zu beginnen.[38] In den Wochen zuvor habe Caesar durch die ihm treuen Volkstribunen jeglichen Senatsbeschluss verhindern lassen, um den so erpressten und in seiner Handlungsfähigkeit vollkommen gelähmten Senat zum senatus consultum ultimum förmlich zu drängen. Ausdrücklich gegen die Forderungen Caesars formuliert, entstand für Caesar eine persönliche Bedrohung, die er als Kriegserklärung Roms gegen ihn interpretierte. Hätte sich der Senat in dieser deutlichen Konfrontationspolitik[39] auf Kompromisse mit dem Putschisten eingelassen, hätte er unweigerlich sämtliche Autorität verspielt.[40] Gerade unter diesen Vorzeichen kann man Pompeius am allerwenigsten vorwerfen, nichts gegen den drohenden Waffengang unternommen zu haben: Dieser sei im Gegenteil der einzige zu umfangreichen Konzessionen[41] bereite Optimat gewesen. Pom-

peius war lange bemüht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen.[42] Es war vor allem der harte Kern unter den Optimaten unter Cato und Konsul Lentulus, die auf einer unnachgiebigen Position beharrten und Pompeius am Verhandeln mit dem Feind hinderten[43]: Pompeius wurde von der factio paucorum, den Konsuln und Caesar für ihre jeweilige Politik instrumentalisiert, wobei alle Beteiligten ihr Spiel mit ihm trieben. Auch Raaflaub sieht am allermeisten den unversöhnlichen Hauptagitator Cato in der Verantwortung für die Eskalation des Konflikts.[44] Die Schilderungen des senatorischen Kriegsrats[45] machen deutlich, dass Pompeius lediglich ein Feldherr unter mehreren war, dementsprechend auch keinen Rang eines Oberfeldherrn oder Oberbefehlshaber inne hatte[46] und somit keinesfalls die Befugnis besaß, die Gruppe betreffende Entscheidungen wie die über Friedensverhandlungen eigenmächtig zu fällen. Die Bemerkung Pompeius’, er könne nur mit den Konsuln gemeinsam Verhandlungen mit Caesar aufnehmen (Caes. civ. 1,26,5f.), ist also kaum als fadenscheinige Ausrede zu betiteln, auch wenn Veith[47] dies so sieht, die Hierarchie der senatorischen Truppen gebot ihm dies. Ein unbotmäßiges Hinwegsetzen über diese Struktur hätte ihn politisch unweigerlich ins Abseits gestellt[48]: Zu beobachten ist, dass Pompeius stets darauf bedacht war, sein Vorgehen legal abzusichern. Heller macht die Bereitschaft Pompeius’, sich in das System einzufügen und sich unterzuordnen, angesichts seiner persönlichen Bedeutung im Kriegsrat und unter der von Caesar gesuchten Bipolarität der beiden Feldherrn als zu großzügig ausgefallen aus.[49] Deutlicher werden Pompeius’ deeskalierende Bemühungen in Eigeninitiative jedoch, wenn man einen Brief Caesars an Cicero zu Rate zieht, der explizit erläutert, dass es Pompeius war, der bei Brindisi[50] die Initiative zu einem Gespräch mit Caesar ergriff[51] – freilich ohne Erfolg. Caesar stellt diesen Sachverhalt anders herum dar, er selbst habe um Gespräche gebeten. Caesar verschweigt hier bewusst eine für ihn unangenehme Wahrheit, ja verdreht sie propagandistisch ins Gegenteil. Außerdem darf bezweifelt werden, ob das offenbar nur bei Caesar überlieferte Zitat Catos, Pompeius habe einen unnötigen Streit vom Zaun gebrochen, historischen Ursprungs ist.[52] Was Pompeius allerdings vorzuwerfen ist, ist der Umstand, dass ein Feldherr mit solch mannigfaltigen Verdiensten wie Pompeius, ein dreifacher Triumphator, im Kriegsrat[53] weniger Senatoren seiner Position einfach mehr Ausdruck verleihen können muss. An dieser Stelle ist Caesar zuzustimmen, wenn er von Pompeius das Bild eines feigen, schwachen und leicht zu beeinflussenden Feldherrn zeichnet. Pompeius mangelte es an Autorität, seine Vorhaben in Rom und gegen die Konsuln durchzusetzen.[54] Pompeius' zu große Zuversicht, einen drohenden Waffengang dank seiner grob überschlagenen, ja falsch eingeschätzten zahlenmäßigen Überlegenheit schon irgendwie siegreich beenden zu können[55], kritisieren der Autor und Heller zu Recht.[56] Auch eine gewisse Machtgier kann Pompeius unterstellt werden, siehe seine Ernennung zum consul sine collega im Jahre 52[57], mit der sich Pompeius selbst im eigenen optimatischen Lager einige Widersacher schafft, die schließlich trotz vermutlich besserer Resultate sich Pompeius’ militärischen Plänen nicht anschließen.[58] Letztlich ist es schwer, einen Hauptschuldigen für den Kriegsausbruch verantwortlich zu machen, denn die Forderungen beider Seiten waren durchaus berechtigt, schlossen sich jedoch gegenseitig aus.[59] Aufgrund der Vielzahl an Fehltritten mehrerer optimatischen Persönlichkeiten[60] ist es kaum geboten, alleine Pompeius für den Kriegsausbruch verantwortlich zu machen. Auch Caesar ist für die schicksalhaften Veränderungen der politischen Lage im Januar 49 nicht alleine zur Verantwortung zu ziehen, erstrebten die Optimaten doch bewusst die totale Vernichtung der Persönlichkeit Caesars[61]: Die Schuld ist demnach bei allen Beteiligten gleichermaßen zu suchen, wobei das Ultimatum des Scipio und der Beginn der Kampfhandlungen durch Caesar lediglich Anfangs- und Endpunkt einer langen Reihe von gegenseitigen Aufstachelungen markieren.[62]

