Geldpolitische Strategie und Instrumente der EZB


Dossier / Travail, 2012

20 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Aufbau des europäischen Zentralbankwesens

3. Geldpolitische Strategie und Ziele
3.1 Die Preisstabilität
3.2 Die Anwendung der Zwei-Säulen-Strategie

4. Das geldpolitische Instrumentarium und dessen Wirkungskanäle
4.1. Offenmarktgeschäfte
4.2 Tenderverfahren
4.3 Ständige Fazilitäten
4.4. Mindestreserve
4.5 Die Hauptkanäle des Transmissionsmechanismus

5. Die aktuelle Geldpolitik

6. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis .

Verzeichnis der Internetquellen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Übersicht über die geldpolitischen Operationen der EZB

Abbildung 2 Rechnerisches Beispiel des Tenderverfahrens

Abbildung 3 Entwicklung der Leitzinsen seit 1999

1. Einleitung

Mit Erreichen der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion am 1.Januar 1999 wurde der Euro als offizielle Währung in zunächst elf Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) eingeführt. Für die Teilnahme an dieser Währungsreform wurde vorausgesetzt, dass die jeweiligen Mitgliedsstaaten, die im Vertrag von Maastricht stehenden Konvergenzkriterien1 erfüllten. Durch diesen Beschluss sollte sichergestellt werden, dass nur Länder mit einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik und mit einem nachgewiesenen stabilen Preisniveau Mitglieder der Eurozone werden. Gemessen an der Bevölkerungszahl ist diese Währungsunion mit rund 330 Millionen Einwohnern aus derzeit siebzehn Mitgliedsstaaten der größte Wirtschaftsraum der Welt.2 Trotz einer einheitlichen Währung bestanden jedoch damals wie auch heute erhebliche Entwicklungsunterschiede zwischen den Ländern. Der Umfang dieses Währungsgebietes und die Heterogenität der Mitgliedsländer stellen eine besondere Herausforderung an die Eurozone dar.3 Insbesondere seit der Subprime-Krise in den USA und der Euroschuldenkrise stellen die Europäische Zentralbank (EZB) und ihre Geldpolitik ein zentrales und oftmals kritisiertes Thema dar. Diesbezüglich beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Strategie und den Instrumenten der EZB sowie der aktuellen Geldpolitik.

Da bei einer Währungsunion dieser Größe eine komplexe organisatorische Struktur unvermeidbar ist, wird im zweiten Kapitel zunächst der Aufbau des Zentralbankwesens einführend beschrieben. In Kapitel drei wird das Ziel der Preisstabilität definiert und erläutert sowie die Strategie der EZB thematisiert. Anknüpfend daran werden im vierten Kapitel die verfügbaren geldpolitischen Instrumente dargestellt und deren Wirkungskanäle auf die Realwirtschaft beschrieben. Um die Geldpolitik im Zuge der Finanzkrise zu beurteilen werden in Kapitel fünf die aktuellen Geldkonditionen seitens der EZB aufgezeigt. Abschließend wird der Frage nachgegangen, ob aufgrund der derzeitigen Geldkonditionen eine Inflationsgefahr für Deutschland besteht und welche fördernden Risiken existieren.

2. Der Aufbau des europäischen Zentralbankwesens

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und ist eine supranationale Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit. Seit Einführung des Euros übernimmt sie die geldpolitische Verantwortung als integraler Bestandteil des Europäischen System der Zentralbanken (ESZB). Das ESZB bildet einen institutionellen Zusammenschluss der EZB und den nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedsstaaten. Seine Zuständigkeiten bestehen in der Ausführung der Geldpolitik, der Durchführung von Devisengeschäften und der Haltung offizieller Währungsreserven sowie den reibungslosen Ablauf der Zahlungssysteme zu fördern. Spricht man von dem Begriff Eurosystem sind damit lediglich die EZB und die nationalen Zentralbanken der Länder, die den Euro als Währung eingeführt haben, gemeint.

