Sicherheit vs. Freiheit - Die Individualismusdebatte im Werk „Hüter der Erinnerung“ von Lois Lowry


Term Paper, 2008

15 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


1. Einleitung

„Meiner Ansicht nach ist ein Schriftsteller jemand, der etwas von Bedeutung schreibt“,[1] ließ Rutschinski in seinem Roman „Teufels Werke“ seinen Voland sagen und summierte mit dieser prägnanten Aussage die Grundhaltung vieler Denker und Liebhaber des schöngeistigen Schrifttums.

Es gibt Werke, die so lebendig sind, dass die Aussage – die Seele hinter den Worten – einen im Innersten aufrührt. Das Werk „Hüter der Erinnerung“ von Lois Lowry ist ein solches Werk.

Lois Lowry, studierte Philologin und selbst Mutter, veröffentlichte bereits 1993 ihr Werk „The Giver“ (amerikanischer Originaltitel) und bekam dafür nicht weniger, als den wichtigsten amerikanischen Buchpreis im Kinder- und Jugendliteraturgenre, den ’Newbery Medal’.

Es gibt viele Gründe, weshalb dieses Buch bei jungen wie alten Lesern so erfolgreich wurde. Diese Hausarbeit beschränkt sich auf den Versuch bei einem kleinen Ausflug in die Tiefen dieses Werkes einen Aspekt besonders zu beleuchten:

Welche Argumente werden innerhalb des Buches für die Wichtigkeit von Sicherheit, welche für die Unabdingbarkeit von Freiheit gegeben? Welches Gut sollte den größeren Wert für einen Menschen einnehmen?

In einem ersten Punkt werden die Begrifflichkeiten „Sicherheit“ und „Freiheit“ ver-sucht zu definiert, um eine Kommunikationsbasis für die Argumente zu schaffen.

Ein anschließender Schritt muss die Darstellung des Werkinhaltes in Form eines wertungsfreien prägnanten Resümees sein, damit verständlich ist, auf welcher Basis sich der Versuch einer Erörterung bewegt.

Sind diese zwei Fundamente gelegt, kann im Zuge der Arbeit mit speziell ausgewählten Textpassagen beleuchtet werden, welche Punkte innerhalb der Werkdebatte für Sicherheit und welche für individuelle Freiheit sprechen.

Da diese Passagen ausnahmslos aus der im Literaturverzeichnis unter Primärliteratur angegebenen Werkausgabe stammen, werden diese Zitate lediglich mit der An-merkung der Seitenzahl beschlossen.

Als Sekundärliteratur herangezogene Werke werden dagegen gesondert behandelt und mit Fußnoten versehen. Die Menge der Anmerkungen soll mit dieser Maßnahme auf ein Minimum reduziert und die Übersichtlichkeit erhöht werden.

Die abschließende kritische Herausarbeitung einer Präferenzordnung mit resul-tierender Wertung und ein kurzer Blick über das Buch hinaus, schließen die Hausarbeit ab.

2. Sicherheit und Freiheit – Versuch einer Begriffsdefinition

Betrachten wir also beginnend das Begriffspaar „Sicherheit und Freiheit“.

Zunächst muss festgehalten werden, dass diese beiden Substantive so genannte „Abstrakta“ sind. Sie bezeichnen etwas, das nicht als konkreter Gegenstand gefasst werden kann, so wie neben „Freiheit“ und „Sicherheit“ beispielsweise auch „Hoffnung“ oder „Glaube“. Dies macht eine eindeutige Definition schwer.

In dieser Hausarbeit kann nur vereinfacht – ohne Diskurs – auf den Soziologen Thomas Hobbes zurückgegriffen werden, der Sicherheit wie folgt umschrieb:

„Mit ’Sicherheit’ ist hier aber nicht die bloße Erhaltung des Lebens gemeint, sondern auch alle anderen Annehmlichkeiten des Lebens, die sich jemand durch rechtmäßige Arbeit ohne Gefahr oder Schaden für den Staat erwirbt.“[2]

Demnach ist Sicherheit ein Zustand, der jene Menschen als sprichwörtliches Netz auffängt, die sich – orientiert an dem Wort „rechtmäßige“ – den sozialen Arbeits- und damit Existenzregeln ihrer Gesellschaft freiwillig unterordnen und so aktiv zu deren Bestehen beitragen.