[...]


[1] Barwick, Karl: Caesars Bellum Civile. Tendenz, Abfassungszeit und Stil. Leipzig 1951 (=Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig; Philologisch-historische Klasse 99, Heft 1. S. 84f.). Dieses Zitat greift auch Heller auf in Heller, Christian: Sic transit gloria mundi. Das Bild von Pompeius Magnus im Bürgerkrieg. (=Pharos Studien zur griechisch-römischen Antike, Bd. 21). St Katharinen 2006. Auch Diss. Erlangen-Nürnberg 2004. S. 22.

[2] Gaius Iulius Caesar: Der Bürgerkrieg. Lateinisch-deutsch ed. Otto Schönberger. München, Zürich 1984. S. 374.

[3] Schönberger: Bürgerkrieg. S. 362.

[4] Ottmer, Hans-Martin: Die Rubikon-Legende. Untersuchungen zu Caesars und Pompeius' Strategie vor und nach Ausbruch des Bürgerkrieges. (=Wehrwissenschaftliche Forschungen Abteilung Militärgeschichtliche Studien, 26). Boppard am Rhein 1979. S. 98.

[5] Schönberger: Bürgerkrieg. S. 362.

[6] Caes. civ. 1,2,6

[7] ebd., 1,2,3

[8] ebd., 1,4,5.

[9] ebd., 1,11,1

[10] Nicht im Originaltext, daher nach Schönberger: Bürgerkrieg. S. 304.

[11] Caes. civ. 1,6,1.

[12] ebd., 1,3,5.

[13] Caes. civ. 1,4,4.

[14] ebd., 1,6,3. Die Drangsalierung der Volkstribunen hatte bereits zuvor Furcht hervorgerufen: ebd., 1,5,5.

[15] ebd., 1,7,1.

[16] Raaflaub, Kurt: Caesar the liberator? Factional politics, civil war, and ideology. In: Cairns, Francis: Caesar against liberty? Perpectives on his Autocracy. Papers on the Langford Latin Seminar 11. Cambridge 2003 (Arca 43). S. 35-67. Hier: S. 51-56.

[17] Caes. civ. 1,7,3f.

[18] ebd., 1,4,2.

[19] Heller: S. 15.

[20] ebd., 3,57,3: „errantem

[21] ebd., 1,7,1. Zitat: Schönberger: Bürgerkrieg. S. 305.

[22] Caes. civ. 1,7,1.

[23] Caesar nennt die Optimaten als ihm verfeindete Partei übrigens stets inimici, Intimfeinde (z.B. Caes. civ. 1,4,4), niemals hostes, Staatsfeinde.

[24] Caes. civ. 1,7,8.

[25] z.B. Caes. civ. 1,9,6; 10,4; 24,5. Zitat: ebd., 1,9,6. Das Phänomen der unablässigen Friedensbemühungen Caesars bis vor Pharsalos wird im Kapitel 3.1 Gegenstand näherer Untersuchungen sein.

[26] Caes. civ. 1,8,3f.

[27] Heller: Bild. S. 14. Diese Ansicht wird in Kapitel 3.2 angefochten.

[28] Caes. civ. 3,18,4. Bezeichnend ist, dass im nächsten Satz als Kontrast zum Feind der ungebrochene Friedenswille Caesars trotz dieses Rückschlages dokumentiert wird.

[29] ebd., 1,30,5.

[30] Heller: Bild. S. 14.

[31] Caes. civ. 1,2,6.

[32] Heller geht in Bild, S. 14, soweit, zu behaupten, Caesar habe Pompeius die alleinige Schuld am Kriegsausbruch zugeschrieben. Dies ist angesichts der Erwähnungen Caesars sowohl der unbestreitbaren Rolle der sententia des Scipio als auch der politischen Absichten des Lentulus allerdings zu radikal gedacht.