Der Vertrag von Maastricht verpflichtet die EZB und die nationalen Zentralbanken dazu, sich in der Durchführung der Geldpolitik unabhängig zu verhalten. Es ist ihnen aufgrund dessen untersagt, Weisungen von politischen Stellen entgegenzunehmen oder sich von diesen beeinflussen zu lassen.4

Das ESZB setzt sich aus drei Beschlussorganen zusammen. Der Rat der EZB stellt aufgrund seiner Entscheidungsmacht das wichtigste Organ dar. Er legt den geldpolitischen Kurs fest, indem er über den Einsatz der Instrumente und deren Konditionen entscheidet. Er setzt sich zusammen aus den Mitgliedern des Direktoriums sowie allen Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Euro-Länder. Das Direktorium ist zuständig für die Durchführung dieser beschlossenen Geldpolitik. Organisatorisch besteht er aus einem Präsidenten und Vizepräsidenten sowie derzeit vier weiteren Mitgliedern. Solange noch nicht alle EU-Mitglieder Teil der Eurozone sind, existiert der Erweiterte Rat, welcher geldpolitische Thematiken behandelt und koordiniert. Um geldpolitische Entscheidungen zu treffen ist er jedoch nicht befugt. Zusätzlich zu dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten schließt er die Präsidenten der nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedsländer ein.5

3. Geldpolitische Strategie und Ziele

3.1 Die Preisstabilität

Der Artikel 105 des Vertrages von Maastricht besagt, dass es „ das vorrangige Ziel des ESZB [ist] [ … ], die Preisstabilität zu gewährleisten “ . Der volkswirtschaftliche Terminus Preisstabilität bedeutet, dass die Güterpreise in durchschnittlicher Betrachtung6 stabil sind. Ist diese Stabilität gegeben, ist es möglich mit einer bestimmten Geldeinheit stets eine konstante Gütermenge zu kaufen. Gemessen wird die Preisentwicklung der Lebenshaltungskosten im Euroraum mit dem harmonisierten Verbraucherpreisindex (HPVI). Abgebildet werden diese Preise durch einen repräsentativen Warenkorb, der etwa 700 Güter und Dienstleistungen privater Haushalte enthält.7 Das primäre Ziel der Preisniveaustabilität ist für die EZB dann erreicht, wenn der Anstieg des HPVI auf mittlere Frist nahe, aber unter 2 % liegt. Kurzfristige Entwicklungen der Verbraucherpreise führen demzufolge nicht zu einer Zielverfehlung. Durch diesen vorgegebenen quantitativen Zielwert können sich Marktteilnehmer besser auf das Verhalten der Preise vorbereiten und die Leistung der EZB anhand dieses Maßstabes bewerten.8

Bewusst hat die EZB sich für diese Sicherheitsmarge (nahe 2 %, nicht 0 %) entschieden, um sich vor möglichen Messfehlern und Deflation zu schützen. Vor allem Letzteres ist bei der Europäischen Wirtschaftsunion (EWU) von großer Bedeutung. Durch konjunkturelle und politische Unterschiede zwischen einzelnen Ländern, bestehen Inflationsdifferenzen, die durch den Balassa-Samuelson-Effekt9 begründet werden. Der Grenzwert 2 % bezieht sich auf die gesamte EWU als statistischen Mittelwert. Daher gleichen sich nationale Inflationsraten über 2% mit darunter liegenden Raten aus. Befinden sich die Inflationsraten mancher Volkswirtschaften deutlich über dem Zielwert, können hoch entwickelte Volkswirtschaften deflationäre Tendenzen aufweisen, während der Zielwert im Durchschnitt erreicht ist.10

Das sekundäre Ziel des ESZB ist die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft (z.B. hohes Beschäftigungsniveau, sozialer Schutz) unter der Bedingung, dass dadurch das Erreichen des primären Zieles nicht beeinträchtigt ist.11

