Eine kritische Betrachtung von Drogenkonsum als soziales Problem

bei Mathias Bröckers, Glenn Greenwald und Maria Eichhorn


Trabajo Escrito, 2011

16 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Mathias Bröckers: Die Drogenlüge
2.1 Prohibition ist schädlich für die Gesellschaft
2.1.1 „Prohibition schränkt Bürgerrechte ein”
2.1.2 „Prohibition fördert die organisierte Kriminalität und den Schwarzmarkt”
2.2 „Prohibition ist teuer”
2.3 „Prohibition ist schädlich für den Konsumenten”
2.4 Mathias Bröckers – Die Drogenlüge - Fazit

3. Glenn Greenwald: Drug Decriminalization In Portugal – Lessons For Creating Fair And Successful Drug Policies
3.1 Resultate der Dekriminalisierungspolitik
3.2 Glenn Greenwald: Drug Decriminalization In Portugal - Fazit

4. Maria Eichborn (ehem. Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion) im Interview

5. Bröckers – Greenwald – Eichborn - Fazit

6. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

„Zu allen Zeiten haben Menschen bewusstseinsverändernde, geistbewegende Substanzen zu sich genommen. Zu allen Zeiten gab es Regeln, wie mit ihnen umzugehen ist, und Methoden, wie Missbrauch und Schäden durch diese Substanzen zu vermeiden sind. Doch erst seit etwa hundert Jahren sind einige dieser Substanzen international geächtet und werden mit den Mitteln des Strafrechts weltweit verfolgt.”[1]

Bis zum Jahr 1909, in dem die „internationale Drogenkommission” in Shanghai, China, zusammentraf, um ein internationales Drogenkontrollsystem zu installieren, war weder der Konsum noch der Handel mit sogenannten „Rauschmitteln" durch rechtliche Beschränkungen geregelt.[2] Seitdem gilt der Drogenkonsum praktisch als weltweit anerkanntes Übel, beziehungsweise konkreter gesagt, als soziales Problem, gegen das es mit allen (vorallem strafrechtlichen) Mitteln vorzugehen gilt. Im Laufe der letzten hundert Jahre haben sich für dieses Vorgehen gegen Drogen einige Begriffe etabliert, die die vorherrschende Meinung zu Drogen gut illustrieren: 1971 prägte der amerikanische Präsident Richard Nixon den Begriff „War on Drugs”, zu deutsch also nichts geringeres als den weltweiten „Krieg gegen Drogen” und auch der eindeutig negativ konnotierte Begriff „Rausch-Gift” als Synonym für „Droge” hat sich im Volksmund etabliert.

Nichtsdestotrotz wurde der Konsum von Drogen vor der Prohibition Jahrtausende lang praktiziert, ohne dass Verbote und gesetzliche Reglementierungen notwendig waren, denn man wusste um den Schaden, aber auch um den medizinischen Nutzen von Drogen. Beispielsweise ist über den (auch rituellen) Konsum von Alkohol schon in der Bibel zu lesen, aber auch schon vorher wurden beispielsweise Opiate als Schmerzmittel und Cannabis als Medizin gegen unterschiedlichste Krankheiten verwendet.[3][4]

Die Drogenprohibition orientiert sich aber vielmehr an den Nebenwirkungen von Drogen: Abhängigkeit, Krankheit und Tod. Auch Kriminalität ist eine vermeintliche Folge von Drogenkonsum, da die zur Befriedigung der Abhängigkeit benötigte Droge selten oder gar nicht auf legalem Weg erworben werden kann. Allerdings ist die Kriminalität aber keine kausale Folge des Drogenkonsums oder der Abhängigkeit, sondern vielmehr der Prohibition selbst. Denn ohne Verbot kann auch keine Straftat existieren. Dennoch wird angenommen, dass die Kriminalisierung von Drogenkonsum logisch und sinnvoll sei.

Erklärte Ziele der Drogenprohibition waren (und sind) folglich der „Schutz” von „potentiellen Konsumenten” vor physischen und psychischen Schädigungen, die Unterbindung der Produktion, der Einfuhr, des Handels und des Konsums von als illegal klassifizierten Drogen, desweiteren die Beseitigung von Beschaffungskriminalität.

Gegenwärtig wird allmählich Kritik gegen die strikte Drogenprohibition laut, und es wird nach einem alternativen Umgang mit Drogenkonsum gesucht. Im Zuge dieser Hausarbeit werde ich also drei verschiedene Meinungen vorstellen und kritisch bewerten, die Drogenkonsum alle aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Mathias Bröckers ist freier Journalist und erklärter Gegner der Drogenprohibition, Glenn Greenwald ist amerikanischer Jurist und Autor und Maria Eichhorn war von 2006-2009 Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion.

