In der deutschen Spätaufklärung zieht die Frage „Was ist der Mensch?“ ein gemeinschaftliches Interesse verschiedener Wissenschaften (Medizin, Philosophie, Geschichte, Ästhetik) auf sich, denen vormals ein einheitlicher Nenner verwehrt wurde. Vor allem Philosophie und Medizin (Physiologie) greifen im Namen der „Kenntnis des Menschen“ ineinander und setzen dabei gleichsam auf ein gewinnbringendes Zusammenspiel mit der schönen Literatur.
Diese Hausarbeit soll einen Einblick in jene Allianz aus Literatur und Anthropologie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eröffnen. Ausgehend von der Entstehung der Anthropologie als eigenständige Wissenschaft vom „ganzen Menschen“, stelle ich Schiller pointiert als „philosophischen Arzt“ vor. Anschließend wird es meine Intention sein, die Verschmelzung von Literatur und Anthropologie in kürzen Zügen darzustellen, um diese Entwicklung dann beispielhaft anhand der Kriminalerzählung „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ zu verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Anthropologie am Ende des 18. Jahrhunderts
- Ein neuer Anthropologiebegriff
- Schiller im Kreise philosophischer Ärzte
- Literarische Seelenforschung in der deutschen Spätaufklärung
- Allianz von Anthropologie und Literatur
- ,,Kriminal-Geschichten“
- ,,Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ – Analyse abweichenden Verhaltens
- „Handlung nicht bloß vollbringen, sondern wollen sehen“!
- ,,Eine wahre Geschichte“
- Der ganze Mensch,,Christian Wolf“
- Anthropologische Faktorenanalyse
- Stufenlogik des Verbrechens
- Doppelte Bildung des Lesers
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Verbindung von Anthropologie und Literatur in der deutschen Spätaufklärung. Sie zeigt, wie die neue Anthropologie, die sich mit dem „ganzen Menschen“ als „leib-seelisches Ensemble“ beschäftigte, eine Allianz mit der Literatur einging. Der Fokus liegt auf Friedrich Schiller als „philosophischem Arzt“ und seiner Kriminalerzählung „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“, die als Beispiel für diese Verbindung dient.
- Entstehung der Anthropologie als eigenständige Wissenschaft
- Schillers Medizinstudium und die „philosophischen Ärzte“
- Verschmelzung von Literatur und Anthropologie
- „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ als Beispiel für die Analyse abweichenden Verhaltens
- Die Bedeutung der Subjektivität und die „niederen“ Seelenvermögen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Hausarbeit ein und stellt die Frage nach dem „ganzen Menschen“ in der deutschen Spätaufklärung. Das Kapitel „Anthropologie am Ende des 18. Jahrhunderts“ beleuchtet den Versuch einer Neubestimmung des Menschen als Leib-Seele-Problem, die Kritik an der kartesianischen Trennung von „res cogitans“ und „res extensa“ und die Bedeutung der „Empirischen Psychologie“. Es stellt den neuen Anthropologiebegriff vor, der den ganzen Menschen in seiner leib-seelischen Einheit betrachtet, und zeichnet Ernst Platners Werk als Grundlage der „philosophischen Ärzte“ nach. Der Abschnitt über Schiller im Kreise philosophischer Ärzte skizziert Schillers Medizinstudium und seine Auseinandersetzung mit der Anthropologie, die in seiner Dissertation zum Ausdruck kommt.
Das Kapitel „Literarische Seelenforschung in der deutschen Spätaufklärung“ behandelt die Allianz von Anthropologie und Literatur und die Bedeutung der „Kriminal-Geschichten“ als Gegenstand der literarischen Seelenforschung. Der Schwerpunkt des Kapitels „,,Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ – Analyse abweichenden Verhaltens“ liegt auf der Analyse der Kriminalerzählung, insbesondere auf Schillers Fokus auf das „Wollen sehen“ der Handlung, die Präsentation der Geschichte als „wahre Geschichte“ und die anthropologische Faktorenanalyse des Protagonisten „Christian Wolf“. Es untersucht Schillers Methode, den Leser durch die „doppelte Bildung“ zum reflektierten Beobachter zu machen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen der Arbeit sind: Anthropologie, Leib-Seele-Problem, „commercium mentis et corporis“, Empirische Psychologie, „philosophische Ärzte“, Friedrich Schiller, „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“, Kriminalerzählung, literarische Seelenforschung, Subjektivität, „niedere“ Seelenvermögen.
- Quote paper
- Ronny Ladwig (Author), 2012, Schillers „Verbrecher aus verlorener Ehre“ - Befund eines Philosophischen Arztes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206804