Allerdings muss noch ein kleinwenig weiter ins Detail gegangen werden. Es ist wichtig zu beachten, dass Sicherheit für diese Hausarbeit auch in der Dimension von Rechtssicherheit relevant ist. Sicherheit bedeutet erweitert dann, dass die Bürger einer Gesellschaft eine Orientierungssicherheit darüber besitzen, welche Taten eine negative Sanktionierung heraufbeschwören und welche nicht.

Der Sicherheit gegenüber steht die Freiheit, die nach Hobbes einem Menschen dann zugeschrieben werden muss, wenn er „nicht daran gehindert ist, Dinge, die er auf Grund seiner Stärke und seines Verstands tun kann, seinem Willen entsprechend auszuführen“.[3] Die Grenzen sind demnach für einen Menschen nur seine eigene physische, wie psychische Verfassung und kein vom Staat, oder einer anderen Institution errichtetes Regelwerk.

3. Lois Lowry: Hüter der Erinnerung – Werkinhalt

Der Protagonist des Buches, der zwölfjährige Jonas, lebt in einer perfekt konstruierten Welt. Negativerfahrungen wie Schmerz, Angst oder Arbeitslosigkeit und traumatisierende Ereignisse wie Hungersnöte, Rassismus, Tod und Krieg sind in diesem Sozialsystem nicht existent. Alle Bürger der Gemeinschaft können ein problemloses und risikofreies Leben genießen.

Die Geschichte entfesselt sich um den Dezember des Jahres, in dem alle Zwölfjährigen der Gemeinde ihren zukünftigen Beruf von den Gemeindevorsitzenden zugeteilt bekommen. Das zufriedene Leben, das Jonas bis zu diesem Zeitpunkt niemals hinterfragt hat, beginnt in dem Moment Risse in der Fassade zu bekommen, als er zum zukünftigen „Hüter der Erinnerung“ ernannt wird. Von seinem Mentor, dem alten Inhaber der Hüterposition, erhält Jonas die Menschheitserinnerungen vor der Gründung der Gemeinde. Er durchschaut mit Hilfe dieses Mannes, den er nur unter dem Namen „Geber“ kennt, die wahren Strukturen des System und begreift, welchen Preis alle Menschen der Gemeinschaft für ihr problemfreies Leben zahlen: Keine Farben, keine Musik, keine Tiere, keine Emotionen, keine Entscheidungs-freiheiten.

[...]


[1] Rutschinski, Witali : Teufels Werke. Übers. von Christiane Pöhlmann. Piper Verlag GmbH München. 2002. S. 154.

[2] Hobbes, Thomas: Leviathan. Herausgegeben und eingeleitet von Iring Fetscher. Übersetzt von Walter Euchner. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 1996. S. 255.

[3] Hobbes, Thomas: Leviathan. Herausgegeben und eingeleitet von Iring Fetscher. Übersetzt von Walter Euchner. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 1996. S. 163.

Excerpt out of 15 pages

Details

Title
Sicherheit vs. Freiheit - Die Individualismusdebatte im Werk „Hüter der Erinnerung“ von Lois Lowry
College
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"  (Institut für Germanistik)
Course
Kinder – und Jugendliteratur
Grade
1,0
Author
Year
2008
Pages
15
Catalog Number
V207296
ISBN (eBook)
9783656343899
ISBN (Book)
9783656345077
File size
505 KB
Language
German
Keywords
Germanistik, Literaturwissenschaft, Neuere Philologie, Lois Lowry, Hüter der Erinnerung, The Giver, Sicherheit, Freiheit, Gesellschaft, Individualismus
Quote paper
M.A. Cornelia Scherpe (Author), 2008, Sicherheit vs. Freiheit - Die Individualismusdebatte im Werk „Hüter der Erinnerung“ von Lois Lowry, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207296

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