2. Mathias Bröckers: Die Drogenlüge

Mathias Bröckers bezeichnet nicht die Drogen selbst, sondern die Drogenprohibition als „ein[e] der gefährlichsten Plagen des Planeten”[5], und zwar in vielerlei Hinsicht. Er selbst fasst seine Thesen (von denen ich die ausschlaggebendsten nach und nach schildern werde) mit den Worten des „Schildower Kreis” [ein Netzwerk von Wissenschaftlern, die sich für das Ende der Prohibition einsetzen, TB] zusammen: „Prohibition ist schädlich für die Gesellschaft [...] Prohibition ist teuer” und letztendlich „Prohibition ist schädlich für die Konsumenten”[6][7].

2.1 Prohibition ist schädlich für die Gesellschaft

2.1.1 „Prohibition schränkt Bürgerrechte ein”

Die Bürgerrechte sind in der Regel Grundrechte, die der Staat nur Staatsbürgern (also in Deutschland „allen Deutschen”) zuspricht. In Deutschland sind dies die Artikel 8, 9, 11 und 12, also Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit,[8] Freizügigkeit und Berufsfreiheit[9]. Da diese Rechte durch die Drogenprohibition aber unberührt bleiben – es sei denn, jemand wird wegen eines Drogenvergehens inhaftiert -, ist Bröckers an dieser Stelle mehr sinngemäß als wörtlich zu verstehen. Das Recht, von dem Bröckers spricht, ist ein ideelles, und zwar das Recht, sich über die Gefahren und Nutzen von Drogenkonsum selbst ein fachlich fundiertes und vernünftiges Bild zu machen und sich infolgedessen selbstbestimmt für oder gegen Drogenkonsum zu entscheiden. Derzeit kann man laut Bröckers aber leider nicht davon ausgehen, dass in breiten Bevölkerungsschichten ein so ausgeprägtes Wissen über die Wirkungen und Gefahren von Drogenkonsum existiert, dass wirklich jeder Mensch autonom über seinen Drogenkonsum bestimmen könnte oder sollte. Jedoch zeigt Bröckers einen Weg zu einem selbstbestimmten, bewussten und verantwortungsvollen Drogenkonsum auf, der auch ohne gesetzliche Sanktionen auskommt: Drogenabgabe muss, wenn überhaupt, immer mit einer „Beratung durch ausgebildete Fachverkäufer”[10] sowie einem „angeschlossene[n] psychologische[n] und medizinische[n] Service”[11] sowie gegebenenfalls mit einem „Einführungs-kurs”[12] verbunden sein. Dies würde dann natürlich für alle Arten von Drogen gelten, da es in Bröckers Utopie die Unterteilung in „legale” und „illegale” bzw. „gute” und „böse” Drogen nicht mehr gibt.

Wenn man beispielsweise die vom Advisory Council on the Misuse of Drugs (ACMD) in Auftrag gegebene Studie[13] betrachtet, lässt sich leicht feststellen, dass die Einteilung in „legale” und „illegale” Drogen recht willkürlich ist. In dieser Studie wurde die Schädlichkeit von verschiedenen Drogen in neun Kategorien erfasst, darunter zum Beispiel individuelle gesundheitliche, aber auch gesellschaftlich-soziale Schäden. Es ließe sich vermuten, dass die als legal und somit frei zugänglich klassifizierten Drogen (bspw. Alkohol und Tabak) am ungefährlichsten sind, aber dies ist nicht der Fall. Laut der Studie rangiert Alkohol auf Platz fünf der Gefährlichsten Drogen (hinter u.a. Heroin und Kokain, aber deutlich vor Cannabis, LSD und Ecstasy) und müsste demnach, falls eine rationale Drogenpolitik betrieben würde, verboten werden.

Bröckers Kritik an der derzeitigen irrationalen/ unwissenschaftlichen/ willkürlichen Einteilung in legale und illegale Drogen ist auch nachvollziehbar, wenn man die Zahl der Drogentoten bezogen auf verschiedene Drogen für das Jahr 2010 vergleicht. An Heroin (ohne Verbindung mit anderen Drogen) starben im Jahr 2010 in Deutschland 529 Menschen, an Kokain 27 Menschen, an Ecstasy 2 Menschen[14]. ”Schätzungen für Deutschland belaufen sich auf jährlich 74.000 Todesfälle, die durch riskanten Alkoholkonsum oder durch den kombinierten Konsum von Alkohol und Tabak verursacht werden”[15]. Nicht nur das statistische Bundesamt kommt also zu dem Fazit: „Mehr Kranke und Tote durch legale Drogen als durch illegale Drogen”[16]. Zwar könnte man nun ohne jeden empirischen Beweis erwidern, dass die Zahl der „Rauschgift”-Toten drastisch steigen würde, wenn alle Drogen legalisiert oder dekriminalisiert würden, aber eine solche Entwicklung wurde zum Beispiel in Portugal, wo seit 2001 alle Drogen dekriminalisiert wurden, nicht festgestellt, und damit die These widerlegt (siehe „2. Glenn Greenwald...”).

