Dass der Kampf um die Einführung des Frauenstimm- bzw. Wahlrechts das Bohren sehr harter Bretter bedeutete, ist gelinde gesagt eine starke Untertreibung. Schon der Blick auf die Dauer dieser Auseinandersetzung verdeutlicht das. Wenn man das Revolutionsjahr 1848, in dem häufig erstmals starke Forderungen nach politischer Mitbestimmung für Männer und Frauen erhoben wurden, als Referenzjahr nimmt, in welchem der verstärkte Einsatz für das Frauenwahlrecht in den vier Staaten Großbritannien, den USA, der Schweiz und Österreich(-Ungarn) begann, so dauerte es im Fall von Großbritannien noch 80, in den USA 72, in der Schweiz 123 und in Österreich 70 Jahre, bis Frauen das gleiche Stimm- und Wahlrecht bekamen wie ihre männlichen Kollegen. Wohl keine der Frauen, die den Kampf um das gleiche Frauen- und Männerwahlrecht initiierten, erlebte die Erfüllung ihres Traumes.
Natürlich war auch die Einführung des allgemeinen und gleichen Männerstimm- und Wahlrechts in den vier behandelten Ländern nicht immer eine Selbstverständlichkeit oder ein einfacher Weg. Trotzdem zeigen sich hier große Unterschiede zum Frauenstimm- bzw. Wahlrecht. So besaßen im Jahr 1848 Männer in zwei der vier Staaten bereits das Wahlrecht, nämlich in den USA (zumindest weiße Männer) und in der Schweiz. In Österreich sollten sie das allgemeine und gleiche Wahlrecht 1907 erhalten und in Großbritannien im Jahr 1918. Wenngleich auch das Männerwahlrecht durchaus kontrovers gesehen wurde, war dies kein Vergleich zur Ablehnung, die den um das Stimm- und Wahlrecht werbenden Frauen entgegenschlug. Frauen aus der ihnen seit Jahrhunderten angestammten Umgebung im Haus und aus ihrer traditionellen Tätigkeit der Kindererziehung und Familienbetreuung herauszureißen und sie quasi in die Öffentlichkeit zu zerren und sogar noch den Untiefen der Politik auszusetzen, erschien dem Großteil der Männer (und auch vielen Frauen selbst) als so abwegig, als würde man heute das Stimm- und Wahlrecht etwa für Kinder fordern. In genau diese Richtung gingen von Anfang an auch die Argumentationslinien von Politikern. So meinte der Abgeordnete Rudolf Brestel beim 1848/49 stattfindenden Reichstag von Kremsier bereits zum Thema Frauenwahlrecht:
`Wollte man die Weiber zulassen, weil sie an den Staatslasten Theil (sic!)
nehmen, so müsste man aus gleichem Grunde auch die Kinder und Narren
zulassen´ (Parlamentsdirektion, 1999, S. 28)
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die historische Entwicklung der Menschenrechte — ein kurzer Überblick
- Menschen- und Frauenrechte in der antiken Welt
- Menschen- und Frauenrechte im Mittelalter und der frühen Neuzeit
- Menschen- und Frauenrechte in der Zeit der Aufklärung und der Französischen Revolution
- Die Forderung nach politischen Rechten für Frauen
- Die weitere Entwicklung der Menschen- und Frauenrechte im 19. und 20. Jahrhundert
- Die Frauenstimmrechtsbewegung in Großbritannien von 1866 bis 1928
- Die Rolle der Frauenstimmrechtsbewegung in Großbritannien — ihre wichtigsten Gruppierungen und Entwicklungslinien
- Politische Parteien und die Frauenstimmrechtsbewegung 1866-1928 — wechselnde Einstellungen und Bündnisse
- Die Frauenstimmrechtsbewegung in den USA vom 19. Jahrhundert bis 1920
- Organisationen und Kampagnen vor dem Ersten Weltkrieg
- Die schwarze Frauenstimmrechtsbewegung vor dem Ersten Weltkrieg — von Verbündeten zu Gegnerinnen
- Die amerikanische Frauenstimmrechtsbewegung während und nach dem Ersten Weltkrieg — Präsident, Kongress(e) und politische Parteien
- Die Frauenstimmrechtsbewegung in der Schweiz von 1848 bis 1971
- Entwicklungslinien der schweizerischen Frauenstimmrechtsbewegung