3.2 Die Anwendung der Zwei-Säulen-Strategie

Um das Preisniveau mittelfristig zu stabilisieren und mögliche Risiken frühzeitig erkennen zu können, verfolgt die EZB die sogenannte Zwei-Säulen-Strategie. Beide Säulen führen mithilfe unterschiedlicher Untersuchungen zu Inflationsprognosen. Die erste Säule dieser Strategie wird als Wirtschaftliche Analyse bezeichnet. Bei ihrer Anwendung werden verschiedene Entwicklungen sowie aktuelle Konjunkturdaten untersucht. Es werden beispielsweise Entwicklungen der Produktivität, der Nachfrage und der Wechselkurse, sowie Aspekte der Fiskalpolitik und Informationen über Arbeits- und Kapitalkosten analysiert. Diese Variablen stellen Gefahren für die kurzfristige Preisstabilität dar und können sich in den langfristigen Inflationserwartungen der Marktteilnehmer manifestieren. Auf Basis dieser verfügbaren Daten veröffentlicht die EZB zweimal jährlich eine Inflationsprognose.

Die Monetäre Analyse konzentriert sich lediglich auf das Wachstum der Geldmenge M312. Dieser Analyse wird bezüglich der mittel- bis langfristigen Inflationsrate eine bedeutende Rolle zugewiesen, da Inflation ohne ein überhöhtes Geld- mengenwachstum im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum unmöglich ist. Demnach ist Inflation ein "monetäres Phänomen."13 Seit 2003 ist der Referenzwert für M3 auf 4,5 % fixiert. Er soll es den Teilnehmern erleichtern, sich Erwartungen über den Markt zu bilden. Dieser festgelegte Referenzwert ergibt sich aus der Quantitätsgleichung: M • V = P • Y. Laut dieser Gleichung ist die Geldmenge M abhängig von der Umlauf- geschwindigkeit V des Geldes, dem Volkseinkommen Y und dem Preisniveau P14. Geschrieben in Wachstumsraten und aufgelöst nach wM ergibt sich folgende Formel:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Um ein stabilitätsorientiertes Wachstum der Geldmenge (wM) zu erreichen, werden folgende Werte angenommen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eingesetzt in die Quantitätsgleichung ergibt sich folgender Referenzwert: wM= 4,5% p.a.15

Ein häufig kritisierter Aspekt besteht darin, dass beide Analysen zu ungleichen Ergebnissen bezüglich der Inflationsentwicklung führen können. In diesem Fall steht der Öffentlichkeit keine einheitliche Inflationsprognose zu Verfügung und eine Erwartungsbildung über zukünftige Preisentwicklungen ist nicht möglich. In diesem Fall sollte der Monetären Analyse aufgrund ihrer höheren Aussagekraft eine größere Zuverlässigkeit zugesprochen werden. Die Entscheidungen der EZB lassen jedoch eher darauf schließen, dass sie eher auf Basis der kurz- mittelfristigen Wirtschaftlichen Analyse getroffen wurden.16 Mit Anwendung der Zwei-Säulen-Strategie führt die EZB keine rein auf das Geldmengenziel ausgerichtete Strategie durch wie einst die Deutsche Bundesbank, denn Abweichungen vom Referenzwert werden durchaus akzeptiert, wenn sie zur Zielerreichung beitragen. Jedoch strebt sie auch kein striktes Inflationsziel wie die Bank of England an, da durch exogene Schocks induzierte, kurzfristige Preisschwankungen unvermeidbar sind. Diese „Mischstrategie“ aus Geldmengen- und Inflationsziel wird als flexibles Inflationsziel bezeichnet. Häufig stellt diese Vereinigung einen Kritikpunkt dar, da Inflationsziel und Referenzwert der Geldmenge oftmals nicht strikt eingehalten werden. Durch solche Abweichungen wird den Marktteilnehmern zu wenig Transparenz geboten, da sie nicht beurteilen können, ob die EZB ihre Ziele verfehlt oder ob es sich dabei um akzeptable Volatilitäten handelt.17 Da die tatsächliche Umsetzung der Geldpolitik mithilfe des Instrumentariums der EZB geschieht, wird dieses im nächsten Kapitel ausführlich vorgestellt.