Die Kritik, dass die Prohibition die „Bürgerrechte” (im Sinne der rationalen Handlungsautonomie im Bezug auf Drogen) einschränkt, ist also durchaus gerechtfertigt.

2.1.2 „Prohibition fördert die organisierte Kriminalität und den Schwarzmarkt”

„Kein anderes Produkt verspricht höhere[17] Gewinnspannen als illegale Drogen”[18]. „Ein Farmer in Afghanistan bekommt für zehn Kilo Opium 500 Dollar, weitere 500 bis 1000 kostet es, daraus ein Kilo Heroin zu machen, das im Endverkauf an der Straßenecke in Philadelphia 100.000 Dollar einbringt”[19]. Der Preis von Opium verzweihundertfacht sich auf dem Weg vom Erzeuger zum Abnehmer also, was deutlich macht, warum es so lukrativ ist, gerade mit dieser Ware zu Handeln. Da der Handel, oder besser gesagt „Schmuggel” jedoch illegal ist, kann kein Unternehmen diesen Profit erwirtschaften, das sich Gesetz und Moral verpflichtet fühlt, stattdessen landet der Profit letztendlich auf Konten von Warlords, Drogenkartellen und Schmugglerringen. Die Profite sind enorm, denn „[d]er Markt für illegale Agrarprodukte aus Mohn, Koka und Hanf ist in den USA auf über 200 Milliarden Dollar pro Jahr gewachsen, global auf 400 bis 500 Milliarden”[20]. Laut Bröckers ist dies eine Konsequenz der Prohibition, denn wenn Drogen legal verkauft werden könnten, würde die Gewinnspanne drastisch sinken (vergleichsweise auf die von Zucker)[21] und im Wettbewerb würden sich höherqualitative Produkte durchsetzen, was letztendlich zum Schutz des Konsumenten beitragen würde (was eigentlich Zielsetzung der Prohibition ist).

[...]


[1] Bröckers, Mathias: "Die Drogenlüge", S. 9

[2] Internationaler Suchtkontrollstoffrat: "Jahresbericht 2008"

[3] Tönnesmann, Jens: "Geschichte der Drogen", 2008

[4] Schmidt, Dr. Rer. Nat. Günter: "Geschichte der Drogen"

[5] Bröckers, Mathias: "Die Drogenlüge", S. 10

[6] Ebd., S. 201-202

[7] Schildower Kreis: Manifest "Drogenprohibition: GESCHEITERT, SCHÄDLICH und TEUER"

[8] Vgl. 5

[9] Mühleisen, H.-O.: "Menschenrechte – Grundrechte – Bürgerrechte"

[10] Bröckers, Mathias: "Die Drogenlüge", S. 196

[11] Ebd.

[12] Ebd., S. 198

[13] Nutt, Prof. David et al.: "Development of a rational scale to assess the harm of drugs of potential misuse", 2007

[14] Dyckmans, Mechthild (Drogenbeauftragte der Bundesregierung): "Rauschgifttote nach Todesursachen 2010"

[15] Ebd.: "Bundesweite Informationstour "Alkohol? Kenn dein Limit." gestartet", 2011, S.2

[16] Statistisches Bundesamt: "Zahl der Woche Nr.025 vom 24.06.2008"

[17] Bröckers, Mathias: "Die Drogenlüge", S. 201

[18] Ebd., S. 50

[19] Bröckers, Mathias: "Die Drogenlüge", S. 51

[20] Ebd., S. 47-48

[21] Ebd., S. 50

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
Eine kritische Betrachtung von Drogenkonsum als soziales Problem
Subtítulo
bei Mathias Bröckers, Glenn Greenwald und Maria Eichhorn
Universidad
University of Frankfurt (Main)
Curso
Politik der sozialen Probleme
Calificación
1,0
Autor
Año
2011
Páginas
16
No. de catálogo
V206734
ISBN (Ebook)
9783656341192
ISBN (Libro)
9783656341451
Tamaño de fichero
496 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Drogen, Drogenkonsum, Etikettierung, Soziale Probleme, Politik, Kritik, Dekriminalisierung, Mathias Bröckers, Glenn Greenwald, Maria Eichhorn
Citar trabajo
Torsten Bollweg (Autor), 2011, Eine kritische Betrachtung von Drogenkonsum als soziales Problem, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206734

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