[33] Die Vorgeschichte zum Krieg legt recht anschaulich dar: Raaflaub: liberator. S. 35-37.

[34] Ottmer: Legende. S. 81.

[35] Caes. civ. 1,1f.

[36] Begriff „Ultimatum“ stammt von Schönberger: Bürgerkrieg. S. 303 und beschreibt die Verhältnisse treffend

[37] Caes. civ. 1,4,4.

[38] Diese These vertritt Schönberger: Bürgerkrieg. S. 79, doch hätte sich Caesar wohl auch mit einer reibungslosen Fortsetzung seiner politischen Karriere zufrieden geben können.

[39] Siehe das Ultimatum in Caes. civ. 1,1f.

[40] Schönberger: Bürgerkrieg. S. 75 und 82.

[41] In Caes. civ. in propagandistischer Weise an keiner Stelle verzeichnet, daher nach Heller: Bild. S. 253.

[42] ebd., S. 252.

[43] Christ, Karl: Pompeius. Der Feldherr Roms. Eine Biographie. München 2004.

S. 134; 140.

[44] Raaflaub: Liberator. S. 38-48.

[45] Caes. civ. 1,19,1.

[46] Holzapfel, L: Die Anfänge des Bürgerkrieges zwischen Cäsar und Pompejus, II und III. In: Klio 4 (1904). S. 327-382. Hier: S. 333.

[47] Veith, Georg: Corfinium. Eine kriegsgeschichtliche Studie. In: Klio 13 (1913). S. 1-26. Hier: S. 15.

[48] Holzapfel, L: Anfänge des Bürgerkrieges zwischen Cäsar und Pompejus. In: Klio 3 (1903). S. 213-234. Hier: S. 228; 233.

[49] ebd., S. 253.

[50] Caes. civ. 1,26,4.

[51] belegt bei Cic. Att. 9,13,1

[52] Caesar selbst konnte bei dieser Unterredung ja nicht anwesend sein. Dass die Überlieferung dieses Zitats nicht gesichert ist berichtet Heller: Bild. S. 14.

[53] Caes. civ. 1,19,1.

[54] In Caes. civ. 3,16,4 hilft ihm hierzu gar nur noch ein zorniger Wutausbruch.

[55] ebd., 1,6,2.

[56] Heller: Bild. S. 254.

[57] Nicht im Originaltext erwähnt, daher nach Schönberger: Bürgerkrieg. S. 355 und Christ: Pompeius. S. 131f.

[58] Siehe die Tragödie des Domitius Ahenobarbus in Caes. civ. 1,19f.

[59] Einen Überblick über die einzelnen politischen Standpunkte, die in ihren Einzelheiten nicht Gegenstand dieser Arbeit sind, bietet Meier, Christian: Caesar. Berlin 1982. S. 419.

[60] Vor allem Lentulus' Vergleich mit dem Diktator Sulla heizte die Stimmung an: Caes. civ. 1,4,2.

[61] Derart drastisch im Text gar nicht verzeichnet, daher diese These nach Schönberger: Bürgerkrieg. S. 355.

[62] Raaflaub sieht hingegen in Raaflaub, Kurt: Dignitatis contentio. Studien zur Motivation und politischen Taktik im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius. (Vestigia 20). München 1974. S. 101 vor allem Gesamtheit die der Optimaten anteilig als verantwortlich an. Die Rolle Caesars darf aber nicht vernachlässigt werden.

Final del extracto de 33 páginas

Detalles

Título
Die Darstellung des Gnaeus Pompeius Magnus in Caesars "bellum civile"
Subtítulo
Propaganda oder Geschichtsschreibung?
Universidad
University of Stuttgart  (Historisches Institut, Abteilung für Alte Geschichte)
Curso
Hauptseminar „Der Römische Bürgerkrieg in der Darstellung Caesars“
Calificación
1,0
Autor
Año
2012
Páginas
33
No. de catálogo
V205407
ISBN (Ebook)
9783656320241
ISBN (Libro)
9783656320739
Tamaño de fichero
555 KB
Idioma
Alemán
Notas
Diese Publikation orientiert sich sehr stark an der Arbeit mit den Originalquellen.
Palabras clave
Gaius, Iulius, Julius, Caesar, Gnaeus, Pompeius, Magnus, bellum civile, Bürgerkrieg, de bello civili, Feldherr, Historische Deformation, Propaganda
Citar trabajo
Torsten Büchele (Autor), 2012, Die Darstellung des Gnaeus Pompeius Magnus in Caesars "bellum civile", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205407

Comentarios

  • No hay comentarios todavía.
Leer eBook
Título: Die Darstellung des Gnaeus Pompeius Magnus in Caesars "bellum civile"



Cargar textos

Sus trabajos académicos / tesis:

- Publicación como eBook y libro impreso
- Honorarios altos para las ventas
- Totalmente gratuito y con ISBN
- Le llevará solo 5 minutos
- Cada trabajo encuentra lectores

Así es como funciona