4. Das geldpolitische Instrumentarium und seine Wirkungskanäle

Um das Ziel der Preisniveaustabilität zu erreichen, stehen dem Eurosystem geldpolitische Instrumente zu Verfügung. Durch ihren Einsatz soll Einfluss auf die kurzfristigen Zinssätze genommen werden. Die Ausführung wird in der Regel dezentral von den zuständigen nationalen Zentralbanken realisiert.18 Im Folgenden werden die drei Instrumente vorgestellt und erläutert. Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Durchführungsmethode, der ausgehenden Initiative sowie der zu erfüllenden Funktion.

4.1. Offenmarktgeschäfte

Offenmarktgeschäfte sind geldpolitische Operationen, die dazu eingesetzt werden die Bankenliquidität zu gewährleisten und zu koordinieren. Durch die Zinssatzsteuerung gibt die EZB zusätzlich Signale über den geldpolitischen Kurs.19 Umgesetzt wird dies durch den An- und Verkauf von Wertpapieren. Bei einem Kauf wird die Geldmenge M3 erhöht. In diesem Fall spricht man von einer expansiven Geldpolitik. Verhält sich die EZB restriktiv, wird die Zentralbankgeldmenge reduziert, indem Wertpapiere verkauft werden.20 Abgewickelt werden Offenmarktgeschäfte in dem sogenannten Tenderverfahren.

Bei Hauptrefinanzierungsgeschäften (HRG's) handelt es sich um wöchentlich angebotene Kredite mit einer Laufzeit bis sieben Tagen. Da sie beide der genannten Funktionen der Offenmarktgeschäfte sehr gut erfüllen, wird ihnen eine zentrale Rolle zugesprochen. Außerdem schöpfen Banken ungefähr 70 % ihres Refinanzierungsbedarfes aus diesen Geschäften.

[...]


1 Die Konvergenzkriterien stehen in Artikel 108 im Vertrag von Maastricht.

2 Vgl. Europäische Zentralbank, (2011), S. 6 ff.

3 Vgl. Cossmann, A. / Schonebeck, T. (2000), S.2 ff.

4 Vgl. Die Europäische Zentralbank (2011), S. 12 f.

5 Vgl. Heine, M. / Herr, H. (2004), S. 42.

6 Preise einzelner Güter können sich in diesem Zusammenhang jedoch ändern.

7 Vgl. Gischer, H. / Herz, B. / Menkhoff, L. (2012), S. 252 ff.

8 Vgl. Gischer, H. / Herz, B. / Menkhoff, L. (2012), S. 342.

9 Der Balassa-Samuelson-Effekt besagt, dass Volkswirtschaften mit geringem Pro-Kopf-Einkommen tendenziell überdurchschnittliche Preissteigerungsraten aufweisen.

10 Vgl. Görgens, E. / Ruckriegel, K. / Seitz, F. (2008), S. 176 f.

11 Vgl. Vollmer, U. (2004), S. 133.

12 Monetäre Forderungen von Nichtbanken gegenüber Banken. M3 beinhaltet zusätzlich zu den Bestandteilen von M1 und M2: Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile, Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen von bis zu zwei Jahren.

13 Vgl. Vollmer, U. (2004), S. 134.

14 Preisniveau P der Güter, die im Volkseinkommen Y enthaltenen sind.

15 Vgl. Mussel, G. (2009), S. 129.

16 Vgl. Gischer, H. / Herz, B. / Menkhoff, L. (2012), S. 347 f.

17 Vgl. Vollmer, U. (2004), S. 135.

18 Vgl. Ebenda, S. 149.

19 Vgl. Ebenda, S. 153.

20 Vgl. Hartmann-Wendels, T. / Pfingsten, A. / Weber, M. (2010) S. 48.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Geldpolitische Strategie und Instrumente der EZB
Université
University of Applied Sciences Trier
Cours
Wirtschaftspolitik
Note
1,3
Auteur
Année
2012
Pages
20
N° de catalogue
V207569
ISBN (ebook)
9783656347491
ISBN (Livre)
9783656350095
Taille d'un fichier
1280 KB
Langue
allemand
Mots clés
EZB, Instrumente, Geldpolitik, Finanzkrise, Strategie EZB, Instrumente der EZB
Citation du texte
Eva Horn (Auteur), 2012, Geldpolitische Strategie und Instrumente der EZB, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207569

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