- Schweizerische Frauenstimmrechtsorganisationen und ihre GegnerInnen
- Politische Parteien, Bundesrat und Parlament - ihr Verhältnis zur schweizerischen Frauenstimmrechtsbewegung
- Die Einführung des Frauenstimm- bzw. Wahlrechts in Österreich
- Die Entwicklung des österreichischen Wahlrechts von 1848 bis 1918
- Die österreichische Frauenstimmrechtsbewegung 1848-1918 — Frauenvereine, Agitationsmethoden, Argumente und Gegenargumente
- Einstellungen der politischen Parteien zum Frauenstimmrecht und zur Frauenstimmrechtsbewegung
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit "Die Einführung des Frauenstimm- bzw. Wahlrechts in Großbritannien, den USA, der Schweiz und Österreich — ein soziopolitischer Vergleich" befasst sich mit der historischen Entwicklung des Frauenstimmrechts in vier unterschiedlichen Ländern. Die Arbeit analysiert die wichtigsten Frauenstimmrechtsorganisationen, ihre Agitationsmethoden, die Einstellungen der politischen Parteien zum Frauenstimmrecht und die Rolle der politischen Eliten bei der Einführung des Frauenstimmrechts.
- Die Entwicklung von Frauenstimmrechtsbewegungen in verschiedenen Ländern
- Die Rolle von politischen Parteien und Eliten bei der Einführung des Frauenstimmrechts
- Die Argumente für und gegen das Frauenstimmrecht
- Die Bedeutung von sozialen und politischen Veränderungen für die Einführung des Frauenstimmrechts
- Der Vergleich der Frauenstimmrechtsbewegungen in Großbritannien, den USA, der Schweiz und Österreich
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einem Überblick über die historische Entwicklung der Menschenrechte, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Rolle von Frauen in der antiken Welt, im Mittelalter und in der frühen Neuzeit sowie während der Aufklärung und der Französischen Revolution gelegt wird.
Kapitel 3 befasst sich mit der Frauenstimmrechtsbewegung in Großbritannien. Es werden die wichtigsten Gruppierungen und ihre Methoden der Agitation, wie Petitionen, Demonstrationen und auch militante Aktionen, sowie die wechselnden Einstellungen der politischen Parteien zum Frauenstimmrecht analysiert.
Kapitel 4 behandelt die Frauenstimmrechtsbewegung in den USA. Es werden die wichtigsten Frauenstimmrechtsorganisationen, die schwarzen Frauenstimmrechtsbewegung und die Rolle von Präsident, Kongress und politischen Parteien bei der Einführung des Frauenstimmrechts untersucht.
Kapitel 5 beschäftigt sich mit der schweizerischen Frauenstimmrechtsbewegung. Es wird die Geschichte der verschiedenen Frauenstimmrechtsorganisationen, ihre Agitationsmethoden und die Rolle von politischen Parteien, Bundesrat und Parlament bei der Einführung des Frauenstimmrechts beleuchtet.
Kapitel 6 analysiert die Entwicklung des österreichischen Wahlrechts von 1848 bis 1918 und die österreichische Frauenstimmrechtsbewegung. Es werden die wichtigsten Frauenvereine, die Agitationsmethoden der Frauen sowie die Einstellungen der politischen Parteien zum Frauenstimmrecht untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Frauenstimmrecht, die Frauenstimmrechtsbewegung, die politische Partizipation von Frauen, die Rolle von politischen Parteien, die historische Entwicklung von Menschenrechten und Frauenrechten, sowie die soziokulturellen und politischen Bedingungen für die Einführung des Frauenstimmrechts in Großbritannien, den USA, der Schweiz und Österreich.
- Quote paper
- Thomas Ziegelwagner (Author), 2012, Die Einführung des Frauenstimm- bzw. Wahlrechts in Großbritannien, den USA, der Schweiz und Österreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207078
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